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Nacht der Versuchung
von Andrea Hoch

Mark Staats Mark Staats
© http://www.darkknights.de/
Harikor richtete seinen Oberkörper auf und sah sich um. Noch eben war er auf dem Schlachtfeld gewesen – im Gewirr von kämpfenden Soldaten, stöhnenden Verletzten, umringt von Gegnern, die sich auf ihn stürzten. Er fühlte deutlich den schmerzvollen Stich in der Brust, wo ihn der Speer des Feindes durchbohrt hatte. Verwundert strich er über die Stelle, doch es war keine Verletzung erkennbar.
Er war es gewohnt, furchtlos dem Feind von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, aber die baumelnden Skelette an den ausnahmslos dürren Bäumen und die Totenschädel auf dem Boden, die ihn aus leeren Augenhöhlen anstarrten, jagten ihm einen Schauder über den Rücken.
Die Ödnis war kahl, düster und bis auf diese ausgestellten Überreste, die irgendwann einmal Menschen gewesen waren, leer. Es roch nach Tod, Verderben und Verdammnis. Langsam überfiel ihn die Erkenntnis, dass auch er tot war, er konnte sich jedoch nicht erklären, warum die Götter ihn hierher geführt hatten. Ein tapferer Krieger wanderte ins Paradies. Wo waren seine Männer? Hatten sie den Weg ins Eldorado gefunden? Gewiss war er nicht der einzige Tote, den die Etrusker im Kampf gegen die Römer zu beklagen hatten. Er dachte nach, ob er die Götter beleidigt hatte, war sich jedoch keiner Schuld bewusst.

Ziellos wanderte er umher. Außer den unzähligen Skeletten an den Bäumen, die ihn zu beobachteten schienen, und der Düsternis, die ihn fast erdrückte, gab es nichts zu sehen. Die Gebeine strahlten Wut, Angst, Empörung und Verbitterung aus, so stark, dass sich sein Herz schmerzhaft verkrampfte, sobald er sich ihnen näherte. Wie konnte das sein? Es waren doch nur ein Haufen verblichener Knochen – ohne Leben, ohne Seele. Und dennoch starrten sie mit Neid und Zorn auf ihn herab. Es machte ihm Angst, seine Nackenhaare sträubten sich und eisige Schauer rannen sein Rückgrat hinab.
Er fand weder Wasser, noch blühende Blumen oder sonst ein Zeichen von Leben. Sah so die Hölle aus? Seine Anwesenheit musste ein Irrtum der Götter sein, doch die irrten nie. Er durfte diesen Gedanken nicht weiterverfolgen, sonst wäre er bald ein Opfer des Wahnsinns. Stundenlang irrte er auf der Suche nach einer Quelle umher. Wenn die Götter von ihm eine Prüfung verlangten, würde er es auf die eine oder andere Weise erfahren. Er musste sich geduldig zeigen, darum setzte er sich nach einer Weile auf den Boden, um zu warten.

