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Baphomet

BAPHOMET

Franz Spunda
Roman / Horror

Festa-Verlag

Fester Einband, 276 Seiten
ISBN: 978-386552073-9

Mai. 2007, 1. Auflage, 22.00 EUR
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ranz Spunda (1890 – 1963 ) gehört sicherlich zu der Generation österreichischer Phantasten wie Gustav Meyrink, Karl Hans Strobl – von ihm hat der Festa- Verlag auch ein Schlüsselwerk veröffentlicht-, Leo Perutz und Alexander Lernet- Holenia, die zusammen mit ihren deutschen Kollegen die europäische Phantastik vorangebracht haben. Oft kombinierten sie zeitgenössische durchaus politische Entwicklungen mit ihren mystisch- phantastischen Ideen. Sie sind alle zusammen aufmerksame Beobachter der sozialen und gesellschaftlichen Strukturen ihrer Gegenwart gewesen und haben es sich nicht nehmen lassen, neben dem phantastisch unterhaltsamen Element auch Kritik an der politischen Entwicklung Zentraleuropas zu nehmen. Ihr Werk lässt sich kaum aus ihrer Generation lösen. Insbesondere Karl Hans Strobl und Leo Perutz haben immer wieder das Bild des modernen Industriellen als rücksichtslosen Opportunisten gemalt. Auch Franz Spunda hat in seinem vorliegenden „Baphomet“ ein zeitgenössisches Portrait gezeichnet. Allerdings ist seine Intention eine andere, denn der Roman stellt im Grunde für die Gegenwart des 20. Jahrhunderts einen Führer in die Alchemie dar. Um den Kontrast zwischen dieser sagenumwobenen Kunst und dem Auftreten des Templerordens besser herauszuarbeiten, bemüht sich Franz Spunda zuerst, ein genaues Sitten- und soziales Portrait der Umgebung zu zeichnen. Dazu gehört sicherlich auch, dass sein Protagonist durch einen Zufall in diese Geschichte gerät. Der junge Vincente Lascari erbt von einem ihm eher unbekannten Verwandten Ländereien und eine geheimnisvolle Villa. Sein Verwandter ist auf rätselhafte Weise ums Leben gekommen, Lascari und sein Bruder sind die einzigen Erben. Was sonderbar erscheint, sind die großen Schenkungen im Gegenwart von mehr als 20 Millionen Lira, die der Marquis in den letzten zehn Jahren gemacht hat. Immer an wohltätige Organisation. Es gibt keinen Hinweis auf ein Bar- oder Wertpapiervermögen. Im Zuge seiner Untersuchungen stellt Lascari fest, dass sein Verwandter ein Mitglied der Templerritter gewesen ist. Außerdem huldigte er der Alchemie. Man versucht ihm die Villa und die umfangreiche Bibliothek für einen Traumpreis abzukaufen, alleine wegen der Schriften. Diese arrogant aggressive Vorgehensweise weckt sein Misstrauen und er erkennt, dass der Marquis mit Hilfe der Prima Materia und dem Stein der Weisen aus Blei Gold machen konnte. Sie sind Bestandteil des Erbes und neben den anderen Mitgliedern der Templer beginnt sich die Katholische Kirche für den seltsamen und seltenen Fund zu interessieren. Die alten Glaubenskonflikte und der Neid, der schließlich zur Zerschlagung des Templerorderns geführt hat, flammen wieder auf. Und zwischen diesen beiden Fronten steht der junge Lascari.

