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emperor-miniature
Steam is beautiful von Guido Krain
Diese Kurzgeschichte ist Teil der Kolumne:
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FABYLON VERLAG
A. Bionda
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Crossvalley Smith © http://www.crossvalley-design.de Prolog-Story zu dem Roman Argentum Noctis
Als mein Freund Charles Eagleton mir Jahre später diese Geschichte erzählte, konnte ich sie kaum glauben. Da ich jedoch ausführlich Gelegenheit erhielt, ein gewisses Dienstmädchen näher kennenzulernen, halte ich sie mittlerweile für absolut authentisch. Nicht, dass ich vorher ernsthafte Zweifel gehegt hätte: Charles ist nicht nur mein bester Freund, sondern auch die Art ehrlicher, aufrechter Seele, die man als wahren Gentleman oder Helden bezeichnen muss.
Auch wenn wir bei der Nacherzählung zuweilen Tränen lachten, handelt es sich doch um eine Geschichte, die sich in erster Linie um eine der düstersten Seiten der menschlichen Natur dreht die Gier. Und so beginnt sie folgerichtig auf besonders traurige Weise mit einem Todesfall.
Geizkragen, murmelte der Droschkenkutscher, als ihm Charles Eagleton die abgezählten Münzen in die Hand drückte. Hätte der Mann in die Taschen seines Gastes schauen können, wäre ihm dieser Kommentar wohl im Hals stecken geblieben. Denn auch wenn Charles penibel auf sein Äußeres achtete und ein genialer Erfinder war, hätte seine verbliebene Barschaft nicht einmal für einen Tee im nächsten Pub gereicht. Der große Schrankkoffer, den er unter den betont desinteressierten Blicken des Kutschers eigenhändig aus der Kabine wuchtete, enthielt nichts als ein paar Kleidungsstücke, Werkzeuge und dicht beschriebenes Papier. Die Früchte eines Erfinders, der zwar genial aber zu vornehm war, um seine Ideen finanzkräftigen Geldgebern aufzunötigen.
Allerdings muss man dem unerzogenen Flegel von einem Kutscher zugutehalten, dass seine Annahme, es mit einem reichen Fahrgast zu tun zu haben, durchaus nachvollziehbar war. Denn Charles hatte sich zu einem exquisiten Stadthaus in einem der vornehmsten Teile Londons kutschieren lassen. Ein aufmerksamer Beobachter hätte jedoch sofort gesehen, dass der schlaksige, hochgewachsene Mann hier weder Gast noch heimisch war.
Nicht Neugier oder der Gewohnheit geschuldete Gleichgültigkeit, sondern Melancholie lag in seinem Blick. Charles übermannten die Erinnerungen. Minutenlang stand er reglos auf der Straße und studierte das altehrwürdige Haus. Gedankenverloren strich er über das fein ziselierte Glas einer großen Öllampe, die neben der Pforte auf dem Gartenmäuerchen angebracht war. Dann betrachtete er den steinernen Löwen, der neben dem Eingang wachte.
Das alte Haus in der Darthmoore Street 22 ragte wie ein plötzlich wieder stofflich gewordener Teil seiner Vergangenheit vor ihm auf. In dem riesigen Park hinter dem Haus hatte er seinen ersten selbst gebauten Roller getestet. An seinem Fenster im zweiten Stock war noch immer die Rauchspur zu erkennen, die seine heimlichen Experimente mit primitiven Dampfmaschinen in dem alten Holz hinterlassen hatten. Hier hatte er seine Kindheit verbracht.
Dennoch hätte er nie erwartet, dass ihn beim Anblick des alten Kastens derartig die Gefühle übermannen würden. Er liebte dieses Haus; daran änderte auch die rüde Weise, in der er es vor achtzehn Jahren verlassen musste, nichts. Es hatte Walther Gerrish, dem Schwager von Charles Mutter, gehört. Onkel Walther war ebenfalls Erfinder und lange Zeit Charles Vorbild gewesen. Doch als seine Frau starb, hatte den alten Mann jede Freundlichkeit verlassen. Noch am Tag von Tante Noras Tod waren Charles und seine Mutter auf die Straße gesetzt worden. Der junge Erfinder war damals gerade vierzehn Jahre alt gewesen. Er hatte sein Vorbild nie wieder gesehen.
Vor einer Woche hatte ihn die Nachricht vom Tod des alten Mannes erreicht. Er nahm sie mit einer Mischung aus Trauer und Wut auf. Unterbewusst hatte er wohl trotz all der vergangenen Jahre gehofft, wieder mit seinem Onkel ins Reine zu kommen. Als ihm vor zwei Tagen aber ein Notar eröffnete, dass er zum Alleinerben von Walther Gerrish ernannt worden war, hatte seine Überraschung keine Grenzen gekannt. Und jetzt stand er vor seinem neuen Zuhause und fühlte sich wieder wie der kleine Junge, der sich nach einer Nacht verbotener Experimente heimlich ins Haus zurückschlich. Diese Nacht hatte achtzehn Jahre gedauert.
Mit einer kindlichen Form von Euphorie steckte er den Schlüssel ins Schloss. Jahrelang hatte er vergeblich versucht, das wuchtige Ding in die Finger zu bekommen, um eine Kopie für sich anfertigen zu können. Jetzt gehörte ihm das Original und er musste nicht einmal leise sein. Mit dem Stolz des Besitzers stieß er die Tür auf und erstarrte.
Die alte Eingangshalle war nicht wiederzuerkennen. Bis auf eine schmale Laufrinne lag der Staub fingerdick auf Boden, Möbeln und Lampen. Hatte Onkel Walther keine Haushälterin beschäftigt? Er hatte Eagleton ein beträchtliches Vermögen hinterlassen und hätte sich ohne Weiteres mehrere Dienstboten leisten können. Sobald dieses Geld von den Banken freigegeben worden war, würde der neue Hausherr mindestens ein Dienstmädchen verpflichten müssen.
Etwas ernüchtert wuchtete er sein sperriges Gepäck unter die Garderobe und verschaffte sich systematisch einen Überblick. Seine Bestandsaufnahme war erschütternd: Das gesamte Haus war verstaubt, verdreckt und verwahrlost. Onkel Walthers Erfinderwerkstatt im Keller quoll von allerlei Utensilien, undefinierbaren Geräten und Materialien über. Einige Räume des Erdgeschosses waren ebenfalls mit Gerümpel gefüllt, während die Küche für eine Reihe chemischer Experimente missbraucht worden war. Einzig der Dachboden schien penibel aufgeräumt zu sein. Hier warteten offenbar fertige Geräte darauf, einem unbekannten Zweck zugeführt zu werden. Jede Erfindung war feinsäuberlich in Kisten verpackt und etikettiert worden.
Der ordentliche Dachboden ließ den chaotischen Zustand des restlichen Hauses noch niederschmetternder erscheinen. Regelrecht gewohnt schien Onkel Walther nur in seinem Schlafzimmer zu haben. Beinahe konnte Eagleton den alten Mann sehen, wie er hier einsam vor sich hin vegetierte und seiner Berufung folgte. Es war furchtbar. Eagleton hatte immer Zorn verspürt, wenn er an seinen Onkel dachte, doch jetzt fragte er sich, ob er den Helden seiner Kindheit im Stich gelassen hatte.
Dererlei düstere Gedanken hatten allerdings nur kurz Gelegenheit, Eagletons Seele zu überschatten. Denn auch wenn das ganze Haus voller Gerümpel war, handelte es sich um die faszinierenden Hinterlassenschaften eines Erfinderkollegen. Kaum hatte der neue Hausherr dazu angesetzt, die größte Unordnung zu beseitigen, hatte ihn der Reichtum exotischer Objekte und geheimnisvoller Aufzeichnungen auch schon gefangen genommen. Zunächst grübelte er nur ab und zu über den Zweck gewisser Bauteile. Der Morgen fand meinen Freund jedoch tief in die Kladden seines Onkels vergraben vor.
Erschüttert bemerkte er, dass aus den mehreren hundert Heften eine beunruhigende Entwicklung herauszulesen war: Sein Onkel war im Laufe der Jahre immer fahriger und wirrer in seiner Arbeit geworden. Während in den frühen Forschungsunterlagen Notizen, mathematische Berechnungen, chemische Formeln und Baupläne noch sauber voneinander getrennt waren, waren spätere Projekte immer schwerer nachzuvollziehen. Zunächst wurden ausformulierte Gedankengänge zunehmend durch stichwortartige Notizen ersetzt. Dann verschwand auch der mathematische Teil und wurde durch unzusammenhängende Berechnungen am Rand der Konstruktionszeichnungen ersetzt. Zahlen und Zeichnungen verschmolzen immer mehr zu unverständlichen Gebilden, die den jungen Erfinder am Geisteszustand seines Erblassers zweifeln ließen.
Besonders irritierend waren die immer wieder auftauchende Erwähnungen eines Jungen. Mal unterstellte er diesem, etwas nicht näher Definiertes abgeschrieben zu haben. In anderen Textstellen behauptete er, der Junge wäre ihn teuer zu stehen gekommen oder würde ihm im Traum erscheinen, um ihn zu verhöhnen. Andererseits fand Charles auch Bemerkungen darüber, dass der Junge jetzt stolz auf ihn wäre oder die Frage, was der Junge wohl dazu sagen würde. Gerrish schien vollkommen besessen von dem Kind gewesen zu sein.
Gab es den Jungen wirklich? Ein unehelicher Sohn vielleicht? Oder war er nur ein aus Einsamkeit geborenes Phantom, das die letzten Jahre eines alten Mannes begleitet hatte? Vollkommen gebannt vom traurigen Schicksal und den interessanten Ideen seines Onkels verlor der junge Erfinder jedes Zeitgefühl. Er vergaß zu essen und zu schlafen. Sein Körper war zwar an derartige Misshandlungen gewöhnt, doch weil auch mein Freund Eagleton nur ein Mensch war, nahm sich die Natur irgendwann ihr Recht.
Am frühen Nachmittag des folgenden Tages weckte ihn die Türglocke aus komatösem Schlaf. Sein Gesicht lag in einer aufgeschlagenen Kladde und sein Nacken fühlte sich an, als habe jemand einen Knoten hineingemacht. Schlaftrunken schüttelte er einen klebrigen Traum von blutrünstigen kleinen Jungen mit Haifischzähnen ab. Noch bevor ihm dies vollständig gelungen war, klingelte es erneut. Entweder waren seinem unerwarteten Besucher die Regeln mitteleuropäischer Höflichkeit vollkommen fremd, oder es handelte sich um einen Notfall. Selbstverständlich konnte Charles es nicht darauf ankommen lassen. Noch auf dem Weg zur Tür vernahm er das Läuten erneut; diesmal unterstützt von aufdringlichem Klopfen. Aufkeimender Ärger vertrieb den letzten Rest von Desorientiertheit. Die restlichen Schritte zur Tür ging er mit der Autorität eines Hausherrn, der sich in seiner Privatsphäre gestört fühlt. Mit ungnädig erhobener Augenbraue riss er die Tür auf.
Ein dürres Männlein mit seltsam schwammigem Gesicht und der Haltung eines Geiers streckte gerade erneut die Hand nach der Türglocke aus. Sechs weitere Männer standen bei einem großen Pferdewagen auf der Straße. Allerdings waren diese Männer eher wie überschwere Ochsen gebaut. Alle sieben trugen schwere Stiefel, Latzlosen, Arbeitsjacken und Schiebermützen. Während die sechs Ochsenmänner die Mützen bei seinem Erscheinen höflich abnahmen, blieb die Kopfbedeckung des Geiers, wo sie war. Allgemein schien der Mann keinerlei Standesbewusstsein zu haben. Bevor sich Charles wehren konnte, wurde seine Hand zum Opfer einer feuchtwarmen Vergewaltigung. Mit beiden Händen und der Inbrunst eines Ertrinkenden vollzog der Fremde seine Version des Händeschüttelns an ihm.
Mr Eagleton! Großartig, dass Ihr endlich da seid!
Charles fürchtete schon, umarmt zu werden, doch der unangenehme Besucher trat nur näher an ihn heran, um sich verschwörerisch vorzubeugen und zu flüstern: Entschuldigt meinen Aufzug, Sir. Ich bin Pfarrer Gilmour und war ein enger Freund Eures verblichenen Onkels. Enger Freund? War Onkel Gerrish doch nicht so einsam gewesen, wie Charles befürchtet hatte? Aber was sollte diese lächerliche Verkleidung?
Gilmour nutzte den kurzen Moment, den der junge Hausherr mit sich selbst beschäftigt war, um Charles in den Flur zurückzuschieben. Mein Freund realisierte das dreiste Eindringen erst, als sich der verkleidete Geistliche in forschem Ton an seine Begleiter wandte.
Die Treppe rauf und dann das erste Zimmer links.
Moment, ich ..., versuchte Charles die Machtübernahme in seinem Haus zu verhindern.
Das ist der Raum, den wir immer genutzt haben, versicherte Gilmour. Da vornehme Menschen nicht weiterreden, wenn man ihnen ins Wort fällt, antwortete auch mein Freund Charles mit eisigem Schweigen. Seine Mimik und Körperhaltung waren eine einzige Zurechtweisung, die jedoch wirkungslos an dem unwillkommenen Gast abprallte. Irritiert beobachtete der junge Erfinder, wie die sechs Männer eine riesige, anscheinend sehr schwere Kiste ins Haus schleppten.
Der Tod Eures Onkels hat mich in große Schwierigkeiten gebracht, gestand Gilmour. Ich ... aber wo sind meine Manieren?
Diese Frage hatte ich mir auch gerade gestellt, bemerkte Charles frostig. Der unangenehme Pfarrer schien den Einwurf aber nicht wahrzunehmen. Stattdessen setzte er einen Gesichtsausdruck voll Anteilnahme und Mitgefühl auf. Der schien so oft geübt und so selten empfunden worden zu sein, dass er wie eine Maske wirkte. Mein herzliches Beileid zum Verlust Eures Onkels. Ein großer Mann ist von uns gegangen, aber Ihr könnt sicher sein, dass er jetzt an einem besseren Ort ist. Der Betonung nach zu urteilen, hätte der Mann auch ein tibetanisches Mantra abspulen können. Damit war der obligatorische Teil der Unterhaltung seiner Meinung nach offenbar beendet. Das Gesicht fand zu seiner teigig-ausdruckslosen Normalform zurück.
Einen Allgemeinplatz hatte er jedoch ausgelassen, fand Charles. Und wahrscheinlich hat er ständig von mir gesprochen.
Der sarkastische Unterton entging dem ungehobelten Gast jedoch völlig. In der Tat, bestätigte der. Ihr müsst ein Genie ungekannter Größe sein, junger Mann, dass Ihr Euren Onkel so zur Verzweiflung getrieben habt. Charles zog irritiert die Augenbrauen zusammen. Jeden Sonntagabend haben wir in meinem Haus einen guten alten Scotch getrunken. Und wenn es mehr als einer wurde, hat Gerrish unweigerlich von seinem Jungen angefangen, dessen Genie ihn noch in den Wahnsinn treiben würde. Er hat wie zu einem Erleuchteten zu Euch aufgesehen und das ist einem so ehrgeizigen Mann wie ihm nicht gut bekommen.
Der Junge? Die Erkenntnis, selbst der wie ein Phantom durch die Aufzeichnungen seines Onkels geisternde Junge zu sein, traf Charles wie ein Schlag. Aber womit hatte er Gerrish nur so eingeschüchtert, dass sich dieser ihm so sehr unterlegen fühlte?
Nach seinem Tod hatte ich eigentlich damit gerechnet, dass er sein Vermögen der Kirche vermachen wollte. Als ich dann von Eurer Berufung zum Alleinerben erfuhr, war ich aber natürlich nicht überrascht. Und für die Kirche ist Euer Hiersein auch weit wertvoller als das Vermögen Eures Onkels. Huldvoll nickte der Geistliche.
Aber warum ..., wollte Charles wissen.
Doch wieder wurde ihm das Wort abgeschnitten. Höflichkeit und Interesse an den Gedanken seiner Mitmenschen schienen dem Mann völlig abzugehen. Danke, dass Ihr fragt, Sir. Ich bin heute in einer außerordentlich dringlichen Angelegenheit hier. Lautes Poltern aus dem ersten Stock und der plötzlich wieder sehr verschwörerische Tonfall des Geistlichen erinnerten Charles an die geheimnisvolle Kiste, die gegen seinen Willen in sein Haus gebracht worden war.
Euer Onkel war so freundlich, der Kirche eine seiner besonders beeindruckenden Erfindungen auszuleihen. Leider hat die Apparatur in der letzten Woche den Betrieb eingestellt. Außer Euch gibt es niemanden, der sie reparieren könnte, flüsterte er.
Ich bin dazu nicht besser in der Lage, als andere Erfinder oder Ingenieure in London, meinte Charles unwillig.
Oh, das bezweifle ich doch sehr, mein Sohn. Zum einen seid Ihr zweifellos ein Genie, zum anderen werdet Ihr sicherlich die Konstruktionspläne im Nachlass Eures Onkels finden. Außerdem gehört Euch die Maschine ja, streng genommen. Seht es als ersten großen Auftrag in Eurem neuen Zuhause. Die hünenhaften Männer hatten die Kiste offenbar am bezeichneten Ort abgeladen und kamen jetzt die Treppe herunter. Der Geistliche nahm dies zum Anlass, sich ebenfalls zu verabschieden. Im Gehen sagte er: Bitte erledigt die Reparatur so schnell wie möglich, es ist wirklich wichtig.
Aber ... was tut die Maschine denn? Der Mann konnte doch jetzt nicht einfach so gehen!
Oh, das weiß ich nicht so genau, antwortete der Geistliche kopfschüttelnd. Gerrish hat versucht, es mir zu erklären, aber ich habe es nie verstanden. Grüßend hob er die Hand. Ich schaue in den nächsten Tagen noch einmal vorbei. Aber wir sehen uns ja spätestens am Sonntag zum Gottesdienst, nicht wahr? Dann fiel die Tür ins Schloss.
Die Verblüffung ließ Charles noch für einige Sekunden die Tür anstarren. Schließlich zuckte er mit den Schultern und wandte sich ab. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als zumindest einen kurzen Blick auf den ominösen Apparat zu werfen.
Eine Viertelstunde später rückte er der unwillkommenen Kiste mit Stemmeisen und hochgekrempelten Ärmeln zu Leibe. Offenbar war Pastor Gilmour äußerst bedacht gewesen, die Maschine in möglichst perfektem Zustand anzuliefern. Die hölzerne Verpackung war so hochwertig, dass Charles beim Öffnen regelrecht ins Schwitzen geriet. Es dauerte fast fünf Minuten, bis das Holz endlich vor dem Eisen kapitulierte. Doch auch nach Entfernen eines Seitenteils war die Maschine noch nicht sichtbar. Das gesamte Innere war mit etwa faustgroßen, mit Sägemehl gefüllten Säckchen ausgepolstert.
