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Warum wohnst du in so einer Gegend?
| WARUM WOHNST DU IN SO EINER GEGEND?
Buch / Lyrik & Prosa
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Andreas G. Schmitt
Warum wohnst du in so einer Gegend?
Verlag Radu Barbulescu, München, 12/2006
PB, Sammlung archenoah, Gedichte und Prosa, Belletristik, Underground, 978-3-930672-95-0, 116/990
Titelgestaltung von N. N.
www.radu-barbulescu.de
www.european-poetry.net
www.europeanartmix.ws
Nach seinem Gedichtband Die Zeit lief ab und sie träumte von Bonnie & Clyde ist nun von Andreas Schmitt eine weitere Sammlung, die Lyriken und Kurzprosa enthält, erschienen. Herausgegeben wird das Buch vom Verlag Radu Barbulescu, der seit 1988 rund 100 Titel aus der Feder internationaler Künstler dem Publikum zugänglich gemacht hat. Folgt man den genannten Links, um mehr Informationen zu erhalten, so landet man leider nur auf einer Startseite, die nicht weiter führt, bzw. auf Pages, die den Eindruck erwecken, noch im Aufbau befindlich zu sein.
Auch in dieser Sammlung folgt der Autor seiner Linie und beschreibt Szenen aus seinem Leben, persönliche Eindrücke und Beobachtungen. Er gibt seine Ansichten wieder, die man manchmal nachvollziehen kann - oder auch nicht, wenn sie gar zu einseitig ausfallen.
Die Texte wirken etwas reifer, wurden weniger oft in Lyrik-Form gepresst und blieben immer mal als flüssig zu lesender Prosa-Text erhalten. Die Themen sind dem Alltag entnommen (Politik, Musik, Fernsehen, Beruf, Familie usw.) und handeln von Dingen, die den Autor und manche Leser bewegen. Eine Tendenz zum Underground ist unverkennbar.
Auf fast 120 Seiten findet man rund 70 Texte, die eine Länge von drei Seiten nie überschreiten.
In Frauencharaktere lässt sich der Autor über den übertriebenen Schönheitswahn aus, der Frauen dazu treibt, kosmetische Operationen durchführen zu lassen, vorzugsweise Brustvergrößerungen. Der Grund dafür sind die Rivalitäten der Frauen untereinander, die jedoch von den Männern, die alle mit zweitem Namen Russ Meyer heißen, angestachelt werden.
Bis Zum Bitteren Ende bleibt der Erzähler nicht bei dem One-Night-Stand, stattdessen lässt er sie nach Gebrauch liegen. Nur die Befriedigung der Bedürfnisse ist wichtig, für Gefühle ist kein Platz vorhanden. Hat man bekommen, was man wollte, interessiert die Person oder die Sache nicht mehr.
Morgens Gegen Halb Fünf An Der Tankstelle erscheint eine Frau, die nach ihrem Mann sucht. Dieser ist nach einem Streit über Bagatellen verschwunden. Er hat etwas Besseres verdient als einen zänkischen Bettwärmer und eine schmuddlige Wohnung - und wird es auch finden. Dass er seinen Teil zur Eskalation beisteuerte, will er nicht wissen.
In der Titelgeschichte Warum wohnst du in einer solchen Gegend? möchte sich der Erzähler nicht von seiner neuen Bekannten aus dem schäbigen Stadtteil erretten lassen. Mitleid und das Bedürfnis zu helfen, sind keine Liebe, und wenn schon Kleinigkeiten verändert werden sollen, was würde passieren, wenn die Frau noch mehr Einfluss auf sein Leben nehmen könnte? Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung rangieren vor Kompromissen.
Alle Texte sind sehr subjektiv und oft in einer deftigen Sprache verfasst. Der Autor rechnet mit seinem Leben und den Menschen, die ihm begegneten, ab. Unverblümt übt er Kritik, gibt die Schuld an der Situation vorzugsweise den anderen und den Umständen, seltener sich selbst, und hadert mit dem Schicksal. Man fragt sich, wie jene die geschilderten Situationen beschreiben würden, hätten sie dazu die Gelegenheit, denn man bekommt immer nur eine Perspektive angeboten.
Die Depressionen, die zum Ausdruck gebracht werden, waren vor allem für die 1980er Jahre charakteristisch, als auch die Literatur von einer Endzeit-Stimmung durchzogen wurde. Von daher bieten die Themen nicht wirklich Neues.
Anthologien dieser Art wenden sich an ein spezielles Publikum, das Lyrik und Kurzprosa, die dem Underground zuzuordnen ist, zu schätzen weiß. In erster Linie sind das männliche Leser, die sich mit dem Autor identifizieren können und sich zustimmend auf die Oberschenkel klatschen: Recht hat er, das meine ich auch, das würde ich auch am liebsten machen...
24. Okt. 2007 - Irene Salzmann
Der Rezensent
Irene Salzmann

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Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...
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