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Die Totenmesse

DIE TOTENMESSE
DIE TOTENMESSE

Uwe Voehl
Roman / Mystery

Zaubermond

Coco Zamis: Band 15
Fester Einband, 352 Seiten

Aug. 2007, 1. Auflage, 18.95 EUR
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Mit „Die Totenmesse“ wollte Uwe Voehl den seit Band 11 durchlaufenden Zyklus in der Serie abschließen. Darum hat er alle drei ineinander übergehenden Einzelabenteuer selbst geschrieben. Im sechzehnten Band werden wieder drei Abenteuer aus der Feder drei verschiedener Autoren vertreten sein, die schließlich zu einer Art Fuge zusammenlaufen.

Da Uwe Voehl den komplexen Handlungsarm ohne wenn und aber beenden will, legt er ein rasantes Tempo vor. Die verschiedenen Spannungsbögen laufen parallel und ergänzen sich sehr gut. Da ist zum einen das Schicksal des von der Landkarte verschwundenen Wiens. Die ehemaligen Bewohner der Praterstadt sind versteinert worden. Für viele Mitglieder der diversen schwarzen Familien ist dieser Eingriff in die menschliche Subexistenz zu radikal und zu provozierend. Auch wenn sie aufgrund ihrer magischen Fähigkeiten sehr mächtig sind, fürchten sie die Masse der Menschen und wollen möglichst hinter den Kulissen die Strippen ziehen. Der Zauber um die Praterstadt droht langsam, aber sicher zu zerbrechen, während die einzelnen Parteien eher bemüht versuchen, die anderen Brandherde in den Auseinandersetzung zwischen den Zamis und Asmodi/ Seth auf der anderen Seite zumindest unter Kontrolle zu halten. Coco ist in der Zwischenzeit nach dem auch temporären Abstecher nach Russland wieder in Frankfurt angekommen. Im Gepäck hat sie ihren Großvater Dorghai Zamis. Dieser kommt aus dem zaristischen Russlands und war ein mächtiger Zauberer. Uwe Voehl nutzt dessen Entwurzelung für einige unterhaltsame, wenn auch nicht überraschend originelle Passagen. Der Ton des Buches ist grimmig genug, um solche Phasenverschiebungen zu tolerieren. Ein klassischer Egomanne und Lustmolch, der in den sexuellen lockeren Zeiten der Gegenwart sich nicht nur optisch wohl fühlt. Im Mittelpunkt steht allerdings weiterhin die Jagd nach dem gläsernen Kubus, welcher die Zeitreise erst ermöglichte. Inzwischen hat Asmodis eher notgedrungen Ambrosium Seth verziehen und schickt ihn zum wiederholten Male aus, endlich mit Coco fertig zu werden. Die ersten Anschläge auf ihr Leben kann ihr Großvater abwehren. Sie entschließt sich am Ende, wieder in das versteinerte Wien zurückzukehren und wird von alles Andere als steinernen Ereignissen in der Praterstadt eher negativ als positiv überrascht.