Mein Freund rollt noch jetzt mit den Augen, wenn er davon erzählt. Die Säckchen waren natürlich nicht vollkommen dicht. Während er die Kiste leerte, begann es unter seinen Schuhen zu stauben und knirschen. Wenn die geheimnisvolle Maschine nicht vollkommen hermetisch abgeschlossen war, hatte ihr diese Verpackung vermutlich des Rest gegeben.
Das langsame Abtragen der Verpackung ließ Charles immer ungeduldiger werden. Er wollte endlich wissen, was für die Kirche von so eminenter Bedeutung war. Was dann aber nach weiteren fünf Minuten Arbeit zum Vorschein kam, war wenig geeignet, diese Frage zu beantworten. Zuerst stieß der Erfinder auf einen großen, kugelartigen Glaskolben. Dieser bildete den Abschluss eines kegelförmigen, genieteten Kupferrohrs, das an seinem unteren Ende vielleicht einen Meter dick sein mochte und sich zum Glaskolben hin auf die Dicke eines Fingers verjüngte. Die gesamte Länge dieses Kegels war von einem zur Spirale gebogenen Glaszylinder umgeben, der seinerseits mit eigenartigen Kristallen gefüllt war.
Diese Konstruktion war waagerecht in eine komplizierte Apparatur eingelassen, die mit zahlreichen Reglern und Skalen ausgestattet war. Charles konnte eine Brennkammer mit einer seltsamen Halterung darin ausmachen; alles andere erschien auf den ersten Blick keinen Sinn zu ergeben. Ratlos kratzte er sich am Kopf. Bevor es jedoch zu einer näheren Untersuchung kommen konnte, klingelte es erneut an der Tür. War Gilmour noch einmal zurückgekommen? Da Charles außer dem Priester niemanden in London kannte, war dies wohl die wahrscheinlichste Möglichkeit. Dieses Mal würde er ihn nicht ohne eine gute Erklärung gehen lassen!
Wenige Augenblicke später öffnete er entschlossen die Tür und bereute im nächsten Augenblick, sich nicht wenigstens die Ärmel wieder heruntergekrempelt zu haben. Denn vor der Schwelle stand eine vornehme junge Dame mit vereinnahmend schönen grünen Augen. Die Plötzlichkeit, mit der Charles die Tür aufgerissen hatte, ließ sie zusammenfahren. Beinahe hätte sie den kleinen Weidenkorb, den sie über dem Handgelenk trug, fallen gelassen.
Ich bitte um Entschuldigung, brachte Charles nach einer Verlegenheitssekunde hervor. Ich hatte jemand anders erwartet ...
Die Besucherin reagierte darauf mit einem Ausdruck linkischer Unsicherheit. Der Hausherr korrigierte seine anfängliche Schätzung ihres Alters von Ende zwanzig um knapp zehn Jahre nach unten.
Ich wollte nicht ungelegen kommen, meinte sie unbeholfen. Es klang wie eine Entschuldigung.
Aber nein! So war das nicht gemeint, versicherte der Hausherr. Es wäre unangenehmer Besuch gewesen. Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen Miss ...?
Fiddlebury. Rachel Fiddlebury, sagte sie erleichtert lächelnd. Ihre Augen leuchteten wie glühende Smaragde, aber ihr Lächeln war auf sonderbare Weise ungelenk; als hätte sie nicht die vollständige Kontrolle über ihr Gesicht. Ich bin die Tochter von Mortimer Fiddlebury.
Charles nickte beeindruckt. Mortimer Fiddlebury war vielleicht der angesehenste Erfinder von ganz London. Mein Freund hatte bereits viele seiner Veröffentlichungen mit großem Interesse studiert.
Dann ist der Mann nicht nur ein Genie, sondern auch mit einer äußerst charmanten Tochter gesegnet, meinte Charles galant. Fasziniert bemerkte er, wie sehr er seine Besucherin aus der Fassung brachte. Sie lief rot an wie ein Backfisch und wirkte gleichzeitig hochgradig verwirrt. Noch heute erzählt Charles gern von der einzelnen roten Haarsträhne, die sich in diesem Moment selbstständig machte und Rachel für den Rest des Gesprächs an der Nase kitzelte. Tapfer tat sie jedoch so, als bemerke sie nichts davon.
Mein Fiddle... mein Club... Sie stampfte undamenhaft mit dem Fuß auf. Mein Vater war im selben Club wir Euer Onkel, Mr Eagleton, sagte sie schnell und mit konzentriert geschlossenen Augen.
Nur mit großer Mühe konnte sich Charles ein Schmunzeln verkneifen. Oh? Mir war gar nicht bewusst, dass mein Onkel in einem Club war.
Oh ja, fast so lange wie mein Vater. Der Black Garden Gentlemensclub im West End. Soviel ich weiß, ist die Mitgliedschaft erblich. Ihr seid also auch Mitglied. Sie plapperte beinahe. Wegen der seltsam eingeschränkten Mimik ihres Gesichts war ihre Unsicherheit aber nur für Menschen zu sehen, die in den Augen lesen konnten.
Das klingt interessant. Dann werde ich Ihren Vater ja bestimmt ebenfalls bald kennenlernen.
Sie nickte.
Bestimmt. Ich dachte mir, da Ihr ja noch niemanden kennt und bestimmt noch kein Personal habt ... also ich dachte, dass Ihr vielleicht Hunger haben könntet. Hölzern reichte sie ihm den Weidenkorb.
Das ist sehr freundlich, Miss Fiddlebury, sagte Charles. Offenbar können Sie Gedanken lesen. Ich bin tatsächlich noch nicht dazu gekommen, essen zu gehen, geschweige denn eine Köchin einzustellen. Ich bin sicher, Mr Fiddlebury hat eine erstklassige Köchin in seinen Diensten.
Nein, Mr Eagleton. Ich koche sehr gern und so übernehme ich das in unserem Haus, erwiderte sie etwas verlegen.
Dann werde ich mit besonderem Genuss essen, versprach er. Wieder errötete sie, doch er überspielte ihre Verlegenheit mit einem Handkuss. Ich werde mich gelegentlich revanchieren, Miss Fiddlebury. Und ich freue mich schon darauf, Ihnen das Geschirr zurückzubringen.
Sie lächelte und nickte huldvoll. Dann drehte sie sich um und ging leicht watschelnd die Straße hinunter. Trotz ihrer sonderbaren Art sich zu bewegen und der fehlenden Mimik faszinierte sie ihn. Selten hatte er so viel Geist und Intelligenz in den Augen eines Menschen gesehen.
Der Duft des Essens wischte jeden anderen Gedanken jedoch beiseite.
Nach dem Essen einem delikaten Hühnchen in Weinsauce vergrub sich Charles erneut in dem schriftlichen Nachlass seines Onkels. Dieses Mal suchte er jedoch systematisch nach einem Hinweis auf die merkwürdige Apparatur, die ihm der nicht minder merkwürdige Geistliche ins Haus gebracht hatte. Ein unscheinbares Büchlein und eine dicke Zeichenmappe ließen ihn dieses Vorhaben aber schon kurz nach Beginn seiner Suche wieder vergessen. Die ersten vierhundert Seiten des Buches waren eng mit noch etwas kindlich wirkender Schrift und Zahlen bedeckt. Komplexe Mathematik, für die sich selbst ein Mann wie Charles Eagleton sehr anstrengen musste, um sie nachzuvollziehen. Die Mappe enthielt Tausende von detaillierten Konstruktions- und Detailzeichnungen. Zahnrädern, Prismen, Kristalle, Antriebssysteme etwas so Komplexes hatte der junge Erfinder noch nie gesehen. Oder zumindest fast noch nie. Nach einer halben Stunde erkannte er die Arbeit als seine eigene.
Es war wie die Erinnerung an einen Traum. Die letzten drei Jahre, die Charles im Haus seines Onkels verbracht hatte, war er immer wieder schwer erkrankt. Im Fieberwahn hatte er geschrieben und gezeichnet, doch bisher wäre er nie auf die Idee gekommen, dass hierbei auch nur ein sinnvolles Wort zustande gekommen war. Er erinnerte sich noch gut daran, dass ihm sein Werk immer kurz vor seiner vollständigen Genesung weggenommen worden war. Seine Mutter war ihrem Schwager außerordentlich dankbar dafür gewesen, dass dieser ihrem Sohn das kostbare Papier und die teure Zeichenausstattung zur Verfügung gestellt hatte.
Die letzten hundert Seiten des Buches waren mit Notizen seines Onkels gefüllt und ließen das Geschehen in einem völlig anderen Licht erscheinen. Neben erfolglosen Versuchen, die Arbeit seines Neffen nachzuvollziehen, stieß mein Freund auf eine unerwartet dunkle Seite seines Onkels. Detailliert beschrieb Gerrish, wie er seinen Neffen absichtlich mit Krankheiten infizierte, um erneut den Rausch des Genies, wie er es nannte, in dem Jungen zu entfachen. Die Dankbarkeit seiner Mutter war demnach vollkommen unbegründet gewesen.
Charles folgte Verweisen auf andere Aufzeichnungen, die noch in einer Zeit entstanden waren, in der sein Onkel seine Unterlagen einer sinnvollen Ordnung unterworfen hatte. Schnell wünschte er, er hätte es nicht getan. Um seinen Neffen immer wieder mit heftigem Fieber zum Arbeiten zu bringen, hatte Gerrish über zwei Jahre mit Krankheitskeimen experimentiert. Tante Nora war ihm dabei offenbar tatkräftig zur Hand gegangen und hatte dies nach einem Unfall im Labor mit dem Leben bezahlt. Nach den Aufzeichnungen zu schließen, hatte Onkel Walther Charles und seine Mutter in einem klaren Moment auf die Straße gesetzt, um sie vor ihm selbst zu schützen.
Fast eine Stunde saß Charles reglos in der alten Werkstatt seines Onkels, um diese Erkenntnis zu verdauen.
Dann allerdings begann er sich wieder für die Arbeit seines kranken, kindlichen Ichs zu interessieren. Auf den ersten Seiten ging es ihm nicht anders als seinem Onkel: Mühsam vollzog er die mathematischen Gleichungen nach, ohne ihren tieferen Sinn zu begreifen. Nach ein paar Stunden schienen sich die Ideen jedoch für ihn zu öffnen. Halb Erinnerung, halb Intuition formten sich die abstrakten Symbole zu einem inneren Bild.
Die Inspiration des Jungen war eine Blockflöte gewesen. Aus ein paar Löchern und beweglicher Luft erzeugte sie wundervolle, klare Töne. Wäre es mit diesem Prinzip möglich, eine Sprech- oder Singmaschine zu bauen, hätte diese die reinste und klarste aller denkbaren Stimmen. Doch wie sollte eine solch komplexe Maschine gesteuert werden? Die Antwort war verblüffend: Nach dem gleichen Loch- und Luftprinzip. Charles staunte über sein jüngeres Selbst, wie es seiner Schöpfung im nächsten Schritt eine Selbststeuerung und schließlich sogar die Fähigkeit zu denken schenkte. Immer komplexere Konstruktionen machten aus der denkenden Sprech- und Singmaschine schließlich ein dampfgetriebenes Dienstmädchen.
Als Charles am frühen Morgen erwachte, konnte er weder sagen, wann er eingeschlafen war, noch wie viele Tage seit Miss Fiddleburys Besuch vergangen waren. Seine naheliegendsten Gedanken befassten sich jedoch eher mit seinem Körper, der dank der verrenkten Schlafposition in Onkel Walthers Werkstatt kaum noch zum Aufstehen zu bewegen war.
Dennoch bereute er es nicht, eingeschlafen zu sein. Schon häufiger hatte er im Traum besonders kreative und klare Gedanken gehabt. Dieses Mal waren die Erinnerungen zu ihm zurückgekehrt. Zum ersten Mal verstand er auch bei klarem Verstand die Prinzipien, die hinter seiner Erfindung standen. Sein eigenes Genie, aber auch sein Talent, gewisse Probleme geschickt zu umgehen, ließen ihn staunen. So war er mit der Präzision seines Algorithmus zur Grammatik nie zufrieden gewesen. Seine Lösung bestand darin, dem Dienstmädchen einen französischen Akzent zu geben. Niemand würde sich wundern, wenn eine Ausländerin die Reihenfolge der Wörter ab und zu durcheinander brachte. Sogar einen Namen hatte das imaginäre Konstrukt bereits: Fifi.
Wie gerne hätte Charles ausprobiert, ob seine Schöpfung tatsächlich mehr zustande gebracht hätte, als Dampf zu produzieren. Leider würde er hierfür weder Zeit noch Geld übrig haben.
Den Rest des Tages verbrachte Charles außer Haus. Endlich regelte er die finanzielle Seite seines Erbes und erledigte einige Einkäufe. Neben einem Herrenausstatter besuchte er auch ein Restaurant und mehrere Feinkostgeschäfte. Zumindest die nächste Woche würde er nicht länger auf die Zuwendungen junger Damen angewiesen sein, um satt zu werden. Seinen Plan, an diesem Tag auch schon Personal zu verpflichten, gab er jedoch auf. Zu sehr genoss er es, ohne Geldsorgen durch London zu flanieren und sich von der Auslage des einen oder anderen Geschäfts verführen zu lassen.
Wie immer war Charles Freude am Müßiggang aber nur von kurzer Dauer. Als er am frühen Abend in die Darthmoore Street 22 zurückkehrte, kreisten seine Gedanken schon wieder um die eigenartige Maschine, die ihm Pfarrer Gilmour ins Haus gebracht hatte. Unterwegs war ihm der Gedanke gekommen, dass er die Suche nach Hinweisen auf die Funktion der eigenartigen Apparatur völlig falsch anging. In den chaotischen Aufzeichnungen seines Onkels zu suchen, war alles andere als effektiv. Viel naheliegender war es doch, sich zunächst auf dem sauber geordneten Dachboden umzuschauen. Vielleicht gab es dort einen Apparat gleicher Bauart oder sogar so etwas wie eine Gebrauchsanleitung. So hielt er sich nach seiner Ankunft nicht lange damit auf, seine Einkäufe zu verstauen. Mitten im Flur ließ er die Taschen stehen und erklomm voller Tatendrang die Treppen zum Speicher.
Wieder schien ihm die Ordnung des Dachbodens einen unwirklichen Gegensatz zum Zustand der unteren Stockwerke zu bilden. Selbst die Beleuchtung übertraf alles, was Gerrish im restlichen Haus verwendet hatte. Kopfschüttelnd entzündete Charles sechs helle Gaslampen, die das Lager in nahezu weißes Licht tauchten.
Nicht nur wegen der guten Sichtverhältnisse erwies sich die Suche noch weit weniger aufwendig als gedacht. Auf einem Stehpult fand Charles ein sauber geführtes Verzeichnis des Erfinderschatzes. Statt also von Kiste zu Kiste zu gehen und die Etiketten zu studieren, genügte der Blick in ein Büchlein, in dem Lagerort, Kistennummer, die Bezeichnung der Erfindung und in einigen Fällen der Auftraggeber eingetragen war. Charles Finger fuhr an einem Fruchtdosenzerquetscher für eine Mrs Hamilton, einem Flohentferner, einem Handtuchauswringer sowie einem Apfelschalensortierer für eine Firma namens Old Port Bros. vorbei. Danach blendete Charles die Bezeichnungen der Erfindungen aus seiner Wahrnehmung aus und kümmerte sich nur noch um die Spalte mit den Auftraggebern. Auf Seite sechsundzwanzig der Aufzeichnungen war noch immer kein Vermerk über Pastor Gilmour zu finden. Dafür fiel ihm ein Eintrag ins Auge, der durch die Kürze seiner Bezeichnung aus dem Rest der Seite herausstach: Fifi.
Fast eine Minute starrte Charles die unschuldigen vier Buchstaben an. Fifi? Hatte sein Onkel die Konstruktionszeichnungen etwa in die Realität umgesetzt? Erst spürte er nur sein Herz rasen, dann ließ glühender Zorn eine Ader auf seiner Stirn anschwellen. Sein fast immer rationaler Verstand brauchte einige Herzschläge, um den Grund für die plötzliche Gefühlsaufwallung zu finden: Es war eine Sache, dass sein Onkel ihn im Dienst der Wissenschaft mit Krankheiten gequält hatte. Eine andere war es jedoch, sein Opfer nicht wenigstens am Produkt dieser Quälerei teilhaben zu lassen. Wenn Fifi wirklich funktionierte, wäre sie sein geistiges Kind. Und weil sie auch noch eine Maschine war, hätte er wohl noch mehr Anrecht auf ihre Gesellschaft, als er das bei einer Tochter aus Fleisch und Blut gehabt hätte. Eine ungekannte Form von Eifersucht ließ ihn einen irrationalen Moment hoffen, das Fifi nicht funktionierte.
Mit klopfendem Herzen lief er zum in der Liste bezeichneten Bereich im hintersten Teil des Dachbodens hinüber. Halb erwartete er, auf eine leere Kiste, Bauteile oder gar nichts zu stoßen. Dass sein Onkel das dampfbetriebene Dienstmädchen tatsächlich gebaut haben sollte, schien ihm einfach zu phantastisch. Die Kiste mit dem Etikett Fifi war jedoch kaum zu übersehen. Sie hatte nicht nur grob die Form eines Sarges, sondern auch eine ähnliche Größe. Dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Sarg handelte war allenfalls daran zu erkennen, dass die Kiste etwa anderthalb mal so breit wie vergleichbare Exemplare in einem Bestattungsinstitut war. Als würde sich tatsächlich eine Leiche darin befinden, war der Sarg zugenagelt worden.
Nach kurzer erfolgreicher Suche nach einem Stemmeisen hebelte Charles in ungewohnter Hast die Kiste auf. Nach einem Augenblick der Sammlung, aber mit noch immer zitternden Händen schob er den Deckel beiseite. Nichts hätte ihn jedoch auf den Anblick vorbereiten können, der sich ihm bot. Plötzlich waren die Fiebervisionen eines kleinen Jungen wieder gegenwärtig. Wirre, lange vergessene Träume namenlosen Grauens, in denen er immer wieder von den ebenso tröstenden wie unerschrockenen Händen eines dampfgetriebenen Dienstmädchens gerettet worden war. Das stählerne Geschöpf im Inneren der Kiste schien auf wundersame Weise eine Verbindungstür zwischen Traum und Realität gefunden zu haben. Der Anblick entsprach so sehr dem Bild aus seinen Träumen, dass er ernsthaft darüber nachdachte, ob er wirklich wach war. Sogar bei der Kleidung hatte sich sein Onkel an die Originalentwürfe gehalten.
