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Schwarze Dame
Andreas Grubers Romane leben alle durch drei Komponenten: ihre mehrdimensionalen Charaktere, die äußerst gute Recherche und die interessanten Locations.
Darüber hinaus weiß der Autor lebhaft wie aus dem Leben gegriffen zu fabulieren, ohne flach zu sein. Andreas Gruber hält immer solide sein Niveau.
Dieses Mal hat er sich Prag als Schauplatz gewählt und eine mitreißende Handlung mit dem Lokalkolorit der Goldenen Stadt verwoben. Und das auf "spielerische" Weise!
Doch Andreas Grubers Hauptaugenmerk sind wieder einmal die Menschen mit all ihren Wesensarten und Abgründen. Jeder seiner Charaktere hat eine Geschichte, in die der Autor dem Leser Einblick gewährt.
Peter Hogart, Zyniker, Freelancer, Versicherungsdetektiv mutiert immer mehr zum Workaholic, da er seine Ex-Freundin Eva vergessen will, was ihm nicht so recht gelingt.
Da kommt ein neuer Auftrag, der ihn nach Prag führt, gerade recht. Dort soll er dem Verschwinden der Kunstexpertin und Nichte seines Auftraggebers Alexandra Schelling nachgehen. Diese war einem Versicherungbetrug rund um den Brand in der Prager Nationalgalerie auf der Spur, bei dem angeblich dreizehn wertvolle Gemälde des böhmischen Malers Oktavian Wenzel vernichtet worden waren.
Hogart, der eine schwere Kindheit hatte, mit geschiedenen Eltern und einem Vater, der Pleite war, macht sich also auf nach Prag und legt sich gleich mit Vladimir Greco, dem "König von Prag" an, der in dem Ruf steht an Menschenschmuggel beteiligt zu sein, aber auch als Kunstsammler in den Brand der Nationalgalerie involviert zu sein scheint.
So vermutet zumindest Peter Hogart, der bei Greco recht ungeschickt mit der Tür ins Haus fällt und es sich mit ihm merklich wie er auch körperlich zu spüren bekommt verscherzt.
Im Haus des undurchsichtigen Mannes begegnet Hogart der attraktiven Ivonka Markovic, die sich später als Privatdetektivin entpuppt und die an dem Fall der verschwundenen und bestialisch ermordeten Hana Zajicova arbeitet. Die Leiche der Frau des Sozialreferenten der deutschen Botschaft in Prag, wurde ohne Kopf und Hände gefunden.
Von Ivonka erfährt Hogart, dass der Mörder, einmal im Monat zu Anfang des Monats zuschlägt. Als die Privatdetektivin Hogart zum Essen einlädt, wird auf ihr Haus ein Brandanschlag verübt und Hogart, beim Verlassen des brennenden Hauses angeschossen.
Bald schon merken die beiden Detektive, dass ihre Fälle miteinander verquickt sind, denn auch Alexandra Schelling, deren Verschwinden Hogart unter anderem nachgehen sollte, ist unter den kopf- und handlosen Leichen, wie Hogart anhand der Kleidung der Toten, die er von einem Foto kennt, feststellen kann.
Durch Ivonka trifft Peter Hogart auf die unterschiedlichsten Menschen. Da ist ihr Bruder Ondrej, der sich anfangs sehr ablehnend Hogart gegenüber verhält, und bei der Prager Polizei Tomas Novacek, der Ivonka einmal privat sehr nahegestanden hat.
Aber Hogart blickt auch in menschliche Abgründe, als Ivonka und er beschließen, gemeinsam dem Serienmörder auf die Spur zu kommen. Schon bald stellen sie fest, dass es sich um zwei Täter handeln muss: Einen Rechts- und einen Linkshändler, einen, der Frauen mordet, einen anderen, der Männer tötet.
Roter Faden bei den Morden sind jeweils zwei Buchstaben, die jedem Opfer in die Brust geritzt werden.
Nach langem Rätselraten kommt Hogart schließlich auf die Idee, dass es sich um die Spielzüge eines Schachspiels handelt. So suchen Ivonka und er Hilfe bei dem Schachspieler Prags: Hieronymus Vesely, und treffen somit die nächste interessante Persönlichkeit.
Peter Hogart stößt darüber hinaus überall auf GOLEM-Statuen und er wird mit der Sage konfrontiert, dass der Golem angeblich alle 33 Jahre (die Lebensspanne Jesu) nach Prag zurückkehre und wieder verschwände.
Durch den Film "Der Golem, wie er in die Welt kam" von Paul Wegener, nach einem Roman von Gustav Meyrink, und einer Schachpartie darin, die jene zu sein scheint, die die beiden Mörder "nachspielen", versuchen Hogart und Ivonka ihnen zuvorzukommen um den letzten Mord den letzten Zug zu verhindern.
Schnell ist die Verbindung zu einem dreieiunddreißigjährigen Verdächtigen dem Sohn des ersten Opfers geschaffen ... doch es ist schlussendlich doch anders, als gedacht.
Wie auch bei den anderen Romanen des Autors (Der Judas Schrein/ Das Eulentor) lebt die Handlung von der Vielseitigkeit und den Geschichten hinter jedem einzelnen Pro- und Antagonisten und dem was dazwischen schwingt. So ist Täter nicht gleich Täter, und Opfer nicht immer "nur" Opfer. Die Grenzen verwischen und der Leser verspürt sicher letztendlich einen Anflug von Verständnis für die Taten und Mitleid für das was manch eine Charaktere des Romans in seinem/ihrem Leben erdulden musste.
Das ist es auch wieder einmal, was die Texte von Andreas Gruber so lesenswert macht, es gibt nicht nur schwarz und weiß, nicht nur gut und böse sondern viele Zwischentöne, viele Grauzonen, die es zu für den Leser zu ergründen gilt.
Das alles macht "Schwarze Dame" zu einem wahrlich guten Thriller, der weniger von dem Blute der Ermordeten lebt, sondern von den Abgründen in den Menschen in uns. Von Spielen unterschiedlichster Art: Machtspielen, in den geschäftlichen, politischen, aber auch perversesten Formen und schließlich dem tödlichen Schachspiel, das Prag in Atem hält.
Zu der Aufmachung bleibt zu sagen: Papier, Satz und Lektorat sind gut, das Covermotiv, gemessen an der Handlung eher "neutral" und der Band ist leider ein Paperback in Großformat. Gemessen an den anderen Publikationen des Festa-Verlages, die sehr schöne handliche Paperbacks im handelsüblichen Taschenbuchformat bieten, oder den sehr ansprechenden Hardcovern, vermag das als Einziges nicht zu überzeugen.
Das schmälert aber den Lesegenuss in keiner Weise!
Fazit:Ein weiterer erstklassig unterhaltender Roman von Andreas Gruber, der die Facetten einzelner Menschen und auch der Gesellschaft aufzeigt und von dem man sich mehr zu lesen wünscht!
17. Jun. 2008 - Alisha Bionda
Der Rezensent
Alisha Bionda
Balearen
Website: http://www.alisha-bionda.net
Total: 395 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen
Autorin, Herausgeberin, Redakteurin, Journalistin, Rezensentin, Agentin
Alisha Bionda wurde in Düsseldorf geboren und lebt seit 1999 auf den Balearen. Die Autorin beendet ihren Tagesablauf nachts am Meer - bis zum 23.05.2009 mit ihrer afghanischen Windhündin Jamila, die dann leider über die Regenbogenbrücke “gegangen...
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