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Der Bauch des Ozeans

DER BAUCH DES OZEANS

Hoerbuch / Belletristik

Fatou Diome
Der Bauch des Ozeans
Afrika erzählt – Senegal
Le Ventre de l’Atlantique, Frankreich, 2003
Scala Z Media GmbH, München & steinbach sprechende bücher, Schwäbisch Hall, 3/2008
Autorisierte, gekürzte Hörfassung nach dem Roman „Der Bauch des Ozeans“, Diogenes
Hörbuch, 3 CDs in aufklappbarer Papphülle, zeitgenössische Erzählung, 978-3-88698-595-1, Laufzeit: ca. 192 min., EUR 19.99
Aus dem Französischen von Brigitte Große
Titelmotiv: Ausschnitt aus „Weltengesichter“ (Köpo 048) von El Loko
Gelesen von Martina Gedeck
Musik von Youssou N’Dour und Yandé Codou Sène
www.sprechendebuecher.de
www.afrika-erzaehlt.de
www.martinagedeck.de/
www.el-loko.de
www.youssou.com/

Zusammen mit Scala Z Media hat steinbach sprechende bücher ein ambitioniertes Projekt geschaffen. In einer ansprechend gestalteten Hörbuchedition präsentieren sie Werke afrikanischer Autoren aus den Ländern südlich der Sahara. Dabei erzählen diese nicht nur von dem alltäglichen Leben in ihrer Heimat sondern halten oft auch den Europäern einen Spiegel vor.

Die Senegalesin und Literaturwissenschaftlerin Fatou Diome nimmt den überraschenden Erfolg der Nationalmannschaft ihres Landes, in der Weltmeisterschaft 2002 bis in das Viertelfinale zu gelangen, zum Anlass für eine Geschichte, in der sie nicht nur eigene Erfahrungen und Erlebnisse verarbeitet, sondern auch einiges kritisiert, was sie von anderen erfahren hat. Denn Frankreich ist längst nicht das Paradies, wie viele in ihrem Heimatland glauben möchten, einige der Schattenseiten hat sie auch kennen gelernt, obwohl sie es als uneheliches Kind zu Hause selbst nicht gerade einfach hatte und nur durch eine willensstarke Großmutter nicht den strengen Familiengesetzen zum Opfer fiel.
Wie die Autorin ist auch die Erzählerin Salie in Frankreich gestrandet, nachdem sie ihrem Mann, einem Entwicklungshelfer, in seine Heimat gefolgt ist. Aber die Ehe zerbrach am Rassismus seiner Familie. und sie hat sich ihren eigenen Weg suchen müssen, der nicht immer einfach war.
Auch wenn sie Glück gehabt hat und es ihr besser ergangen ist als manchen ihrer Landsleute, weil sie legal hier lebt, so muss sie sich doch auch mit Putzjobs über Wasser halten, und so spürt sie immer noch Heimweh. Sie hält weiterhin Kontakt zu ihrer Familie. Besonders oft hört sie etwas von ihrem jüngeren Halbbruder Madické, der schon von Kinderbeinen an fußballverrückt war und davon träumt, eines Tages von einem Talent-Scout entdeckt zu werden und genauso berühmt zu werden, wie die anderen Senegalesen, die es geschafft haben, in eine europäische Mannschaft aufgenommen zu werden. Doch sie weiß, ebenso wie der Lehrer in der Dorfschule, der überhaupt erst das Interesse der Kinder am Fußball geweckt hat, dass zwischen Traum und Wirklichkeit eine große Kluft liegt und die Hoffnungen nicht selten in einem Desaster und moderner Sklaverei endeten.

„Der Bauch des Ozeans“ ist keine in sich geschlossene Geschichte, sondern ein Flickenteppich von kleinen, aneinander gefügten Erzählungen, die nur locker miteinander verbunden sind und nach und nach ein farbenprächtiges Bild ergeben. Natürlich dreht sich alles um den Fußball und Salies Bruder, aber sie erzählt auch ihre eigene Lebensgeschichte im Schatten eines Makels - das alltägliche Treiben in ihrem Dorf, in dem nur ein Mann einen Fernseher besitzt und eine junge Frau, die das Gymnasium besucht hat, sogar schon als hoch gebildet gilt.
Durch Madické zeigt sie die Zerrissenheit der jungen Generation, die zwischen alten Traditionen und großen Träumen gefangen ist - aber darüber sehr oft die harte Wirklichkeit vergisst. Denn nur wenige von denen, die nach Hause zurückkehren, sind auch bereit, ihr Scheitern einzugestehen. Sie haben zwar ein wenig Geld mitgebracht, das sie wohlhabend erscheinen lässt, wurden allerdings oft genug als illegale Einwanderer abgeschoben und haben im Paradies die niedrigsten Arbeiten verrichtet und manche Demütigung erdulden müssen. Durch die Erzählung kommen die kleinen Lügen zum Vorschein, die andere so verblenden und zu überstürzten Taten veranlassen. Nur schön, dass es am Ende doch noch eine Lösung gibt und neben all der Kritik auch ein wenig Hoffnung verbreitet wird.
Fatou Diome erzählt humorvoll vom dem Alltag auf der Insel Niodior, auf der auch sie aufgewachsen ist, von den sturen und herzlosen Familienpatriarchen, den oft viel zu naiven Frauen und der Dorfjugend, die nach Geld und Ruhm giert und dies durch den Fußball einfach zu erreichen hofft. Nur wenige behalten dabei den klaren Blick, und diejenigen, die die Wahrheit über das Leben in Frankreich erzählen könnten, schweigen lieber, weil sie sonst das Gesicht verlieren würden.
Zwar geht die Autorin bei den einzelnen Episoden nicht all zu sehr in die Tiefe und ruht sich in der Kritik eher auf Andeutungen und Allgemeinplätzen aus, aber die liebevoll gezeichneten Charaktere machen einiges wett, und die Straffung der Geschichte vermeidet einige unnötige Längen.
Das Hörbuch gewinnt auch noch durch den abwechslungsreichen Vortrag von Martina Gedeck, die den einzelnen Figuren Stimme gibt. Sie fängt ein wenig von der afrikanischen Lebensfreude ein, die in machen der kleineren Episoden regiert, wird aber auch ernst, wenn es um die Schattenseiten des Lebens geht. Sie zeigt die Begeisterung des Jungen, aber auch die Resignation seiner großen Schwester, die weiß, dass sie oft genug in taube Ohren redet.

Das macht „Der Bauch des Ozeans” zu einem interessanten Beitrag, der ein wenig vom Leben im Senegal erzählt aber auch deutlich zeigt, dass Europa weit davon entfernt ist, das Ziel der Verheißung zu sein, und die Weißen einen durchaus großen Anteil an dem Dilemma haben.

04. Jul. 2008 - Christel Scheja

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Christel Scheja

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