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Der letzte Vampir

DER LETZTE VAMPIR

David Wellington
Roman / Düstere Phantastik

Piper

Taschenbuch, 384 Seiten
ISBN: 978-349226643-7

Nov. 2007, 1. Auflage, 8.95 EUR
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Der Piper Verlag hat mit David Wellingtons Roman “ Der letzte Vampir” einen klassischen Serienroman veröffentlicht. Serienroman in Hinblick auf David Wellingtons bisherige und fast einzigartige Publikationsgeschichte. Vor einigen Jahren hat der Amerikaner Wellington einen hard boiled Zombieroman geschrieben, als sich niemand für dieses Genre interessiert hat. Wellington als gebürtiger Pittburgher konnte ja nicht anders, als sein Horrordebüt mit einer Romero- Zombiegeschichte zu beginnen, trotzdem „Monster Island“ ist von den Verlagen abgelehnt worden. Also stellte er sein Buch als Online- Serie ins Internet und zog so das Interesse John Oakes – Thunder Mouth Press – auf sich. Das Buch erschien als Tradepaperback und inzwischen sind zwei Fortsetzungen „Monster Nation“ und „Monster Planet“ veröffentlicht worden. „Thirteen Bullets“ – wie der vorliegende Roman im Original heißt – soll Wellingtons Antwort auf die eher seichten Vampirromane der letzten Jahre sein. Es ist allerdings nicht sein insgesamt vierter Roman, sondern die erste Fassung des Stoffes hat er gleich nach seinem ersten Buch angefangen. Nachdem er “Monster Island“ ins Netz gestellt hatte, versuchte sich Wellington an einer Kurzgeschichte – das Auftaktkapitel - und erweiterte diese schließlich zum vorliegenden Roman. Seine Intention ist von Anfang an gewesen, auf den intellektuellen, gut gekleideten Aristokraten zu verzichten und nahm sich literarisch einen der ersten Vampyre der Leinwand zum Vorbild: Max Schreck aus Nosferatu. Obwohl seine Vampire durchaus intelligent sind, agieren sie mehr als wilde gefährliche Tiere. Es sind bösartige, unnatürliche Kreaturen, deren Streben weniger der persönlichen Befriedigung, sondern dem Überleben der Art gelten. Gleich zu Beginn verdeutlicht Wellington dem Leser, wie sich seine Vampire von der gängigen Meinung unterscheiden. Auch wenn sich sein Stoff sehr nahe an Kathryn Bigelows hervorragenden „Near Dark“ heranbewegt, konzentriert sich Wellington auf seine Stärken, dem Leser einen geradlinigen, actionorientierten und harten Thriller anzubieten, in dem die Vampire eben die Gefahr für die Menschen darzustellen. Gleich zu beginn versucht ein schwerbewaffnetes und mit Kreuzen „geschütztes“ SWAT Team unter der Leitung von U.S. Marshall Jameson Arkeley einen einzigen Vampir zu stellen. In diesem Auftaktkapitel räumt der Autor gleich mit einer Reihe von Klischees auf. Kreuze schützen die Soldaten nicht. Warum die erfahrenen Truppen noch auf dieses Hilfsmittel zurückgreifen, bleibt ungeklärt. Es scheint sich aber nicht um die erste Auseinandersetzung mit Vampiren zu handeln und die Waffen, mit denen man sie töten kann, sollten bekannt sein. Kugeln können sie ebenfalls nicht töten, ihr Fleisch regeneriert sehr schnell. Nur ein Zerstören des dunklen Herzens hilft letzt endlich, den Feind zu töten. Wellington lässt den Leser in der ersten Reihe Platz nehmen, wenn Arkeley von dem Vampir entführt wird. In dessen Hort muss er verletzt beobachten, wie der Vampir sein eigenes Blut hervorwürgt, um andere Untote wiederzubeleben. Kein schöner Anblick und vor allem eine interessante, innovative Komponente, die eine wahre Vampirplage dieser augenscheinlich