Szenentrenner


„Ein tapferer Krieger sollte nicht an einem Ort wie diesem sein“, erklang eine schmeichelnde Stimme in seinem Rücken.
Harikor sprang auf und fuhr herum, um sich dem vermeintlichen Feind zu stellen. Verwirrt musste er feststellen, dass es sich bei diesem um eine schöne Frau handelte.
Ein kehliges Lachen war die Antwort auf seinen Versuch, nach seinem Schwert zu greifen, das nicht mehr vorhanden war. Dunkle Augen schauten ihn aus einem mit schwarzem Haar umrahmten Gesicht an, der geschwungene Bogen ihrer Brauen gab der Frau ein gefährliches Aussehen, auch ohne die gekrümmten Hörner auf dem Kopf. Das Schwänzchen, das von ihrem Hinterteil herabhing, störte ihn besonders, es erinnerte zu sehr an den Teufel. Dieses Geschöpf war nicht irdisch, genau so wenig wie der Ort, an dem er sich befand.
„So sprachlos Krieger?“, fragte sie spöttisch.
„Ich warte, was du mir zu sagen hast.“
„So, tust du das? Willst du nicht wissen, wo du dich befindest?“
„Du wirst es mir sagen, wenn du es für angebracht hältst, auch ohne meine Frage.“
Sie schüttelte unwillig den Kopf, als hätte sie eine andere Antwort erwartet. „Ich bin Trilith. Das hier“, sie deutete mit ihrem kurzen Schwert umher, „ist mein Reich. Doch ich zeige dir eine Welt, die schöner ist, als das Paradies es jemals sein kann. Bist du daran interessiert, Krieger?“
„Was verlangst du dafür?“
„Sieh es dir an und entscheide danach. Der Preis bist du, für alle Ewigkeit.“ Die Worte drangen aus kleinen Rauchwölkchen, die sich langsam auflösten. Trilith war verschwunden, ebenso das Ödland mit den Skeletten. Stattdessen befand sich Harikor vor einem prächtigen Schloss, inmitten einer grünen Landschaft, mit kunstvoll geschnittenen Hecken und kleinen Teichen, in denen sich Wasservögel tummelten. Es war ein Bild des Friedens, fast unwirklich. Die junge Frau, die auf ihn zu trat, war eine Augenweide. Der zarte Ausdruck ihres bronzefarbenen Gesichts wurde durch das schwarze, glatte Haar verstärkt, das bis zu ihren Hüften reichte. Ein knappes, hellgrün schimmerndes Bustier bedeckte ihre kleinen Brüste, der enge Rock in derselben Farbe, beiderseits bis zu den Oberschenkeln geschlitzt, zeigte lange Beine.
„Folge mir, Krieger.“ Ihre Stimme klang melodisch.
Er hielt sie am Arm zurück. „Warte. Wer bist du und wo sind wir?“
„Ich bin Lisera. Wo wir sind? Gefällt dir nicht, was du siehst? Ist es für dich so wichtig, zu wissen, wie der Ort heißt? Komm mit mir. All deine Wünsche werden erfüllt.“ Sie lächelte, drehte sich um und ging.
Wohl oder übel musste er ihr folgen, um zu erfahren, was hier vor sich ging. Lisera schritt vor ihm die Stufen zum Schloss hinauf. Sie blieb stehen und bat ihn mit einer einladenden Handbewegung einzutreten. Harikor stoppte abrupt. Er war gewohnt, menschliche Gegner zu bekämpfen, doch hier wusste er nicht, was ihn erwartete und ob er dagegen bestehen konnte. Unsicherheit machte sich in ihm breit.
Liseras Lippen kräuselten sich zu einem feinen Lächeln. „Du bist misstrauisch, Krieger. Wenn du gestattest, werde ich voran gehen.“
Harikor nickte. Sie traten durch das offene Portal in eine riesige mit Marmor ausgelegte Halle, in deren Mitte ein Brunnen stand, verziert mit einer nackten Frauenstatue, aus deren gefalteten und zur Decke gestreckten Händen Wasser floss. Die Malereien an den Wänden zeigten ebenfalls unbekleidete Frauen, die sich miteinander vergnügten.
Harikor grinste. Ein Schauspiel wie dieses würde er gerne inmitten all dieser lustvollen Weiber erleben.
Lisera beobachtete ihn. „All deine Wünsche werden dir erfüllt“, lockte sie verführerisch. „Jeder Einzelne.“
Er hatte nicht vor, sich in die Irre führen zu lassen und schüttelte den Kopf. Sie gingen weiter in einen prunkvollen Saal, in dem sich lärmende, grölende Männer der Völlerei hingaben. Einige trugen ihre Tebenna, einen Überwurf aus Wolle, andere waren in knielange, gegürtete Wamse gekleidet. Ein blonder bulliger Mann saß mit Brustschild bei Tisch. Die lange Tafel war überfüllt mit allerlei Speisen und verschiedenen Früchten, die Harikor nicht kannte. Der süße, schwere Duft von Rotwein drang in seine Nase. Hübsche, spärlich bekleidete Frauen schenkten ihn nach, fütterten die Männer und ließen sich allzu bereitwillig von ihnen berühren. „Setz dich zu uns“, schrie ein Dunkelhaariger, der seinen Arm um die Hüften einer Schönen legte und sie auf seinen Schoß zog. Andere nickten zustimmend. Harikor grinste. Er wollte an diesem Gelage nicht teilnehmen, aber die Höflichkeit gebot es, auf dem freien Stuhl Platz zu nehmen, den Lisera ihm anbot. Die Vielfalt des Angebots erinnerte ihn daran, wie hungrig und durstig er war, darum langte er herzhaft zu. Sein Vorhaben, sich nach dem Essen zu verabschieden, schwand mit jedem Becher Wein. Bald waren seine Sinne vernebelt und er verlor ebenso wie alle anderen hier, jede Hemmung.
Lisera drängte sich auf seinen Schoß, streichelte sein Gesicht und schmiegte ihre verlockenden Rundungen an seine feste Brust. Sie deutete auf eine junge Frau, die näher kam. „Das ist Paldora“, flüsterte sie und lächelte anzüglich. Paldora blieb neben ihnen stehen, das Lächeln nicht minder verführerisch wie Liseras. Sie trug ihr blondes Haar hochgesteckt, die Knospen ihrer Brüste zeichneten sich deutlich unter dem dünnen weißen Stoff ihres Oberteils ab, das goldene Dreieck zwischen ihren Schenkeln konnte Harikor nur erahnen. So als wisse sie um seine Gedanken, nahm sie seine Hand und führte sie ihren Oberschenkel entlang. „Du kannst uns beide haben, mein Krieger.“
Im tiefsten Winkel seines Gehirns erinnerte er sich an Wortfetzen Triliths, für immer ihr zu gehören. Erfolglos versuchte er sich zu erinnern, warum sie das gesagt hatte. Es war besser, sich zu verabschieden. Seinen Hunger hatte er gestillt, doch nun spürte er ein anderes Verlangen und er musste gehen, solange er noch Herr seiner Gefühle und seines Geistes war. Er wollte Lisera von seinem Körper heben, doch sie drückte ihren Oberkörper fester an ihn und streichelte seinen Nacken, während er bereits die Feuchte von Paldoras Schoß an seinen Fingern spürte. „Komm mit uns, wir erfüllen deine geheimsten Wünsche“, flüsterte Lisera in sein Ohr. Ihre Lippen kosten seinen Hals, sie knabberte zärtlich an seinem Ohrläppchen, ihre Hand wanderte zwischen seine Beine und massierte sein Geschlecht mit geübten Fingern.
Das Blut pulsierte in seinen Adern, Feuer brannte in seinen Lenden bei der Vorstellung, die beiden Frauen zu nehmen. Das Geschehen rings um ihn interessierte nicht länger. Er ließ sich von den beiden aus dem Festsaal einen Gang entlang führen, bis sie in einem Schlafgemach standen, in dem ein einladendes Bett den größten Teil einnahm.
Die Schönen streiften ihre Kleidungsstücke ab, präsentierten ihre schlanken, wohlgeformten Körper. Lisera löste Paldoras Haar, das in weichen Wellen ihre Brüste umhüllte. Sanft schob sie es wieder beiseite, um den Weg für ihre Lippen frei zu machen, die genießerisch an den Knospen saugten. Paldora drückte ihr Becken an Liseras Unterkörper, streichelte zärtlich ihre Pobacken. Harikors Augen hingen an den beiden Frauen, die sich lasziv vor ihm bewegten, in seinen Ohren rauschte es, seine Kehle war wie zugeschnürt, ganz zu schweigen von seiner Männlichkeit, die schmerzhaft pochend gegen den hinderlichen Stoff seiner Beinkleider drückte.
Lisera legte sich mit gespreizten Beinen auf das Bett, streckte ihm einladend ihr Becken entgegen, ihre Finger glitten langsam über ihre Rundungen. Paldora kniete sich derweil zwischen ihre Beine, liebkoste den dargebotenen Schoß. Lisera stöhnte, streckte auffordernd ihre Hand nach Harikor aus.
Rasch entledigte er sich seiner Kleidung, trat ans Bett und sogleich nahm Liseras Hand sich seiner an. In ihm tobte eine Hitze, dass er glaubte, zu verglühen. Ein lautes Keuchen entrang sich seiner Kehle, als er zusah, wie sich Paldoras Zunge zwischen Liseras Schenkeln bewegte. Lisera wand sich zuckend unter den Liebkosungen, stieß spitze Schreie der Lust aus. Harikors Verlangen wurde übermächtig. Er legte sich auf das Bett und zog Paldora mit einem Ruck auf seinen Körper. Er sehnte sich danach, ihren weichen Körper zu berühren, sie zu erkunden, sich in ihr zu ergießen.
Sie war samtig weich und nahm ihn willig auf. Ließ ihr Becken in immer schnellerem Rhythmus auf seinen Hüften kreisen, bis ihm die Sinne schwanden.

