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Sandman 4: Zeit des Nebels
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SANDMAN 4: ZEIT DES NEBELS
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Neil Gaiman
Sandman 4: Zeit des Nebels
The Sandman: Dream Country, # 21 - 28, DC Comics, USA, 1991/1995
Panini Comics, Stuttgart, 2/2008
Vollfarbige Graphic Novel mit Klappbroschur im Comicformat, Fantasy, Mystery, 978-3-86607-599-3, 224/1995
Aus dem Englischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration von Dave McKean
Zeichnungen von Kelley Jones, Mike Dringenberg, Malcolm Jones III, Matt Wagner, Dick Giordano, George Pratt, P. Craig Russel, Steve Oliff und Daniel Vozzo
www.paninicomics.de
www.neilgaiman.com
www.mousecircus.com
www.gaimanmckeanbooks.co.uk/
www.neverwear.net/
www.mckean-art.co.uk/
www.lambiek.net/artists/d/dringenberg_mike.htm
www.mattwagnercomics.com/home.html
Als wegweisend in der jüngeren Comicgeschichte gilt auch heute noch Neil Gaimans Sandman-Serie. Sie durchbrach sowohl in grafischer als auch in inhaltlicher Hinsicht Traditionen und Tabus und präsentierte eigenwillige Geschichten mit Tiefgang und fast literarischer Qualität, die nun auch ein intellektuelleres Publikum anlockte und mit dem Medium vertraut machte. Noch heute gehört die Reihe zu den am meisten ausgezeichneten Serien der Welt.
Panini veröffentlicht die bereits in den 1990er Jahren in Deutschland erschienenen zehn Bände nun in einer Neuübersetzung und im originalen Comicformat, nicht mehr in Albengröße. Die Aufmachung ist durch Klappbroschur und schweres Kunstduckpapier sehr edel.
Im Gegensatz zur dritten Graphic-Novel Dreamland erzählt die vierte, Die Zeit des Nebels, eine fortlaufende Geschichte. Es beginnt damit, das Destiny ein Familientreffen einberuft, zu dem Dream und seine Brüder und Schwestern erscheinen, die er lange nicht gesehen hat.
Als schließlich auch Death eingetroffen ist, enthüllt der geheimnisvollste der Ewigen den Grund für seinen Ruf. Er klagt Dream an, vor langer Zeit ein großes Unrecht an einer Menschenfrau begangen zu haben. Er verbannte sie aus seinem Leben und in die Hölle, wo sie seit vielen tausend Jahren schmachtet. Wenn er nicht will, dass das schwer wiegende Konsequenzen hat, muss er in die Hölle hinab steigen und sie von dort befreien.
Schweren Herzens stimmt Dream zu, auch wenn er weiß, dass das seine Vernichtung bedeuten könnte. Denn erst vor kurzem ist er in die Unterwelt hinab gestiegen um eines seiner rechtmäßigen Besitztümer zurück zu holen und hat sich dort nicht nur mit den Dämonen, sondern auch mit Luzifer angelegt.
Doch als er im Palast des Herrn der Unterwelt angelangt ist, erlebt er eine Überraschung. Die Hölle ist wie leergefegt, Tote und Dämonen sind verschwunden. Luzifer greift ihn auch nicht an, sondern bittet Dream um Hilfe. Er ist des Regierens müde geworden und schenkt dem ehemaligen Rivalen die Herrschaftsinsignien, zu denen auch die Schlüssel zur Hölle gehören.
Von der Last befreit geht er und lässt den Herrn der Träume verdutzt zurück. Denn Dream weiß nicht, was er mit der neu gewonnenen Macht anfangen soll, immerhin hat er selbst eine zeitaufwendige Aufgabe.
Doch schon kündigen sich Besucher an. Die Kunde von Luzifers Entscheidung hat schnell in der metaphysischen Welt die Runde gemacht, und die unterschiedlichsten Mächte und Kräfte tauchen auf, um die Herrschaft von Dream zu fordern.
Da sind die Elfen, die einen Pakt mit der Unterwelt geschlossen haben und nicht wollen, dass sich ihre Lage verschlimmert. Odin, Thor und Loki fordern den Schlüssel, um damit Ragnarök noch ein wenig aufzuschieben. Der japanische Sturmgott Susano-o-no-Mikoto ist ebenso schnell zur Stelle wie der ägyptischen Götter Anubis und Bastet, Shivering Jemmy, die Prinzessin der Shallow Brigade oder Azael, ein ehemaliger Fürst der Hölle, und nicht zuletzt Lord Kilderkin, der die Gestalt einer Pappbox gewählt hat.
Selbst die Engel Remiel und Duma, die geläuterten Seelen in der Silbernen Stadt zum Aufstieg verhelfen, sind erschienen, um das Treiben zu beobachten.
Dream muss nun zwischen ihnen entscheiden, doch das ist gar nicht so leicht, da die Anwärter auf den Höllenthron mit allem Mitteln arbeiten, um ihn von ihrer Eignung zu überzeugen.
Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich die einzelnen Geschichten aus der Welt des Sandman sind. Die Zeit des Nebels spielt wieder einmal mit den unterschiedlichsten Mythologien und schöpft bei der Charakterisierung der Figuren aus dem Vollen. Dadurch entsteht eine dichte Atmosphäre, die von feinen Andeutungen und Anspielungen erfüllt ist, aber immer wieder zu überraschen weiß, da Neil Gaiman bewusst Details verändert oder in ihr Gegenteil verkehrt. Wieder verbinden sich alte Mythen und moderne Phantasien zu einem mystischen Mix aus Abenteuer und Drama, Horrorgeschichte und Comedy.
Denn nicht immer geht es ernst zu - manchmal kann man auch über die Eskapaden der Anwärter schmunzeln, dann wieder bleibt einem das Lachen im Halse stecken, wenn es plötzlich bitterböse und zynisch wird. Die Geschichten leben von den intelligenten Dialogen - Spannung entsteht durch die manchmal sehr zweideutigen Unterhaltungen und die absolute Undurchschaubarkeit von Dream.
Er lässt dabei zu keiner Zeit erkennen, dass er immer die Fäden in der Hand hält. Wieder gelingt es Neil Gaiman und den Künstlern, eine unwirkliche, magische Atmosphäre zu erzeugen, die Gewalt durch viel tiefer unter die Haut gehende Bedrohungen und den Blick in den Spiegel ersetzt. Und der Autor scheut sich auch nicht, seinen Helden dumm da stehen zu lassen, wenn er am Ende schließlich mit der verstoßenen Geliebten konfrontiert wird.
Sandman - Die Zeit des Nebels gelingt wieder einmal die schmale Gratwanderung zwischen Unterhaltung und Anspruch. Einerseits kann man sich einfach nur von einer abenteuerlich-exotischen Geschichte unterhalten lassen - andererseits ist es auch möglich, in die hintergründigen Szenarien einzutauchen und damit zu erkennen, warum Sandman zu einem modernen Klassiker geworden ist.
07. Mar. 2008 - Christel Scheja
Der Rezensent
Christel Scheja
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