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Schattenjagd

SCHATTENJAGD

Buch / Fantasy

Der Kreis der Krähen 1

Es ist ein merkwürdiges und verwirrendes Buch, aber auch sehr reizvoll: Durch die Handlung von "Schattenjagd” zieht sich ein faszinierendes Rätsel, und nichts ist, wie es scheint; ich fürchte, auch am Ende nicht.
Zu Anfang erwacht ein Mann ohne Gedächtnis inmitten eines Haufens Leichen und hört, wie ein anderer Mann, der halb im Wasser "schläft”, mit seinem Spiegelbild redet. Dieser "Schläfer” ist aber zugleich er selbst und kann eigentlich nicht reden, denn er ist bewusstlos. Schließlich endet das Gespräch. Der Mann, der schon einmal die Augen geöffnet hat, öffnet wieder die Augen, und die Geschichte beginnt. - Dieser Anfang führt die zwei Ebenen der Handlung ein, die "reale” und die "Traumebene”, welche einander von nun an ständig begleiten und ablösen werden. "Real” trifft der Mann ohne Gedächtnis bald darauf auf eine Frau, deren Begleiter er tötet (auf unheimlich perfekte Weise) und die ihm vorschlägt, dessen Platz einzunehmen: den Platz eines Gottes. Geplant ist nur ein einfacher Betrug: Sie ziehen als Gott und Priesterin durch die Dörfer und erleichtern gutgläubige Bauern um Nahrung und andere Dinge. Der Gott heißt "Poldarn”; die Frau hat den Namen von einer Dachziegelfirma "geborgt”. Die erste "Show” der beiden gelingt hervorragend: ein wenig Feuerwerk, etwas "Heilpulver” für Kranke, und reich beschenkt verlassen sie das Dorf. Nun, diese Kranken werden nicht geheilt, dafür aber erfährt man später, dass andere Todkranke gesund geworden und außerdem zwei Tote auferstanden sind. Bald darauf weiß der Mann ohne Gedächtnis auch, dass es tatsächlich eine Legende über den Gott Poldarn gibt, der vor dem Ende der Welt wiederkommt, um eben dieses einzuleiten - und Poldarn weiß nichts von sich, nicht einmal, dass er ein Gott ist ... Übrigens wird er von Krähen begleitet, eine davon trägt einen Goldring im Schnabel - was Wunder, dass Krähen mit Ringen sich auch um den Mann ohne Gedächtnis ein Stelldichein geben. Aber ist er wirklich der Endzeitgott der Mythologie?

K. J. Parker scheut keine Mühen, das Rätsel immer undurchdringlicher zu machen. Poldarn (so nennt er sich mittlerweile) stellt fest, dass ihn alle möglichen Leute kennen, jedoch sagt ihm niemand, wer er wirklich ist. Doch in Träumen erinnert er sich an Szenen aus der Vergangenheit - leider hat er nach dem Aufwachen alles vergessen. Aber auch der Leser ist nicht klüger, denn es scheint, dass "Poldarn” die Vergangenheiten ganz verschiedener Personen träumt: die des Generals Cronan zum Beispiel, des besten Strategen des Imperiums, oder die des Freibeuters Scaptey, der zu den gefürchteten und unbesiegbaren Horden gehört, die das Imperium oft mit Krieg überziehen. Und so weiter. Außerdem gibt es noch einen "Schwertmönch”, Monach, das Mitglied eines äußerst streitbaren Ordens (für den Parker eine reizvolle religiöse Philosophie entwirft!); dieser Monach zieht durchs Land, um im Auftrag seines Ordens Leute zu töten. Er kann das ebenso perfekt wie "Poldarn”, und dieser träumt auch von ihm. Was haben sie miteinander zu tun?

Verwirrt? Das war ich auch oft genug, und dann galt es, eine frühere Stelle noch einmal zu lesen - ohne viel schlauer zu werden ... Aber irgendwie macht das großen Spaß. Parker spinnt nebenbei das für die Fantasy oft übliche Netz von Intrigen der Großen - des Kaisers Vetter Tazencius, der Abt des Ordens, General Feron Amathy und so weiter -, aber da man zu keinem Zeitpunkt weiß, worum es hier so recht geht und was das alles mit "Poldarn” zu tun hat, liest man gespannt weiter. Nach einer Weile stellt man mit fröhlicher Resignation fest, dass dieses Buch wohl nichts endgültig Wahres über seinen Helden offenbaren wird, und als sich dann doch wenigstens einige Puzzleteile zu einem Bild zusammenfügen (Überraschungen inklusive), traut man dem Frieden nicht so recht. Woran man gut tut, denn auch wenn die Geschichte ein gewisses Ende hat, fehlen ganz entscheidende Informationen, und "Poldarn” erfährt am Ende doch nicht alles, was er so dringend wissen will. Insofern kann der Teil auch kaum als "in sich abgeschlossen” gelten, wie das Backcover behauptet (Rückversicherung gegen "Zyklusmüde”?). Man wird weiterlesen müssen, und ich weiß schon, dass ich das tun werde. Nicht nur, weil ich die Auflösung wissen möchte, sondern auch, weil Parker sehr erfrischend schreibt, oft mit unterschwelliger Ironie, die bisweilen in schwarzem Humor übergeht. Gefallen haben mir auch Untertöne, die für Fantasy keineswegs typisch sind; die Zeichnung einer Knopfmanufaktur in einer Handelsstadt zum Beispiel offenbart beißende Sozialkritik, und die philosophisch-religiösen Spekulationen der Figuren faszinieren.

Es gelingt Parker, ein Spektrum vieler gut getroffener Haupt- und Nebenfiguren zu produzieren und das Leben in den Städten und Dörfern der erfundenen Welt lebendig zu machen. Dieses Buch mag seltsam sein, aber es ist auf erfrischende Art anders als viele Dutzendprodukte der großen Verlage.

Shadow, © 2001 by K. J. Parker, übersetzt von Edda Petri 2004, 717 S., _ 8,95, ISBN 3404204824

05. Nov. 2006 - Peter Schünemann

Der Rezensent

Peter Schünemann

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