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Tausend strahlende Sonnen

TAUSEND STRAHLENDE SONNEN

Hoerbuch / Drama

Khaled Hosseini
Tausend strahlende Sonnen
Splendid Suns, USA, 2007
steinbach sprechende bücher, Schwäbisch Hall, 2/2008
gekürzte Lesefassung, vorgetragen von Andrea Hörnke-Trieß, nach der deutschsprachigen Ausgabe aus dem Bloomsbury-Verlag, 2007
8 CDs, Hörbuch, Drama, 978-3-88698-558-6, Laufzeit: ca. 548 Min., gesehen 6/08 für EUR 29.99
Aus dem Amerikanischen von Michael Windgassen
Titelbildgestaltung von steinbach sprechende bücher unter Verwendung der Fotos von gettyimages/Shaul Schwarz
www.sprechendebuecher.de
www.khaledhosseini.com/

Mit seinem Roman „Drachenläufer” erregte Khaled Hosseini, der Sohn eines afghanischen Diplomaten, dessen Familie bereits 1976 in die USA emigrierte, erstmals Aufsehen. Auch sein zweites Werk „Tausend strahlende Sonnen” verspricht durch sein aufwühlendes und aktuelles Thema um das Leben der Frauen in Afghanistan von Anfang der 1970er Jahre bis in die heutige Zeit, ein Bestseller zu werden.
Vermutlich hat man sich deswegen dazu entschieden, neben dem Roman auch noch eine leicht gekürzte Hörbuchfassung heraus zu geben. Vorgetragen wird die gut 548 Minuten lange Lesung auf 8 CDs von Andrea Hörnke Trieß, einer erfahrenen Sprecherin, die bereits für den Deutschen Hörbuchpreis vorgeschlagen wurde.

Die junge Mariam wächst in den frühen 1970er Jahren isoliert am Rande eines kleinen Dorfes nur mit ihrer Mutter auf. Ihr Vater, ein reicher Kinobesitzer aus Herat, kommt zwar manchmal zu Besuch, kann aber nicht zu ihr stehen, da seine Familie strikt dagegen ist und seinen Fehltritt am liebsten aus der Welt geschafft hätte.
So weiß das Mädchen lange nicht, was sie von den Erzählungen ihrer Mutter halten soll. Erst als Jugendliche versucht sie, ihr Recht einzufordern, doch das ganze endet in einem Desaster, da sich ihre Mutter umbringt.
Erst jetzt übernimmt ihr Vater Verantwortung für sich, jedoch nicht für lange. Die Familie verschachert Mariam an einen dreißig Jahre älteren Schuhmacher aus Kabul. Raschid geht zunächst sehr nachsichtig mit seiner jungen Frau um, lässt sie aber auch spüren, dass er sehr traditionell denkt und handelt. Als sich heraus stellt, dass Mariam keine Kinder bekommen kann, hat er nur noch Verachtung für sie übrig und lässt sie das immer wieder spüren.
Nach Jahren entschließt er sich dazu, eine weitere Frau zu nehmen. Es ist Leila, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, das ihre Eltern durch einen Bombenangriff und ihren Verlobten durch den Krieg verloren hat. Mariam steht der zwanzig Jahre jüngeren Frau zunächst feindselig gegenüber, aber sie merkt recht schnell, dass Leila eine gute Freundin und Verbündete sein kann. Und dass sie einander brauchen. Denn Raschid wird auch Leila gegenüber grob, als diese nur ein Mädchen zur Welt bringt. Die beiden Frauen wagen einen Fluchtversuch, der jedoch kläglich scheitert. Erst ein paar Jahre später, als Leila endlich einen Jungen bekommt, benimmt sich Raschid wieder versöhnlicher.
Nun sind es äußere Umstände, die einen neuen Keil zwischen die Familie treiben, denn der Kampf gegen die Sowjets und die Machtübernahme der Taliban treibt die Zivilbevölkerung in bitterste Armut. Raschid verliert seine Arbeit als Schuhmacher und kann keinen Aushilfsjob lange halten, so dass schließlich das Geld für Essen fehlt. Die Frauen nehmen eine Menge hin, aber als sie und die Tochter nur noch leiden müssen, ist der Punkt erreicht, an dem sie nicht mehr können, zumal Leila erkennen muss, dass ihr Verlobter überlebt hat.
Und so entschließt sich Mariam zu einer ungewöhnlichen Tat, um wenigstens ihrer Freundin und deren Kindern ein Leben in Freiheit und ohne Qualen zu ermöglichen.