Fifi war exakt 172 cm groß und hielt sich in den Proportionen ihres Körpers weitgehend an das Äußere einer durchschnittlichen Frau. Allerdings bestand ihr Körper vollständig aus poliertem Stahl. Ihr Gesicht war aus zwei Teilen zusammengesetzt, die am Mund getrennt waren. Ein hauchdünner Spalt blieb auch bei geschlossenem Mund sichtbar. Da die Trennlinie leicht nach oben lief, erweckte sie den Eindruck, als würde Fifi ständig lächeln. Die detailverliebte Umsetzung der Konstruktionszeichnungen bezog sich sogar auf die Lippen, die von einem wahren Meister liebevoll in Stahl modelliert worden waren. Allgemein erinnerten die schönen, geheimnisvollen Linien ihres Gesichts an eine venezianische Maske.
Auch die mandelförmigen Augen waren sehr gelungen, wenngleich Charles durch äußerliche Betrachtung natürlich nicht erkennen konnte, ob alle seine Ideen verwirklicht worden waren. Denn Fifis Augen sollten nicht nur sehen, sondern gemeinsam mit den magnetisch beweglichen Augenbrauen die fehlende Mimik des Gesichts ausgleichen können. Charles hatte hierfür ein aufwendiges Prismensystem erdacht, mit dem gewisse Denkprozesse die Augenfarbe veränderten.
Der gröbste Teil des Gesichts war das Kiefergelenk, das beide Gesichtsteile miteinander verband. Allerdings war dieses unter einem Pagenkopf aus sehr hellem Messing verborgen, der in Höhe des Mundes auslief. Die Metallfrisur wirkte auf den ersten Blick tatsächlich haarähnlich, sodass man Fifi klar als Blondine bezeichnen musste. Auf dem Scheitel wurde die Frisur von einem kurzen, schmalen Abgasrohr durchbrochen, das jedoch perfekt von der typischen Dienstmädchen-Kopfbedeckung, einem starren weißen Schürzchen, verborgen wurde.
Hals und Taille bestanden jeweils aus mehreren, gegeneinander verschiebbaren Ringen. Ein weißes Rüschenband verbarg das Halsgelenk jedoch zum größten Teil, während die Taille unter der Dienstmädchentracht vollkommen unsichtbar werden würde. Andere Gelenke waren dafür umso offensichtlicher: Während der größte Teil des Körpers wirkte, als sei er bei einer echten Frau abgegossen worden, waren Schulter, Knie und Ellenbogen als robuste Kugelgelenke ausgeführt. Sie verliehen Fifi den Charme einer sehr naturalistischen Gliederpuppe. Die Hände waren jedoch feinmechanische Wunderwerke, die zierlichen Fingerglieder mit der Präzision von Uhrwerken über zarte Titangelenke miteinander verbunden. Die aufwendige Mechanik wurde im Betrieb von weißen Seidenhandschuhen verborgen zumindest hatte mein Freund das so geplant. Bis auf Krönchen und Rüschenhalsband war Fifi derzeit nackt, was Charles merkwürdig zornig machte. Irgendwie hatte dieses Stahlwesen eine würdevollere Behandlung verdient.
Auch bei den Füßen war Charles Entwurf 1:1 umgesetzt worden. Das komplizierte Fußgelenk würde unter den Seidenstrümpfen sehr menschlich aussehen. Der Fuß selbst folgte ebenfalls der Form eines schlanken weiblichen Fußes. Allerdings bestand er aus fünf gegeneinander beweglichen Teilen. Es gab keine Zehen; stattdessen lief der Fuß vorn wie ein Schuhspanner aus. Da Fifi weit mehr als eine Vierteltonne wog, konnte man sie mit diesen Stahlfüßen natürlich nicht einfach barfuß gehen lassen. Zumindest dann nicht, wenn man an einem intakten Parkett interessiert war.
Die ebenfalls von Charles für Fifi erdachten Schuhe lagen wie die sonstige französische Dienerinnentracht neben dem leblosen Dienstmädchen. Sie ähnelten eleganten französischen Stöckelschuhen, allerdings liefen Absätze und Sohlen in dicke schwarze Kissen aus, was dem Schuhwerk ein drolliges Aussehen gab. Auch perfekt auf ihre Kraft und Größe abgestimmte Putzutensilien lagen bereit.
Die Unterbringung von Kleidung und Ausrüstung war jedoch nicht der einzige Grund, warum Fifis Sarg verbreitert worden war. In einer kleinen Kiste neben seiner Schöpfung fand Charles Hunderte feinsäuberlich sortierte Zahnräder, von denen jedes wiederum von mehreren tausend skurril geformten Löchern durchbrochen war. Hinzu kamen weitere hundert feine, zum Teil mit Gelenken und Gewinden versehene Stangen, die selten dicker als ein Draht waren. Nach kurzem Überlegen erkannte der Erfinder in beidem die Umsetzung seiner Kernidee: Richtig angeordnet und mit einem intelligent gelenkten Luftstrom würde Fifi mit dieser Mechanik nicht nur sprechen, sondern auch denken können. Warum hatte Gerrish die Teile nicht eingebaut?
Die Antwort fand Charles in dem ebenfalls beiliegenden Arbeitsbuch, in dem jeder Arbeitsschritt penibel verzeichnet worden war. Erschüttert erkannte mein Freund, dass sein Onkel nicht einmal ansatzweise das Prinzip verstanden hatte, nach dem Fifi arbeitete. Er hatte sich einfach sklavisch an den Bauplan gehalten und sich die Arbeit oft schwerer als nötig gemacht. Dann schien ihm jedoch die Geduld gefehlt zu haben. Bis auf das Herz, die beiliegende Mechanik, hatte er Fifi fertig gestellt. Die Bedeutung der noch nicht verbauten Teile war ihm jedoch völlig entgangen; er bezeichnete sie immer wieder als den Sprechapparat.
Offenbar hatte er das komplizierte System aus Kristallen, Membranen und Quecksilberlösung in Fifis Kopf für ihren Denkapparat gehalten. Dabei waren diese Baueinheiten ausschließlich für Sinneswahrnehmungen und Gedächtnis zuständig. Da der Sprechapparat aber aus hunderten gegeneinander verschiebbaren Kupplungen, Zahnrädern, Wellen und Schiebern bestand, von denen einige auch noch winzig klein waren, war die Installation des Sprech- und Denksystems wohl die anspruchsvollste Arbeit des gesamten Projekts. Diese Mühe hatte sich Onkel Walther nur machen wollen, wenn er sicher war, dass Fifi überhaupt funktionierte.
Für einen ersten Test hatte er den Einbau des Sprechapparates für überflüssig gehalten.
Natürlich war der erste Test fehlgeschlagen. Allerdings wäre dies vielleicht auch passiert, wenn Fifi richtig zusammengesetzt worden wäre. Denn statt wie nach Studium der Konstruktionszeichnung offensichtlich erforderlich den Druck langsam zu erhöhen, hatte Gerrish einfach die Brennkammer angefeuert. Fifis Denkapparat hätte sich leicht verhaken oder Fehlfunktionen verursachen können. Entweder war sein Onkel ein sehr schlechter Ingenieur gewesen oder ihm hatte schlicht die Geduld gefehlt.
Viel erschütternder war für Charles jedoch die offenkundige Befriedigung, die aus der Beschreibung des Fehlschlags herauszulesen war. Der letzte Satz lautete: Ergo: Nicht alles, was wie ein Genie aussieht ist auch eines. Hatte sein Onkel Fifi nur gebaut um zu beweisen, dass sein Neffe kein Genie war? War das eine besonders kranke Abart des Neides, bei dem man ein Kind in Fieberträume zwingt, damit es Visionen zu Papier bringt, diese Visionen dann als Unsinn entlarvt und sich dann selbst erhabener fühlt?
Doch der Zorn war nicht mehr als eine kurze Welle, die ihn durchströmte. Fifis Anblick ließ ihn lächeln. Sie war ein Wunder eine wahr gewordene Gestalt aus seinen Träumen. Er glaubte nicht wirklich, dass sie funktionieren konnte, war aber mehr als beeindruckt von den Ideen, die hinter ihr standen. Charles war trotz allem dankbar, dass sein Onkel die Entwürfe umgesetzt hatte. Er selbst wäre viel zu vernünftig gewesen, um das Vermögen zu investieren, das für ihren Bau erforderlich gewesen war. Und er das gestand er sich offen ein war froh, dass er selbst es sein würde, der sie auf die Welt brachte so sie denn wirklich funktionierte.
Die Türklingel riss ihn aus seinen Gedanken. Da sie erneut ertönte, während er noch seinen Rock zurechtrückte, ahnte Charles bereits, wer vor der Tür wartete. Mit finsterem Gesicht ertrug er das aufdringliche Geklingel und Geklopfe aus dem Erdgeschoss, während er ohne Hast die Treppen hinunterging. Als er endlich die Tür öffnete, hatte sich seine Miene nicht wesentlich aufgehellt.
Guten Abend, mein Sohn. Gilmour schüttelte ihm überschwänglich die Hand. In seiner Priestertracht wirkte er noch magerer, was sein teigiges Gesicht noch stärker betonte. Zufällig führte mich mein Weg an Eurem wunderbaren Haus vorbei. Und da kam mir der Gedanke, dass ich auf einen Scotch vorbeischauen sollte. Schließlich kennt Ihr niemanden in London.
Tut mir leid, ich habe keinen Scotch im Haus, erwiderte Charles trocken. Sein Gesichtsausdruck war so freundlich und einladend wie die Sahara, doch der Geistliche war nicht beeindruckt. Lachend klopfte er dem Hausherrn auf die Schulter. Dann habt ihr Euch noch nicht ausführlich genug im Haus umgesehen. Flink wie eine Ratte huschte Gilmour an Charles vorbei ins Haus. Aber ich helfe Euch natürlich gern dabei, Euch einzuleben, meinte er, während er schnurstracks Eingangshalle und Flur durchquerte. Meinem überrumpelten Freund blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Erst in dem mit Gerümpel aller Art vollgestellten Salon holte er den ungebetenen Gast ein. Gilmour öffnete den alten Konzertflügel, den Charles noch aus Kindertagen kannte, und wurde offenbar fündig. Als wäre er auf Gold gestoßen, hielt der Geistliche eine halbvolle Flasche Scotch und zwei mehr oder weniger saubere Gläser hoch.
Ich beglückwünsche Euch zu den intimen Kenntnissen meines Haushalts, Pater Gilmour. Charles Tonfall war eisig. Im Augenblick möchte ich jedoch keinen Alkohol zu mir nehmen. Der Angesprochene fuhr ungerührt fort, die Gläser jeweils zwei Finger hoch zu füllen.
Ich habe Euch beim Gottesdienst vermisst, sagte er, als hätte sich mein Freund mit der Tapete im Nebenraum unterhalten. Lächelnd hielt er ihm eines der Gläser hin, während er sich bei der Betrachtung seines eigenen schon die Lippen leckte.
Doch Charles ignorierte das angebotene Glas. Ich bin sicher, Eure Anwesenheit hat für uns beide gereicht, meinte er überzeugt.
Höre ich da etwa eine gewisse Aversion gegen Gott heraus? Spielerisch stupste Gilmour seinem Gastgeber den Ellenbogen gegen die Rippen. So von einem Schöpfer zum anderen?
Ich habe noch zu tun, entgegnete Charles kühl. Wenn Ihr mich bitte entschuldigen würdet ... Wieder ließ Gilmour durch nichts erkennen, dass er die Bedeutung der Worte verstanden hatte. Wenigstens kam er endlich auf den Grund seiner Anwesenheit zu sprechen.
Wie geht es eigentlich dem Apparat, den ich Euch vor ein paar Tagen zur Reparatur gegeben habe? In einem Zug leerte er sein Glas. Einen Herzschlag später goss er auch das zweite hinterher. Charles dachte kurz daran, ihm gleich die Flasche anzubieten, aber damit hätte er diesen unerfreulichen Besuch nur verlängert.
Ich pflege Maschinen selten nach ihrem Befinden zu fragen. Trotz des eisigen Tons begann Gilmour albern zu lachen, als hätte Charles einen großartigen Witz erzählt. Mit Sarkasmus und höflichen Bitten zu gehen, würde er den Mann nicht los werden. Also versuchte mein Freund es pragmatisch: Ihr wollt mir keinen Hinweis geben, was der Zweck der Maschine ist und ich habe trotz Suche bis jetzt keine Unterlagen über sie gefunden. Wie kann ich sie dann reparieren?
Oh, ich bin sicher, Ihr findet einen Weg, sagte Gilmour. Euer Onkel hat mir viel von Euch erzählt; Ihr schafft das. Er legte Charles die Hand so stolz auf die Schulter, als wäre er sein Sohn. Und um Euch weiter zu motivieren, verzehnfache ich den Betrag, den Ihr mir für die Reparatur in Rechnung stellen werdet, wenn ich die Maschine in weniger als einer Woche abholen kann. Seiner Stimme nach zu urteilen, hätte er selbst für so ein Angebot sogar seine Mutter verkauft. Überzeugt, Charles ausreichend motiviert zu haben, stellte er die Gläser auf den Flügel und wandte sich zum Gehen. Es tut mir leid, aber es ist schon spät. Ein alter Mann wie ich sollte zeitig zu Hause sein. So flink wie er hereingekommen war, ging er auch wieder. Halbherzig forderte er seinen Gastgeber noch einmal auf, am kommenden Sonntag in der Kirche zu erscheinen dann war er fort. Erleichtert schloss Charles die Tür hinter ihm. Natürlich würde er nicht der Kirche erscheinen und auch Gilmours Maschine keines Blickes würdigen. Er brauchte ein Dienstmädchen.
Die folgende Woche versank Charles in einen meditativen Zustand, wie er ihn zuvor nur bei der Arbeit an seinen großen Erfindungen, wie etwa dem Reprographen, erlebt hatte. Seine Tage begannen zusammengesunken über seinem Projekt, an dem er sofort nach einem hastigen Frühstück weiterarbeitete. Der Tag endete in komatösem Schlaf, der ihn irgendwann tief in der Nacht in der Werkstatt überwältigte. Da der Dachboden die einzige saubere Räumlichkeit des Hauses darstellte, die noch dazu nicht mit Gerümpel vollgestellt war, nutzte Charles sie als improvisierte Werkstatt. Leider war mein Freund nicht gerade vom geordneten Zustand seines Arbeitsplatzes besessen und so kapitulierte auch der letzte Teil des Hauses vor der Anarchie.
Doch es lohnte sich. Während der komplizierten Arbeit fand der Erfinder immer mehr in das Gedankengebäude zurück, das ein kleiner Junge im Fieberwahn vor fast zwanzig Jahren errichtet hatte. Auch jetzt, nach Jahrzehnten des Lernens und der Erfahrung, konnte er keinen Fehler in den Bauplänen erkennen. Als er nach fünf Tagen endlich die letzte Schraube anzog war er sicher, dass Fifi tatsächlich funktionieren würde. Vielleicht auch wegen dieser Überzeugung nahm er sich die Zeit, sie vor der Inbetriebnahme vollständig anzuziehen. Wenn sie funktionierte, würde sie irgendetwas zwischen Maschine, Hausangestellter und Tochter sein. Etwas, das ein Recht auf Würde hatte.
Trotz seiner immer drängender werdenden Ungeduld wärmte er akribisch die Brennkammer und das Öl vor. Gespannt beobachtete er, wie sich langsam der Druck im Dampfbehälter aufbaute und kleine Wölkchen aus Fifis Nase steigen ließ. Kurz begannen unzählige Zahnräder und rädchen in ihrem Inneren zu klicken und summen. Dann jedoch wurde der Öldruck groß genug, um das metallische Konzert zu einem leisen Sirren herunterzudämpfen. Auch wenn Charles wusste, dass sich Fifis Denkapparat erst einlief und noch nicht funktionieren konnte, wirkte sein Geschöpf plötzlich auf fremdartige Weise lebendig. Die Lochkameras wurden zu Augen, die ihren Schöpfer durchdringend zu betrachten schienen. Charles spürte sein Herz bis in den Hals hinauf schlagen. Als er endlich den eigentlichen Brennstoff in die Brennkammer gab, hatten sich dicke Schweißtropfen auf seiner Stirn gesammelt.
Ein Geräusch, das einem Räuspern nicht unähnlich wahr, erklang. Gleich darauf kam eine dicke, rußige Rauchwolke aus dem hinter Fifis Kopfschmuck verborgenen Abgasrohr, während die metallenen Hände zu zucken begannen. Etwas zu spät wurde Charles bewusst, was für gewaltige Kräfte er seinem Geschöpf verliehen hatte. Eine bösartige Fifi könnte kaum auszudenkenden Schaden anrichten. Doch auch, wenn er vorher darüber nachgedacht hätte, wäre er das Risiko wohl eingegangen.
Plötzlich wurden Fifis magnetische Augenbrauen zu einem faszinierenden Ausdruck der unschuldigen Überraschung nach oben gezogen, während die Augen in schamhaftem Lila erstrahlten.
Hu!, war Fifis erstes Wort. Verschämt legte sie die Fingerspitzen der rechten Hand vor die Lippen. Oh, Mr Igeltón ... isch weisch nischt, wie das passieren gonnté, flötete sie mit einer so klaren und reinen Stimme, dass jeder Engel vor Neid erblasst wäre. Isch muss sein eingeschlafén bei Abéit der, bitté nischt sein bösé Mr Igeltón. Auch wenn er sie geschaffen hatte, ließ ihn ihr Sprachvermögen staunen. Ihr französischer Akzent klang so liebenswert, dass er lächeln musste.
Ich bin doch nicht böse, Fifi. Geht es dir gut?
Ah, ouí, Mr Igeltón. So leichtfüßig, dass Charles erschreckt zurückwich, brachte das stählerne Dienstmädchen seine zweihundertachtzig Kilo auf die Beine. Die sich überall in ihrem Körper auf die erstmalige Belastung einstellenden Bauteile knackten kurz. Charles hörte den Kreiselstabilisator regelrecht aufheulen. Erst als er das Wunder ihres mühelosen Aufstehens verdaut hatte, realisierte er das viel größere Wunder: Offenbar konnte Fifi tatsächlich nicht nur hören, sondern auch verstehen, was er sagte. In einem nächsten Schritt wunderte er sich allerdings darüber, was sie gesagt hatte. Bevor er sich die Frage selbst beantworten konnte, stellte er sie bereits: Woher kennst du denn meinen Namen, Fifi? Natürlich konnte sie diese Frage ebenso wenig beantworten, wie ein Mensch hätte sagen können, wie er das Atmen erlernt hatte. Befürchtend, dass seine Frage das Logiksystem seiner Schöpfung überfordern könnte, hielt er den Atem an.
