Main Logo
LITERRA - Die Welt der Literatur
Home Autoren und ihre Werke Künstler und ihre Werke Hörbücher / Hörspiele Neuerscheinungen Vorschau Musik Filme Kurzgeschichten Magazine Verlage Specials Rezensionen Übersicht
Neu hinzugefügt
Rezensenten
Genres
Sammelkategorien Interviews Kolumnen Artikel Partner Das Team
PDF
Startseite > Rezensionen > Thomas Harbach > Fantasy > Magira Jahrbuch 2004
emperor-miniature

Magira Jahrbuch 2004

MAGIRA 2004 - JAHRBUCH ZUR FANTASY

Michael Scheuch, Hermann Ritter (Hrsg.)
Anthologie / Fantasy

Taschenbuch, 392 Seiten

Aug. 2004, 13.90 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen

Zum vierten Mal präsentiert der Fantasy Club Marburg einen sehr umfangreichen Paperback im Ziegelsteinformat als Jahrbuch. Die Intention ist die kritische Beleuchtung des Genres. Im SF Sektor findet dieses schon seit Jahren durch die Jahrbücher des Heyne Verlages und neuerdings das Jahrbuch das Shayol Verlages aus Berlin statt. Dabei agieren diese Genreüberschreitender als das Fantasy Jahrbuch.

Das Vorwort von Michael Scheuch und Hermann Ritter beleuchtet ein Problem, welches SF Leser schon lange wieder kalt lässt: der Bekanntheitsgrad des Genres. Anfang der achtziger Jahre sorgten die Star Wars Verfilmungen für einen ähnlichen Boom, der nach kurzer Zeit wieder erkaltet war. Der Nachteil die Identifikation und falsche Darstellung mit einem Filmmärchen, der Vorteil -genau wie heute- SF Reihen höchster Qualität aus den Verlagshäusern Knaur, Moewig oder die schwarzen Ullstein in Kombination mit den bestehenden starken Verlagen wie Bastei oder Heyne. Und jetzt: es finden sich alleine in diesem Jahrbuch zwei Interviews mit jungen deutschen Autoren -Monika Felten und Christiane Zina- und ein Haufen Besprechungen deutscher Fantasy Autoren, die ohne diesen Boom nicht publiziert worden wären. Die Beschwerde der Herausgeber im Vorwort wirkt als eher kontraproduktiv. Es wäre angenehmer, wenn die Autoren die Popularität des Genres als Herausforderung annehmen und nicht ablehnen.

Im Mittelpunkt steht die Fantasy, die Literatur. Zu erst finden sich unzählige Rezensionen, von denen die Besprechungen von z.B. noch nicht übersetzten Autoren durch Werner Arend am Lesenswertesten sind. Daran erkennt der Leser, wie viele Romane trotz der wachsenden Programme vor der Tür der Verlage bleiben. Auf der anderen Seite kommen mehr und mehr deutschsprachige Autoren zu Wort. Wieder ein Vergleich zur SF, in deren Blütezeit Andreas Brandhorst, Horst Pukallus, Ronald M. Hahn oder Thomas Ziegler veröffentlicht worden sind. Auch hier sei der Bogen zum Vorwort geschlagen: War das im Nachhinein betrachtet eine schlechte Entwicklung ?

Nach der Datenwüste des immer zuverlässigen Hermann Urbanek folgen überwiegend Besprechungen von Carsten Kuhr und Erik Schreiber. Beiden sollte auf keinen Fall das Engagement um die Gattung Fantasy abgesprochen werden, alleine die hier vorgestellten Rezensionen sind überwiegend Massenware und zum Teil extrem oberflächlich. Schon die Rezension des Artemis Fowl Romans durch Carsten Kuhr spricht Bände. Zuerst Meisterwerk, dann berechtigte, aber leider grundlegende Kritik, die seine ersten Zeilen entwertet und schließlich wieder ein euphorisches Urteil. Hinzu kommen eine Reihe von objektiven Mängeln. Jede Rezension ist ein subjektiver Text, doch dem Leser muss der Rezensent einen Eindruck vom Buch vermitteln und die guten und schlechten Passagen gegenüberstellen. Oft rücken sich die Kritiker selbst ins Rampenlicht und die Vielzahl der Rezensionen zeigt, dass sie sich selbst wiederholen und immer an der Oberfläche bleiben. Die Inhaltsangaben stehen in keinem Verhältnis zur anschließenden Kritik.