Im Leben der afghanischen Frauen spielen die politischen Ereignisse nur eine sehr untergeordnete Rolle, nichtsdestoweniger bekommen sie ihre Auswirkungen zu spüren. Wie, das beschreibt Khaled Hosseini durch den Lebensweg zweier höchst unterschiedlicher Frauen. In den 1970er Jahren scheint für die in einem kleinen Dorf am Rande von Herat aufgewachsene Mariam die Welt noch in Ordnung zu sein, und sie träumt von im Westen selbstverständlichen Dingen - wie einmal mit ihrem Vater ins Kino zu gehen und sich einen amerikanischen Zeichentrickfilm von Walt Disney ansehen zu können. Dass sich im Land eine politische Wandlung vollzieht, bekommt sie erst einmal nicht mit, und es ist ihr auch egal, da es sich nicht auf ihr Leben auswirkt.
Erst in Kabul macht sie die Erfahrung, dass sich einiges verändert hat, und muss sich an die strengeren Sitten anderer Volksstämme gewöhnen. Ihr Mann, ein Paschtune, verlangt von ihr die Burka zu tragen. So lange die Hoffnung besteht, dass sie ihm einen Sohn gebären kann, behandelt er sie gut und freundlich; sein Verhalten verändert sich erst, als Komplikationen verhindern, dass sie überhaupt ein Kind austragen kann. Ab da bekommt sie die volle Wucht seiner patriarchalischen Verachtung zu spüren und weiß nicht, wie sie sich aus dieser Qual befreien kann.
Leila ist dagegen ganz anders aufgewachsen. Ihr Vater hat ihr Lesen und Schreiben beigebracht und ihr die Augen für die politische Wirklichkeit geöffnet. Sie ist mehr westlich geprägt und auch selbstbewusster und aktiver als andere Frauen des Viertels. Dafür sind ihr die strengen Sitten überhaupt nicht vertraut, die ihr später der Ehemann und die Taliban auferlegen.
Die gravierenden Unterschiede sind es, was die beiden Frauen schnell zu Freundinnen werden lässt. Sie profitieren und lernen voneinander, und das macht sie schließlich gemeinsam stark, um einen Weg in die Freiheit des Denkens und Handels zurückzufinden, wenn auch jede auf ihrem ganz persönlichen Weg.
Man hat zwar das Gefühl, dass Khaled Hosseini ab und zu etwas zu dick aufträgt und seine Heldinnen alle Grausamkeiten patriarchalischer Dominanz durchleben lässt - aber er dürfte dennoch die Höhen und Tiefen des afghanischen Familienlebens in den letzten vierzig Jahren ganz gut treffen, in der sich Tradition und Moderne die Waage halten und manchmal zu Konflikten führen können, die nicht unerheblich sind. Immerhin sind nicht alle Männer böse - mit den Kindheitsfreunden Mariams und Leilas wie einem alten Mullah und dem Jungen Tarik, den Vätern der beiden Frauen, die manchmal Grenzen überschreiten, wird das Männerbild etwas differenzierter. Nicht alle Männer Afghanistans sind konservativ und streng patriarchalisch wie Raschid und eröffnen ihren Töchtern, Schwestern und Freundinnen durchaus Möglichkeiten sich zu entwickeln.
Interessant ist die Wahrnehmung der politischen Ereignisse, die sich erst nach und nach entwickelt. Während die Frauen von der Machtergreifung der Sowjets durch ihr abgeschlossenes Umfeld kaum etwas mitbekommen, trifft sie die Herrschaft der Taliban umso härter.
Durch ihre Flucht über die Grenzen in ein anderes Land bekommt Leila schließlich einiges mehr mit. Ereignisse wie der 11. September 2001 und die daraufhin folgende Kriegserklärung der USA gegen ihre Heimat sieht sie zwiespältig, denn auch wenn damit die Taliban gestürzt werden könnten - leiden müssen in erster Linie die einfachen Menschen.
Der Roman schwankt insgesamt irgendwo zwischen Gesellschaftsroman, Biographie und Melodram. Der Autor nimmt sich sehr viel Zeit, die Lebenswege der beiden Frauen vorzustellen und schließlich zusammen zu führen.
Einen wirklichen Höhepunkt gibt es nicht, nur mehrere massive Wendepunkte in zwei Leben, wobei sich die Frauen erheblich umstellen müssen. Es scheint, als wolle der Autor die Geschichte in ihrer Gesamtheit wirken lassen und nicht unbedingt durch wenige Aussagen. Es ist ihm wichtiger, eine persönliche und gefühlvolle Bindung des Lesers durch das Schicksal der beiden Frauen zu schaffen.
Das verstärkt Andrea Hörnke-Trieß auch noch durch ihren einfühlsamen Vortrag, in dem sie beiden Frauen Stimme und Charakter gibt und auch die Entwicklungen nicht außer Acht lässt. Man kann die Figuren gut auseinander halten und hört ihr gebannt zu, weil sie zwar die Gefühle nicht ausklammert, aber auch nicht übertreibt und dabei immer eine klare und eindringliche Stimme bewahrt.

Das macht „Tausend strahlende Sonne” zu einem bewegenden Roman über zwei Frauen in Afghanistan, der zwar nicht unbedingt mit klaren und eindeutigen Aussagen, aber einer sehr bewegten Handlung und persönlichen Schicksalen bei den Lesern punkten kann - wenn sie sich für solche Romane interessieren.

04. Jul. 2008 - Christel Scheja

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Christel Scheja

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