Fifi stellte die Augen schräg und schien eine Sekunde lang vollkommen einzufrieren. Dann hob sie so plötzlich die Hand, dass ihr Schöpfer erschreckt zusammenzuckte. Statt ihn zu schlagen, legte sie jedoch den Kopf schief und drohte neckisch mit dem Zeigefinger: Oh, Mr Igeltón! Ein bösé Schlingéel Ihr seid. Dann gab sie ein Kichern von sich, das Charles unwillkürlich mitlachen ließ. Bevor er sich wieder beruhigt hatte, begann sich Fifi erstmals umzuschauen. Mon Dieu!, rief sie trällernd aus und hob wieder in dieser reizend erschreckten Art die Hand an die Lippen. Es aussieht ier wie in Gaufaus nach Ausvergáuf! Isch gewesen sähr phaul, Mr Igeltón. Isch das gleich ändärn muss.
Stolz wie ein Vater lächelte Charles sie an. Sie war so echt. Als wäre die Wissenschaft eine Art von Magie, mit der man Stahl und Glas zum Leben erwecken konnte. Seine Faszination verhinderte, dass er sofort beschwichtigend auf ihre Selbstanklage reagierte. Als er es schließlich tun wollte, war es zu spät: Urplötzlich fühlte er sich unter den Achseln gepackt. Mit ausgestreckten Armen hob Fifi ihn sanft an und trug ihn mühelos zum Treppenabgang. Isch etwas benötige Blatz, Mr Igeltón. Isch aber bin in wenigé Minutén wiedär bei Eusch.
Während Charles sie nur völlig perplex anschauen konnte, trug Fifi ihn wie selbstverständlich die unter der Belastung protestierend knarzende Treppe hinunter. Ein Stockwerk tiefer wurde er sanft abgesetzt. Bevor sich das dampfgetriebene Dienstmädchen ans Werk machte, verabschiedete es sich mit einem gekonnten Knicks, der den Kreiselstabilisator aufheulen ließ.
Überwältigt von der Perfektion seiner eigenen Schöpfung starrte Charles Fifi noch lange, nachdem sie die Treppe regelrecht hinaufgetanzt war, hinterher. So viel Fröhlichkeit steckte in ihr; so viel Seele. Konnten das wirklich seine Formeln erschaffen haben? Waren Menschen am Ende auch Kreaturen, deren Seele man mit mathematischen Formeln beschreiben konnte? Doch bevor er zu philosophisch wurde, drängten sich andere Fragen in den Vordergrund. Woher hatte sie seinen Namen gekannt? Hatte er selbst vielleicht eine Art Grundprogrammierung festgelegt, nach der die erste Person, die sie sah, Eagleton hieß und ihr Meister war? Meister. Diese Bezeichnung schien ihm im Bezug auf Fifi völlig absurd zu sein.
Auf dem Dachboden rumpelte es vernehmlich. Dann erklang ein fröhliches, mit unglaublich klarer Stimme vorgetragenes Lied. Offenbar hatte der junge Charles Fifi sogar französische Lieder mitgegeben. Dann fragte er sich, nach welchem Prinzip sie dort oben wohl aufräumen würde; schließlich musste sich auch das irgendwie aus ihrer Programmierung ergeben.
Er entschied, sich diese Fragen selbst mit einem Blick in die Konstruktionsunterlagen zu beantworten. Charles gratulierte sich selbst zu der Entscheidung, selbige vor Fifis Inbetriebnahme wieder in die Werkstatt gebracht zu haben.
Bevor er seinen Willen jedoch in die Tat umsetzen konnte, klingelte es an der Tür. Sogleich verstummte der wunderschöne Gesang auf dem Dachboden. Sekunden später kündeten schnelle, trippelnde Schritte und knarzende Stufen davon, dass Fifi auf dem Weg nach unten war. Die dicken Polster unter ihren Schuhen erzeugten bei jedem Schritt ein leises Patschen, sodass es klang, als laufe sie barfuß.
Ich gehe schon! Charles hielt es bei weitem für verfrüht, sein neues Dienstmädchen mit anderen interagieren zu lassen. Noch konnte er nicht absolut sicher sein, dass sie mit ihren enormen Kräften keine Gefahr darstellte. In einem Anflug männlichen Beschützerinstinkts stellte er sich vor, wie er sich todesmutig einer tobenden Fifi in den Weg stellte, um Miss Fiddlebury vor dem sicheren Ende zu bewahren. Der Gedanke wirkte aber sogar in der Phantasie wenig überzeugend. Und er kam nicht auf den Gedanken, dass auch eine gutmütige Dienstmädchenmaschine auf Besucher außerordentlich verstörend wirken könnte.
A ouí, Mr Igeltón! Die tapsenden Schritte entfernten sich wieder. Als Erfinder staunte er jedoch erneut über den Algorithmus, der Fifi steuerte. Erst reagierte sie auf eine Türklingel, die sie nicht kannte, dann auf seine völlig unüberlegten Worte. Ich gehe schon war eigentlich bezogen auf Fifis Aufgabe, die Tür zu öffnen semantisch völlig sinnfrei gewesen. Sie hatte aber offenbar genug Abstraktionsvermögen, um wie ein Mensch auf den Satz zu reagieren. Vielleicht sollte er sich wieder einmal absichtlich einem Fieber aussetzen?
Es klingelte erneut an der Tür, sodass Charles bereits ahnte, wer auf der Schwelle wartete. Einen sardonischen Moment lang spielte er die Szene mit der außer Kontrolle geratenen Fifi mit einem anderen Gast durch. Doch als er endlich, nach weiterem Klopfen und Läuten, die Tür erreichte, war er milde gestimmt. Anscheinend war die eigenartige Maschine von großer Wichtigkeit für den Geistlichen. Nur weil er schlechte Manieren hatte und Charles ihn nicht leiden konnte, musste Gilmour kein schlechter Kerl sein.
Als er die Tür öffnete, fiel es ihm jedoch schwer, die philantrope Haltung beizubehalten. Wäre Charles ein gewalttätiger Mensch gewesen, hätte Gilmours öliges Lächeln auf ihn wie ein Magnet für Fäuste und schwere Gegenstände gewirkt. Ärgerlich über sich selbst schüttelte er den Widerwillen ab.
Guten Abend, Mr Eagleton, kam Gilmour ihm mit der Begrüßung zuvor. Salbungsvoll reichte er dem Hausherrn die Hand. Schon um sich nicht zum Sklaven seiner eigenen Gefühle zu machen, erwiderte Charles die Begrüßung mit festem Händedruck. Pater Gilmour, ich freue mich, dass Ihr wieder einmal hereinschaut. Einen Scotch vielleicht? Mit innerer Befriedigung sah Charles, dass er den unangenehmen Besucher mit der freundlichen Begrüßung leicht aus der Fassung brachte.
Ja, gern, ich ...
Sehr schön, kommt doch herein. Charles trat beiseite, um Gilmour einzulassen. Selbiger kam der Aufforderung beinahe zaghaft nach; misstrauisch sah er sich um. Meinem Freund begann die Sache Spaß zu machen. Ich musste die letzten Tage leider damit verbringen, etwas Personal zu ... Selbst ein so ungläubiger Mensch wie Charles Eagleton hatte Hemmungen einen Geistlichen anzulügen und stutzte. ... meine Personalplanung zusammenzubasteln, vollendete er den Satz etwas unbeholfen.
Abschätzig betrachtete Gilmour die beiden Whisky-Gläser, die seit seinem letzten Besuch hier herumstanden und von seinem Gastgeber mit Scotch gefüllt wurden. Der gleiche Blick wanderte über den Staub und das Gerümpel, die das Zimmer noch immer fest im Griff hatten.
Ihr scheint dabei nicht besonders erfolgreich gewesen zu sein, konstatierte der Priester in einem wie Charles fand unverschämten Ton. Ich kann Euch gerne bei der Suche nach gutem Personal zu Diensten sein. Enttäuscht stellte Charles fest, dass Gilmour zu seiner alten, unausstehlichen Sicherheit zurückgefunden hatte. Der Priester stutzte nicht einmal, als Charles ihm demonstrativ gleich beide Whisky-Gläser zuschob.
Das wird nicht nötig sein, meinte er schroff. Und ich hatte den Eindruck, dass Ihr sehr daran interessiert seid, dass ich meine Zeit lieber mit der Arbeit an einer bestimmten Apparatur verbringe, oder nicht?
Natürlich, mein Sohn. Es klang, als würde er aus reiner Freundlichkeit unentschuldbare Unordnung übersehen. Charles antwortete mit eisigem Schweigen. Nach einigen Sekunden ungemütlicher Stille fragte Gilmour: Wie lange wird die Reparatur denn dauern?.
Ich weiß weder, wie groß der Schaden ist, noch kann ich abschätzen, ob ich die Baupläne finde. Himmel, ich weiß ja nicht einmal, was die Maschine tun soll wie kann ich da abschätzen, wie lange ich brauchen werde?
Entgegen seines sonstigen Auftretens, war Gilmour heute feinfühlig genug, um den letzten Satz auf sich zu beziehen. Nun, setzte er zögernd an. Offenbar brauchte er ein paar Sekunden, um die richtige Formulierung zu finden. Es ist ein Atmosphärenreiniger.
Charles runzelte die Stirn. Also eine Art Lufterfrischer?, hakte er nach.
Nein, nein. Viel weitgehender. Ohne die Maschine ist meine Kirche furchtbaren negativen Einflüssen ausgesetzt. Neid, Bosheit, Gotteslästerung ... in einer Großstadt wie London trägt jeder Besucher ein winziges Stück des Teufels in die Kirche.
Und die Maschine ändert das?, erkundigte sich mein Freund mit irritiert gehobener Augenbraue.
Ja ... genau. Ich sagte ja, dass ich es nicht erklären kann. Der Apparat ist ein Wunderwerk. Gilmours Augen leuchteten begeistert. Charles bezweifelte jedoch, dass sein Onkel tatsächlich einen Maschine gebaut hatte, die den Teufel austrieb. Doch jetzt begann ihn die Sache zu interessieren.
Sollte ich die Pläne wirklich nicht finden, werde ich die Maschine auseinandernehmen, um sie zu studieren. Spätestens dann werde ich dem Problem sicher auf die Spur kommen, sagte er.
Ich habe vollstes Vertrauen in Eure Fähigkeiten, Mr Eagleton. Gilmour strahlte vor Zufriedenheit. Ich werde dann in ein paar Tagen ...
Nein, Pater, unterbrach Charles ihn. Sobald ich fertig bin, komme ich zu Euch. Meine Arbeit erfordert viel Konzentration. Da kann ich mir den Luxus von Besuchern leider nicht erlauben. Charles Lächeln zeigte zu viele Zähne, um wirklich freundlich zu wirken.
Gilmour schien jedoch höchst erfreut zu sein. Wunderbar, dann sehen wir uns ja bald, meinte er zufrieden. Das ist umso erfreulicher, als mich meine Pflichten jetzt zum Aufbruch zwingen. Dieses Mal war Charles Lächeln echt. Gilmour stürzte den zweiten Whisky hinunter und läutete damit einen kurzen geheuchelten Austausch von Freundlichkeiten ein, der an der Haustür endete. Als diese endlich hinter dem unangenehmen Priester ins Schloss fiel, atmete Charles erleichtert auf.
Ein Atmosphärenerfrischer... soso. Die Sache war interessant, aber im Gegensatz zu seinen bisherigen Gepflogenheiten wollte er heute wieder einmal im Bett schlafen. Morgen würde er das neue Projekt angehen. Charles bereitete sich einen kleinen Imbiss zu und stieg kauend die Stufen zum Dachboden hinauf. Sein neues Dienstmädchen bei der Arbeit zu beobachten war das Einzige, was ihn von luxuriös langem Schlaf abhalten könnte. Als er oben ankam, erkannte er den Speicher kaum wieder. Fifi hatte offenbar Staub gewischt und aufgeräumt. Für Letzteres hatte sie eine Ordnung eingeführt, die sich ausschließlich an Form und Größe der gelagerten Objekte orientierte. Das Ergebnis sah tatsächlich außergewöhnlich ordentlich aus, allerdings war damit das auf dem Stehpult liegende Verzeichnis nahezu wertlos geworden. Es war eine kleine Katastrophe, doch Charles war nicht entsetzt. Er staunte vielmehr darüber, wie schnell und sauber Fifi gearbeitet hatte.
Im Augenblick kniete sie vor seinen vier Werkzeugkisten und mühte sich, Werkzeuge, Materialien und sonstige Utensilien möglichst geordnet in ihnen unterzubringen. Obwohl sie ihre Augengröße nicht verändern konnte, wirkte sie außerordentlich unschuldig und großäugig, wie sie da saß. Die Luft über ihr zitterte vor Hitze, und zeigte damit die Anstrengung, die die Überlegungen für sie bedeuteten. Allerdings war der Dampf vollkommen farblos; die Rußfilter hatten also ihre volle Leistungsfähigkeit erreicht. Lächelnd grübelte Charles darüber nach, woher sie wissen konnte, dass diese Dinge in die Werkzeugkisten gehörten und nicht wie alle anderen Gegenstände hier im Raum gestapelt werden mussten. Er würde sich noch viel mit ihrer Programmierung beschäftigen.
Du singst ja gar nicht mehr, sprach er sie an.
Oh, Mr Igeltón! Ihrem Tonfall nach zu urteilen, war sein Erscheinen für sie gleichbedeutend mit einem Sonnenaufgang. Leichtfüßig kam der schwere Stahlkörper auf die Stöckelschühchen. Isch abe geört auf um Besuch den nischt zu störén.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein fühlendes Wesen von deinem Gesang gestört fühlen könnte, meinte Charles schmunzelnd. Als Fifi dann auch noch verlegen auf ihre Schuhspitzen schaute, konnte er kaum noch an sich halten. Fühlte Fifi etwas? Oder simulierten seine Algorithmen nur auf meisterhafte Weise ein Gefühl, dass in Wirklichkeit gar nicht vorhanden war? Wieder faszinierte ihn, wie lebendig sie trotz Stahlhaut und fehlender Mimik wirkte.
Nein, verbesserte er sich selbst. Die drehbaren, einfärbbaren Augen und die beweglichen Augenbrauen verliehen ihr sogar sehr viel Mimik. Auch, wie sie jetzt aufschaute und von seinem nachdenklichen Lächeln immer wieder dazu gezwungen wurde, den Blick zu senken, war einfach unfassbar menschlich. Das einzige wirklich Maschinenhafte an ihr war, dass sie zum Sprechen den Mund nicht bewegen musste.
Ir misch maken verlégén, Mr Igeltón ... hihi.
Charles lachte. Na, dann will ich dich nicht länger von der Arbeit abhalten, Fifi. Gute Nacht.
Gute Nacht, Mr Igeltón.
Charles erwachte erst am späten Vormittag des folgenden Tages. Er hatte so gut und fest geschlafen, wie schon seit Wochen nicht mehr. Er freute sich auf eine gute Tasse Tee, ein kleines Frühstück und die Arbeit. Dann bemerkte er die merkwürdig eindrückliche Stille im Haus. Alarmiert sprang er aus dem Bett. War Fifi vielleicht auf die Idee gekommen, ein Frühstück für ihn einzukaufen? Kannte sie das Prinzip Geld und konnte sie ein Geschäft von einem Wohnhaus unterscheiden? Konnte sie überhaupt etwas Essbares erkennen? Hunderte von Katastrophenszenarien geisterten durch seinen Kopf. Fifi, die von einem Großaufgebot der Polizei durch die halbe Stadt gejagt wurde. Eine Panik auf einem Marktplatz und das schlimmste von allem Fifi, wie sie von einem Mob in Stücke gehauen wurde.
Vielleicht hatte sie aber auch einfach nicht gewusst, wie man ihren Brennstoff nachlegte und war ausgegangen. Inständig hoffte er, sie irgendwo reglos herumstehend zu finden. Eilig durchsuchte er das Haus. Schon beim Verlassen des Schlafzimmers klappte ihm jedoch der Unterkiefer herab. Sein Domizil war kaum wiederzuerkennen: Die Böden glänzten vor Sauberkeit. Der muffige Staubgeruch war durch den Duft von Bohnerwachs und Kernseife ersetzt worden. Wie hatte sie das so schnell hinbekommen? Und wo war das Gerümpel?
Um nicht von einer Gerümpellawine verschüttet zu werden, öffnete er jede Tür mit äußerster Behutsamkeit. Die Vorsicht erwies sich jedoch als vollkommen unbegründet. Fifi musste wie ein Wirbelwind durch die wichtigsten Räume des Hauses gefegt sein und hatte kein Pardon mit der Unordnung gekannt. In der Bibliothek waren sämtliche Bücher nach Farben und Größen sortiert und abgestaubt worden. Im Bad fand er Haar-, Zahn- und Toilettenbürste feinsäuberlich nebeneinander auf dem Waschbecken drapiert, während der Tisch im Raucherzimmer kunstvoll mit schmuddeligen Photographien unbekleideter junger Damen dekoriert war. Charles hätte nie vermutet, dass sich solches Material im Besitz seines Onkels befand. Sogar die Speisekammer war komplett geräumt und neu gefüllt worden. Neben den kläglichen Vorräten, die Charles unachtsam in der Küche stehen gelassen hatte, fanden sich hier jetzt auch Kohle, Lampenöl und Fifis spezielle Brennstoffballen. Nur die Gäste- und Dienstbotenzimmer waren noch unberührt.
Fifi selbst entdeckte er im Dienstbotenbad. Barfuß, auf Zehenspitzen zum Spiegel vorgebeugt, trug sie geschickt einen knallroten Lack auf ihre Lippen auf. Dem Geruch und ihrem weitgehend unbekleideten Zustand nach zu urteilen, hatte sie ihre beweglichen Teile gerade ausführlich mit Öl gepflegt. Als Charles unvermittelt die Tür aufriss, fuhr sie zusammen und gab einen hohen, kieksenden Schrei von sich.
Abér Mr Igeltón! Fifis Entgeisterung klang so echt, dass er die Tür sofort wieder zuschlug und rote Ohren bekam. Ärgerlich versuchte er, die Verlegenheit abzuschütteln. Sie war eine Maschine! Doch dann hörte er ein helles Kichern auf der anderen Seite der Tür und war sich dessen nicht mehr so sicher. Wenigstens ließ der fröhliche Laut auch die unpassende Röte in seinen Ohren abklingen.
Isch bin bei Eusch sofort, Mr Igeltón, flötete Fifi.
Er räusperte sich. Äh, ja. Komm doch bitte in den Salon, wenn du fertig bist. Er räusperte sich erneut. Du kannst dir auch gern erst noch die Lippen fertig schminken.
