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Das Artefakt der Meister

DAS ARTEFAKT DER MEISTER

Buch / Science Fiction

Charles Sheffield: "Das Artefakt der Meister"
Roman, Hardcover, 384 Seiten
Bastei-Verlag 2007

Mit „Das Artefakt der Meister“ legt der Bastei- Verlag den vierten Band der „Heritage“ Serie aus der Feder des amerikanischen Science Fiction Autoren Charles Sheffield vor. Zwischen der Veröffentlichung des dritten und vierten Bandes in Mitte der neunziger Jahre eine gewisse Zeit und ein neuer Verlag vergangen, trotzdem schien die Serie immer als Tetralogie geplant worden zu sein. Nach der Veröffentlichung von „Das Artefakt der Meister“ hat Charles Sheffield sogar noch einen fünften Roman nachgeschoben. Insbesondere das ambivalente Ende hat ihn wahrscheinlich dazu veranlasst, nachdem er in den ersten drei Bänden immer wieder auf die Werke der vor unendlichen Jahren verschwundenen Baumeister hingewiesen und verschiedene Theorien ausprobiert hat. Zu den faszinierenden Passagen des vorliegenden Romans gehören neue Thesen, in denen die Baumeister als zukünftige Menschen bezeichnet werden, die mit ihren Werken den Weg der Menschen aus der Vergangenheit in diese beste aller möglichen Zukünfte weisen wollten. So soll es nur in einer der Zukünfte auch die Baumeister geben, während diese in zukünftigen Parallelentwicklungen verschwunden sind.
Andere Wissenschaftler halten die Baumeister für ein vor Millionen von Jahren untergegangenes Volk, dessen Werke sie einfach überdauert haben. Unabhängig von diesen verschiedenen Theorien wirkt „Das Artefakt der Meister“ vor allem in Hinblick auf die Funde deutlich überzeugender, kompakter und einfallsreicher als teilweise die ersten drei Bücher zusammen. Gigantische unbekannte und vor allem außerirdische Bauwerke haben nun einmal ihren Reiz und Sheffield ist inzwischen ein routinierter Autor, welcher dem Leser ausreichend Informationen gibt, aber nicht zu viel verraten möchte. Teilweise ist sein Buch allerdings zu theoretisch, philosophisch aufgebaut. Er konzentriert sich zu sehr auf die einzelnen Thesen und vergisst insbesondere im ersten Teil des vorliegenden Romans, die Handlung entsprechend zu extrapolieren oder zumindest die einzelnen Thesen mit Leben zu erfüllen.

Mit dem neuen Artefakt – Labyrinth – genannt bringt er einen Katalysator in die Handlung, welcher die ganze Serie auf eine neue Handlungsebene bringt. Die Überreste dieser Superzivilisation – ob aus der Vergangenheit oder Zukunft spielt keine Rolle – hatten bislang in erster Linie das ungläubige Staunen der diversen Protagonisten hervorgerufen, welche verzweifelt haben, die verschiedenen Rätsel der Artefakte zu entschlüsseln. Mit dem Auffinden des Labyrinths beginnen sich die verschiedenen Artefakte zu verändern. Sie verändern ihre Form und leiten ihre Besucher in fremde Zonen weiter. Die Gefahr für die Protagonisten wird unter dieser Prämisse deutlich vielschichtiger und damit durchbricht Sheffield das statische Handlungsgerüst der ersten drei „Heritage“ Romane. Sheffield nutzt die aus den ersten Romanen „Summertide“ und „Divergence“ bekannten Charaktere, um alte und neue Funde zu besuchen. Es ist vielleicht nicht unbedingt notwendig, die ersten Zyklusbände zu kennen, aber es erhöht das Lesevergnügen deutlich.

