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Gute Nachricht von den Sternen

GUTE NACHRICHT VON DEN STERNEN

Buch / Science-Fiction

Mit Gelegenheitskäufen aus dem Grabbeltisch ist es wie mit dem Leben oder einer Schachtel Pralinen: Man weiß nie, was man kriegt, wie mein Forrest Gump immer zu sagen pflegt. Aber wenn man einen Autoren gar nicht kennt - und genau so ging es mir vor drei Wochen noch mit John Kessel -, dann kann man für DM 3,95 schon mal zugreifen. Schlimmstenfalls hätte man für das Geld zwei Bockwürste mehr essen können, und zuviel Essen ist ohnehin ungesund.

Eingetreten ist jedoch der bessere Fall. "Gute Nachricht von den Sternen" bringt 570 Seiten lang in der Tat eine gute Nachricht, nämlich die: Es gibt noch Autoren, die fesselnde NahSF schreiben können. Nicht nur der Vorname von Kessel ließ mich des öfteren an John Brunner denken, auch anderes. Satire und Sozialkritik beispielsweise, die Fähigkeit zu gezielter Überzeichnung und zum Entwerfen lebendiger Figuren. Ebenso die Schnittechnik; in fünf (mit Monatsnamen überschriebenen) Teilen und ihren 39 Kapiteln bringt Kessel uns die Schicksale der Hauptfiguren nahe, und immer an entscheidenden Stellen schwenkt des Autors "Kamera" weg von Lucy, hin zu George, weg von George, hin zu Richard ... Ohne Chaos zu verursachen. Kessel behält alle Fäden souverän in der Hand, verknüpft die Geschichten gekonnt miteinander und läßt alles am 31. 12. 1999 in einem Showdown aus Wahnsinn, religiöser Raserei, Chaos und Blut enden: Denn Christus ist nicht zurückgekehrt, nicht herniedergestiegen mit seinem prächtigen Raumschiff "Neues Jerusalem", um mitten in den USA im "Neuen Zion" zu landen, wo ihm die Anhänger von Reverend JimmyDon Gilray einen herrlichen Landeplatz ausbetoniert haben, eine Meile im Quadrat. Nichtsdestotrotz geschieht nichts. Das kann ich ruhig verraten, denn kein Leser wird damit rechnen, daß das sehnsüchtig erwartete Ereignis auch wirklich eintritt zu sehr geht Kessel von Anfang an auf Distanz zu seinem Fernsehprediger, der ein mächtiges religiöses Imperium kontrolliert.
Zu diesem Mann geraten George, ein Nachrichtenredakteur, seine Frau Lucy und sein Freund Richard in eine immer engere Beziehung. Sie mögen gegen ihn sein, über ihn lachen, ihn töten wollen aber sie können sich ihm nicht entziehen. Das ist das eigentlich Wirkungsvolle an diesem Buch: Es greift Tendenzen zu religiösem Wahn auf, die in den USA gang und gäbe zu sein scheinen, verstärkt sie (vermutlich nicht einmal allzu sehr) und stellt dar, auf wie tönernen Füßen die freiheitliche Demokratie manchmal steht, denn Gilray agiert diktatorisch, und seine Anhänger glauben an ihn, nicht an Gott. So gerät das Buch zu einer eindringlichen Warnung vor falschen Propheten, die so stark ist, daß einziger Kritikpunkt der herbe Friede des Schlusses, wahrscheinlich als Gegenentwurf und auch als Utopie gemeint, nicht so recht zu überzeugen vermag. Dennoch, man freut sich über ... Aber das hieße nun wirklich, zuviel zu verraten.

He, und wo bleibt dabei die Science Fiction? wird nun manch einer fragen. Ich könnte jetzt antworten, daß es im Roman die Möglichkeit gibt, klinisch Tote unter günstigen Bedingungen wieder zum Leben zu erwecken, wie es George widerfährt aber der Roman funktioniert auch ohne das, aus diesem Umstand ergeben sich keine tragenden Momente. Dennoch geschieht Rätselhaftes Kessel bringt die Aliens mit ins Spiel, die ja zur Zeit die Medien ganz dick beherrschen; er tut dies allerdings auf interessante, subtile Weise, die nun wiederum doch etwas mit der Handlung zu tun hat, oder zumindest mit dem Handeln der Hauptfiguren in entscheidenden Situationen (was auf dasselbe hinausläuft). Und außerdem ist das Thema des 1989 entstandenen Werkes eins der reinen SF, nämlich die Frage, was aus dieser durchgeknallten Welt in nächster Zeit wird, wenn wir alle so weiter machen. Kessel erfindet nichts, außer den Aliens; er verstärkt nur, was schon ist.

Ja, aber diese "Aliens" kommen ja vielleicht doch von Gott und sind dann wohl doch gar keine echten ...? Also wieder mal im Hardcover von Heyne ein NonSFRoman ??
Meinetwegen. Ist mir egal. Ein gutes Buch bleibt ein gutes Buch.

Good News From Outer Space, © by John Kessel, 1989, dt. v. Hendrik P. und Marianne Linckens 1996, 570 S., DM 19,90

01. Nov. 2006 - Peter Schünemann
http://www.solar-x.de

Der Rezensent

Peter Schünemann

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