Danké, Mr Igeltón! Isch misch schnell beeilé!
Schmunzelnd ging Charles in den Salon. Dann stutzte er. Sie schminkte sich die Lippen? Beim besten Willen konnte er sich nicht vorstellen, wie seine Programmierung sie zu so etwas gebracht haben konnte. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit begann er den Tag mit einem Scotch. Beim Betrachten des blitzenden Kristalls fragte er sich, wie lange es wohl her sein mochte, dass in diesem Haus jemand aus einem sauberen Glas getrunken hatte. Fifi war ein Wunder.
Das Wunder war bei der eigenen Pflege jedoch nicht ganz so schnell wie im restlichen Haus. Sie erschien eine Viertelstunde später und begrüßte ihn mit einem Knicks. Das noch gestern zu hörende leise Knacken ihrer Gelenke war verschwunden, nur der Kreiselstabilisator machte sich wieder lautstark bemerkbar.
Gutén Morgén, Mr Igeltón Sie nahm eine Hand in die andere und sah ihn aufmerksam an.
Guten Morgen, Fifi. Seine Augen blieben staunend an ihren knallroten Lippen und vor allem an der leichten Rosafärbung ihrer Wangen hängen. Es sah aus, als habe sie Rouge aufgetragen, der an ihrem Stahlgesicht allerdings niemals haften konnte. Wie hatte sie das hinbekommen?
Sie reagierte auf sein Schweigen, indem sie langsam fragend den Kopf schief legte. Da er noch immer nichts sagte, ging die Seitwärtsbewegung einfach weiter. Die Bewegung erinnerte an eine Marionette. Als ihr Kreiselstabilisator laut zu werden begann, musste er lachen und sie fiel mit glockenhellem Gelächter ein. Kopfschüttelnd fragte er sich, ob sie lachte, weil er lachte, oder ob sie tatsächlich amüsiert war. Er würde sich bald entscheiden müssen, ob er sie als Lebewesen oder Maschine betrachten wollte. In letzterem Fall würde er wahrscheinlich den Verstand verlieren. So großartig sie auch gelungen war: Als Erfinder und Ingenieur wollte er schon wissen, wie seine Schöpfung funktionierte.
Du hast großartige Arbeit geleistet. Er stutzte, als sie das Kompliment vergnügt auf die Zehenspitzen wippen ließ. Ihre Augen erstrahlten in tiefstem Kobaltblau. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass jemand dieses Haus in nur einer Nacht wieder wohnlich machen könnte. Noch dazu so lautlos, wie du das hinbekommen hast.
Sie wackelte fröhlich wie ein kleines Mädchen mit dem Kopf. Gleichzeitig verschränkte sie schüchtern die Hände hinter dem Rücken.
Abér Mr Igeltón. Ist Aufgabé meine, ouí?
Charles fragte sich, ob sie wohl beleidigt gewesen wäre, wenn er ihr verriet, wie wenig er ursprünglich von ihr erwartet hatte. Konnte sie überhaupt beleidigt sein? Er ließ es nicht darauf ankommen. Trotzdem möchte ich, dass du weißt, wie zufrieden ich mit dir bin. Sie senkte schüchtern den Kopf. Wo hast du eigentlich das ganze Gerümpel gelassen?
Oh, das einfach war, Mr Igeltón. Da war großes Wagen mit Pferde eute morgen. Alle Dienstmädschen gegommén mit Ascheimér vor Tür und nehmén Müll mit. Isch ihnén gegeben sehr viel Müll. Charles schloss einen Moment entsetzt die Augen. Nicht nur, dass in dem Gerümpel mit Sicherheit das eine oder andere Kleinod verborgen gewesen war, man hatte sie auch gesehen.
Und wie haben die auf dich reagiert?
Oh, gewesén sähr nett. Sind noch einmal gegommén wieder mit zwei großes Wagen, um allés mitzunemén.
Charles konnte sich gut vorstellen, dass sich die Altmetallhändler nach dem Plunder die Finger geleckt hatten. Andererseits: Warum sollte er Dingen nachtrauern, von denen er nicht einmal wusste, dass er sie besessen hatte?
Sehr schön. Aber haben sie nicht etwas über dich gestaunt?
Fifi zog fragend die Augenbrauen hoch. Übér misch?
Charles nickte.
Nein, Mr Igeltón. Nur immér wiedär gesagt, wie gut Kleidung i´nen gefällt.
Sagten sie vielleicht Verkleidung? Obwohl es ihr anatomisch nicht möglich war, erweckte ihre Bewegung den Eindruck, als würde sie mit den Schultern zucken.
Ouí. Sie aber nicht so gut aben gesprochen anglaise.
Charles schmunzelte beruhigt. Gut gemacht, Fifi. Bis ich die Stadt besser kenne, möchte ich aber nicht, dass du nach draußen gehst. Den Ascheimer kannst du dem Müllwagen natürlich auch in Zukunft gerne mitgeben. Und was das Aufräumen angeht: Da werden wir uns nach und nach noch drüber unterhalten, wo was hingehört.
Etwas nischt gewésén rischtig, Mr Igeltón?, erkundigte sie sich besorgt.
Alles bestens, Fifi. Aber ich habe gewisse Eigenheiten. Außerdem möchte ich mich sowieso viel mit dir unterhalten, wenn es dir recht ist.
Abér gérn, Mr Igeltón. Ist es, weil isch bin Maschiné? Selbsterkenntnis. Charles erschauerte bis ins Mark. Sie wusste, dass sie eine Maschine war!
Nein, Fifi, sagte er aufrichtig. Weil du Fifi bist.
Kurz darauf verließ Charles das Haus, um die Vorratskammer wieder aufzufüllen. Die Arbeit an Gilmours seltsamer Maschine stand auf dem Plan. Und er kannte sich gut genug um zu wissen, dass er deshalb die nächsten Tage wieder nicht zum Einkaufen kommen würde. Mit Geld in der Tasche machte ihm der Bummel durch die Geschäfte weit mehr Spaß, als er erwartet hatte. Sein Name hatte einen guten Klang bei den Händlern und so war jeder von ihnen gern bereit, ihm seine Einkäufe nach Hause zu liefern. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie so viel Geld für Nahrungsmittel ausgegeben.
Wo er nun schon einmal unterwegs war, ließ er sich auch gleich ein paar weitere Anzüge anmessen und kaufte eine Auswahl sündhaft teurer Lacke. Besonders das metallische Blau hatte es ihm angetan. Er war gespannt, ob Fifi sich über diese Aufmerksamkeiten freuen würde. Außerdem bestellte er eine Wagenladung der Materialien, die er für die Herstellung von Fifis Brennstoffballen benötigte.
Fröhlich pfeifend kehrte er am späten Nachmittag in die Darthmoore Street 22 zurück. Als ihm Fifi mit dem Staubwedel in der Hand öffnete, fühlte er zum ersten Mal seit achtzehn Jahren, was zu Hause sein bedeutete.
Bonjour, Mr Igeltón, flötete sie. Isch offe geabt gutés Eingaufén?
Danke, Fifi. Alles bestens. Gleich werden auch noch einige Dinge geliefert. Die möchte ich selbst entgegennehmen.
Ah, Oui, Mr Igeltón. Isch sähr disgrétt gann sein. Dazu zuckte sie neckisch mit der linken Augenbraue. Es wirkte wie ein Augenzwinkern. Charles bekam erst rote Ohren, dann musste er grinsen.
Wunderbar, sagte er nur. Dann fiel sein Blick auf ein Kuvert, das mit einer Wäscheklammer an die Garderobe gehängt worden war. Was ist das?
Oh, das gebracht von kleines lustisch Mann eute Mittág. Isch nischt gewusst woin legén.
Charles lachte leise. Na, da übersehe ich es wenigstens nicht, meinte er amüsiert. War sonst noch jemand hier?
Oui, Mr Igeltón. Junges Dame. at gebrácht Korb mit Essén.
Siedendheiss fiel Charles Rachel Fiddlebury ein. Er hatte sich noch immer nicht für das letzte Essen revanchiert. Ach, er hatte ihr nicht einmal das Geschirr zurückgebracht! Sie musste ihn für einen ungehobelten Klotz halten. Plötzlich sah er Rachels leuchtend grüne Augen vor sich. Während er sich mit geschlossenen Augen den Nasenrücken rieb fragte er: Hat die Dame ihren Namen und vielleicht eine Nachricht hinterlassen? Oder hat sie irgendetwas gesagt?
Oui, sie at, Mr Igeltón. Madame ... Ohne Vorwarnung froren Fifis Bewegungen ein.
Beunruhigt sah Charles auf. Was war passiert? Mit wachsendem Schrecken registrierte er, dass Fifis Denkapparat immer lauter wurde. Das kaum hörbare Sirren schwoll zunächst auf die Lautstärke eines Hochrades an, wurde dann aber immer mehr zu einem regelrechten Heulen. Dichte Dampfschwaden drangen aus ihrer Nase. In hilflosem Entsetzen nahm er sie an den Schultern. Fifi! Was ist mit dir?
Ebenso plötzlich, wie es begonnen hatte, war es auch wieder vorbei: ... Duckwalk at sisch ergundischt nach Eurés Befindén. Und sie gevragt at nach ires Geschirr. Sie wenísch erfreut war als isch sagén mussté, dass isch es gegebén an Müllwagén. Schelmisch legte sie die Fingerspitzen an die Lippen. Hihi.
Madame was?, fragte Charles irritiert.
Oh, no, Mr Igeltón. Fifi schüttelte kichernd den Kopf. Nur Geschirr isch abe auf Müllwagén gegebén; nischt Madame.
Nein, nein. Der Name. Die Dame hieß Madame Duckwalk?
No, no, Mr Igeltón. Nischt Madame Duckwalk. Madame Duckwalk. Fifi schüttelte erneut mit dem Kopf. Verständnislos blickte Charles sie einen Moment an. Hatte Fifi einen Schaden davongetragen? Dann dämmerte es ihm: Du meinst Madame Rachel Fiddlebury?
Oui, Mr Igeltón. Sie aber nischt war wirklisch bösé. Sie auch gesagt at, dass Ir genialer Erfindér müsst sein. Trotz ihrer fremdartigen Mimik war kaum zu übersehen, wie stolz Fifi auf ihn war.
Allein, dass sein Geschöpf zu einer solchen Empfindung fähig war, ließ Charles Herz höherschlagen. Und auch die Freude über Rachel Fiddleburys Kompliment reichte überraschend tief. Da er aber gerade begriffen hatte, warum Fifi kurz eingefroren gewesen war, kam er sich plötzlich gar nicht mehr so genial vor. Denn er hatte den Fehler gemacht, Fifi nicht das Sprechen einzelner Laute, sondern ganzer Worte beigebracht zu haben. Sie konnte neue Worte zwar lernen, aber nicht sprechen. Wenn sie gezwungen war, ein unaussprechliches Wort auszusprechen, geriet ihre Programmierung in eine Sackgasse.
Offenbar war seine Programmlogik aber gut genug gewesen, sich mit einem Trick selbst zu helfen. Beim Hören wurde das Ursprungswort verwendet und dann beim Sprechen in einen in diesem Fall wenig schmeichelhaften Spitznamen umgewandelt. Er nickte zufrieden. Ein Programm, das selbst einen derartig strukturellen Fehler übersteht, konnte nicht schlecht sein. Und wenigstens war er umsichtig genug gewesen, ihr seinen eigenen Namen einzugeben. Wie sie ihn wohl sonst genannt hätte?
Fifi hatte seine plötzliche Nachdenklichkeit durchaus bemerkt. Mit schief gelegtem Kopf und in die Hüften gestemmten Händen sah sie ihn an. Denkén wird langsamér, Mr Igeltón? Vielleischt Ihr solltén essén Essén von Madame Duckwalk?
Charles nickte lächelnd. Das ist eine großartige Idee. Noch immer nachdenklich ließ er sich von seinem Dienstmädchen in den nunmehr blitzsauberen Speisesaal führen. Während Fifi geschäftig das mittlerweile kalte Essen servierte, sagte er: Wenn Miss Fiddlebury jemals bei uns zu Gast sein sollte, solltest Du sie am besten nie mit ihrem Namen ansprechen.
Während des Essens wurde Charles bewusst, wie rüpelhaft er auf Rachel Fiddlebury wirken musste. Er erwiderte ihren Besuch nicht und seine Haushälterin entsorgte sogar das geliehene Geschirr. Die Höflichkeit erforderte es, dass er sie so bald wie möglich aufsuchte. Doch eine bei ihm eher seltene Form der Schüchternheit hielt ihn davon ab. Dass er im Laufe des Tages noch einige Dinge geliefert bekommen sollte, bot ihm einen hervorragenden Grund, sich erst einmal um den Besuch zu drücken. Schließlich sollte noch nicht jeder Fifi zu Gesicht bekommen.
Die rettende Idee kam ihm beim Öffnen des Kuverts, das Fifi an die Garderobe gehängt hatte. Es handelte sich um nichts Geringeres als eine sehr feierliche Mitgliedsurkunde des Black Garden Gentlemensclubs.
Das war die Lösung.
Charles schrieb Rachel einen langen Brief. Er war so lang, dass mein Freund mehr Zeit investieren musste, als für sechs Besuche bei der jungen Dame erforderlich gewesen wäre. Er fragte, ob er sie in der Woche darauf zu einem ausgedehntem Einkaufsbummel einladen dürfe, in dessen Verlauf er Rachels Geschirr ersetzen würde. Als er mir davon erzählte, habe ich ihn einen Trottel genannt. Warum eine Woche warten? Die Dame hätte das als Desinteresse auslegen können. Aber Charles sagte, er habe sich zu sehr an sein Wort gebunden gefühlt, um die Arbeit an Gilmours Maschine noch weiter aufzuschieben.
Am nächsten Morgen brachte Charles den Brief zur Post und gönnte sich auf dem Rückweg ein ausführliches Frühstück bei einem französischen Bäcker. Gleich nach seiner Rückkehr machte er sich jedoch endlich daran, sein Wort einzulösen. Nach wenigen Minuten war er so konzentriert mit der Arbeit an Gilmours Maschine beschäftigt, dass er wieder einmal alles um sich herum vergaß. Diesmal wählte er den direkten Weg: Er baute die Maschine auseinander, um ihre Funktion zu verstehen.
Tatsächlich war er beinahe enttäuscht, denn die Konstruktion war nicht besonders raffiniert. Er traf weder auf besonders ausgeklügelte Handwerkskunst noch auf kreative Konstruktionsansätze. Schnell saß er inmitten Hunderter Kleinteile und Baukomponenten.
Einen Imbíss, Mr Igeltón, um Kraft schöpfén zu?, erklang eine unmenschlich reine Stimme hinter ihm.
Nein danke, Fifi. Er war so konzentriert, dass er sie nicht einmal weggehen hörte.
Es war für einen Ingenieur seines Formats zwar mühsam, aber relativ einfach, die Funktion des Geräts herauszufinden. Nach wenigen Stunden stand fest, dass es sich bei dem Apparat nicht um einen Atmosphärenreiniger, sondern eine Art Lichtwellenverlängerer handelte. Das Gerät transponierte das Licht einer Phosphorfackel in langwelligere elektromagnetische Wellen unterschiedlicher Frequenz. Diese Wellen wurden dazu gebracht, ein Überlagerungsmuster zu bilden. Das einzig wirklich Bemerkenswerte war, wie viel Aufwand sein Onkel in den Teil des Geräts gesteckt hatte, der für die Überlagerung zuständig war. Offensichtlich sollte hier eine enorme Exaktheit erzielt werden.
Mit diesen Informationen bewaffnet vergrub er sich erneut in die Aufzeichnungen seines Onkels. Fifis Vorliebe, alles nach Farbe und Größe zu sortieren, erwies sich in diesem Fall als außerordentlich nützlich, weil der alte Gerrish seine Baupläne in farbigen Mappen verwahrt hatte. Grün bedeutete Licht, in roten Mappen lagen Erfindungen, die Energie erzeugten und Grau war rein mechanischen Apparaturen vorbehalten.
Mr Igeltón?, flötete Fifi plötzlich in seine Gedanken.
Mmmh?
Ihr müsst essén etwas, Mr Igeltón. Das bessär zum Denkén ist.
Später, Fifi, danke. Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als er die Unterbrechung auch schon wieder vergessen hatte.
Nach kurzer Suche fand Charles die Konstruktionspläne von Gilmours Maschine und endlich auch eine Bezeichnung: Tubulidwellengenerator. Anscheinend funktionierte die Maschine immer nur für etwa zwei Stunden, bevor die Phosphorfackel ausgetauscht werden musste. Noch neugieriger geworden, begann er in den Kladden seines Onkels nach einer Erklärung zu suchen. Nach einer unbekannten Zahl von Stunden saß er in einem Wust von Papier und war immer noch nicht fündig geworden. Er glaubte aber, jeden Augenblick den entscheidenden Hinweis zu erhalten.
Mr Igeltón ...
Jetzt nicht, fiel er Fifi in rüdem Ton ins Wort, ohne sie anzusehen. Ich will nichts essen, verstehst du?
Ah, ouí, bestätigte Fifi vergnügt.
Charles hatte die Angelegenheit schon beinahe vergessen, als er plötzlich von hinten gepackt und hochgehoben wurde. Er war so tief in Gedanken versunken gewesen, dass die plötzliche Veränderung der Perspektive ihn vollkommen überforderte. Er war bereits im Flur als er begriff, dass ihn sein Dienstmädchen über die Schulter geworfen hatte. Ein fröhliches französisches Lied trällernd trug sie ihn durch sein Haus. Offenbar war ein schwerwiegender Fehler in ihrer Programmierung aufgetreten. Nur zu deutlich hatte er gerade wieder ihre titanenhaften Kräfte gespürt. Wenn sie völlig außer Kontrolle geriete ... Er wagte nicht, sich auszumalen, was sie anrichten könnte.
Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als sie bereits die Küche erreichten. Einen Herzschlag später wurde Charles wie ein Spielzeug von der Schulter gehoben und schwungvoll auf einem Stuhl abgesetzt. Noch immer fröhlich singend schob Fifi ihren Herrn mitsamt Stuhl näher an den Küchentisch heran. Jetzt erst sah Charles, dass jemand einen kleinen Imbiss für ihn gerichtet hatte: Auf einem silbernen Teller hatte Fifi ein knappes Pfund Zucker aufgehäuft. Der Rand war karamellisiert, während die Spitze geplättet war. Jemand hatte mit schlankem Finger ein grinsendes Gesicht hineingemalt.
Bon appétit, wünschte Fifi fröhlich.
