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Blind Date mit einem Vampir
Joy und Roxy bekommen vor ihrem Flug nach Tschechien von ihrer Freundin Miranda die Karten gelegt. Die Wicca-Priesterin prophezeit beiden den ersehnten Traummann, doch an dem von Joy haftet etwas Gefährliches, und wenn sie sich für die falsche Bekanntschaft entscheidet, könnte es ein Desaster geben. Joy will sich von diesen Worten nicht die Laune verderben lassen und, anders als Roxy, glaubt sie an Vampire schon zweimal nicht.
Als die jungen Amerikanerinnen an ihrem Zielort eintreffen, stellen sie zu ihrer großen Freude fest, dass dort ein Gothic Festival stattfindet, zu dem sich die Freunde des Dunklen in Scharen einfinden, darunter natürlich auch attraktive Männer. Joy und Roxy lernen einige der Leute kennen, die auf dem Festival arbeiten und tatsächlich scheint zu ihnen auch ein Vampir zu gehören.
Plötzlich hat Joy seltsame Visionen: Der Vampir spricht zu ihr und versucht, sie zu manipulieren
und erotische Wünsche in seiner Auserwählten zu wecken. Wer könnte es sein? Der arrogante Dominic, der sie ständig bedrängt, trägt falsche Zähne. Der hilfsbereite Christian scheint zwar einige Geheimnisse zu hüten, aber das macht ihn nicht gleich zu einem Blutsauger. Joy ist überzeugt, dass es sich nur um Raphael handeln könne, in den sie sich Hals über Kopf verliebt hat, aber dieser behauptet, ein völlig normaler Mensch und nicht in ihr Bewusstsein eingedrungen zu sein. Ist der Vampir etwa jemand ganz anderes?
Dann geschieht ein Mord. Tanya, Dominics eifersüchtige Freundin, wird mit zerfetzter Kehle und blutleer aufgefunden. Bei ihr sind einer von Joys Runensteine und Raphael
Manchmal ist es wirklich ratsam, den Klappentext zu lesen, um Informationen über ein Buch zu erhalten. Was man über Blind Date mit einem Vampir erfährt, ist äußerst aufschlussreich: Sarah MacAlister schrieb zunächst Sachbücher über Software und wandte sich dann dem Liebesroman zu. Bei jedem erfahrenen Leser macht es sofort klick: Was hier als Horror- oder Dark Fantasy-Buch angeboten wird, gehört in Wirklichkeit in die Kategorie leidenschaftlicher Liebesroman mit einer Prise Phantastik. Auch das Cover spricht für sich.
Eingefleischte Genre-Fans, die eine spannende, mystische Handlung, welche subtiles Grauen im Stil von Bram Stoker oder H. P. Lovecraft heraufbeschwört, erwarten, werden mit dem Inhalt dieses Buchs nicht glücklich, denn das gibt es hier überhaupt nicht.
Blind Date mit einem Vampir wendet sich auch an eine ganz andere Zielgruppe: an die Teens und Twens, die mit Serien wie Buffy - The Vampire Slayer, Angel und Charmed aufwuchsen, daraus die Archetypen kennen und eine Handlung mit gänzlich anderen Schwerpunkten wünschen, als sie dem klassische phantastische Roman zueigen sind. So offeriert dieser Titel in erster Linie Szenen, die vor Klamauk strotzen, und würzt mit ein wenig Erotik. Auch der schnodderige Stil und die mitunter etwas derben Dialoge/Streitgespräche verdeutlichen, dass der Nerv von jungen Lesern getroffen werden soll.
Im Mittelpunkt der Ereignisse steht die Amerikanerin Joy, die während ihres Aufenthalts in Tschechien erfährt, dass Vampire mehr sind als nur das Produkt phantasiereicher Autoren. Während sie sich bemüht herauszufinden, wer der Blutsauger ist, der sie als sein Eigentum beansprucht, wird sie in einen Mord verwickelt. Dabei steigen in ihr immer wieder Zweifel auf: Wer ist Raphael wirklich? Sind seine Gefühle echt? Hat er etwas mit Tanyas Tod zu tun?
Tatsächlich verliert man sehr schnell aus den Augen, weshalb Joy und ihre Freundin Roxy, die die ganze Zeit über im Hintergrund bleibt, überhaupt nach Europa reisen. Das Gothic Festival wird zum Dreh- und Angelpunkt ihrer Unternehmungen. Beide hoffen, endlich Mr. Right zu finden, vorzugsweise in der Person eines großen, attraktiven, gut ausgestatteten und unermüdlichen Vampirs. Dieses ist das Hauptthema der Dialoge und die Story an sich. Der Mord, der sich erst im letzten Drittel ereignet und vage Krimi-Elemente hinzu fügt, kann den Liebesroman nicht mehr in ein anderes Genre retten oder gar für echte Spannung sorgen, denn man ahnt längst, worauf die Geschichte hinaus läuft.
Mit Ausnahme von Raphael und Christian haben auch die übrigen Figuren nur geringe Handlungsanteile, allerdings ist die Rolle des einen auf die des tollen Hengstes beschränkt, und der andere darf am Schluss Deus ex Machina spielen. Natürlich gibt es ein Happy End und vor diesem noch die Antworten auf alle offenen Fragen.
Die Charaktere bieten sich bloß sehr jungen Lesern zur Identifikation an. Dem reiferen Publikum erscheinen die coolen Sprüche, Streitigkeiten und oberflächlichen Sorgen der Protagonisten zu albern, wenn nicht gar nervig. Im Prinzip folgt ein Zickenkrieg auf den anderen, wobei die Männer den Frauen an Zickigkeit in nichts nachstehen.
Da es keine komplexe Handlung gibt, kann man die Lektüre nach Belieben unterbrechen und später fortsetzen, ohne dass das Gefühl aufkommt, man habe etwas verpasst oder ein für den weiteren Verlauf wichtiges Detail übersehen. Die Erzählung plätschert vor sich hin ohne nennenswerte Höhepunkte, der Leser wird von Streit zu Streit bzw. Bett zu Bett geschleppt. Die wohl dosierten erotischen Momente sollen die Spannungsspitzen ersetzen bis zur ersten muss ein halbes Buch Gerede und noch mehr Gerede erduldet werden. Selbstverständlich bekommt Joy, was sie sich wünscht und noch viel mehr.
Die phantastischen Romane von Egmont Lyx wenden sich in erster Linie an Leserinnen ab 15 Jahren, die weniger auf die Genres SF, Fantasy und Horror in all ihren Spielarten fixiert sind, sondern sich flotte, zeitgenössische und unterhaltsame Lektüren wünschen. In Folge werden altbekannte Motive mit modernen Elementen verbunden und die Schwerpunkte in Richtung Erotik und Humor verschoben. Hauptfiguren sind potente Vampire/seltener Nicht-Vampire und deren liebesbedürftigen Gespielen/Gespielinnen eine spannende Handlung, in die die Sex- und Comedy-Szenen eingebettet sind, ist eher die Ausnahme.
Wer diese Form der Unterhaltung schätzt, wird bestens bedient und amüsiert sich großartig über die Debatten bzw. genießt die zwischenmenschlichen Momente, in denen die Dinge auch mal beim Namen genannt werden.
Die Freunde des klassischen Horror-Romans, die ganz andere Ansprüche stellen, finden bei Verlagen wie Otherworld, Festa, Atlantis usw. eher etwas nach ihrem Geschmack.
30. Mar. 2008 - Irene Salzmann
Der Rezensent
Irene Salzmann

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Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...
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Vampire
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