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Nova, Ausgabe 7

Nova #7 Nova
Ausgabe 7

2005
12.80 EUR

Zeitgleich ist mit der ersten Ausgabe des internationalen Magazins „Inter Nova“ die siebente Ausgabe von „Nova“ mit einer Reihe von Kurzgeschichten und Artikeln erschienen. Da die Zeit, zwei Ausgaben mit einer in Englisch zusammenzustellen, den Machern im Nacken saß, häufen sich in diesem Heft die Schreibfehler und das Inhaltsverzeichnis ist unvollständig. Dafür sind die ausgesuchten Kurzgeschichten mit ihrer Bandbreite von phantastischer Unterhaltung bis zu glänzender Satire trotz aller Kritik überwiegend lesenswert, die Zeichnungen von Künstlern wie Michael Wittmann, Rasputin und einer sehr präsenten Gabriele Reinecke mit einem Titelbild von Michael Fehst runden das gelungene Bild ab.

Hartmut Schönherrs „Agenda 2040“ beginnt als religiös orientierter Selbstmordkult und endet in einem ökologischen Paradies. Dazwischen fällt es schwer, der eigentlichen Intention des Autoren zu folgen. Er übt Kritik an der Gesellschaft und offeriert die „Partnerschaft“ als Übergang zu einer neuen Lebensphilosophie. Weder gibt er einen nachvollziehbaren Einblick in die kritische Zukunft, noch eine logische Erklärung für das alternative, aber hart erarbeitete Paradies. Zu viele Fragen bleiben offen. Offen nicht in Hinblick auf eigene Ideen, die sich die Leser machen können, sondern offen als ausgelassen. Auch der Untertitel „Ein Staat könnte eine tolle Sache sein- wenn er sich nicht mit einer Bevölkerung herumschlagen müsste“ verspricht eine Geschichte, die Schönherr höchstens fragmentarisch und oberflächlich angeht. Viele begrüßenswerte Elemente gehen in der Kürze des Textes einfach unter oder werden nicht konsequent genug herausgearbeitet.

„Zerstört das Universum!“ von Michael Schneiberg beginnt mit einem ironisch überzeichneten Paukenschlag, wird zu einer Space Opera, bevor der wahrscheinlich an den 11. September angelehnte Showdown die Geschichte auf einem Missklang enden lässt. Ein guter Beginn mit satirischen Seitenhieben auf das Rechtssystem zerfließt mit dem inhaltlichen Bruch in der Mitte der Geschichte. Hier wirkt die Story wie aus zwei unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt, die nicht zueinander passen wollen. Der Protagonist ist nur oberflächlich charakterisiert und dem Leser fehlt es schwer, Sympathien für ihn aufzubauen. Das ist in der Folge notwendig, um die schließlich sich überschlagende Handlung ins richtige Licht zu setzen. Schneiberg hätte den Plot durchaus vielschichtiger und umfangreicher anlegen können, um eine Sympathieebene mit dem „Helden“ aufzubauen und dann sein hier beschriebenes Universum auszubauen, bevor er es zerstören lässt.

Uwe Post „Grau n Fee“ ist eine Liebesgeschichte, in einer Zeit, in der sich zumindest körperliche Gefühle auf den Preis künstlich verbesserter oft minderjährig aussehender Prostituierten beschränken. Mit einer Portion Slang und einigen bizarren Ideen – die künstlichen Fakes fressen ihre rechten Hände, aber nicht ihr Linken an – ist die kurze, kurzweilige Story das erste Highlight dieser siebenten Nova Ausgabe.