Die Situation war so absurd, dass sich Charles ein angespanntes Lächeln nicht verkneifen konnte. Dieses entspannte sich, als ihm klar wurde, dass Fifi keineswegs außer Kontrolle war, sondern nur ihre wichtigste Aufgabe erfüllte: Sie hielt Schaden von ihm ab. Sie konnte nicht wissen, wie nah er bereits am Hungertod war. Und sein dummer Kommentar, dass er nicht essen wolle, hatte sie wohl zum Handeln gezwungen. Sein Lächeln gefror, als er sich ihre Maßnahmen für den Fall ausmalte, dass er den liebevoll angerichteten Snack verweigerte. Vorsichtig räusperte er sich. Das sieht großartig aus. Leider würde es mir nicht sehr gut bekommen.
Fifi legte erstaunt den Kopf schief. Oh? Abér gans rein der Sügér ist. Und mit Liebé angerischtét. Ihre Augen drehten sich vor Verunsicherung einmal um die eigene Achse.
Das sehe ich und es ist auch nichts an der Zubereitung auszusetzen, versicherte Charles schnell. Menschen sind nur etwas unpraktisch konstruiert. Vollkommen reine Dinge können wir nicht essen. Wir brauchen immer viele Nährstoffe gleichzeitig.
Armes Menschén, meinte Fifi voller Anteilnahme. Dass ser anstrengénd muss sein.
Man gewöhnt sich daran, antwortete Charles schmunzelnd.
Isch maké vielleischt noch etwas Sals inéin, oui?
Nein, nein, so funktioniert das nicht. Er seufzte lächelnd. Ich zeige es dir.
Den Rest des Tages gab Charles, der meiner Meinung nach schlechteste Koch des gesamten Empire, Fifi einen Kochkurs. Sie begannen mit Sandwiches und arbeiteten sich dann zu Schinken und Spiegeleiern vor. Mitten in der Nacht musste der Erfinder noch einen Bratapfel und Pfannkuchen verdrücken. Später erzählte er mir, dass er selten so viel Spaß gehabt hatte. Erst im Bett fiel ihm auf, dass Fifi schon eine dritte Eigenschaft zeigte, die er nicht wissentlich programmiert hatte: Kreativität. Selbsterkenntnis, Sinn für Ästhetik und Kreativität waren für Charles aber genau das, was einen Menschen zum Menschen machte. So entschied er in dieser Nacht, dass Fifi für ihn definitiv kein Ding, sondern ein Mensch war. Über sein anthropozentrisches Weltbild sollten wir noch so manchen Abend trefflich streiten.
Jedenfalls konnte Charles erst am späten Vormittag des folgenden Tages seine Arbeit fortsetzen. Selbstverständlich war dies nicht möglich, ohne Fifi zuvor in die Geheimnisse der Zubereitung eines guten Frühstücks eingewiesen zu haben. Oder zumindest Charles Vorstellung eines guten Frühstücks.
Die Verzögerung erwies sich jedoch als unproblematisch. Charles musste keine Stunde suchen, bis er endlich fand, was er gesucht hatte: Die Aufzeichnungen seines Onkels zum Thema Tubulidwellen. Sie waren nicht zu einem Text zusammengefasst, sondern bestanden nur aus einem tagebuchähnlichen Laborbericht. Charles stellte sich auf langweilige Stunden ein, in denen er sich durch viele unwichtige Beschreibungen des Versuchsaufbaus arbeiten musste. Was er dann jedoch zu lesen bekam, trieb ihm die Zornesröte ins Gesicht. Offenbar hatte Gerrish detaillierte Experimente an Menschen mit Tubulidwellen gemacht. Die ersten Versuche machte er an einem indischen Dienstboten: Leichte Bestrahlung erzeugt ein subjektives Gefühl des Beobachtetwerdens, das einer leichten Paranoia nicht unähnlich ist. Der Effekt verstärkt sich proportional mit der Intensivierung der Bestrahlung. Ab Amplitude 3 der internen Skala setzen visuelle, akustische und olfaktorische Halluzinationen ein. Die Wirkung scheint auf elektrochemischen Wechselwirkungen im Gehirn der Probanden zu beruhen. Ich sollte schnellstmöglich überprüfen, ob der Effekt auch bei Europäischen Gehirnen zu beobachten ist.
Charles hätte seinen Onkel nie für einen Rassisten gehalten; eine solche Haltung war unwürdig für einen Wissenschaftler. Zwei Seiten weiter konnte Charles nachlesen, auf welch perfide Weise sein Onkel eine Gruppe Handwerker in sein Haus gelockt hatte, um heimlich auch an ihnen experimentieren zu können.
... Damit dürfte bewiesen sein, dass auch hoch entwickelte Gehirne von Europäern der Wirkung unterworfen sind. Nicht erwartet hatte ich die suggestive Kraft der Tubulidwelle. Nachdem einer der Männer behauptet hatte, dass sein Hammer verschwunden sei, schwor ein anderer, dass er das Verschwinden direkt beobachtet hatte. Dies schien so erschreckend zu sein, dass die Gruppe fluchtartig mein Haus verließ.
Gerrish musste ein Mann mit verachtenswert wenig Moral gewesen sein. Doch diese Entdeckung war es nicht, die Charles beinahe aus der Haut fahren ließ. Ein paar Seiten weiter erkannte er endlich, was Gilmour mit dem Generator zu tun hatte. Denn dieser bot Gerrish an, die Erfindung im Großversuch an der Gemeinde zu testen. Der Tubulidwellengenerator wurde heimlich im Dach des Kirchenschiffs installiert und die gesamte Zuhörerschaft seiner unheimlichen Wirkung ausgesetzt. Frauen, Kinder sogar Säuglinge wurden von den Männern der gefährlichen Strahlung preisgegeben, die völlig unabsehbare Wirkungen auf die Hirnchemie entfalten konnte.
Charles war fassungslos. Sein Onkel schien jedem neuen Gottesdienst geradezu entgegenzufiebern. Bei jeder Predigt wurde die Strahlung etwas erhöht. Charles fand detaillierte Protokolle über die Wirkung der jeweiligen Dosis. Richtig unappetitlich wurde es aber erst am Ende der Versuchsreihe. Charles selbst hatte damals aus der Zeitung von dem Ereignis erfahren. Im Licht dieser Experimente erschien ihm das Wunder von St. Guinee allerdings als weit weniger wunderlich. Ein Engel sollte erschienen sein und ein kleiner gelähmter Junge hatte für wenige Minuten wieder gehen, laufen und springen können. Sogar seine Majestät, König Victor, ging seit dieser Begebenheit in St. Guinee ein und aus. In Gerrishs Protokoll las sich das Geschehen jedoch weit weniger märchenhaft.
... waren unsere Vermutungen korrekt. Ähnlich einer Hypnose konnte Gilmour den Probanden suggerieren, dass sie seine Stimme erst wieder als die seine wahrnehmen würden, wenn er seinen Hut abnahm. Bis dahin würden sie einfach sehen, was er ihnen erzählte. Ich selbst hätte dieses Vorgehen wegen des damit verbundenen Risikos einer Entdeckung nie gebilligt, doch Gilmour schätzte die Wirkung der Tubulidwelle richtig ein. Jeder Proband glaubte den Engel unter der Kuppel schweben zu sehen und seine Stimme zu hören. Jeder, sogar das Kind selbst, glaubte den Jungen herumlaufen zu sehen, obwohl er die ganze Zeit an seinem Platz sitzen blieb.
Und auch die Berichte darüber, dass die spätgotische Architektur von St. Guinee auf heutige Menschen besonders ehrfurchtgebietend und gottesnah wirken sollte, sah Charles am Ende der Aufzeichnungen in einem anderen Licht.
...kamen wir überein, vorerst keine weiteren Wunder in St. Guinee zu erzeugen. Zunächst werden wir die Langzeitwirkung einer niedrigen Dosis weiter erforschen. Die hieraus zu erwartenden Mehreinnahmen werden zur Hälfte in die weitere Erforschung der Tubulidwelle fließen.
Charles fand keine Referenzen auf spätere Forschungsarbeiten. Die letzten Sätze des Dokuments legten jedoch den Verdacht nahe, dass Gilmour selbst diese dreiste Ausnutzung technikunterstützter Leichtgläubigkeit nicht weit genug gegangen war.
... Gilmour ist mir in diesen Dingen jedoch etwas zu enthusiastisch. Um sicherzustellen, dass ich die Kontrolle über das Experiment behalte, habe ich den Intensitätsregler mit einer Sollbruchstelle versehen. Sollte der Pfaffe versuchen, hinter meinem Rücken eigene Versuche durchzuführen, wird er das Gerät außer Betrieb setzen.
Eine Reparatur des Generators wäre für Charles also wahrscheinlich ein Kinderspiel gewesen. Allerdings hätte er wohl eher eine Flöte aus seinem Schienbein geschnitzt, als dem betrügerischen Priester sein Spielzeug zurückzugeben. Wutentbrannt stand er auf und ging mit großen Schritten zur Tür. Im Flur hörte er Fifi, die in den oberen Stockwerken arbeitete und dabei ein fröhliches Lied sang. Ihre Stimme ließ seinen Zorn etwas abebben.
Fifi, ich gehe noch einmal aus, rief er die Treppe hoch, während er sich hastig den Mantel überstreifte.
Oui, Mr Igeltón!
Dann fiel bereits die Tür hinter ihm ins Schloss.
Es war Ewigkeiten her, dass Charles eine Kirche betreten hatte. Und noch nie war er dabei so zornig gewesen. Wie der drachentötende Erzengel persönlich rauschte er in das Gotteshaus. Gilmour hatte das Pech, sich gerade an seinem Arbeitsplatz zu befinden und seinen Besucher deshalb in aller Offenheit erleben zu müssen. Er bestückte einige Leuchter hinter dem Altar mit frischen Kerzen. Als er Charles erblickte, hob er grüßend die Hand. Mr Eagleton! Ich freue mich ...
Sie halten den Mund!, fiel Charles dem Geistlichen ins Wort. Jedes weitere Wort wäre eine Beleidigung, Sie Lump!
Gilmour hob beschwichtigend die Hände. Bitte, Mr Eagleton, wir befinden uns im Haus des Herrn ...
Sie glauben doch selbst nicht an diesen Unsinn. Sie sind ein Scharlatan! Ein Taschenspieler, der notfalls über Leichen geht, um seine Taschen zu füllen. Charles war so außer sich, dass er beinahe platzte. Dass er den mageren Priester nicht schlug, war einzig seiner guten Erziehung zu verdanken.
Doch Charles Empörung glitt wie Wasser von Gilmours öligem Lächeln ab. Aber Mr Eagleton. Ich habe Euren Onkel nur bei seinen Forschungen unterstützt. Wie könnt Ihr ...
Wieder wurde er grob von Charles unterbrochen. Die Experimente sind beendet. Ein für alle Mal! Habe ich mich klar ausgedrückt?
Darüber habt wohl nicht Ihr zu befinden, oder?
Darüber habe ausschließlich ich zu befinden.
Wenn Ihr mich dazu zwingt, werde ich bestimmt auch jemand anders finden, der das Gerät repariert.
Ihr werdet doch nicht glauben, dass ich den Generator wieder herausgebe? Charles musste ob so viel Chuzpe beinahe grinsen.
Natürlich werdet Ihr das! Er ist mein Eigentum.
Ihr selbst habt schon bei unserer ersten Begegnung von einer Leihgabe meines Onkels gesprochen. Erneut drohte der Zorn in ihm hochzukochen, dann jedoch lächelte er süffisant. Aber nur zu, verklagt mich doch! Ich bin gespannt, wie Ihr der Polizei den Sinn des Apparates erklärt. Er drehte sich auf dem Absatz herum und ging mit langen Schritten in Richtung Ausgang. Er legte gerade die Hand auf die Tür, als ihn Gilmours Stimme noch einmal aufhielt: Mr Eagleton?
Was gibt es noch?
Habt Ihr schon einmal darüber nachgedacht, wie töricht Euer Verhalten wäre, wenn ich wirklich über Leichen ginge, um meinen Vorteil zu suchen? Seine Stimme klang freundlich, sein Gesichtsausdruck machte den Satz jedoch zu einer unverhohlenen Drohung.
Sehe ich wirklich wie jemand aus, der sich von einem kleinen gierigen Männlein einschüchtern lässt? Kopfschüttelnd verließ Charles das Gotteshaus. Ja, mein Freund Eagleton war nie ein großer Menschenkenner gewesen.
Als er wieder in der Darthmoore Street ankam, war sein Zorn immer noch nicht verraucht. Erst Fifis überschwängliche Freude über seine Rückkehr brachte ein Lächeln in sein Gesicht zurück. So beschloss er, den Rest des Tages mit der kulinarischen Weiterbildung seiner Schöpfung zu verbringen. Sicherlich wurde sein Abend so sehr vergnüglich. Die Folge war jedoch, dass das arme Ding auf Jahre hinaus nur Scheußlichkeiten auf den Tisch brachte sie konnte es ja schließlich nicht schmecken. Als wir uns schließlich kennenlernten, musste ich hart arbeiten, um ... Aber ich greife vor.
An jenem Abend ging Charles jedenfalls, entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten, früh und mit übervollem Magen zu Bett. Er hatte einigen Schlaf nachzuholen und glitt entsprechend schnell und tief ins Land der Träume.
In den frühen Morgenstunden wurde er jedoch von einem lauten Knacken unter seinem Fenster geweckt. Flüsternde Männerstimmen waren zu hören. Charles war augenblicklich hellwach. Auf Zehenspitzen schlich er zum Fenster und spähte hinaus.
Tatsächlich waren dort unten zwei vierschrötige Männer damit beschäftigt, ein Fenster aufzuhebeln. Seinen ersten Eindruck, es mit gewöhnlichen Einbrechern zu tun zu haben, revidierte er jedoch schnell. Die beiden hatten große, schwere Schlagstöcke, aber nichts bei sich, mit dem eine potenzielle Beute abtransportiert werden konnte. Sollte Gilmour ihm ernsthaft Schläger auf den Hals gehetzt haben?
Entschlossen ging er zum Nachttisch und holte seinen Revolver hervor. Charles mochte keine Waffen, doch der Revolver war das einzige Erbstück, das ihm sein Vater hinterlassen hatte. Er hatte den Sechsschüsser angeblich immer als seinen Glücksbringer bezeichnet, weil er ihm mehrfach das Leben gerettet hatte. So war es für einen Soldaten vermutlich naheliegend, die Waffe dem einzigen Sohn zu hinterlassen, auch wenn man ihn nie mit eigenen Augen gesehen hatte. Vielleicht würde er ihm jetzt tatsächlich auf sehr handfeste Weise Glück bringen.
Jedenfalls lud Charles den Revolver ohne jede Aufregung. Als er gerade den Raum verlassen wollte, war unten im Haus plötzlich ein lautes Scheppern zu vernehmen. Gleich darauf erklang ein empörtes Mon Dieu! Dann waren zwei Männerstimmen zu hören. Die beiden schrien wie am Spieß, die Stimmen brachen aber nach wenigen Sekunden und einem weiteren Scheppern ab.
Ihr seide endlisch still, klang wieder die weibliche, aber nicht menschliche Stimme auf. Der err braucht Schlafé seinén.
Von den Männern war nur noch ein leises Gurgeln zu hören.
Endlich erreichte Charles das Erdgeschoss. Im Laufschritt überwand er den Flur und traf gleich darauf auf Fifi. Sie stand in der Küche und wollte den Mülleimer gerade wieder mit dem dafür vorgesehenen Eisendeckel verschließen. Da sie die beiden Männer jedoch zuvor mit den Kehrseiten voran in den Mülleimer gestopft hatte, waren ihr die Arme und Beine der Schläger dabei im Weg.
Was ist denn hier los?, erkundigte er sich überflüssigerweise.
Oooch! Nun ihr säht was gemakt abt ir! Der err ischt gewegt! Böse drohte sie den beiden Strolchen mit dem Finger, dann wandte sie sich dem Hausherrn zu.
Entschludígung, Mr Igeltón. Da Ungeziefér ischt in aus gewesén. Isch abe gemacht Grach beim Fangén. Sie wirkte so treuherzig, dass Charles wieder einmal lächeln musste.
Dafür musst du dich nicht entschuldigen, Fifi. Das hast du sehr gut gemacht. Mit wackelndem Kopf zeigte sie, wie sehr sie sich über das Lob freute. Und was hattest du jetzt mit ihnen vor?
Oh, Mr Igeltón ... Sie verschränkte die Finger und schaute schüchtern zu Boden. Isch nischt gann gut machén Ungeziefér gaputt. Isch sie einfach schütten mit auf Müllwagén.
Charles lachte. Das ist ganz in meinem Sinne. Aber du brauchst den Deckel nicht zu schließen. Die beiden werden bestimmt mucksmäuschenstill sein, nicht wahr? Drohend sah er die Schläger an. Trotz ihrer extrem unbequemen Lage bemühten sie sich nach Kräften, Zustimmung zu signalisieren. Zweifellos war ihnen bewusst, dass Fifi den Deckel tatsächlich mühelos schließen konnte. Was das für ihre Arme, Beine und Luftversorgung bedeuten mochte, wollten sie sich vermutlich nicht vorstellen.
Lasst mich raten, bat Charles. Pater Gilmour schickt euch, um mich zur Mitarbeit zu bewegen? Wieder bemühten sich die beiden, Zustimmung zu signalisieren. Auch mein Freund nickte: Na schön. Ich denke, wir werden uns nach diesem unerfreulichen Abend nicht wiedersehen? Diesmal war die Zustimmung so heftig, dass sich die beiden wahrscheinlich einige wenige noch nicht ausgerenkte Gelenke überdehnten. Sehr schön. Charles wandte sich an Fifi. Du kümmerst dich darum, dass die ... dass das Ungeziefer vom Mülltransporter mitgenommen wird?
Oui, Mr Igeltón, antwortete sie und machte einen Knicks.
Dann bleibt mir nur, dir eine gute Nacht zu wünschen.
Gute Nacht, Mr Igeltón, trällerte Fifi fröhlich.
Obwohl er müde war, wollte sich Charles die Reaktion der Müllkutscher nicht entgehen lassen. Dafür stellte er sogar den Wecker. Morgens um fünf Uhr rollten sie die Straße herunter und aus jedem Haus brachte ein Dienstmädchen den Abfall des vergangenen Tages. Wie alle anderen trat auch Fifi mit ihrem vollen Eimer auf die Straße. Augenscheinlich freuten sich die Kutscher sie zu sehen und winkten ihr freundlich zu. Als sie jedoch den eigenartigen Müll bemerkten, stutzten sie.
