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Hekja, Tochter der Weltenfahrer
| HEKJA, TOCHTER DER WELTENFAHRER
Buch / Jugendbuch
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Jackie French
Hekja, Tochter der Weltenfahrer
They came on Viking Ships, Australie,n 2007
Arena-Verlag, Würzburg, 08/2007
HC mit Schutzumschlag, Jugendbuch, Geschichte, 978-3-401-06126-9, 6126, 304/1295
Aus dem Australischeh von Anke Knefel
Titelbild von Ralph Nievelstein
www.arena-verlag.de
Nachdem die großen Themen der Geschichte von den Autoren bereits gründlich abgegrast wurden, wendet man sich nun nach und nach auch den Epochen zu, denen bisher weit weniger Aufmerksamkeit gewidmet wurde, weil sie nicht spektakulär oder außergewöhnlich genug waren, um überhaupt erwähnt zu werden.
So hat vielleicht Leif Erikson als erster Europäer den Kontinent betreten, den er noch Vinland und andere später Amerika nannten, aber es gab andere aus seinem Volk, die ihm in weiteren Expeditionen nachfolgten und sogar an diesen neuen Ufern zu siedeln versuchten, wie zum Beispiel Freydis Eriksdöttir, seine eigene Schwester.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht der zwölfjährigen Hekja, die zunächst noch nichts von ihrem großen Abenteuer ahnt. Das Leben ist für das junge Mädchen aus dem schottischen Dorf schwerer geworden, seit ihr Vater ums Leben gekommen ist. Zusammen mit ihrer Mutter beißt sich die Halbwaise durch und hat sogar noch das Herz, einen tapsigen Hundewelpen aufzunehmen und bei sich aufzuziehen. Riki Snarfari hat seinen Namen sogar von der weisen und heilkundigen Frau des Dorfes bekommen.
Da Hekja schon früh gelernt hat, sich selbst zu behaupten, wird sie nicht niedergemacht wie viele andere der Dorfbewohner, sondern bleibt am Leben, als Wikinger die kleine Siedlung an der schottischen Küste überfallen. Sie fällt durch ihren ausdauernden und schnellen Lauf vor allem einer kämpferischen Frau namens Freydis auf, die sie als Sklavin mit sich in ihre eisige Heimat im Norden nimmt.
Auch wenn sie zunächst rechtlos und das Leben auf Island hart ist, lernt Hekja bald die andere warmherzige Seite der Wikinger kennen und gewöhnt sich recht schnell an ihr neues Leben. Sie findet in der alten Gudrun oder dem munteren Jungen Hikki, der wie sie ein Läufer ist, enge Freunde und beginnt irgendwann sogar, ihre stolze Herrin zu bewundern, die einen fast gleichen Rang wie ihr Bruder einnimmt und im Kreis der Männer die Stimme erhebt. Deshalb hat sie auch keine Angst, Freydis zu folgen, als diese beschließt, auf den Spuren Leif Eriksons zu wandeln und selbst eine Reise nach Vinland zu unternehmen.
Das neue Land erscheint zunächst wie ein Paradies, in dem es zu siedeln lohnt. Freydis und die anderen Anführer, die sie begleiteten, gründen Siedlungen und treiben mit den Eingeborenen Handel. Selbst Hekja profitiert, denn Freydis entschließt sich, sie frei zu lassen und mit einem kleinen Vermögen auszustatten.
Doch dann begeht einer der anderen Wikinger einen folgenschweren Fehler, der die Siedler in tödliche Gefahr bringt.
Tatsächlich sind fast alle Figuren, die Jackie French in ihrem Roman auftauchen lässt, historisch verbürgt, oder werden zumindest in mit diesen Personen verbundenen Erzählungen genannt - selbst Hekja und Hikki, wie sie selbst in einem Nachwort erwähnt. Und das macht die Geschichte umso spannender, da sie erstmals auch Personen im nahen Umkreis des großen Entdeckers erwähnt, von denen man bisher nichts wissen konnte - es sei denn, man hat sich genau mit diesem Teil der Geschichte intensiver beschäftigt.
Die Autorin hat damit eine Frau aus der Vergessenheit geholt, über die man sonst nicht so einfach stolpern würde. Vielleicht hat Freydis Eriksdöttir Vinland nicht entdeckt und immer im Schatten ihres berühmteren Bruders gestanden, aber trotz allem ihre Spuren in Überlieferungen und Aufzeichnungen hinterlassen.
Und diese erfüllt Jackie French mit Leben, in dem sie den Lebensweg einer jungen Frau schildert, die in ihrem kleinen schottischen Dorf zunächst keine rosigen Zukunftsaussichten hat, dann aber durch die Wikinger die Chance bekommt, über sich hinaus zu wachsen und viele Dinge kennen zu lernen, von denen sie sonst nicht einmal etwas erfahren hätte. Der Leser lernt damit die Schatten- und Sonnenseiten des Lebens in den nordischen Ländern um die erste Jahrtausendwende spielerisch kennen. Zwar merkt man einigen Schilderungen durchaus an, dass sie etwas abgemildert sind, aber moderne Jugendbücher beschönigen längst nicht mehr so viel wie die vor dreißig oder vierzig Jahren und sprechen selbst wenn eine Heldin im Mittelpunkt steht - auch Jungen und nicht nur Mädchen an.
Vielleicht ist die Handlung etwas geradliniger und einfacher gehalten, die Beschreibungen sind aber trotzdem stimmig und das Thema gut gewählt. Gerade weil hier mehr Wert auf Atmosphäre als auf Melodramatik gelegt wird, fehlt jeglicher Kitsch.
All das macht den Roman auch für Erwachsene interessant, die ungewöhnlichere Themen und lebendige Beschreibungen ohne die übliche Herz-Schmerz-Romantik oder Gewaltorgien suchen.
19. Jan. 2008 - Christel Scheja
Der Rezensent
Christel Scheja
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