Helmuth W. Mommers wurde in einem Interview als Zeitreisender bezeichnet. Direkt aus den
sechziger Jahre in die Gegenwart und seine längere Story „Incommunicado“ scheint ihn begleitet zu haben. Obwohl technisch sauber wirkt die in Tagebuchform gehaltene Nacherzählung der Entführung einer Familie durch Aliens und die anschließende 45 Tage andauernde Gefangenschaft altbacken und erinnert an vergleichbare Geschichte aus dem Golden Age. Begann die Handlung originell und spannend, zerfließt dieser Bogen in der Unwilligkeit des Autoren, sich auf eine Seite festzulegen und konsequenter, geradliniger und fesselnder die kommenden Ereignisse zusammenzufassen. Das Tagebuch als literarische Quelle wird zu wenig genutzt und distanziert den Leser von der ersten Handlungsebene. Das kann spannungstechnisch sehr interessant sein, wenn der Erzähler den Faden aufnimmt und entweder mit dem Niedergeschriebenen direkt konfrontiert wird oder weitere Erkenntnisse selbst sammelt. Hier hört der Text mit der Rückkehr der Menschen zur Erde auf. Weder die fehlgeschlagenen Kommunikationsversuche, noch die einzelnen Protagonisten können die Geschichte tragen. Betrachtet der aufmerksame Leser die Story mit den Augen eines Zeitreisenden und in den Seiten eines Magazins aus dem Golden Age, wird sie weniger befremdlich wirken.

Mit dem Thema Anarchie und Widerstand gegen die Obrigkeit setzen sich die beiden unterschiedlich gestalteten und auf ihre Weise sehr unterhaltsamen Geschichten von Thorsten Küter und Klaus von der Landwehr auseinander.

„Warten auf Kognai“ von Thorsten Küper ist oberflächlich die Betrachtung eines gemeingefährlichen Genies, das gegen das Establishment kämpft. Auf einer geheimen Versteigerung sollen die künstlerischen Überbleibsel von Kognais Attentaten versteigert werden. Der Polizist Lansing hat den Tipp erhalten, das der Terrorist Kognai selbst bei der Auktion auftreten soll. Also versuchen mehrere Hundertschaften der Ordnungskräfte den Staatsfeind Nummer Eins zu verhaften.
Neben der offenkundigen Kritik an den Medien, die in ihrer Berichterstattung jegliche Moral für Quoten über Bord werfen, entwirft Küper eine phantastische surrealistische Atmosphäre. Unbewusst wird der Leser an die ewige Auseinandersetzung zwischen Louis de Funez und dem Fantomas erinnert. Ein bisschen italienischen Pop im Hintergrund und das Kunstwerk ist vollkommen. Geschickt spielt der Autor mit den Erwartungen der Leser und seines bislang erfolglosen Ermittlers, verblüfft beide Seiten und offenbart die einzige richtige Auflösung: Solange das Geld regiert, spielt es keine Rolle, wer unter dem Mammon schauspielert. Eine der besten Geschichten dieser Nova Ausgabe und eine deutliche Weiterentwicklung Küpers im Vergleich zu den ersten Nova Arbeiten.

„Krabbelwelt“ ist eine viel zu kurze, aber ungemein eigenständige Geschichte. Eine mechanische Jeanne dÀrc ruft zum Widerstand gegen die käferartigen außerirdischen Invasoren auf. Grotesk überzeichnet Landwehr seine Charaktere, lässt das heroische Heldenbild auf unterdurchschnittliches Format mit groben Strichen schrumpfen und identifiziert die heldenhaften Ziele als blanke Zufälle. Mit böser Ironie dreht er alle bekannten Klischees tausender von Invasionsstorys um. Diese schrägen, ungewöhnlichen Elemente zeichnen noch immer einige, aber zu wenige mitteleuropäische Science Fiction Kurzgeschichten aus und geben ihr ein eigenes, von zwei großen Fühlern beherrschtes Gesicht. Und da sagt der Kritiker immer, wenn man eine Geschichte gelesen hat, kennt man alle.

„Tod am Donnerstag“ ist der literarische Beitrag Holger Eckardts zu dieser Nova Nummer. Wie in dem folgenden Portrait Stephen Freys ist diese satirische Betrachtung zukünftiger sportlicher Betätigungen in Spaniens Arenen eine nicht ganz abgeschlossene Angelegenheit. Die Szenen wirken unterhaltsam verfremdet, doch reizen den Leser mehr, sich Gedanken über andere Vorgänge auf der iberischen Halbkugel zu machen. Das boshafte Ende voller Ironie entschädigt für die vorangehenden schwächeren Szenen.