Charles konnte beobachten, wie seine Schöpfung zu den Männern trat und ihnen wort-und gestenreich den Hintergrund der eigenartigen Fracht erklärte. Mit jedem Wort verdüsterten sich die Blicke der Müllmänner. Schließlich packten sie die beiden Strolche, warfen sie auf den Wagen und drückten sie mit dem Gesicht voran immer wieder in ihre Fracht. Fifi winkte kurz und kam wieder ins Haus.
Zufrieden grinsend legte sich Charles wieder zu Bett.
Der Morgen läutete einen wunderbaren Sommertag ein, den Charles für Besorgungen für sein neues Projekt nutzte. Das Prinzip, mit dem der Tubulidwellengenerator Lichtwellen transponierte, faszinierte ihn. Später einmal sollte aus diesen Ideen Charles Lichtverdichter entstehen, aber davon wird an anderer Stelle mehr zu lesen sein.
Außerdem kam er endlich dazu, Rachel Fiddlebury einen Gegenbesuch abzustatten, um ihr das Geschirr zurückzubringen. Leider traf er nur das Hausmädchen an, da Rachel und ihr Vater auf eine Tagung nach Paris gereist waren. So kam es jedenfalls, dass Charles schon am frühen Nachmittag zu Hause war und Mrs Rebecca Stonebellys Besuch miterleben konnte. Kurz vor der Teatime öffnete er ihr und drei weiteren über Gebühr herausgeputzten Damen die Tür.
Guten Tag, Mr Eagleton, begrüßte sie ihn im strengen Tonfall einer Lehrerin, die mit einem Pennäler eine schlechte Note zu besprechen hat. Mein Name ist Rebecca Stonebelly und ich habe eine dringende Angelegenheit mit Euch zu erörtern. Sie machte sich nicht die Mühe, die anderen Damen auch nur zu erwähnen. Dafür fand Charles ihren Namen sehr treffend gewählt: Ihr Korsett schnürte sie so rigide zusammen, dass ihr aufgedunsenes, scheinbar direkt auf den Schultern sitzendes Gesicht rot anlief. Ihr Bauch musste tatsächlich steinhart sein.
Dann möchte ich die Damen bitten einzutreten, damit wir diese Unterhaltung nicht auf der Straße führen müssen, sagte er freundlich. Mrs Stonebelly nahm die Einladung mit einem knappen Nicken zur Kenntnis und rauschte ins Haus. Charles blieb jedoch in der Tür stehen, um jede der Damen mit Handkuss zu begrüßen und sie nach ihrem Namen zu fragen. Johana Ohara und Brisa Boyde waren verhärmte Witwen. Sie funkelten ihren Gastgeber aus bösen kleinen Augen an, als trüge er den Beinamen Wüstling der Darthmoore Street. Entsprechend misstrauisch reagierte Mrs Boyde, als Charles auch ihre Tochter Charlotte mit seiner charmanten Art begrüßte. Mein Freund beschrieb Charlotte als durchschnittlich attraktive, aber reizend unsichere junge Dame.
Wie es sich für einen Gentleman gehört, wollte er daraufhin Tee und Gebäck bringen lassen.
Doch Mrs Stonebelly lehnte dies mit resoluter Geste ab. Vielleicht später. Wir müssen erst herausfinden, ob Ihr ein Mann seid, mit dem wir an einem Tisch sitzen wollen. Das erste Mal begann Ärger Charles Belustigung über die seltsame Damenriege zu überdecken.
Glaubt Ihr an Gott, Mr Eagleton?, ergriff Mrs Ohara das erste Mal das Wort. Mein Freund fühlte sich ob des Tonfalls der Frage in die dunklen Zeiten der Inquisition zurückversetzt. Seine gute Erziehung verhinderte jedoch, dass er seine Besucherinnen augenblicklich vor die Tür setzte.
An der Schwelle zum 20. Jahrhundert sollte das wohl meine Privatangelegenheit sein, nicht wahr?
In diesen Zeiten der um sich greifenden Gottlosigkeit sollte jeder wissen, wo er steht, erwiderte Mrs Ohara mit erhobenem Zeigefinger. Es gibt heute Menschen, die ungestraft in aller Öffentlichkeit die Existenz des Herrn leugnen. Sie verbreiten obszöne Lügen, wie zum Beispiel, dass wir vom Affen abstammen. So hat man es auch in Sodom und Gomorra getrieben und der Herr ...
Charles war Mrs Stonebelly dankbar, als diese die Predigt mit einem ruppigen darüber reden wir später unterbrach und endlich auf den Grund ihres Besuches zu sprechen kam: Mr Eagleton, wir stehen dem Komitee der aufrechten Freunde St. Guinees vor. Charles Miene gefror und seine linke Augenbraue wanderte langsam nach oben. Unser Förderkreis unterstützt die bauliche Erhaltung von St. Guinee und ist für den jährlichen Bazar zu Weihnachten und Ostern verantwortlich. Ihrer Körpersprache nach zu urteilen machte diese Verantwortung das Komitee nach König und Premierminister zumindest zur drittwichtigsten Institution des Empires.
Ich nehme an, Pater Gilmour hat Euch geschickt?, erkundigte sich Charles mit meisterhaft kontrollierter Stimme.
Der gute Pater ist nur der Geistliche unserer Gemeinde. Er kann uns nicht schicken, stellte Mrs Stonebelly klar. Aber er berichtete uns von einem Gerät, das Euer seliger Onkel für St. Guinee entwickelt hat. Es kann die Empfänglichkeit für das Wort Gottes steigern und ist deshalb für die besondere Stellung unserer Kirche mitverantwortlich.
Plötzlich stand Fifi in der Tür. Mit fragend geneigtem Kopf bot sie Charles den Abfalleimer an. Da die Damen mit dem Rücken zu ihr standen, konnten sie sie nicht sehen. Charles konnte sich ein leises Prusten jedoch nicht verkneifen. Als er ihr mit leidlich unterdrücktem Grinsen und angedeutetem Kopfschütteln Ablehnung signalisierte, verschwand sie sichtlich enttäuscht. Die Damen interpretierten seine plötzliche Heiterkeit allerdings anders.
Ist es so lustig, was ich sage?, fragte Mrs Stonebelly mit wütend in die Hüften gestützten Händen.
Allerdings, antwortete Charles amüsiert. Ich finde den Glauben an die Existenz einer Maschine, mit der der allmächtige Gott besser zu verstehen ist, weitaus gotteslästerlicher als die Behauptung, dass wir vom Affen abstammen.
Ihr glaubt also, dass Ihr Euch besser mit Gotteslästerung auskennt, als ein studierter Geistlicher wie Pater Gilmour?, fauchte Mrs Ohara böse.
Endlich versagte Charles Selbstbeherrschung, sodass er die Damen offen auslachte. Oh nein, Mrs Ohara, das würde ich nie von mir behaupten, versicherte er feixend.
Wieder war es Mrs Stonebelly, die die Entgegnung der religiösen Eiferin mit resoluter Geste abschnitt. Pater Gilmour hat uns darauf vorbereitet, dass Ihr nicht aus reiner Liebe zu Gott und St. Guinee kooperieren würdet. Aus diesem Grund bietet Euch der Förderkreis einen mühsam aus Spendengelder zusammengekommenen Betrag von hundert Pfund, damit Ihr das Eigentum der Gemeinde wieder herausgebt.
Jetzt lachte Charles nicht mehr. Mit strenger Hand wies er seinem Besuch die Tür. Ich möchte Euch bitten, mein Haus zu verlassen.
Doch die Damen machten keine Anstalten zu gehen. Hundert Pfund sind äußerst großzügig, begehrte Mrs Stonebelly auf.
Wieder erschien Fifi mit dem Mülleimer in der Tür, doch erneut winkte Charles ab. Leider nahm ihr Auftauchen ein wenig die Strenge aus seinen Zügen. Seine Worte waren jedoch mehr als deutlich. Ich mache keine Geschäfte mit Betrügern und Scharlatanen. Und ich bin auch nicht käuflich. Als Mrs Stonebelly erneut etwas sagen wollte, schnitt er ihr ruppig das Wort ab. Bitte verlasst mein Haus, bevor ich die Kontenance verliere.
Tja, mein Freund Charles ist ein freundlicher, wohlerzogener Mann. Wenn er aber einmal böse wird, zeigt dies Wirkung. So beeilten sich die Damen wie vier aufgeschreckte Hühner, das Haus zu verlassen. Erst auf der Straße wagte Mrs Stonebelly noch einmal anzuhalten.
Ihr seid in St. Guinee nicht länger willkommen, Mr Eagleton, verkündete sie hochnäsig.
Charles seufzte und schüttelte den Kopf. Auf Wiedersehen, die Damen, sagte er steif und schloss ohne ein weiteres Wort die Tür.
Dass Gilmour auf die Idee kommen würde, ihm Geld anzubieten, hatte Charles erwartet. Dass er aber aus Geiz das Kaffeekränzchen um Mrs Stonebelly schickte, ließ ihn am Verstand des Paters zweifeln. Über kurz oder lang würde so die ganze Stadt von dem Betrug erfahren. Oder waren die Damen schon zuvor eingeweiht gewesen? Charles hoffte jedenfalls, dass die Angelegenheit damit ein für allemal erledigt war. Doch auch wenn es mein Freund nicht nachvollziehen konnte: Die Gier konnte für einige Menschen eine urgewaltige Triebfeder sein.
Nach dem Tee brütete Charles über Formeln aus den Konstruktionsplänen des Tubulidwellengenerators. Aus dem Erdgeschoss drang jedoch Fifis fröhlicher Gesang herauf und so verlor die trockene Kost schnell ihren Reiz. Heute würde er nichts Bedeutendes mehr herausfinden.
Eine halbe Stunde später war er bei Fifi im Salon und überprüfte, was von seinen Klavierstunden noch übrig geblieben war. Der alte Flügel war jedoch so verstimmt, dass man allenfalls den Rhythmus seiner Anschläge werten konnte. Trotzdem hatten die beiden sehr viel Spaß miteinander. Mitten in diese idyllische Stimmung platzte die Türklingel.
Ich gehe schon, sagte Charles, als Fifi bereits in Richtung Tür trippelte.
Isch verstehé, Mr Igeltón, sagte Fifi. Neckend ließ sie die rechte Augenbraue hüpfen.
Charles hielt verständnislos inne. Pardon?
Oh, Isch bin so disgrétt! Isch sage nischt, dass sein gönnte Madame Duckwalk an der Tür und Ir desalb so schnell get. Wieder hüpfte die Augenbraue.
Charles runzelte grinsend die Stirn und machte sich endlich auf den Weg. Beim Verlassen des Salons hörte er noch ein Olàlà hinter sich.
Leider erwies sich Fifis Vorhersage, was den späten Gast betraf, als unzutreffend. Zu Charles Überraschung war es Gilmour, der vom Londoner Regen durchweicht vor der Tür wartete. Augenblicklich verdüsterte sich die Miene meines Freundes.
Guten Abend, Mr Eagleton, begann der Priester das Gespräch. Der ölige Klang seiner Stimme war um einen bösartigen Unterton erweitert worden. Ich will es kurz machen: Offenbar ist Euch nicht klar, welchen Einfluss das Gerät Eures Onkels mir mittlerweile ...
Das war nicht kurz genug, schnitt ihm Charles mit kaltem Blick das Wort ab. Wenn diese Belästigungen nicht aufhören, bringe ich die Maschine zur Polizei und erstatte Anzeige gegen Euch.
Gilmour winkte unbeeindruckt ab. Tut das, sagte er leichthin. Spätestens dann werdet Ihr die Macht meines Einflusses endlich begreifen.
Wie Ihr wünscht, antwortete Charles lapidar und machte Anstalten, die Tür zu schließen.
Oder Ihr kommt zur Vernunft, sagte der Geistliche. Mit einem Satz trat er an den Erfinder heran und stellte den Fuß in die Tür. Ich biete Euch einmalig zweihundert Pfund für die Reparatur und Rückgabe sowie zehn Prozent aller Einnahmen an.
Charles unbewegtes Gesicht schien er als Aufforderung misszuverstehen, weiterzusprechen. Es wird für mich langsam dringend. Seine Majestät kommt nächste Woche zu einem Gottesdienst. Stellt Euch nur vor, was ein Wunder für einen Wert für ...
Charles Augen schienen aus Eis zu bestehen, als er den Redefluss mit leiser Stimme unterbrach. Ich werde diese Tür jetzt schließen, Pater Gilmour. Ich überlasse es Euch, ob ihr Euren Fuß vorher zurückziehen wollt.
Nur für einen Herzschlag konnte der Geistliche dem Hausherrn in die Augen schauen, bevor er den Blick senkte. Wie ein getretener Hund zog er den Fuß zurück. Weil mein Freund eine vorzügliche Erziehung genossen hatte, wünschte er seinem unwillkommenen Besucher noch einen guten Heimweg, bevor er ihm die Tür vor der Nase zuschlug.
Wie ich schon erwähnte, schloss mein Freund gern von sich auf andere. Das machte ihn leider nicht gerade zu einem Menschenkenner. Wie ihm die Bedeutung der Gier als Antrieb für kleine Geister entgangen war, erkannte er auch nicht die Bedeutung von gekränktem Stolz. Gerade für kleingeistige Parasiten waren Kränkungen vielleicht das Einzige, was sie noch stärker als die Habgier antreiben konnte. Wenn Pater Gilmour schon von der Gier dazu verleitet werden konnte, ihm Schläger ins Haus zu schicken, was würde er dann erst nach einer persönlichen Kränkung tun?
Doch Charles trieben völlig andere Gedanken um. Von Anfang an hatte er mit dem Gedanken gespielt, die Maschine einfach an Scotland Yard zu übergeben. Was ihn jedoch daran hinderte, waren seine moralischen Überzeugungen: Wenn die Maschine in die Hände der Regierung fiele, würde sie mit Sicherheit als Waffe eingesetzt. Und das wäre das Ende der Freiheit, wie er sie schätzte. Wie sollte man noch freie Entscheidungen treffen, wenn man nie sicher sein konnte, ob man die Realität oder ein inszeniertes Trugbild wahrnahm? Er fragte sich, was er wohl tun würde, wenn der Priester ihn ernsthaft in Bedrängnis brachte. Wenn er ihm zum Beispiel ein Verbrechen anhängen würde.
Doch all diese düsteren Gedanken verflogen, als er sich umwandte. Im toten Winkel der Tür hatte Fifi das Gespräch mitgehört. Der Abfalleimer in ihrer Hand machte offenbar, dass sie die ganze Zeit auf ihren Einsatz gewartet hatte. Sichtlich enttäuscht wandte sie sich in Richtung Küche, um das Müllbehältnis wieder an seinen Platz zu bringen. Schmunzelnd sah er ihr nach.
Den Abend verbrachten sie gemütlich am Kamin. Aus den Büchern seiner Kindheit las Charles seinem Geschöpf unheimliche Geschichten vor. Fifi putzte unterdessen das Silberbesteck und schien sich bestens unterhalten zu fühlen. Sie hörte Charles mit geradezu hypnotischer Aufmerksamkeit zu, auch wenn sie zuweilen an den falschen Stellen kicherte. Allgemein schien sie Geschichten von Geistern und lebenden Toten nicht beunruhigend, sondern erheiternd zu finden.
Erst kurz nach eins ging Charles an diesem Abend zu Bett. Sein reines Gewissen und der erfüllte Tag ließ ihn schnell und tief in Morpheus Arme sinken. Doch die unterbewusste Sorge um Gilmours nächsten Schritt verfolgte ihn in den Schlaf. Wirre Visionen voller Intrigen und Bosheit durchzogen seine Träume. So ist vielleicht zu erklären, dass ihn eine düstere Vorahnung kurz vor fünf aufschreckte. Von einem Herzschlag auf den anderen hellwach geworden, versuchte er den Grund für seine Beunruhigung zu ergründen. Wovor wollte ihn sein Instinkt warnen? Oder war er nur überreizt?
Dann hörte er es: Der Müllwagen. Gerade hielt er am Nachbarhaus, um die Abfälle des vergangenen Tages abzuholen. Ohne eine Uhr vor sich zu haben sagte Charles eine Eingebung, dass die Müllkutscher mindestens fünf Minuten zu früh kamen. Diese Eingebung war auch deshalb so absurd, weil auch Müllkutscher selten das Geld für eine Uhr aufbringen konnten. In diesem Augenblick hörte er, wie die Pferde der Müllmänner plötzlich mit der Peitsche in den Galopp gezwungen wurden.
Schneller als er denken konnte, war Charles am Fenster. Er kam gerade rechtzeitig, um die drei Männer mit Vorschlaghämmern zu sehen, die geduckt auf der Ladefläche unter ihm hindurchrasten. Fifi stand arglos wartend mit dem Ascheimer in den Händen vor der Hintertür. Als die Pferde an ihr vorbeipreschten, sprang einer der geduckten Männer auf. Mit einer weit ausholenden Bewegung schwang er den Vorschlaghammer, um Fifi mit möglichst großer Wucht am Kopf zu treffen.
Charles stockte der Atem. Fifi gelang es zwar, den gusseisernen Eimer in ihren Händen noch rechtzeitig hochzureißen; die reine Wucht des Schlages schickte sie jedoch mit kreischendem Kreiselstabilisator zu Boden. In einem Regen aus Unrat schlug Fifi laut scheppernd auf das Kopfsteinpflaster.
Den Männern war das freilich nicht genug. Leichtfüßig sprangen sie mit den schweren Werkzeugen vom Wagen, um ihr Werk zu vollenden. Die Bewegungen der Häscher zeigte, dass Gilmour diesmal keine einfachen Schläger, sondern kampferfahrene Knochenbrecher geschickt hatte. Doch das machte für Charles keinen Unterschied. Ehe er einen klaren Gedanken fassen konnte, war er bereits aus seinem Fenster im ersten Stock gesprungen.
Mit vollem Gewicht landete er auf dem Rücken des Mannes, der Fifi niedergeschlagen hatte. Für den Schläger musste es sich anfühlen, als würde ihm ein Amboss in den Rücken fallen. Beide Männer schlugen mit voller Wucht auf das Kopfsteinpflaster, wobei Charles keinen Schaden davontrug. Sein Gegner schirmte ihn wie eine Matratze beim Aufschlag ab. Der Mann selbst hatte allerdings weniger Glück: Er traf ungebremst mit dem Gesicht auf den steinernen Untergrund und sein Brustkorb gab ein hässliches Knacken von sich.
Doch Charles hatte weder Zeit noch Interesse, sich um den Zustand des Mannes zu sorgen. Kaum war er gelandet, als er sich auch schon der Spießgesellen seines Opfers erwehren musste. Er schaffte es gerade auf die Knie, bevor ihn einer der Männer mit einem kurzen Haken den Griff seines Hammers gegen die Schläfe schlug. In einem gleißenden Regen aus Sternen ging Charles zu Boden. Der zweite Angreifer wollte gleich mit einem Schlag gegen die Arme nachsetzen, wurde jedoch mitten in der Bewegung angefahren: Nicht die Hände, du Trottel. Die braucht er noch. Halt sein Bein fest.