Der Stil dieses 1928 erschienenen Romans ist befremdlich und distanziert. Der Leser benötigt einige Zeit, bis er sich an die zum Teil sehr steifen und umständlichen Sprachmuster der Dialoge gewöhnt hat. Auch interessiert sich Spunda nicht sonderlich über das Notwendigste hinaus für seine Charaktere, sie dienen ihm im Grunde nur als Mittler zum Leser, um seine ureigene Intention – die Geschichte der Templer und schließlich des Mystizismus – in eine Romanform zu bringen. Allerdings scheut sich der Autor auch, ihre Position in diesem Intrigenspiel festzunageln. Sie agieren instinktiv und ihre Loyalität ist ambivalent. Die Geheimgesellschaft fasziniert sie genauso wie die Versuchung grenzenlosen Reichtums. De verschiedenen Warnungen wirken eher wie kontinuierliches In-Versuchung-führen.
Der Auftakt mit dem seltsamen Erbe, das seinen Protagonisten aus seinem bisher ruhigen Leben in eine exotische, fremdartige und gefährliche Welt reißt, ist klassisch. Hier verzichtet Spunda auf umständliche Extrapolation, die Ausgangssituation wird auf wenigen Seiten sehr komplex und kompakt abgewickelt. Die Prämisse ist erledigt. Zusammen mit dem unwissenden Lascari beginnt der Leser – über seine Schulter blickend – die Reise in die Welt der Geheimgesellschaften, die nur einen Steinwurf weit entfernt von der bürgerlichen Existenz ihre Intrigen schmieden. Der Autor etabliert als Basis den Orden der Templer. Sehr detailliert, Kenntnisreich mit einer guten Mischung aus bekannten Fakten und notwendigen Fiktionen – so gibt es immer noch keine Beweise, wohin sich die überlebenden Mitglieder der Templer nach der Zerschlagung durch die Kirche abgesetzt haben und ob es wirklich eine konzertierte Aktion oder panische Flucht gewesen sind – entwickelt er auch für den gebildeten Laien verständlich diese Historie. Er beschreibt die Organisation als inzwischen wieder im Untergrund aktiv werdend mit einem guten Netzwerk aus wichtigen Kontakten und Mitgliedern in Schlüsselpositionen. Damit nimmt Franz Spunda eine Reihe von gegenwärtig populären Thrillern vorweg und spekuliert auf einer deutlich solideren und nachvollziehbareren Basis. Was Spunda wirklich fasziniert sind die Rituale der Templer. Hier hat er mit Lascari einen Protagonisten geschaffen, der von diesen Zaubersprüchen gleichzeitig fasziniert wie auch abgestoßen wird. ZU Beginn hegt er als gebildeter Mensch des 20. Jahrhunderts die entsprechenden Zweifel, wird dann wie der Leser eines Besseren bekehrt, um schließlich die Risiken und die Chancen gegeneinander abwägen zu müssen. Ganz bewusst führt der Autor seinen Protagonisten scheinbar mühelos auf den Gipfel des Erfolges – die Schaffung von Gold- ,um ihn dann in ein Tal der Tränen und Zweifel abstürzen zu lassen, aus dem er sich selbst wieder mit Entschlossenheit und der Liebe einer Frau – die sich gerade im Kloster angemeldet hat – herauszukämpfen.
Der Leser verfolgt zusammen mit Lascari die einzelnen Stufen der Initiierung. Das reicht von den einfachen Zaubersprüchen wie die Verzauberung mit einem Dolch über die Weihung von Ritualopfern bis zur Beschwörung eines Dämonen. Damit greift der Autor allerdings in die Klischeekiste und fügt seiner Vision der Templer eine Reihe von Vorurteilen der katholischen Kirche – die sich ja selbst in dieser Zeit nicht unbedingt mit religiösem Ruhm bekleckert hat – hinzu. Das insbesondere die Templer in Hinblick auf die Verbreitung des christlichen Glaubens vor allem im Nahen Osten ein Schreckensregime geführt haben, ist unbestritten. Das sie zur Erweiterung ihrer Macht Dämonen beschwören wollten, steht in einem merklichen Widerspruch zu ihrem christlich- religiösen Sendungsbewusstsein. Auf diese Widersprüche geht der Autor nicht weiter ein, es ist für einen okkulten Roman effektiver, Dämonen zu beschwören und nicht falsche Heiden mit Feuer und Schwert zu bekehren. Der Leser hat aber nicht selten das Gefühl, als wenn Franz Spunda ihn manipuliert und auf seine Seite zu ziehen sucht. Es fehlt die Distanz zum Geschehen. Vielleicht will Franz Spunda als ehemaliges Mitglied einer Geheimgesellschaft – er ist ausgeschlossen worden – auch die Leser und vor allem seine ehemaligen Kollegen provozieren und brüskieren. Von der teilweise sehr nihilistischen Stimmung – allerdings spielt sich die Geschichte im kleinen Rahmen und nicht als Teil einer globalen Verschwörung ab – über die informativen, wenn auch nicht immer historisch verbürgten Details und den ausführlichen Beschreibungen der Rituale ist „Baphomet“ ein seltsamer, aber fesselnder Roman. Seltsam in seiner außergewöhnlichen Mischung aus Roman und lebendig geschriebenen Sekundärwerk, die altertümliche Sprache verstärkt zusammen mit der schönen Aufmachung des Festa- Verlages diesen Eindruck. „Baphomet“ ist kein leicht zu lesender Horrorroman, es ist auch kein schwieriges Sachbuch, es ist eine insbesondere an der Historie der modernen Alchemie und
den Geheimgesellschaften interessierten Lesern empfohlene Fiktion. Immer am Rand der historischen Realität agierend gelingt Franz Spunda ein fesselndes und ungewöhnliches Buch. Es ist deutlich zu erkennen, dass der Autor selbst bekennendes Mitglied dieser Gesellschaften gewesen ist und in ihnen die einzige gangbare Opposition zu den aus seiner Sicht überholten gegenwärtigen Regierungen gesehen hat. Diese positive, allzu unkritische Haltung überträgt er im Laufe seines Buches auf seinen Protagonisten – von einem Alter Ego zu sprechen wäre wahrscheinlich zu stark -, um schließlich ihn wieder auf den rechten Weg zu führen und die Verschwörer spektakulär scheitern zu lassen. Allerdings kann der aufmerksame Leser das Gefühl des Bedauerns im Autoren erkennen. Aber im Gegensatz zu den ambivalenten Hochglanzthrillern der Gegenwart mit ihren mechanischen Plots und oberflächlichen Recherchen ist es schön, einen Autoren zu lesen, der eine eigene Position hat und diese auch durch einige der Protagonisten im Buch vehement vertreten lässt.

31. Okt. 2007 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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