Wie kaum einen anderen Autoren verbindet sich das Stichwort utopisches Gedicht mit Erik Simon. „Überfahrt“ berichtet von einer anderen Welt, der buchstäblichen Waterworld. Er schildert die neue Küstenlinie. Dabei sind einige Ideen mehr in den Rahmen gepresst. Mit entsprechender Musik unterlegt könnte dieser sehr kurze Text zumindest ein kleiner Gassenhauer auf Inside-Cons werden. „Wir lagen vor Madagaskar und hatten den Simon an Bord...“

Hartmut Kaspers „Hostel“ sorgt für den Humor. Obwohl der Humor hat mehr damit zutun, einem außerirdischen Geschäftspartner Humor zu erklären. Und das alles, um einen lukrativen Deal abzuschließen. Allerdings ist das Angebot zu niedrig. Kurzweilig, dialogreich und dialogstark präsentiert der Autor leichte Unterhaltung auf ansprechendem Niveau.

Mit Wolf Welling findet sich die zweite Geschichte eines Rückkehrers. Vor Jahren hat er schon einige Arbeiten in diversen Fanmagazinen veröffentlicht und die Altersteilzeit brachte ihn wahrscheinlich hinter den Computer und nicht mehr die Schreibmaschine zurück. Der Autor spielt mit verschiedenen Ebenen, von denen sich eine als Realität herausstellen könnte. Dabei bleibt dem Leser lange verborgen, ob es sich um verschiedene Schicksalsstränge handelt, die aufeinander zu laufen oder eher künstlich geschaffene Existenzen in Konkurrenz zu einer sehr gegenwärtigen Wirklichkeit stehen. Abschnittweise schreibt Welling sehr emotional und ergreifend, andere Kapitel wirken etwas überdreht und sinnentstellend. Als kompakter Text gehört sie zu den besseren Storys dieser Ausgabe. Altersteilzeit hat also zumindest für einen Menschen auch seine guten Seiten.

Die ebenfalls sehr kurze und auf die Pointe zielende Gaststory aus den Gefilden Italiens ist zwar keine Science Fiction, aber unterstreicht die Tatsache, dass selbst in der Höhle Fachkräfte rar sind. Antonio Bellomi hätte noch mehr Würze in seine zum Schmunzeln animierende Story bringen können, wenn es sich bei der Fachkraft vielleicht um einen Inder mit bundesdeutscher VIP Card auf der Mission nach vernünftiger Arbeit in der Forschungswüste gehandelt hätte. So bleibt der Hintergrund des Helden im Dunkeln und der Teufel macht genau das, was ihn seit Jahrzehnten auszeichnet. Andere Leute über das Ohr hauen. Trotzdem zu den oft ernsten Geschichten, die sich hier versammelt haben, eine beneidenswerte Alternative.


Der sekundärliterarische Teil von NOVA 7 ist umfangreicher als in den letzten Ausgaben ausgefallen, auch noch umfangreicher als das Inhaltsverzeichnis vorgesehen hat, denn Hermann Ritters „Setz mich fort, Du Sau“ ist eine kurze, weinerliche Abhandlung nicht nur über Fortsetzungen, sondern über alles. Mit Heulern, dass sich Kurzgeschichte ausgedient hat, als sich die Pro-Zeichen Zahlung der Verleger durchgesetzt hat – dann gäbe es keine Kurzgeschichte, denn schon in den dreißiger Jahren zahlten die Verlage pro Wort -und das der Kunde Fortsetzungen verlangt – auch in den sechziger Jahren gab es Fernsehserien, Fortsetzungen – drückt Ritter seine dieses Mal extrem wirren gedanken in eine Artikelform. Dem Leser ist nicht klar, was der Autor eigentlich ausdrücken möchte. Statistisch wäre es interessanter, die Anzahl der Fortsetzungen – Lensmen Serie, Captain Future, die Marsgeschichten von Leigh Bracket, Howards Conan stellvertretend für die goldenen Jahre -, die Manie, alle Geschichten miteinander zu verbinden – Heinleins Future History – und die Anzahl der Gesamtveröffentlichungen zu vergleichen.
Trotzdem wirkt sein Beitrag zu polemisch und über weite Strecken zu plump, um überzeugen zu können. Auch die Ausführungen zu verstorbenen Meistern erinnern an die ewig gestrigen nörgelnden Geister, die keiner rief, die trotzdem schreien, damit sie einen Augenblick Aufmerksamkeit erhalten. Das sich Ritter zumindest mit den sechziger Jahre auskennt, beweisen die drei Listen mit herausragenden Werken. Die von ihm ausgesuchten Kurzgeschichten und Novellen sind alle empfehlenswert. Die These, es gibt keine guten neuen und originellen Kurzgeschichten mehr, die Kurzgeschichte hätte ausgedient, unterstreicht seine hier vertretene Position als im Fußballjargon Wadenbeißer.
Um dem armen Hermann die Arbeit zu erleichtern, braucht er nur jedes Jahr ein Buch kaufen: die umfangreiche Sammlung „Year´s Best“, lange Zeit von Gardner Dozois herausgegeben. Da finden sich prozentual mindestens so viele Kurzgeschichten, wie hier herausgesucht worden sind. Polemisch folgt der Autor nur der typischen Massenpsychose. Natürlich verkaufen sich diese Magazine nicht mehr so gut wie in den Zeiten, als es keine Taschenbücher gab, trotzdem lebt diese literarische Form weiter.