Die Mehrzahl der Interviews sind ansprechend, lesenswert und enthalten eine Reihe von persönlichen Informationen über die Autoren. Das Gespräch mit Walter Moers ist herrlich erfrischend, denn er holt seinen Gesprächspartner in mehr als einer Situation aus dem Kritikerhimmel auf den Boden zurück. Sehr viel umfangreicher wird das Klangexperiment von Monika Felten und Anna Kristina Die Nebelsängerin vorgestellt. Hier lebt das Jahrbuch auf. Das ungewöhnliche, aber nicht einzigartige Projekt wird aus verschiedenen Perspektiven besprochen- nur eine ausführliche Rezension fehlt in diesem Jahrbuch- und eine Reihe von unbekannten Mitarbeitern vorgestellt. Dabei geht Sabine Streufert umsichtig auf ihre Gesprächspartner zu und kann dem Leser eine Reihe von Informationen vermitteln. Ein oder zwei dieser umfangreichen Vorstellungen anstelle der seichten Buchkritiken hätten dem Jahrbuch gut getan. Themen gab es genug.

Über den Rahmen eines Jahrbuches hinaus werden immer wieder Klassiker für die Leserschaft neu entdeckt und herausgehoben: Klaus N. Frick stellt Christopher Evans einzigartigen Roman "Schimären" aus dem Heyne Verlag noch einmal vor, wobei er im Rahmen seiner Besprechung deutliche Schwächen im Gesamtkontext festzustellen sind: Die Zeilen, die Klaus durch Anmerkungen zum Hohenheim-Verlag schindet, hätten in eine kurze Vorstellung des entsprechenden Romans umgemünzt werden können. Der Text wirkt überhastet geschrieben und die Begeisterung für den eigentlichen Roman durch die oberflächliche Bearbeitung des restlichen Textes negiert.

Umfangreicher und lesenswerter ist die Betrachtung der Lord Darcy Romane durch Hermann Ritter. Alleine die ausführliche Vorstellung der Alternativwelt stimmt den unbedarften Zuschauer auf eine magische Bühne ein. Ein bisschen mehr hätte ich gerne zumindest über die anderen Werke Garretts erfahren, auch klafft in der Bibliographie eine Lücke von mehr als dreißig Jahren. Trotzdem geht Hermann Ritter in seinem an Zitaten schon fast übersättigten Artikel genau auf die einzelnen Romane und Kurzgeschichten ein Die Querverbindungen zu politischen Ereignissen und die verschiedenen versteckten Hinweise wecken das Bedürfnis, die Bücher noch einmal aus dem Regal zu nehmen Diese Artikel zeichnen ein gutes Kompendium aus.

Die Vorstellung der Zeichner mit ihren in unterschiedlichen Stilrichtungen gefertigten Werke ist ein optischer Höhepunkt, die Kurzgeschichten wirken dagegen hölzern . Warum ausgerechnet diese Stories in einem Jahrbuch zur Fantasy erscheinen müssen, wird das Geheimnis der Herausgeber bleiben. Es gibt sicherlich bessere Themen, um den Almanach zu füllen.

Nur die Filmindustrie lebt noch mehr von ihren Preisen. Das gleiche gilt für die phantastische Literatur, in der manchmal gute Werke ausgezeichnet werden, manchmal aber auch nur das eigene Ego. So findet sich der British Fantasy Award, aber nicht der World Fantasy Award in diesem Band.

