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Wie die Männer auf der Erde ausstarben
von Michael Pick

Crossvalley Smith Crossvalley Smith
© http://www.crossvalley-design.de
Das braune Kleid war neu, es betonte meine schmalen Schultern ausgezeichnet. Hob sich kaum von dem Blätterteppich ab, der auf dem Waldboden ausgebreitet war. Es war mein bestes Kleid und ich hatte das Gefühl, ich würde es bei dieser Gelegenheit ruinieren.
Mark trug Jeans und ging zwei Schritte vor mir. Sein Pfeifen ging mir auf die Nerven, oder war es die Enttäuschung über den bisherigen Verlauf des Abends? Ich hatte mich in der Entfernung von zwei Schritten in ihn verliebt und als wir uns heute näherkamen, erkannte ich meinen Fehler. Baumstarke Muskeln trugen seinen Kopf wie einen Ballon. Der Schädel war so leer, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn er in sich zusammengefallen wäre. Über seiner rechten Schulter trug er eine doppelläufige Schrotflinte.
Zu einem romantischen Abend, bei Mondschein und Einsamkeit hatte er mich eingeladen. Stille, allenfalls den Ruf einer Eule hatte er mir versprochen und spätestens hier hätte ich hellhörig werden müssen. Es war mir nicht einen Augenblick in den Sinn gekommen, dass er mich auf einen Hochsitz schleppen würde und als es doch geschah, dass er es tat, um ein Tier zu erschießen.
Überraschung wich Entsetzen und die Hälfte des Weges bereits zurückgelegt. Ich wollte schreien, doch als hätte Mark es geahnt, bedeutete er mir mit einem Finger auf seinen Lippen zu schweigen.
So saß ich eine Viertelstunde später neben ihn auf einer splittrigen Holzbank in drei Meter Höhe und schnupperte das frische Öl auf seiner Flinte. Ich fand es beruhigend, dass er kein Wort sprach, in die Nacht hinausstarrte. So blieb ich in meinen Gedanken ungestört, in denen es vor allem darum ging, in Zukunft einen ähnlichen Fehler zu verhindern.
Wir saßen nebeneinander, um uns Mücken und Schnaken und nicht ein Glühwürmchen; dachten an tote Tiere und Lebensfehler, als ein greller Lichtfleck unsere Augen blendete.
Zuerst glaubte ich, jemand hätte sein Auto leise auf die Wiese geschoben und das Abblendlicht eingeschaltet. Aber warum sollte jemand so etwas tun, auch wenn mir an diesem Abend nichts unmöglich schien. Mark rief: „He!“, und das war sein erstes Wort seit einer halben Stunde. Nicht, dass es mich glücklich machte, aber ich war froh, dass er in diesem Augenblick neben mir saß.
Es war unmöglich, direkt in den Lichtkegel zu sehen - erst als ein Schatten ihn betrat. Die dunkle Aussparrung im Licht hatte die Form einer bauchigen Vase. Mein Mund stand gefährlich weit offen und lief Gefahr, wenigstens ein Dutzend Mücken und Käfer zu verschlucken.
Die Vase bewegte sich auf uns zu und verdeckte bald vollständig den Lichtschein. Mir kam es nicht in den Sinn zu fliehen, es war, als wäre die Holzbank mit einem fingerdicken Film Klebstoff bestrichen gewesen. Immerhin die erste Gemeinsamkeit von Mark und mir an diesem Abend. Mein Nebenmann erwachte als erster als der Lethargie. Er packte sein Gewehr und richtete den Lauf auf das Blumengefäß.
„He! Wer bist du?“
Er legte die Waffe an die Backe und krümmte den Finger.
„Bist du verrückt geworden?“, zischte ich ihn an, „vielleicht sind das Außerirdische.“
Ich beugte mich über die Brüstung und rief in Richtung Fremdkörper.
„Seid gegrüßt und herzlich Willkommen!“
Ob es eine Antwort, ein Gruß oder nichts von alledem war, kann ich nicht genau sagen, doch hinter der ersten schob sich eine zweite Vase hervor. Schlanker und schwungvoller, wie mir schien, woraufhin ich sie als Kegel bezeichnete.
„Woher kommt ihr?“, schrie Mark ihnen zu.
Ich verstand, dass nicht wir es waren, die Fragen zu stellen hatten. Die Holzbank gab mich frei und ich kletterte auf den Boden. Als ich neben ihnen stand, vernahm ich ein sonderbares Summen, dass aus ihrem Innern kam.
Sie näherten sich mir und als sie nur noch einen Meter von mir entfernt waren, begannen sie mich zu umkreisen, als wollten sie mich von allen Seiten untersuchen. Sehr menschlich, dachte ich, und ließ es mit mir geschehen – was sollte ich auch anderes tun? Außerdem, war es nicht eine Ehre, vielleicht der erste Mensch zu sein, mit dem diese Spezies zusammentraf?
Mark hatte immerhin das Vergnügen, der zweite unserer Rasse zu sein, der dieser Prozedur unterzogen wurde. Allerdings verhielt er sich unsportlich und drohte der Vase und dem Kegel Prügel an.
Die Vase hatte die Umrundung beendet und summte einen Ton tiefer, als stimme sie sich auf ein paar erläuternde Worte ein. Doch so kam es nicht. Der Kegel summte zur Antwort. Sekunden später blendete ein greller Lichtstrahl meine Augen. Es roch ein wenig angebrannt und Mark war verschwunden.
Später stellte sich heraus, dass die Außerirdischen alle Männer verpufft hatten. Ich nehme an, sie hielten sie auch für überflüssig.

02. Apr. 2011 - Michael Pick

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