Sofort spürte Charles, wie jemand versuchte, seine Beine zu fixieren. Da er noch immer alles doppelt sah, war er zu keiner gezielten Gegenwehr fähig. Stattdessen trat er einfach wild um sich und kassierte dafür mehrere harte Tritte gegen Bauch und Kopf. Seine Gegenwehr sorgte aber immerhin dafür, dass die beiden Angreifer ihn nicht richtig zu fassen bekamen. Durch einen langsam dichter werdenden Schleier hindurch sah er jedoch, dass dies den Rädelsführer nicht beeindruckte. Weit holte er mit dem Hammer aus und Charles glaubte schon, seine Knochen brechen zu spüren.
Plötzlich erschien jedoch eine schlanke Hand in weißen Handschuhen auf dem tätowierten Unterarm des Schlägers. Eine Hand, die so hart zupackte, dass das Brechen von Elle und Speiche in der gesamten Darthmoore Street zu hören sein musste. Dennoch kam kein Laut über die Lippen des vierschrötigen Mannes. Starr vor Entsetzen starrte er in zwei rot glühende Augen. Im Licht der Straßenlaternen sah der Strolch dicke Dampfschwaden aus der Nase des stählernen Wesens aufsteigen. Fifi musste für ihn einem zornigen Dämon gleichen, der gerade den Niederhöllen entstiegen war. Doch sie schien ihm weit weniger Bedeutung beizumessen.
Mr Igeltón! Mr Igeltón! at Ungeziefer Euch gemacht kaputt?, rief sie in ihrem jetzt unpassend fröhlichen Tonfall. Gleichzeitig wirbelte sie den Angreifer wie einen Wurfhammer einmal um ihre Achse. Sie muss ihm dabei beinahe den Arm aus dem Schultergelenk gerissen haben. Da er aber Sekunden später ohnehin wie ein nasser Sack mit einem hässlichen Geräusch gegen die Hauswand klatschte, dürfte dies für ihn kaum von Bedeutung gewesen sein.
Doch Fifi schien ihn zu diesem Zeitpunkt bereits vergessen zu haben. Blind vor Sorge kniete sie neben ihrem Schöpfer nieder. Der letzte verbleibende Strolch nahm dies zum Anlass, um ebenfalls sein Glück zu versuchen. Er holte zu einem gewaltigen Schlag nach Fifis Kopf aus, als Charles dem Mann die Beine unter dem Körper wegtrat.
Mon Dieu!, rief Fifi empört. Genug! Sonst isch maké Ungezieférfrikassé zum Essén! Zur Verdeutlichung ihres Standpunkts packte sie den hinterhältigen Mann an beiden Oberarmen und zerquetschte sie, als bestünden sie aus dünnem Teig. Diesmal schrie ihr Opfer wie am Spieß, dennoch war überdeutlich das Brechen seiner Knochen zu hören. Fifi schien der Zustand des Mannes jedoch nicht mehr als ein lästiger Krümel zu interessieren, den sie aus dem Bett ihres Herrn gefegt hatte.
Oh, Mr Igeltón! Da es läuft rotés Saft aus Stirn Eures! Vorsichtig betastete sie Charles Kopf. Sie selbst hatte nicht einmal einen Kratzer davongetragen. Dieses beruhigende Wissen war der letzte Gedanke meines Freundes, bevor er in tiefer Bewusstlosigkeit versank.
Sein Erwachen war ähnlich surreal wie der gesamte Vorfall. Ein älterer Herr mit intelligenten blauen Augen und langen schneeweißen Haaren beugte sich über ihn. Ein gewaltiger Rauschebart, der so gar nicht zu den modernen Modeidealen passen wollte, verbarg seine untere Gesichtshälfte. Sollte Charles unrecht gehabt haben und die naiven Gottesbilder seiner Mitmenschen doch der Realität entsprechen? Doch dann beugte sich Fifi über Gottes Schulter und machte ihn wieder zu einem einfachen Sterblichen. Im nächsten Augenblick wurde Charles endlich vollkommen wach und erkannte sein Schlafzimmer.
Mr Igeltón! Ir seid wach!, jubilierte Fifi und klatschte in die Hände.
Der weißhaarige Mann lächelte gutmütig. Willkommen unter den Lebenden, Mr Eagleton, sagte er. Wir wurden uns noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Frederick Gallagher und es ist mir eine Ehre, einen Mann behandeln zu dürfen, der so etwas, er warf einen Seitenblick auf Fifi, die sich noch immer vor Freude klatschend im Kreis drehte, erschaffen konnte.
Sehr erfreut, antwortete Charles mit trockener Kehle. Vorsichtig setzte er sich auf und betastete seinen Kopf. Ich glaube Euren Namen am Nachbarhaus gelesen zu haben ... allerdings mit Doktortitel. Gallagher lachte. Es wäre mir peinlich, gegenüber einem Genie wie Euch, wieder warf er einen bedeutsamen Blick auf Fifi, meine bescheidenen akademischen Titel auch nur zu erwähnen. Ich bin ein gewöhnlicher Arzt, das ist alles.
Charles wollte den Kopf schütteln, um dem Mann zu widersprechen, doch stattdessen fuhr das Zimmer eine Runde Karussell um ihn.
Vorsicht, Mr Eagleton. Ihr habt eine leichte Gehirnerschütterung, aber nichts, was etwas Bettruhe nicht auskurieren könnte.
Charles verzichtete darauf, verstehend zu nicken. Was ist mit den Angreifern?
Mein Dienstmädchen hat alles, inklusive Eurem todesmutigen Sprung aus dem Fenster, gesehen und die Polizei verständigt. Leider sind die Strolche unterdessen entkommen. Ein anderes Dienstmädchen hat sie mit der Müllkutsche fliehen sehen. Allerdings musste der Fahrer sie alle in die Kutsche tragen, wir wissen also nicht, in welchem Zustand sie sind. Der Arzt nickte anerkennend. Ihr müsst nicht nur ein genialer Erfinder, sondern auch ein Ausnahmekämpfer sein. Charles lächelte schwach. Jedenfalls bittet Scotland Yard darum, dass Ihr in den nächsten Tagen zu einer Aussage erscheint.
Das werde ich tun. Danke für Eure Hilfe, Dr. Gallagher.
Ich bitte Euch, ich habe nichts Nennenswertes getan.
Kurz darauf verließ der freundliche Mann seinen Patienten. Charles erhob sich gegen den ärztlichen Rat aus dem Bett. Zorn pochte hinter seinen Schläfen, doch tiefer als die Wut reichte die Erleichterung. Kaum war Fifi, die den Arzt zur Tür geleitet hatte, zurückgekehrt, als Charles sie in einer Aufwallung von Gefühlen an sich drückte.
Abér Mr Igeltón, flötete sie in entrüstetem Ton. Dann erwiderte sie die Umarmung mit einer Sanftheit, die ihre stählerne Natur kaum vermuten ließ. Mit dem heißen Wasserdampf, der ihr aus der Nase drang und den aus ihrem Scheitelrohr aufsteigenden Abgasen war sie nicht gerade ideal für das Austauschen von Streicheleinheiten geeignet. Dennoch war Charles spätestens in diesem Augenblick eines klar geworden: Die kaum hörbar vor sich hin sirrende Vierteltonne Metall in seinen Armen war nichts anderes als seine leibhaftige Tochter.
Bis zum Mittag wälzte Charles schwere Gedanken. Gilmour war endgültig zu weit gegangen. So weit, dass mein Freund an der Zurechnungsfähigkeit des Mannes zweifelte. Gilmours gewissenloser Einsatz von dumpfer Brutalität würde früher oder später jemanden das Leben kosten. Charles musste etwas unternehmen. Doch was?
Er konnte die Maschine weder Gilmour noch den Behörden ausliefern; in beiden Fällen wären moralisch nicht zu vertretende Folgen unvermeidlich gewesen. Aber was dann? Charles war so verzweifelt, dass er sogar den Gedanken an einen Mord für einige schwache Sekunden wälzte. Beim Lunch kam er jedoch auf die naheliegendste Idee: Er würde den Feind mit dessen eigenen Waffen schlagen!
Der erste Schritt war, dass er sich für einen Tag eine Lastkutsche mietete und eine hohe Leiter kaufte. Dies war nach einer knappen Stunde erledigt. Nicht einmal eine halbe Stunde brauchte Charles, um den Tubulidwellengenerator zu reparieren. Offenbar hatte der gierige Priester tatsächlich nur versucht, die Leistung zu erhöhen und dabei die von Gerrish eingebaute Sollbruchstelle zerstört.
Schwieriger gestaltete sich die Anfertigung einer weiteren Requisite, die er für die Durchführung seines Plans benötigen würde. Die seltsame Konstruktion aus Lederschnüren, Stahlketten und drei riesigen Rädern wirkte auf den ersten Blick wie ein phantasievolles Folterinstrument. Hätte Gilmour ihn bei der Arbeit beobachten können, wäre dem Geistlichen wohl angst und bange geworden. Erst nach Einbruch der Nacht, als Charles das eigentümliche Gebilde der kichernden Fifi anlegte, hätte er es vielleicht als Tragevorrichtung erkannt.
Für Fifis erstaunliche Kraft würde es kein Problem sein, den Generator notfalls durch die ganze Stadt zu tragen. Das Problem bestand darin, das unförmige Gerät in den Griff zu bekommen und im Gleichgewicht zu halten. Zudem hatte Charles ausgerechnet, dass das ungeheure Gewicht des Apparats die Standfestigkeit von Fifis Schuhen überfordern würde. So musste sie auf ihren glatten Stahlfüßen über das vom Regen rutschige Kopfsteinpflaster balancieren. Doch alle Probleme konnten die beiden nicht aufhalten. Kurz nach Mitternacht wuchteten Fifi und Charles den Apparat in die Lastkutsche. Sie schien die ganze Aktion für einen großartigen Spaß zu halten.
Als die Expedition durch das nächtliche London endlich startete, holte sie zu Charles Verblüffung einen Picknickkorb hervor. Doch obwohl er lachen musste und damit etwas entspannter wurde, brachte er keinen Bissen runter. Meinem Freund war so schwindlig, dass es seiner gesamten Konzentration bedurfte, den Weg durch die dunklen Nebenstraßen zu finden. Zudem spien die langen Schatten zwischen den Gaslaternen trotz der späten Stunde immer wieder einzelne Passanten aus. Da Charles in dieser Nacht keinerlei Wert auf Publikum legte, zerrte jede dieser Begegnungen an seinen Nerven.
Nach einer knappen halben Stunde erreichten sie endlich Gilmours Haus. Sie näherten sich von der Rückseite her, die Charles jedoch immer noch viel zu gut einsehbar schien. Erfreulicherweise waren die nächsten Nachbarn jedoch die Kirche, der Friedhof und ein Lagerhaus. Hastig sprang er vom Bock und drehte eine schnelle Runde um das Haus. Nirgendwo brannte Licht, aber Charles konnte auch nirgendwo ein Schafzimmer erkennen.
Er schnarscht, als er wäré auk getriebén mit Dampf, flüsterte Fifi kichernd. Charles stutzte. Da jetzt hörte er es auch. Sein hastiges Hin- und Herlaufen hatte ihn die Schnarchgeräusche einfach überhören lassen. Als er den Blick hob, erkannte er den Ursprung der verräterischen Laute: Ein offenes Fenster im ersten Stock.
Charles unterdrückte einen Fluch. Im Grunde hatte er damit gerechnet, dass das Schlafzimmer nicht ebenerdig liegen würde. Dennoch hatte er gehofft, um die Kletterpartie herumzukommen. Mit einer Gehirnerschütterung und schwerem Gerät arbeitete wohl jeder lieber auf sicherem Boden. Doch dann zuckte er mit den Schultern.
Also ist der Mann nicht einmal im Schlaf das, was er vorgibt zu sein, meinte er ironisch. Entschlossen stellte er die Leiter neben das Fenster und stieg vorsichtig hinauf. Tatsächlich da lag der Mann Gottes in einem pompösen Schlafzimmer. Im Halbdunkel erkannte Charles Leopardenfelle und Elefantenköpfe. Ein wild zusammengeraffte Sammlung kostbaren Porzellans stand auf anscheinend willkürlich ausgewählten Werken englischer Meister des Möbelbaus. Offenbar wusste der geschmacklose Mann nicht mehr, was er mit seinem vielen Geld anfangen sollte. Charles würde ihm da gern behilflich sein.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sein Opfer bereitlag, stieg er wieder von der Leiter. Im Schutz der Kutsche setzte er die gleißend helle Phosphor-Fackel in das Gerät ein und drehte den Intensitätsregler bis zum Anschlag auf. Äußerst bedacht darauf, nicht in den Wirkungsbereich des Strahls zu geraten, luden die beiden den Apparat vom Wagen. Dann kam der schwierigste Teil: Charles musste möglichst lautlos einen Flaschenzug über dem Fenster anbringen. Doch die allmächtige Göttin schien ein Einsehen zu haben. Direkt unter dem First entdeckte Charles einen Haken, der vermutlich genau für diesen Zweck eingebaut worden war. Dabei fiel ihm ein, dass auch sein eigenes Haus einen solchen Haken besaß. Er war eingebaut worden, um das Klavier durch ein Fenster hieven zu können. Erleichtert hängte er den Flaschenzug ein. Während er selbst auf der Leiter stand und das Seil möglichst weit von der Wand weg hielt, zog Fifi den schweren Generator hoch. Leider musste Charles jedoch ein kleiner Fehler in der Berechnung des Schwerpunkts unterlaufen sein. Auf halber Höhe war das überlaute Brechen eines Kettengliedes zu hören, gleich darauf schwenkte das schwere Hinterteil der Maschine nach unten, wodurch sich Charles dem Emitter des Generators gegenüber sah zumindest ein Beobachter hätte das Geschehen so beschrieben.
Während die Maschine senkrecht, mit dem Hinterteil voran zu Boden stürzte, sah Charles in den Schlund eines gewaltigen Drachens, der bösartig gereizt den Kopf zurückzog. Die Bestie war so unfassbar echt, dass Charles instinktiv vor ihm zurückzuckte. Das laute Schleifen der Leiter, die hierdurch von der Wand abglitt, klang in seinen Ohren wie ein gewaltiger Flügelschlag. Selbst als ihn der Sturz aus dem Wirkungsbereich des Strahls beförderte, kehrte seine gewohnte Rationalität noch nicht zurück. Der Drachenkopf wurde wieder zu einem Gebilde aus Prismen, Drähten und Kupfer, doch Charles hielt weiterhin entsetzt nach der Bestie Ausschau.
Erst Gilmours Auftauchen brachte ihn zur Besinnung. Im seidenen Pyjama stand der verschlafene Geistliche am Fenster und sah hinab. Genau in den Emitter der Teufelsmaschine.
Was ... was ist hier los?, fragte er mit größer werdenden Augen. Obwohl sich alles um ihn drehte und er kaum atmen konnte, antwortete Charles geistesgegenwärtig: Siehst du das nicht? Der Allmächtige persönlich ist herabgestiegen, um sein Strafgericht über dich zu halten.
Entsetzt riss Gilmour die Augen auf.
... und er ´at gebracht Plätzschen für alle, setzte Fifi hinzu, woraufhin Gilmour debil zu lächeln begann. Ärgerlich bedeutete Charles ihr, still zu sein. Verschämt blickte sie zu Boden, sah aber immer noch mit zuckenden Augenbrauen zu ihm hinüber. Mein Freund beachtete sie jedoch nicht weiter. ... ja, aber die Plätzchen sind nicht für dich, denn du bist ein Lügner und Betrüger! Im Namen des Herrn bereicherst du dich. Du bist eine Schande für die Menschheit und wirst für immer ...
Gilmour wollte bittend auf die Knie fallen und wäre dem Strahl damit entzogen gewesen. So schrie ihn Charles regelrecht an: Bleib gefälligst stehen!
Gilmour verharrte gebückt über dem Fenstersims. O Herr! Was kann ich tun, um deine Vergebung zu erlangen?, fragte er weinerlich.
Du wirst all deinen weltlichen Besitztümern abschwören, forderte Charles. Die ganze Aktion war viel zu laut, fand er. Sie mussten schnell zu einem Ende kommen.
Ja, o Herr!.
Du wirst all dein Hab und Gut verschenken und nach Afrika gehen.
Halleluja!, rief Gilmour mit schwankender Stimme.
Und dort wirst du niemanden mit dem Christentum belästigen, sondern den Menschen das Lesen und Schreiben beibringen. Die Anweisung schien Gilmour zu verwirren. Wenn du tausend Menschen die Schrift gebracht hast, soll dir vergeben sein. Wieder lächelte Gilmour debil. Aber wenn du jemals wieder jemanden bedrohst oder meine Gebote verletzt, wirst du für immer in der Hölle schmoren!, rief Charles. Befriedigt sah er, wie der dürre Mann ängstlich den Kopf einzog. Trotzdem fühlte sich mein Freund unsagbar müde. Er wollte nur noch nach Hause.
Geh jetzt in dein Bett und denke über deine Sünden nach. Verlasse es nicht, bevor die Sonne aufgeht!
Danke, o Herr, rief Gilmour aus und verschwand aus dem Fensterausschnitt nach innen.
Sogleich schaltete Charles die Maschine ab und half Fifi so gut es ging, die unhandliche Fracht wieder zu verstauen.
Eine Woche später saß Charles mit Fifi beim Frühstück und hatte die Nacht- und Nebelaktion schon beinahe vergessen. In der Times war jedoch ein faszinierender Artikel darüber zu lesen, dass ein gewisser Priester sein Haus einem Kinderheim überschrieben hatte. Am Tag zuvor hatte er vor dem Haus gestanden und seinen gesamten beweglichen Besitz bis aufs letzte Hemd an Passanten verschenkt. Beinahe tat Gilmour ihm leid. Beinahe.
Endlich schien für Charles der Weg in ein neues, sorgloses Erfinderleben offenzustehen. Doch der Frieden sollte nur kurze Zeit andauern. Mein Freund schien ein Talent dafür zu besitzen, sich von den Erfindungen anderer Leute in Lebensgefahr bringen zu lassen. Was ihn jetzt erwartete, hätte er sich nicht in seinen kühnsten Träumen ausmalen können. Und damit meine ich nicht, dass wir uns endlich trafen. Wir sahen Dinge, die nicht für sterbliche Augen bestimmt sind.
Aber das ist eine andere Geschichte ...
... die Sie in Argentum Noctis (Bd. 3 der Reihe "SteamPunk") nachlesen können.
07. Apr. 2014 - Guido Krain
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