Bei Andreas Bull-Hansens Nordlandsaga setzt sich das Kompendium zum ersten Mal richtig kritisch und dual mit einem Fantasy Zyklus auseinander. Zwei konträre Kritiken, beide begründet , sind der Rahmen. Dazwischen kann sich der Leser seine eigene Meinung bilden. Diese Auseinandersetzung mit der vorgestellten Literaturgattung ist enorm wichtig für diesen Band. Wie schon die Herausgeber in ihrem Vorwort bemängelten, spült die Popularität von Harry Potter und dem Herr der Ringe literarisch sehr viel Schrott an die Gestade des Fantasy Genres. Nach der Lektüre dieses umfangreichen Bandes hat der Leser das Gefühl, dass alles in Ordnung ist. Dabei liegt die Schwierigkeit oft nur in dem Blickwinkel des Betrachters. Bei Andreas Bull-Hansen kann die Nutzung der nordischen Sagen positiv oder negativ aufgenommen werden. Die Romane sind hektisch und entsprechen in keinster Weise den fließenden Balladen. Dabei ist die Grundthematik das Chaos. Wer einen Vergleich zu den deutlich besser geschriebenen Fantsy Romanen Poul Andersons sucht, wird auf das gleiche planlose Chaos stoßen. Von den Göttern beherrscht, von eigenen Machtgelüsten getrieben sind die Protagonisten in Andersons Romanen und Hansens Saga Opfer. Akzeptiert der Leser diese Situation, kann er viel Vergnügen an den umfangreichen Romanen haben, negiert er diese Grundlage, werden die Abenteuer zu einem Ärgernis. Aber sie unterstreichen die Breite des Genres.

Lange Zeit war Magira das Sinnbild einer professionell gestalteten Zeitschrift. Inzwischen konzentriert sich Fantasy in Deutschland nicht mehr nur auf den EDFC und die Follower. Sie veröffentlichen weiterhin hochinteressante Projekte sowohl im literarischen als auch sekundärliterarischen Bereich Darum steht das Jahrbuch in dieser Konstellation für ein interessantes, lesenswertes Fanprojekt. An der professionellen Seite müsste noch gefeilt werden. Eine Reihe von Schreibfehlern und das Fehlen bei einigen Rezensionen vom Autorennamen stören den Lesefluss. Auch die kritische Note und die Qualität der Rezensenten wirkt konträr zur stimmigen aber umfassenden Betrachtung des Genres. Es wäre besser, mehr Autoren für den kritischen Bereich zu gewinnen, die sich intensiver und gehaltvoller um die wichtigsten Veröffentlichungen kümmern. Trotz dieser Schwächen ist das Jahrbuch ein empfehlenswertes Einstiegswerk und ein nützliches Nachschlagebuch für Leser, die sich intensiv mit der Fantasy auseinandersetzen wollen oder Fans, die einfach hilflos vor dem übervollen Bücherregal stehen.

19. Dez. 2007 - Thomas Harbach
http://www.sf-radio.net/buchecke/fantasy/isbn3-935...

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

Total: 732 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen



[Zurück zur Übersicht]

Manuskripte

BITTE KEINE MANUS­KRIP­TE EIN­SENDEN!
Auf unverlangt ein­ge­sandte Texte erfolgt keine Antwort.

Über LITERRA

News-Archiv

Special Info

Batmans ewiger Kampf gegen den Joker erreicht eine neue Dimension. Gezeichnet im düsteren Noir-Stil erzählt Enrico Marini in cineastischen Bildern eine Geschichte voller Action und Dramatik. BATMAN: DER DUNKLE PRINZ ist ein Muss für alle Fans des Dunklen Ritters.

Heutige Updates

LITERRA - Die Welt der Literatur Facebook-Profil
Signierte Bücher
Die neueste Rattus Libri-Ausgabe
Home | Impressum | News-Archiv | RSS-Feeds Alle RSS-Feeds | Facebook-Seite Facebook LITERRA Literaturportal
Copyright © 2007 - 2018 literra.info