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Die Götterkriege Dorians
von Vincent Voss

Crossvalley Smith Crossvalley Smith
© http://www.crossvalley-design.de
Weit weg, doch mitten unter uns, liegt das junge Reich Dorian ob seiner Jugend im Zerfall begriffen. Die unerfahrenen Dorianer verehren zwei Gottheiten, welche jedoch in einem steten Kampf um die Vorherrschaft weilten. Dorothea, die Strenge, die Mondfrau und Schleicherin in der Dunkelheit, die Keifende, aber auch die Beschützende und Liebende und Jakob, der Allwissende, Herr des Feuers und des Lichts, aber auch der Aufbrausende und Tadelnde mit manchmal vernichtendem Urteil.

So jung und unerfahren wie die Dorianer stand es auch um Dorothea und Jakob. Götter wurden sie nur durch Ernennung und es fehlte ihnen an Vergleichen. So sehr sie sich mühten, das Reich zu schützen, erschwerten sie es sich durch ihren Zwist um die Vorherrschaft.
„Es darf nur einen Gott geben!“, sprach Jakob seinen Gedanken laut aus und ließ es Dorothea wissen. Dorothea schwieg. Im Schatten der langen Nächte jedoch, versuchte sie, die Dorianer zu überzeugen, dass sie es sei, die als Alleinige gepriesen und verehrt werden sollte.

Feuer im Olymp! Die Dorianer strömten verzweifelt zu ihrem heiligen Berg, dessen Betreten verboten war und sahen vom Fuße des Berges zum Himmel. Dort droben loderten Flammen, Blitze zuckten und ein Sturm zog auf. Ein offener Kampf Dorotheas und Jakobs, die sich anschrien und bekämpften. Dorothea schoss mit ihrem Bogen starre, giftige Schlangen auf Jakob, der mit seinem Zepter willkürlich Blitze um sich schleuderte und alles, was er traf, ging in Flammen auf. Nach Tagen des Zorns stellten sie fest, dass es gemeinsam nicht ging, aber alleine eben auch nicht. Sie suchten nach einer Lösung und in dieser Zeit erschien den Dorianern der Prophet Simon Schymura.

In einem weißen Gewand begegnete er ihnen und milde lächelnd versprach er, dass bessere Zeiten kommen würden und schon schnell vertrauten die Dorianer seinem Wort und suchten regelmäßig bei ihm Rat. Sie waren verunsichert und ängstlich. Bei all ihren Tätigkeiten auf dem Marktplatz schickten sie eingeschüchterte Blicke zum Olymp, mit einem Ohr lauschten sie nach Anzeichen von Zank bei ihren Göttern, doch aus dem Olymp drang kein Laut. Kaltes Schweigen und die Dorianer dachten, sie würden ob ihres ungebührlichen Verhaltens mit Missgunst bedacht werden. Aufgebracht hetzten sie durch ihr Reich, immer auf der Suche nach Andeutungen. Ihr Prophet sah, dass es so nicht rechtens war und mit starken Worten beschrieb er ihnen einen fremden Gott, der Hoffnung versprach.

Mitiil Fenidaat, der Gott des Sieges über die Angst, der Bezwinger der achtarmigen Zitaria. Mit bronzener Rüstung , einem Speer und einem goldenen Streitwagen wurde er von zahlreichen Menschen angebetet. Ein junger Gott zwar, aber kraftvoll und geschickt und mehr und mehr Menschen verließen sich auf seine Kräfte. Die Dorianer vertrauten sich ihm an, auch wenn das stärkste aller Bänder, die Liebe, sie mit ihren Göttern Dorothea und Jakob verband.
Doch in den Olymp zog Dekadenz ein und wurde ein dauerhafter Gast. Jakob zeigte sich den Dorianern nur selten. Seine Anwesenheit beschränkte sich auf wenige göttliche Wunder, an denen er die Dorianer teilhaben ließ, kurze Augenblicke in denen er seine Macht und seine Liebe zeigte, doch dann entzog er sich wieder bis auf Weiteres und wandelte an den Grenzen des Reiches.
Dorothea, die Mondfrau, feierte oft rauschende Feste im Olymp und eines Nachts verkleidete sie sich den Dorianern als Katze, deren Lieblingstier, weilte unter ihnen, zeigte ihnen eine besinnungslose Ekstase und verkehrte öffentlich mit den Bürgern Dorians auf dem Marktplatz.

Die verunsicherten Dorianer berieten und zerstritten sich. Einige wurden kriegerisch und strömten zornig in Schlachten gegen die Nachbarn, andere zogen sich in aller Stille zurück und wieder andere folgten den Lockungen des Rausches und suchten in ihm Vergessen und Sicherheit.

Mitiil Fenidaat. Der Prophet Schymura ließ ihm einen Tempel errichten und war dieser erst überlaufen und wurden in ihm erfolgreich Worte gegen die Angst verkündet, so fanden sich im Sommer nur noch wenige Dorianer bei ihm ein. Sein Abbild setzte schnell Grünspan an, Vögel bauten Nester in seinem großzügigen Dach und beschmutzten den Altar. Schymura sah, die Dorianer waren entzweit und ihre Angst wurde zur Panik, die Götter zogen ihre eigenen Kreise und er sann nach einem weiteren Gott, der den Dorianern Halt geben konnte.