Coco Zamis fechtet einen Zweifrontenkrieg aus. Uwe Voehl macht nicht den Fehler der allerersten Bände der Serie, die junge Hexe sich selbst aus jeder noch so großen Klemme befreien zu lassen. So muss sie ihr ungeliebter Onkel aus einer gefährlichen Situation retten. Sie wird von dem Seelenfresser gefoltert. Wobei dieses Foltern eher einem übertriebenen inneren und äußeren Piercing gleicht. Eine originelle Idee, so weit man in diesem Bereich von sadistisch guten Einfällen überhaupt sprechen kann. Coco Zamis rächt sich nur wenige Seiten später an ihrem Folterer auf ihre ureigene Art und Weise. Diese kurzfristigen Erfolge geben Coco Zamis zumindest einen Augenblick des Triumphs in diesem überraschend dunkel geschriebenen Roman. Auf der anderen Seite stürzen zu viele Ideen, zu viele Feinde gleichzeitig auf sie ein und stellenweise wirkt die Auseinandersetzung „alleine gegen alle“ ein wenig zu sehr übertrieben, ein wenig zu unrealistisch. Vergleicht ein aufmerksamer Leser die Coco Zamis der vorliegenden Romane mit ihren Erfahrungen mit dem ersten Auftreten in der „Dorian Hunter“ Serie, sind die Unterschiede sehr deutlich spürbar. Während sie in den „Hunter“ Romanen zumindest einen Überhelden stützend an ihrer Seite gehabt hat, zeigt sie mehr als einmal – bis auf eben diesen letzten Roman des Subzykluses -, wie sie sehr gut alleine zurecht kommt. Damit im vorliegenden Buch die Spannungsschraube angezogen werden kann, läuft sie zu Beginn des Buches eher Blind und aufgrund ihrer Erfahrungen unglaubwürdig in eine Falle. Zumindest diese Passage wirkt unwahrscheinlich konstruiert und zeigt eher ungewohnte Schwächen Uwe Voehle. Wahrscheinlich hat er diesen Weg eher der Not gehorchend gewählt, über diese Brücke mit der Handlung schneller voranzukommen als einen komplizierten Verschwörungsplan zu entwickeln, in dem sich Coco Zamis schließlich verfängt. Das Ergebnis ist das Gleiche. Sie wird von dem Schurken gefoltert und gequält, schließlich befreit, kann sich rächen und anschließend dem nächsten Zwischenstopp entgegeneilen. Historisch lockert Uwe Voehl die Gegenwartshandlung immer wieder auf, in dem er von Coco Zamis Erfahrungen im zaristischen Russland, mit dem verrückten Mönch Rasputin und schließlich dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs berichtet. Die Mischung aus Fiktion und Fakten gelingt ihm sehr gut. Schon im vorangegangenen Band gehörten diese Sequenzen zu den Höhepunkten.

Was den Roman allerdings viel mehr auszeichnet, ist Uwe Voehls gelungene Charakterstudie. Es zeigt sich, dass die Konzentration auf einen Autor bei wichtigen Schlüsselromanen das richtige Rezept ist. Er kann sich die einzelnen ruhigeren, aber in Bezug auf die Charakterbildung wichtigen Passagen besser einteilen. Auch wenn bislang die jeweils drei Autoren unter der Regie des Exposeredakteurs sehr gut harmoniert und vor allem stilistisch einheitliche Leistungen abgeliefert haben, wirkt Uwe Voehls Buch charaktertechnisch auf deutlich komplexer. Er verzichtet auf den Dickkopf der fähigen, aber manchmal sehr egoistischen Hexe, er konzentriert sich auf eine Figur, die bis ans Äußerste ihrer Fähigkeiten gefordert wird. Der Konflikt für und mit der Familie steht dabei im vorliegenden Buch eher im Hintergrund. Die Manifestierung der Familie nimmt wieder konkretere Formen an, nachdem sich Coco Zamis nach ihren Erfahrungen zumindest im Mittelteil der Serie gänzlich von ihnen gelöst zu haben schien. Aber die Niederlagenserie der Zamis und vor allem Asmodis Verlangen, nicht nur die Zamis zu kontrollieren, sondern Cocos Willen zu zerbrechen, haben sie wieder zurück in den brüchigen Schoss der Familie getrieben. Gegen ihre Überzeugung, gegen ihren Willen. Wie es sich für einen klassischen Entwicklungsroman gehört, muss der Protagonist erst durch die Hölle gehen – in einem Horrorroman ist dies nicht nur allegorisch, sondern vor allem buchstäblich gemeint – um als kompletter und komplexer Mensch/ Hexe wieder zu erwachen. In diesem Sinne hat Uwe Voehl mit „Die Totenmesse“ den Unterzyklus zu einem befriedigenden, teilweise überraschenden Ende geführt.

Stilistisch sehr ansprechend mit exzentrischen, aber gut beschriebenen Nebenfiguren, einer soliden Mischung aus sadistischer Gewalt – nicht nur den Frauen gegenüber, sondern auch für die Herrschaften aus der Hölle mehr als einmal reserviert – und Action, sehr vielen guten die Handlung vorantreibenden Ideen und einem befriedigenden Ende gehört „Die Totenmesse“ zu den bislang besten „Coco Zamis“ Abenteuern aus dem „Zaubermond“ Verlag. Das mit Uwe Voehl ein Routinier des Horrorgenres den Stab von Ernst Vlcek übernommen hat, kommt der Serie sehr zu Gute.

19. Dez. 2007 - Thomas Harbach
http://www.sf-radio.net/buchecke/horror/buch696.ht...

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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