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Die Teeprinzessin

DIE TEEPRINZESSIN

Buch / Jugendbuch

Hilke Rosenboom
Die Teeprinzessin
cbj-Verlag, München, 1. Auflage: 9/2007
HC mit Schutzumschlag, Jugendbuch, Drama, Adventure, Romance, 978-3-570-13089-6, 448/1695
Umschlaggestaltung von HAUPTMANN + KOMPANIE Werbeagentur München-Zürich Hanna Hörl, unter Verwendung von Motiven von The Bridgeman Art Library („Transporting crates of tea“) und T. Jejlien/Frida Herdenberg („Mädchen“)
Foto von Volker Hinz, Frankfurt
www.cbj-verlag.de
www.hilke-rosenboom.de/

Obwohl die Mutter kurz nach ihrer Geburt starb, verlebt Betty Henningson eine recht behütete und unbeschwerte Kindheit im Haus ihres Vaters, einem Silberschmied. Als sie mit ihrem Jugendfreund Anton Asmussen vom Lagerboden aus ein Gespräch belauscht, das dessen Vater, ein Teehändler, mit einem ambitionierten Kaufmann führt, der in Darjeeling Tee anbauen will und Partner sucht, passiert das Unglück:
Betty fällt hinab – genau in die Arme des attraktiven John Francis Jocelyn. Peinlich berührt läuft sie davon. Auch Anton verlässt überstürzt sein Versteck und vergisst, die Kerze zu löschen. Ein Feuer bricht aus, verwüstet fast das ganze Haus und die gelagerten Teevorräte. Zur Strafe erhält Betty Hausarrest, und Anton wird nach Hamburg geschickt, um dort bei einem befreundeten Teehändler in die Lehre zu gehen und später die Nachfolge seines Vaters anzutreten.
Es kommt aber noch schlimmer für Betty. Der Vater zieht sich von ihr zurück, so dass die Dienstboten und Nachbarn nicht länger Respekt vor dem Mädchen haben und sich der Geselle Elkhuber sogar erdreistet, Betty nachzustellen. Schließlich wird die vor die Wahl gestellt, entweder die Braut des ungehobelten Kerls zu werden oder als Haustochter zu den Tollhoffs nach Hamburg zu ziehen. Betty entscheidet sich für Letzteres und wird von der Haushälterin, die sie sicher an ihr Ziel geleiten soll, einfach in der großen Stadt ausgesetzt.
Durch eine Verwechslung landet Betty als Hausmädchen bei einer anderen Tollmann-Familie. Notgedrungen muss sie sich mit dem harten Leben arrangieren. Ein Lichtblick ist, dass sie Anton begegnet, der sich zwar dem Willen seines Vaters beugte, aber nicht die Liebe zur Fotografie aufgegeben hat und sich regelmäßig mit dem exzentrischen und homosexuellen Ismael Aberdira trifft.
Doch schon bald muss Betty das Haus der Tollmanns wieder verlassen, da Theodor, der einzige Sohn, der schon viele Mädchen ins Unglück stürzte, ein Auge auf sie wirft und man einen neuerlichen Skandal vermeiden will. Es scheint eine glückliche Fügung zu sein, dass die Remburgs Betty aufnehmen, so dass sie in Antons Nähe sein kann. Diesem ist das jedoch unangenehm, so dass ihre Freundschaft abkühlt. Obendrein ist Theodor bei einer Gesellschaft Gast und bedrängt Betty erneut. Das und die Beschuldigung, sie habe gestohlen, lassen das Mädchen an dem einzigen Ort Schutz suchen, der ihr nun noch geblieben ist: der Haushalt Aberdiras.
Nicht länger eine Freundin sondern bloß noch Dienstbotin fristet Betty ein kümmerliches Dasein, bis Anton plötzlich ihre Hilfe benötigt. Betty soll, als junger Mann verkleidet, an seiner statt nach Asien segeln und Tee einkaufen. Da alles besser ist als ihre augenblickliche Lage, stimmt Betty zu und beginnt eine lange, gefährliche Reise, die sie rund um den Erdball führen soll…

