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Nächster Schritt von Rainer Innreiter
Andrä Martyna © http://www.andrae-martyna.de/ Ich habe nie so richtig an die Landung von Menschen auf dem Mond geglaubt. Diese Zweifel waren bereits in meiner Jugend gelegt worden, als die Bilder der Landung über die Bildschirme flimmerten. Die Übertragungsqualität war natürlich äußerst dürftig, aber ausreichend, um Millionen und Abermillionen in höchstes Erstaunen zu versetzen.
Nie werde ich die Worte meiner Großmutter vergessen: Menschen auf dem Mond? Was für ein Unsinn! Mit diesem primitiven Ding wollen die auf dem Mond gelandet sein? Als Nächstes erzählen die uns noch, es stünde ein Marsflug bevor!
Ich weiß noch, wie mich Großmutters Worte verstörten und sich tief in meinem Bewusstsein verankerten. Sie ist schon zu lange tot, um noch miterleben zu dürfen, wie prophetisch ihre leichthin geäußerten Worte waren. Denn seit Wochen redet man über kaum etwas anderes als den angeblich geplanten Marsflug.
Angeblich deshalb, weil viele diese Pläne für baren Unsinn halten und öffentlich darüber spotten. In gewisser Weise haben sie recht, ist doch selbst die Mondlandung immer noch Gegenstand heißer, unerbittlicher Debatten. Setzte jemals ein Mensch einen Fuß auf den Mond? Die Regierung jedenfalls hegt keinen Zweifel daran. Natürlich nicht, das müssen sie ja auch, um ihre Politik zu rechtfertigen.
Ich habe mich eine Zeit lang intensiv mit dem Thema beschäftigt und allerlei Bücher gewälzt, um der Wahrheit auf die Fährte zu kommen. Restlos überzeugen konnte mich keine der beiden Seiten: weder die offizielle Darstellung noch jene Verschwörungstheorien genannten Ansichten.
Vieles an diesen Verschwörungstheorien ist natürlich haarsträubender Unfug. Aber einzelne Aspekte brachten mich ins Grübeln, vor allem darüber, ob der kosmische Ozean zwischen den Planeten eine unüberwindbare Barriere ist. Wenn die Gerüchte über die Marsrakete der Wahrheit entsprechen sollten, eröffnen sich ungeahnte Perspektiven, deren Tragweite wir uns nicht einmal vorzustellen wagen.
Damals, als ich noch ein Kind war, wünschte ich mir oftmals, ich könnte zum Mond fliegen und die Landefähre aus nächster Nähe betrachten, sie vorsichtig berühren, mich von ihrer Existenz überzeugen
oder eine völlig leere, trostlose Oberfläche vorfinden, auf der sich nichts befindet als Steine, Mondstaub und ewige Einsamkeit. Doch ungeachtet aller technologischen Fortschritte ist mir dies nicht vergönnt und selbst das stärkste Teleskop ist nicht in der Lage, die Mondlandefähre zu erkennen, da sie einfach zu klein ist, um wahrgenommen werden zu können.
Manchmal stehe ich nachts auf, gehe in den Garten, starre in den Sternenhimmel und male mir aus, was uns da draußen in Zukunft erwarten wird. Die Mondlandung, so sie denn je stattgefunden hat, war nur der erste kleine Schritt, der zur Marsrakete führte. All diese Entwicklungen sind bereits für einen kindlichen Verstand verwirrend genug; wie verstörend sind sie doch erst, wenn wir gereift sind und uns bewusst werden, wie klein, schwach und verletzlich wir Geschöpfe des Weltenraums sind.
Verletzlich
Während ich diese Zeilen schreibe, debattieren Wissenschaftler und Politiker über die neuesten Entwicklungen bezüglich der Marsrakete. Ich versuche, nicht genau hinzuhören. Doch ich kann meine Neugierde nicht unterdrücken und lausche jedem einzelnen Wort. Wird die bemannte Rakete den Mars erreichen? Nicht einmal die Startrampe verlassen? Wie bei einem Ballspiel prallen die Worte hin und zurück, werden Argumente aufgegriffen und bis ins kleinste Detail hin seziert und verworfen, Diskussionspartner lächerlich gemacht.
Ich verstehe die hitzige Erregung der Teilnehmer, denn es geht um viel, nämlich unser aller Zukunft.
Meine Mutter betritt das Zimmer und versucht, mich zu beruhigen. Du musst dir keine Sorgen wegen der Rakete machen, sagt sie und lächelt dabei so lieb, dass es mir das Herz zerreißt, dieses Lächeln nicht erwidern zu können.
Ich mache mir Sorgen. Wir alle sollten uns große Sorgen machen.
Was, wenn die Marsrakete unseren Planeten erreichen sollte?
17. Sep. 2010 - Rainer Innreiter
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