Der maskierte Tod
Jonathan Barrett reist mit seiner Schwester Elizabeth und seinem Sklaven Jericho nach England. Zum einen ist es eine Flucht vor den Kämpfen und Unruhen (Boston Tea Party, Unabhängigkeitskrieg), unter denen die amerikanische Bevölkerung im späten 18. Jahrhundert zu leiden hat, zum anderen ist es aber auch eine Rückkehr in den Schoß der weit verzweigten Familie.
Die Begegnung mit den dünkelhaften Angehörigen verläuft allerdings wenig erfreulich. Es scheint, als würden sich nur Vetter Oliver und die kokette Clarinda über Jonathans Kommen freuen. Auch die Suche nach Jonathans großen Liebe Nora Jones verläuft enttäuschend. Die Frau, die ihn zum Vampir machte und alle seine drängenden Fragen beantworten könnte, hat sämtliche Spuren sorgfältig verwischt.
Doch damit nicht genug: Jemand scheint Jonathan umbringen zu wollen aber wer und wieso? Lange tappt Jonathan im Dunkeln, und als er den Tätern auf die Schliche kommt, wird er mit einer Überraschung konfrontiert, die er niemals erwartet hätte.
Die Serie um Jonathan Barrett umfasst mittlerweile vier historische Vampir-Romane, von denen Der maskierte Tod der dritte ist. Die Autorin P. N. Elrod spinnt hier die Geschichte ihres Helden weiter, der Amerika zum zweiten Mal verlässt und die Suche nach der geheimnisvollen Nora Jones wieder aufnimmt. Zwar kann er keine Hinweise finden, die auf ihren Aufenthaltsort schließen lassen, doch dafür erwartet ihn eine ganz andere Überraschung, die sein Leben nachhaltig verändern könnte.
Wer die beiden vorherigen Bände, Der rote Tod und Der endlose Tod, gelesen hat es empfiehlt sich, die Bücher zum besseren Verständnis in der richtigen Reihenfolge zu lesen, denn auch wenn sie relativ in sich abgeschlossen sind, wird vorausgesetzt, dass man mit dem Setting und den Figuren vertraut ist -, weiß, was ihn erwartet: ein Sittengemälde, das sich ausführlich mit der Familie Barrett vor dem Hintergrund des Unabhängigkeitskriegs beschäftigt, dieses mit Intrigen und etwas Erotik garniert.
Die detailreichen Beschreibungen und Jonathans Reflektionen machen das Buch etwas zäh. Tatsächlich passiert in diesem Band nicht viel, die Ereignisse plätschern monoton vor sich hin, die kleinen Höhepunkte wirken gezwungen. Erst als Jonathan sich nach einer Provokation zum Duell stellt, kommt Schwung in die Handlung. Das Wesentliche spielt sich praktisch auf den letzten vierzig Seiten ab. Hier werden auch die Weichen für die Fortsetzung gestellt.
Insgesamt fühlt man sich etwas unbefriedigt nach der Lektüre, denn Jonathan kommt bei allem, was er unternimmt, nicht wirklich weiter. Der Band wirkt wie ein Intermezzo, in dem einige lose Fäden verknüpft werden und Konfliktpotential für später eingewoben wird. In Folge verschiebt sich die Auflösung des Rätsels um Nora Jones, und Jonathans Fragen bleiben unbeantwortet.
Das Thema Vampire kennt mittlerweile viele Variationen und orientiert sich mal mehr, mal weniger an Bram Stokers Dracula. P. N. Elrods Jonathan Barrett zählt eher zu den traditionellen Blutsaugern, doch agiert er vor einer wenig verbrauchten Kulisse. Wer die Serie sammelt und den Stil der Autorin schätzt, wird den Roman nicht missen wollen.
Neueinsteiger sollten mit Bd. 1 beginnen, aber vorher ein wenig darin blättern, um zu prüfen, ob der Hintergrund und die weit schweifenden Schilderungen gefallen. Wer immer noch unschlüssig ist, möchte vielleicht die zweite Elrod-Serie bei Festa antesten: Die Geschichten um den Detektiv-Vampir Jack Fleming sind im Stil der série noire geschrieben und etwas temporeicher.
18. Jun. 2008 - Irene Salzmann
Der Rezensent
Irene Salzmann

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Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...
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