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Past Lies
Christina Weir, Nunzio DeFilippis & Christopher Mitten
Past Lies, Oni Press, USA, 2007
Modern Tales 8/Amy Devlin 1
eidalon Verlag/Modern Tales, Brandenburg, 10/2007
PB, Comic, Mystery-Thriller, 978-3-939585-07-7, 158/1390
Aus dem Amerikanischen von Stefan Pannor
Titelillustration von Christopher Mitten
www.eidalon.de
www.modern-tales.de
www.onipress.com
www.weirdefilippis.com
www.christophermitten.com
Obwohl der Millionär Trevor Schalk alles hat, was man sich nur wünschen kann, so fehlt ihm doch etwas Wichtiges: Liebe, Vertrauen und Sicherheit. Darum lässt er sich auf die Therapien des Psychiaters Dr. Christopher Peck ein, der ihm die Tür zu vergangenen und zukünftigen Leben öffnen soll. Im Anschluss an eine der Sitzungen wird Schalk in seiner Villa, die voller Personen mit Tatmotiv ist, ermordet. Der Fall wird nie aufgeklärt.
25 Jahre später wird der junge Schauspieler Timothy Gilbraight von wiederkehrenden Albträumen geplagt, und seine Persönlichkeit beginnt, sich zu verändern. Schließlich glaubt er, der wiedergeborene Trevor Schalk zu sein und möchte das Rätsel um seine Ermordung lösen. Die Suche nach einem Detektiv führt ihn zu Amy Devlin, die schon seit einer Weile als Privat-Ermittlerin ihr Taschengeld aufbessert, ohne jedoch eine Lizenz zu besitzen.
Kaum hat sie angefangen, unangenehme Fragen zu stellen, ereignen sich weitere Morde, und Amy gerät selbst in Lebensgefahr. Die Polizei kann zwei Personen festnehmen, die sich einiger Vergehen schuldig gemacht haben aber wer ist der Mörder von Trevor Schalk?
Past Lies ist eine Hommage an die Krimis der série noire, insbesondere an den Malteser Falken, auf den es eine deutliche Anspielung gibt. Natürlich ermittelt in diesem zeitgenössischen Mystery-Thriller kein harter, zynischer Sam Spade sondern ein junges Mädchen, das eigentlich gar keine Aufträge annehmen dürfte, da die Lizenz erst nach einigen Jahren Berufspraxis in einer Detektei oder bei der Polizei vergeben wird. Sie ist sich dieser Tatsache sehr wohl bewusst, doch die Freude an dem Job und die Neugierde siegen über die Sorge, dass ihr Geheimnis auffliegen könnte.
Dass es schließlich entdeckt wird, ist keine Überraschung, denn Amy sticht in ein Wespennest und zieht dadurch nicht nur die Aufmerksamkeit jener auf sich, die ihr fragiles Glück schützen wollen, sondern auch die eines desillusionierten Polizisten, der den Fall nun wieder aufrollt.
Für den Leser öffnet sich eine Welt, wie er sie aus einschlägigen Hollywood-Filmen kennt und erwartet: Es gibt den vereinsamten Millionär, der niemandem vertraut, und der ein dunkles Geheimnis hütet. Mit einer Angestellten betrügt er seine Frau, die sich mit dem Anwalt der Familie revanchiert. Die Tochter der Angestellten schreibt ein Enthüllungsbuch, nachdem ihre Familie an der Affäre zerbrochen ist. Ein ungeliebter Bruder des Ermordeten, der sich nur für Pornos interessiert, kann sich mit dem Schweigegeld eine Strip-Bar aufbauen. Kaum ist die zum Zeitpunkt des Mordes zehnjährige Rebecca erwachsen, sagt sie sich von allen los und stiftet ihr Erbe Einrichtungen für sexuell missbrauchte Kinder. Ein zwielichtiger Psychiater verwickelt einen jungen Mann in den dubiosen Fall.
Praktisch jeder der Beteiligten setzt für sich ethische und moralische Werte außer Kraft, beugt oder bricht das Gesetz, ist mehr oder minder pervers. Wer das Geld und die Macht hat, glaubt, sich alles erlauben zu dürfen, selbst wenn andere Personen dafür leiden oder sogar sterben müssen. Trevor Schalk hat eine Menge Schuld auf sich geladen, und das ganze Ausmaß wird erst am Ende des Bandes enthüllt. Das Opfer war in Wirklichkeit ein Täter, dessen Aktionen seine Opfer erst zu Tätern machten.
Zusammen mit Amy tappt der Leser lange Zeit im Dunkeln und stellt Spekulationen an. Da die kleinen Hinweise sehr versteckt eingebaut sind, fügt sich das Mosaik erst auf den letzten Seiten zusammen, und die Story bleibt spannend bis zum Schluss. Obwohl oder gerade weil gezielt mit Genre-Archetypen und Klischees gearbeitet wird, erfüllt die Handlung alle Erwartungen. Der etwas cartoonhafte Stil, der vor allem auf Schwarz-Weiß-Kontraste setzt, unterstützt die Hommage gelungen.
Mit dem Ehepaar Christina Weir und Nunzio DeFilippis konnte man für das Projekt ein Autoren-Team gewinnen, das für so erfolgreiche TV- und Comic-Serien wie Kim Possible, New X-Men und Wonder Woman schrieb, während Christopher Mitten treuen Modern Tales-Lesern durch Queen & Country kein Unbekannter sein dürfte.
Past Lies ist ein spannender Comic von gehobenem Niveau, der mehr Thrill als Mystery bietet und vor allem den Freunden der série noire gefallen dürfte. Mit diesem Band wird der Grundstein zu hoffentlich weiteren interessanten Fällen der sympathischen Amy Devlin gelegt.
14. Nov. 2007 - Irene Salzmann
Der Rezensent
Irene Salzmann

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Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...
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