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Die Explosion war gewaltig, doch sie kam nicht von ihm. Donner hallte qualvoll in seinen Ohren, der Schmerz, als er hart aufprallte, nahm ihm die Luft zum Atmen. Er wollte sich erheben, doch irgendetwas hinderte ihn daran. Das Schloss war verschwunden, er befand sich wieder in der Ödnis. Trilith stand hoch erhobenen Hauptes über ihm, der Absatz ihres Stiefels bohrte sich schmerzhaft in seinen Brustkorb. Ihr Lächeln glich einer Fratze.
„Du hast mein Geschenk angenommen wie ich sehe. Nun gehörst du für immer mir.“ Mit diesen Worten löste sie sich in Rauch auf, der Harikor einhüllte und aus dem ihr grausames Lachen von allen Seiten auf ihn eindrang. Panisch schrie er auf und versuchte gegen den unsichtbaren Feind anzukämpfen, doch vergebens.

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Schweißgebadet taumelte Harikor hoch, blickte sich nervös um. Er fühlte noch immer die Hitze in seinen Lenden, spürte den Stiefelabsatz auf seiner Brust. Für einen Moment war er nicht sicher, wo er sich befand. Schnell schlüpfte er in seine Beinkleider und lief hinaus in die Nacht. In der Ferne sah er kleine Lichtpunkte, die Lagerfeuer des Feindes. Der Mond stand tief, würde bald untergehen und der Sonne den Weg frei geben. Heute war der Tag der großen Schlacht gegen die Römer. Hatten die Götter ihm einen Traum geschickt? Doch der Abdruck auf seiner Haut besagte etwas anderes. Sie hatten ihn in eine Welt gebracht und ihm gezeigt, dass selbst der mutigste und stärkste Krieger Versuchungen erliegen konnte. Die Götter hatten ihn gewarnt. War heute der Tag zu sterben, und würde er dieser Versuchung noch einmal gegenüberstehen? Wie würde er sich dann entscheiden?

08. Jan. 2010 - Andrea Hoch

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