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Die Kobolde
Auch wenn sie selbst nicht mehr bei Tolkien auftauchten, sondern in den frühen Fassungen der Geschichten des Silmarillions als Bezeichnung für die Elben herhalten mussten, so wurde den Kobolden nun auch feierliche Aufnahme in den Reigen von Tolkiens Geschöpfen gewährt.
Karl-Heinz Witzko, der vor allem durch seine langjährige Mitarbeit beim Rollenspiel Das schwarze Auge und der Gezeitenwelt bekannt geworden ist, hat sich der knurrigen, kleinen Gesellen angenommen und ein märchenhaftes Abenteuer um sie gesponnen.
Schon seit langem sind der alte Kobold Brams und seine Gefährten im Wechselbalg-Gewerbe tätig. Immer wenn die Menschen nicht hinsehen, tauschen sie deren Neugeborene aus und richten damit viel Unheil an. Anschließend kehren sie zufrieden in ihr Reich zurück, das nicht in der Welt der Menschen liegt. Brams schätzt seine Truppe, zu denen die muntere Riette und der brummige, trollblütige Rempel Stilz gehören, denn bisher haben alle effektiv und schlagkräftig zusammengearbeitet.
Dann jedoch schießt etwas quer, das die Kobolde bisher nur als Mittel zum Zweck betrachtet haben. Die Tür, mit deren Hilfe sie von einer Welt zur anderen gelangen, weigert sich nach einem weiteren erfolgreich ausgeführten Auftrag plötzlich, sie wieder in das Koboldland zurück zu lassen.
Brams und seine Gefährten sitzen in der Menschenwelt fest. Nun ist guter Rat teuer. Sollen sie warten und versuchen, die Tür weiter zu überreden, oder sollen sie nach einem anderen Zugang suchen?
Die Nervosität wächst, denn mit jeder Stunde, in der sie länger verweilen, wird die Gefahr der Entdeckung größer. Schließlich fallen sie, ohne es zu wollen, einem Ritter in die Hände. Bernkrieg von Stummheim zieht von Turnier zu Turnier, um im Namen seiner Königin strahlende Siege zu erringen. Er verspricht, edel und gut wie er ist, ihnen mit all seinen Kräften zu helfen.
Die Kobolde sind erstaunt, bleiben aber zu Recht ein wenig misstrauisch, denn der edle Ritter ist alles andere als tugendhaft. Da er unter chronischer Geldnot leidet, hofft er, mit dem Verkauf der Kobolde wieder eine erkleckliche Summe zusammen zu bekommen, um seinen exklusiven Lebenswandel zu finanzieren.
Brams und die anderen schlagen ihm zwar ein Schnippchen, aber sie geraten vom Regen in die Traufe, nämlich Mitten in eine Intrige, die ein Königreich ins Chaos stürzen könnte.
Anders als die vielen anderen Romane aus der inoffiziellen Reihe um Tolkiens Geschöpfe, setzt Karl-Heinz Witzko lieber auf satirisch-überspitzte Märchenmotive und kauzige Charaktere. Wer eine Abenteuerhandlung mit exotischen Hintergründen und Kreaturen oder gar actionreiche Kämpfe und epische Schlachten, sucht wird diese in Die Kobolde nicht finden.
Es geht eher ruhig und gemäßigt zu - die Handlung beschränkt sich auf eine überschaubare Zahl von Figuren und Stationen einer Reise, die nur das Ziel hat, sicher wieder in die Heimat zurück zu kommen.
Damit die Geschichte aber nicht nur durch humorvolle Episoden und Gags zusammen gehalten wird, gibt es auch einige gefahrvolle Situationen und unangenehme Intrigen, die die Kobolde ins Schwitzen kommen lassen.
Das ist sehr kurzweilig erzählt, und so manche Szene kann zum Schmunzeln verlocken, aber das ist auch schon alles. Weder die Kobolde noch die Menschen besitzen den Biss, der andere Figuren von Witzko ausmacht, und der Humor ist auch eher harmlos und niedlich als schwarz und bitterböse. In Folge eignet sich das Buch aber auch schon für jüngere Leser, die den Märchen gerade erst entwachsen sind.
Die Kobolde ist zwar kein überragender, aber auch kein schlechter Roman. Man sollte jedoch eher ruhige und märchenhafte Fantasy mit einem gehörigen Schuss leichten Humors mögen, um die Geschichte genießen zu können.
09. Nov. 2007 - Christel Scheja
Der Rezensent
Christel Scheja
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