Hilke Rosenboom, die selber aus einer Seemannsfamilie stammt und 15 Jahre lang als Reporterin für den „Stern“ arbeitete, hat mit „Die Teeprinzessin“ ein neues spannendes Jugendbuch vorgelegt. Die Handlung spielt weltweit und in den Jahren 1858 – 61. Geschildert wird das Schicksal eines jungen Mädchens, das aus seiner heilen Welt gerissen wird und trotz aller Naivität mit viel Glück und Mut seine Rechtschaffenheit und Unschuld bewahrt, dabei auch immer Anteil am Los anderer nimmt und hilft, wo es kann.
Betty wird als sympathischer Teenager beschrieben, mit dem sich romantische Leserinnen ab 13 Jahren gern identifizieren. Auf der Suche nach ihrem Platz in einem Leben, das ihr zunächst sehr übel mitspielt, begegnet sie allen Sorten Menschen, wie man sie sich für diese Zeit als typisch vorstellt: der Jugendfreund, der sich als Schwächling und Enttäuschung entpuppt, ungetreue und zuverlässige Dienstboten, nette und heimtückische Hausmädchen, die strengen Haushälterinnen, die arroganten Kaufmannsfamilien, der perverse Kaufmannssohn, der homosexuelle Orientale, sture und korrupte Beamte, hoffnungsvolle Einwanderer, brutale Piraten und ungehobelte Seemänner, fanatische Angehörige von Geheimbünden, der charmante Verehrer…
Leider wird nicht jedes Klischee umschifft, so dass beispielsweise Ismael Aberdira als homosexueller Exzentriker erscheint und das Bild des dekadenten Orientalen bestätigt oder Theodor Tollmann, der für den amoralischen, skrupellosen Erben steht, der sich mit Hilfe von Geld und Einfluss stets den Strafen entzieht. Viel zu selten gesteht sich Betty ihre eigenen Vorurteile ein: Sie bezichtigt die chinesischen Einwanderer zunächst als Diebe, dann aber muss sie erfahren, dass diese aus Dankbarkeit die wertvolle Ware für sie gerettet haben. Im Gegensatz dazu überrascht es, dass es keine Vorbehalte gegenüber Francis, einem Eurasier, gibt, die sonst stets als Außenseiter reichliche Repressalien erfahren, werden sie doch weder von dem einen noch dem anderen Volk akzeptiert.
Die Handlung konzentriert sich ganz auf Betty. Alle anderen Figuren werden nicht mehr als notwendig mit einem Hintergrund und individuellen Details ausgestattet. Einerseits wurde dadurch so manche Möglichkeit verschenkt, auf der anderen Seite jedoch bewahrt die Geschichte dadurch eine klare Linie und weist keinerlei überflüssige Längen auf. Auch historische Eckdaten wurden nur im Rahmen dessen eingebracht, was für das Verständnis sinnvoll ist.
Erfahrene Leser erkennen schnell das Schema und wissen, worauf die Geschichte hinaus läuft: Betty stammt aus gut bürgerlichen Verhältnissen und fällt zunächst tief und tiefer, bevor ihr Leben durch die Reise nach Kalkutta eine überraschende Wende nimmt. Zunächst sieht es so aus, als habe sie in Indien endlich ihr Glück gefunden, aber ein Missverständnis macht dies zunichte. Erneut lässt sie alles hinter sich und beginnt eine zweite, noch gefährlichere Reise, die sie trotz aller Hürden pflichtbewusst zu Ende bringen will. Etwas anderes als ihr Gewissen und ihre Ehre sind ihr nicht geblieben, und wenigstens das möchte sie für sich selber erhalten. Immer wieder findet sie Helfer, wenn sie es am wenigsten erwartet, und auch wenn das oft konstruiert scheint – die Flucht aus dem Versteck der Teemafia, das (un)erwartete Zusammentreffen mit Didi -, so ist es die einzige logische Lösung für die jeweiligen Probleme, da ein unerfahrenes Mädchen, das sich an strenge gesellschaftliche Konventionen hält, bei allem Mut einfach nicht aus seiner Haut kann und folglich auch nicht in Superheldenmanier jede Krise allein meistert.
Drama und Abenteuer halten sich die Waage. Etwas zu kurz kommt die Romantik, doch hätte ein stärkeres Miteinbeziehen des Love-Interests der Geschichte einiges vom Reiz genommen. Diese ‚Liebe auf den ersten Blick’ und ‚Mr. Perfect’ empfindet man als ein wenig unglaubwürdig, doch ist dies ein weiteres Zeichen neben dem Alter der Heldin und einem Finale, in dem jeder bekommt, was er verdient, dass es sich bei „Die Teeprinzessin“ um ein Jugendbuch handelt, das von seiner Leserschaft weniger hinterfragt wird und mehr schöne Träume erfüllen muss als eine Lektüre für ein reiferes Publikum.

Hilke Rosenbooms aktueller Roman ist alles in allem eine spannende und unterhaltsame Erzählung, die sich in erster Linie an Leserinnen im Alter der Protagonistin wendet, aber auch ein All Age-Publikum anspricht, das sich für das Thema interessiert. Die Story ist nachvollziehbar und routiniert geschrieben und wirkt wie eine Mischung aus Jules Vernes „In 80 Tagen um die Welt“ und Victoria Holts „Das Haus der 1000 Laternen“, „Die Onedin-Linie“ und „Das Haus am Eton-Place“.

21. Mai. 2008 - Irene Salzmann

Der Rezensent

Irene Salzmann
Deutschland

Total: 1065 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen

Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...

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