unbesiegbaren Kreaturen verhindert. Letzt endlich gelingt es der Polizei, den Vampir auszuschalten und für zwanzig Jahre gibt man sich dem Irrglauben hin, den letzten Blutsauger getötet zu haben. In Pennsylvania –wo auch sonst, kein amerikanischer Bundesstaat hat eine größere Namensähnlichkeit zu Transsylvanien – entdeckt die einfache Streifenpolizisten Laura Caxton neue Spuren von Vampiren und ruft Arkeley wieder auf den Plan. Gemeinsam machen sich die sehr unterschiedlichen Menschen auf die Jagd nach dem jetzt hoffentlich letzten Vampir und seiner neuen Brut.
Ganz bewusst wendet sich David Wellington mit seinem neuen Roman an verschiedene Lesergruppen. In der Mitte des Buches hat man das Gefühl, nicht einen klassischen Blutsauger zu suchen, sondern im Grunde einen der überdrehten Massenmörder mit einer ellenlangen Opferreihe, der sich einen Spaß in seiner verdrehten Psychologie macht, den staatlichen Fahndungsorganen immer wieder zu entkommen. Diese Duelle sind sehr blutig. Wenn geschossen wird, fliegen gleich hunderte von Kugeln. Wellington ist in dieser Hinsicht kein Schöngeist, für ihn muss Gewalt körperlich spürbar sein. Das Problem des Buches liegt in der Häufung dieser Auseinandersetzungen. Gute Thriller funktionieren am Besten, wenn die handelnden Personen die Sympathie der Leser herauskitzeln. Richard Laymon oder Jack Ketchum gehören zu den Autoren, die unglaubliche brutal, im Grunde perverse Romane schreiben, bei welchen sich der Leser wie ein Voyeur fühlt. Durch die oft mit wenigen, einfachen Strichen gezeichneten Figuren kann sich der Leser mit aus dem Nichts hereinbrechenden Schicksalsschlägen dieser Figuren identifizieren. In Bezug auf die menschlichen Charaktere zeigt David Wellington einen Hang zum Klischee. Arkeley kommt über einen eindimensionalen Überzeugungspolizisten mit dem Sendungsbewusstsein eines Geistlichen auf einer Bekehrungsmission nicht heraus. Auch wenn er immer wieder aufgrund seines Ungestüms in lebensgefährliche Situationen gerät, fehlt ihm das Entwicklungspotential. Laura Craxton ist eine junge sportliche Frau, die in einer lesbischen Lebensgemeinschaft lebt. Nach ihrer ersten Begegnung mit dem Vampir wird sie mehr und mehr zu einer Schlüsselperson in dieser Auseinandersetzung. Alleine diese Prämisse kennt der Leser aus einer Unzahl von anderen Vampirbüchern und wirkt unnötig. Sie wird von einer anderen Frau angebaggert, bekennt sich aber zu ihrer Beziehung. Ein erster Hauch von Erotik, dem sich schließlich eine dann allerdings dezent angedeutete Liebesszene anschließt. Um aus dieser Geschichte keine Dreiecksgeschichte zu machen, wird Craxtons Lebengefährtin schwer verletzt, aber von einem Boten des Vampirs nicht getötet. Damit ist der Weg zumindest vorläufig frei für eine neue Frau in ihrem Leben. Dazu kommt, dass die solide ausgebildete Craxton eine Art Naturtalent in Bezug auf die Vampirjagd zu sein scheint. Fühlt sie sich anfangs im Kreis der Vampirjäger unwohl, akzeptiert sie nicht nur schnell ihre Rolle, sondern glaubt an eine höhere Fügung. Im Vergleich zu Arkeley ist ihre Figur dreidimensionaler und tiefer angelegt, sie wirkt allerdings immer noch teilweise zu ungehobelt. Ein erfahrener Autor als Wellington hätte vielleicht in ihrem Charakter mit den gängigen Klischees als homosexuelle Polizistinnen gespielt. Im Vergleich zu den offensichtlichen Guten schneidet das Vampirvolk noch am besten ab. Das liegt nicht nur an ihrer haarlosen Gestalt. Gleich zu Beginn wird Arkeley