Im Vergleich zu dem sich plötzlich wandelnden Universum ist es Sheffield allerdings nicht gelungen, seine menschlichen Charaktere dreidimensionaler und vor allem überzeugender darzustellen. Professor Dayra Lang ist über die unterschiedlichen Theorien derartig erzürnt, das sie mit einer neuen Mannschaft im Grunde aus dem Nichts heraus los fliegt, um endlich die Beweise zu erbringen. Das unterstreicht ihr kindköpfiges, kindisches Verhalten. Ihre Figur ist vor allem für den Träger eines akademischen Grades zu einfach und zu wenig durchdacht angelegt. Sheffield hat versucht, einen sensiblen bis empfindlichen Menschen zu zeichnen, aber dieses Portrait ist ihm gründlich misslungen. Ihre offensive Flucht steht allerdings auch im Zusammenhang mit ihrem Geliebten, der sie mit einem lebendig gewordenen Pin Up Girl betrügt, das zwar jeden Mann verführen kann, sich aber endlich nach einem Platz im Herzen eines anderen Menschen sehnt. Der Freund sieht sehr schnell ein, wie sehr ein Intellekt immer einem schönen Körper vorzuziehen ist und beginnt ebenfalls seine Mission ins All, um seiner Freundin zu Hilfe zu eilen. Die Geliebte – ob es schlechtes Gewissen ist oder der Wunsch, ebenfalls eine gute Tat zu tun, wird nicht weiter erörtert – reist natürlich mit und findet auf den letzten rührseligen Seiten einen Mann, der sich für sie interessiert. Sobald Sheffield die rein theoretisch wissenschaftliche Handlungsebene verlässt, zerfällt sein Szenario in klischeehafte und eindimensionale Sondersituationen. Wie viele gute Ansätze er in seinem Buch vergibt, zeigt sich im Verhältnis der Menschen zu den Aliens. Bloom hat an Bord seines Schiffes Atvar H´sial mitgenommen, ein Alien, das auf dem Papier von Sheffield wunderbar entworfen worden ist. Sie nimmt ihre Umgebung mit einer Art Sonar auf und drückt sich mit Gerüchen aus. Leider ist ihr Verhalten nicht so fremdartig wie ihre Statur und schnell befreundet sie sich mit dem einzigen anderen weiblichen Besatzungsmitglied. Ihre Motivationen sind gleich. Als zusätzlichen Belastungsfaktor führt Sheffield auch noch einen laufenden Gag über die menschlichen Paarungsgewohnheiten ein. Bei anderen Außerirdischen konzentriert sich die Fremdartigkeit auf eine einzelne Facette. So gibt es Außerirdische, welche die Freiheit per se ablehnen oder eine andere Figur wird ständig als verrückt charakterisiert, obwohl ihr Verhalten etwas gänzlich anderes suggeriert. Selbst die künstliche Intelligenz an Bord zeigt so menschliche Züge, das Sheffield immer wieder auf den Status der Bordintelligenz hinweisen muss. Es gibt zwischen den Fremden und Menschen keine grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten, teilweise nicht einmal konträre Ansichten.

Ein besserer Erzähler als Charles Sheffield hätte diese Schwächen mit einer strukturierten Handlung besser ausgleichen können. Die Schauplätze sind mannigfaltig. Neben dem neu entdeckten Labyrinth werden von den einzelnen Teams die vertrauten Plätze Paradox und der Zardalu Planet besucht. Bei den Zardalu gelingt es Sheffield, diese vor allem im zweiten und dritten Band extrem eindimensional und Golden Age mäßig beschriebenen Außerirdischen nuancierter und weniger klischeehaft zu beschreiben. Sie sind immer noch der Schrecken der Galaxis, aber ihre Motivation wird ein wenig besser herausgearbeitet. Wie in den ersten Büchern sind allerdings die Artefakte die Anziehungspunkte der Serie und sobald Sheffield die emotionale Handlungsebene verlässt und sich auf die Aspekte Technik und Hinterlassenschaft der Baumeister konzentriert, wird der vorliegende Roman lesbarer und vor allem interessanter. Die verschiedenen Ansätze, ihre Geheimnisse aufzuklären und vor allem die Zusammenhänge mit dem neu entdeckten Artefakt im Orion Arm zu hinterfragen, machen den vorliegenden Roman zu einem teilweise sehr unterhaltsamen Lesevergnügen. Die verschiedenen Theorien sind Science Fiction technisch vielseitig und diskussionswürdig. Es ist nur schade, dass dieser Abschnitt wie mit einem Messer abgeschnitten für viele Kapitel wieder in der Versenkung verschwindet. Sheffield hätte deutlich mehr Spannung aus seinem komplexen Szenario generieren können, in dem er Hinweise auf die beiden möglichen Thesen – Vergangenheit oder Zukunft – ausgesät hätte. Da er die Gruppen aufteilt, hätte ein Teil Beweise für die eine Theorie, die andere Hinweise auf das gegenteilige Szenario finden können. Dass er keine abschließenden Antworten liefert, unterstreicht schon der fünfte und letzte Band der „Heritage“ Serie. In „Das Artefakt der Meister“ wechseln sich Stärken und Schwächen ab, im Vergleich zu den ersten Bänden allerdings eine deutliche Steigerung und ein empfehlenswerter Einstieg in diese Serie.

31. Jan. 2008 - Thomas Harbach
http://www.sf-radio.net/buchecke/science_fiction/i...

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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