Florian F.Marzin stellt in „Ein Rufer in der medialen Wüste“ kritisch das umfangreiche Film und kleinere literarische Werk Rainer Erlers vor. Auch wenn die Inhaltsangaben der elementaren Werke fast schon zu umfangreich sind, zeigt er die Bedeutung Erlers in den siebziger und achtziger Jahre für den anspruchsvolle Fernsehfilm. Gerade rechtzeitig kommt diese Betrachtung. Einige von Erlers wichtigsten Filmen erscheinen jetzt auf DVD und können von einer neuen Generation entdeckt werden.

Holger Eckardts Vorstellung von Stephen Frey Romans „Geschichte machen“ ist eine zweischneidige Angelegenheit. Er setzt sich mit dem Werk gut und ausführlich auseinander, vernachlässigt allerdings den Autoren. Eine ausführliche Vorstellung mit einigen Hinweisen auf andere Werke hätten dem zu kurzen Artikel besser abrunden zu können.

Jürgen vom Scheidt wird in „Die Aliens unter uns“ mit seinem neuen Buch über Hochbegabte vorgestellt. Michael Iwoleit bemüht sich, aus dem Buch den Konsens zu destillieren und in einen Artikel einfließen zu lassen. Das gelingt nicht, denn vom Scheidts Text wirkt dadurch steif, oberflächlich und merkwürdig abweisend. Auch die Hinweise auf das Buch selbst sind plakativ gestreut und erwecken den Eindruck, von indirekter Werbung.

„Nova“ 7 ist eine vielschichtige, aber manchmal unter den eigenen Ansprüchen bleibende Ausgabe. Das Spektrum der Geschichten reicht von Variationen der Space Opera bis zu humorvollen Anekdoten, streift gesellschaftspolitische Kritik genau wie einfache Gefühle. Die Storys sind zumindest kompetent erzählt, verstecken sich aber mehr als einmal hinter den zu ambitionierten Vorstellungen der Autoren. Sie geben einen guten Überblick über den Stand der deutschen Kurzgeschichte. Die sekundärliterarischen Beiträge sind thematisch vielfältig angelegt und verbinden Vergangenheit – Rainer Erler – mit der Gegenwart – Jürgen vom Scheidt.

Die Herausgeber – Hahn, Hilscher und Iwoleit- bemühen sich weiterhin außerordentlich, der Kurzgeschichte eine weitere Heimstatt zu geben und ein Magazin zu etablieren, das selbst für eine kleine Leserschaft gute Unterhaltung bietet. Neue oder junge Autoren haben die Möglichkeit der Veröffentlichung, die Leser haben die Chance, eine Vielzahl unterschiedlicher Autoren kennen zulernen und ihren weiteren Weg zu verfolgen. Das alleine macht den Kauf dieser Ausgabe so empfehlenswert.

Thomas Harbach

17. Nov. 2006 - Alisha Bionda

Der Rezensent

Alisha Bionda
Balearen

Website: http://www.alisha-bionda.net
Total: 395 Rezensionen
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Autorin, Herausgeberin, Redakteurin, Journalistin, Rezensentin, Agentin

Alisha Bionda wurde in Düsseldorf geboren und lebt seit 1999 auf den Balearen. Die Autorin beendet ihren Tagesablauf nachts am Meer - bis zum 23.05.2009 mit ihrer afghanischen Windhündin Jamila, die dann leider über die Regenbogenbrücke “gegangen&#...

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