verblüfft, als sich der Vampir seine Perücke abnimmt. Eine andere Kreatur muss sich jeden Morgen die Ohren abreißen, damit diese in seinem Schlaf wieder nachwachsen. Seine Kreaturen der Nacht sind bleich, groß gewachsen und haben rote Augen. Nicht selten hat der Leser das Gefühl, eine Beschreibung von Ratten zu lesen. Wenn sie töten, ist es für sie weniger ein Ritual als eine Demonstration. Sie reißen sie ihren Opfern gerne den Kopf ab, um das Blut aus dem Hals zu trinken als vorsichtig in denselben zu beißen. Bei der Jagd nach dem elementaren Grundstoff Blut geht es ums Überleben. Sie interessieren sich nicht für Sex mit ihren Opfern, sie entsprechen mehr den Kannibalen aus Filmen wie „C.H.U.D“, die unter der Erde versteckt ihr Dasein fristen und jede Chance nutzen, Menschen zu reißen. Hier zeigt sich, dass Wellington das umfangreiche Vampirgenre zumindest interessiert studiert hat. Er ist sich einiger Klischees der Vampirliteratur nicht nur bewusst, sondern extrapoliert diese mit einem bösartigen Vergnügen. Das Erstaunliche ist an seiner Vorgehensweise, dass insbesondere die Nebencharaktere wie die Leser an die Kraft einer Reihe von Symbolen glauben, während die Vampire sie mit einem Schulterzucken abtun.
Unabhängig von den Actionszenen bezieht der Romane seine Spannung aus der Frage, wie die neuen Vampire überhaupt entstanden sind. Die einzige noch dahin vegetierende Vampirin ist Justinia Malvern, die in einer Spezialklinik gefangen gehalten wird. Ihr werden nur geringe Dosen von freiwilligem Spenderblut verabreicht. Sie erinnert an einen weiblichen Hannibal Lector, allerdings hätte Wellington aus ihrer bedrohlichen Präsenz sehr viel machen können. Im Zuge der Actionszenen geht diese Figur manchmal zu stark unter und die Schlüsse, welche Wellington am Ende des Buches zieht, wirken teilweise plottechnisch arg konstruiert.
David Wellington hat mit seinem vorliegenden Roman „Der letzte Vampir“ die Saga vom Blutsauger nicht wie einige andere seiner Kollegen reformiert. Er hat mit den grundlegenden Fakten gespielt und eine klaustrophobische, aber wieder erkennbare Welt geschaffen, in welcher die Vampire eine animalische Bedrohung darstellen. Eine Bedrohung, welche die Menschen seit Jahrhunderten durch Opferwillen und Kampfesmut immer wieder unter Kontrolle gebracht hat. Wenn eine der Figuren die ersten Kämpfe zwischen den Menschen im Mittelalter und den Vampiren zusammenfasst, ist der Tenor deutlich. Die Menschen haben durch ihre Masse die Vampirbedrohung immer unter Kontrolle gehalten. Ein Vampir kann vielleicht ein Dutzend Menschen in einem direkten Kampf töten, gehen hunderte von opferwilligen Menschen hat er keine Chance. Moderne Waffen haben das Gleichgewicht noch weiter zu seinen Ungunsten beeinflusst. In einer Art Endzeitroman zeigt Wellington in seinem harten, brutalen Thriller die letzten Züge dieses Jahrhundertlangen Kampfes. Es ist ein sehr cineastisch geschriebener Roman, der auf eine lange Extrapolation oder eine Entwicklung der einzelnen Charaktere wenig wert legt. Sein Buch erinnert an die Blutorgien eines Shaun Hutson oder Rex Miller. Wer diese Romane früher gerne gelesen hat, wird sich bei David Wellington heimisch fühlen. „Der letzte Vampir“ ist ein Pulproman im wahrsten positiven wie negativen Sinne des Wortes.

19. Dez. 2007 - Thomas Harbach
http://www.sf-radio.net/buchecke/horror/isbn3-4922...

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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