Im Sommer hörten die Dorianer vom weisen Tavor, einem Gott, der angeblich schon andere Reiche vor dem Untergang bewahrt haben soll. So sprach Schymura und ließ einen weiteren Tempel erbauen, diesen weiter vom Olymp Jakobs und Dorotheas entfernt, in einer stilleren Gegend der Hauptstadt. Wie ein Geheimnis lag der unscheinbare Tempel in einer Nebenstraße und die Dorianer suchten ihn scheu und verlegen auf. Sollte sein Wort gegen die Angst und den Zerfall des Reiches nur einmal in der Woche gesprochen werden, forderten die Dorianer mehr vom weisen Tavor, täglich wollten sie ihm lauschen, täglich wollten sie auf seinen Worten fern von Dorian reisen, auch wenn sie ihr Reich liebten.

Eines Tages duldeten Jakob, den sie nur noch den fernen Jakob nannten und Dorothea, die nur noch die Liegende hieß, Tavor nicht mehr in der Stadt und schlossen ein Bündnis mit dem vergessenen Mitiil Fenidaat. Sie hofften dadurch, den immer stärker werdenden Tavor zu verbannen, doch die Dorianer riefen zum ersten Mal in der Geschichte ihres Reiches zum Götterkrieg auf und brannten den Tempel Mitiil Fenidaats nieder, stießen das Götzenabbild Jakobs um und entsagten den Lockungen Dorotheas. Schymura sah das als gutes Zeichen, doch auch Propheten können irren, wie ihn die Dorianer lehrten.

Nach dem Aufstand ging es den Dorianern besser. Doch dem fernen Jakob und der liegenden Dorothea missfiel das Aufbegehren und so drohten sie dem Reich mit Unheil in der nahen Zukunft. Jakob, aufbrausend, schwang sein Zepter und schlug Aufständische nieder. Die Dorianer verbargen sich fortan in ihren Häusern und ließen sich nur selten blicken. Ein Wispern und Flüstern ging von Haus zu Haus und malte das drohende Unheil aus. Geflügelte, schwarze Engel, ein Kreuz in Flammen, Dämonen aus der tiefsten Unterwelt, die Dorianer litten an den Vorstellungen und alsbald wurden die angekündigten Wesen in der Tat gesehen, wie sie gebückt und lauernd über den Marktplatz und zwischen den Häusern schlichen.

Schymura sah die Not und wusste von einem Gott, der in anderen Ländern gegen die Mythen der dunklen Ängste kämpfte. Haloperidol, der Gott der Austreibung des Bösen. Auch ihm baute er einen Tempel, dieses Mal mit der Einwilligung Jakobs und Dorotheas, die sahen, wie sehr die Dorianer litten. Mager und doch aufgedunsen, mit unsicheren Schritten und völlig in ihre Häuser zurückgezogen sahen auch sie die Dorianer und sorgten sich um sie. Die erste Sorge war schnell verflogen und wich den Anschuldigungen. Jakob glaubte, es war Dorotheas Schuld und er schlug sie eines Tages nieder. Und Dorothea erhob sich und schoss beharrlich Giftschlangen auf Jakob, die ihm zusetzten. Sie verloren ihr Reich Dorian aus den Augen und überließen es sich selbst.

Haloperidol offenbarte sich als dickbäuchiger Mann mit braunem Umhang, der von Haus zu Haus ging und nach den Dämonen suchte. Er trug eine Peitsche und eine Flöte. Mit seinem Flötenspiel lockte er die Wesenheiten aus den dunklen Winkeln und mit seiner Peitsche setzte er ihnen zu, sodass sie zerplatzten und sich auflösten. Schymura hoffte, wurde jedoch enttäuscht. Die finsteren Schergen hatten sich in dem Reich so festgesetzt, es war so zerrüttet, dass die Dorianer von sich aus lernten, solche Wesenheiten zu beschwören. In verschiedenen Zirkeln beschworen sie immer abartigere Gestalten, die gegeneinander kämpften.

Schymura sah, dass er versagt hatte. Er verließ Dorian und das Reich wurde fortan von Dämonen regiert. Jakob und Dorothea lebten als Götter weiterhin in ihrem nie endenden Zwist in ihrem Olymp. Dorian erhängte sich im Alter von 21 Jahren in der akutpsychiatrischen Einrichtung der Alsterdorfer Anstalten mit einem Duschschlauch.

Nachtrag:
Auszüge aus dem psychologischen Anamnesetagebuch des Dr. Schymura:

Dorian, 11 Jahre, Vater, Jakob, 38 Jahre, Mutter, Dorothea, 35 Jahre.
Dorian kommt nicht zu Wort, Vater und Mutter liegen im Konflikt. Zuneigung über Parteilichkeit. Dorian ist unkonzentriert, fahrig.

Wir beginnen eine Therapie nach ICD-10 mit Methylphenidat. 3x Ritalin täglich.

Der Prozess des Abschieds ist bei Dorian nie vollzogen, er fühlt sich schuldig. In den letzten Sitzungen nach seiner Volljährigkeit berichtet er von sexuellen Annäherungen seiner Mutter und von Schlägen seines Vaters, was wiederum Schuld auslöste. Panikattacken. Flucht in soziale (negative) Parallelwelten. Beginnen eine Therapie mit Tavor, einmal täglich.

Schizo-affektive Psychose. Religiöse Wahnvorstellungen manifestieren sich in Dorian. Männlich-weiblich, Mutter-Vater, Götter?. Beginnen Therapie mit Haldol (Haloperidol)

Patient auto-und fremdaggressiv aufgefallen und in akutpsychiatrische Einrichtung eingeliefert. Bericht wurde angefordert.

Patient hat Suizid begangen.

18. Sep. 2012 - Vincent Voss

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