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Fabeln und Reflexionen

FABELN UND REFLEXIONEN

Buch / Graphic Novel

Neil Gaiman
Sandman 6
The Sandman: Fables and Reflections 29 - 31, 38 - 40, 50, Sandman Special 1, Vertigo Preview, Vertigo/DC Comics, USA, 1990/1995
Panini Comics, Stuttgart, 10/2008
PB mit Klappbroschur, ollfarbige Graphic Novel im Comicformat auf Kunstdruckpapier, Fantasy, Mystery, 978-3-86607-628-0, 286/2495
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration und Zeichnungen von Bryan Talbot, Stan Woch, P. Craig Russell, Shawn McManus, John Watkiss, Jill Thompson, Duncan Eagleson und Kent Williams
www.paninicomics.de
www.neilgaiman.com
www.mousecircus.com
www.gaimanmckeanbooks.co.uk/
www.neverwear.net/
www.bryan-talbot.com/
www.pcraigrussell.net/
http://johnwatkiss.blogspot.com/
www.jillthompsonart.com/
www.kentwilliams.com/

Zu den unbestreitbaren Klassikern der amerikanischen Comic-Geschichte gehört zweifellos Neil Gaimans „Sandman”-Serie. Sie durchbrach sowohl in grafischer als auch in inhaltlicher Hinsicht klassische Traditionen und Tabus, die gerade bei den großen Comic-Verlagen zu ehernen Gesetzen geworden waren, und präsentierte eigenwillige Geschichten mit Tiefgang und fast literarischer Qualität, die ein intellektuelleres Publikum anlockten und damit auch anderen Reihen des Sublabels Vertigo Auftrieb gaben.
Panini Comics veröffentlicht nun die bereits in den 1990er Jahren in Deutschland bei Ehapa erschienenen zehn Bände in einer Neuübersetzung und im originalen Comicformat, nicht mehr in Albengröße. Die Aufmachung ist durch Klappbroschur und schweres Kunstduckpapier sehr edel.

Anders als die fünfte erzählt die sechste Graphic Novel keine zusammenhängende Story sondern in sich geschlossene, aber doch thematisch locker miteinander verbundene Geschichten. Der Herr der Träume ist nicht ganz untätig. Manchmal berührt er in der Nacht die Seelen wichtiger und unbedeutender Persönlichkeiten, um ihrem Denken eine neue Richtung zu geben oder sie zu warnen, einen ganz bestimmten Weg nicht weiter zu gehen. Hin und wieder bekommt er dabei auch mit seinen Geschwistern zu tun, die das Schicksal der Menschen ebenfalls auf ihre Art und Weise zu lenken wissen.
Immer sind seine Eingriffe behutsam. Er lenkt die Betroffen nicht in eine bestimmte Richtung, sondern offeriert Möglichkeiten, er urteilt ebenso wenig, wie er versucht, die Menschen aufzuhalten, wenn sie in ihr Verderben laufen, so wie sein eigener Sohn Orpheus, den er zwar liebt, aber nicht daran hindert, in die Unterwelt hinab zu steigen und dort um das Leben seiner geliebten Eurydike zu bitten. Weil er zu ungeduldig ist, misslingt das Vorhaben – und er selbst muss später einen hohen Preis dafür bezahlen, der ihn auf ewig von der Frau seines Herzens trennt.
Sein Kopf wird zum Spielball in einer Geschichte um die gerissene Lady Constantine, die ihre Kräfte und Fähigkeiten dazu benutzt, um der Französischen Revolution eine neue Wendung zu geben – denn immerhin hat das Grauen schon zu lange angehalten, und ihm muss nun ein Ende bereitet werden.
Der junge Marco Polo verirrt sich in der Wüste und ist schon nahe daran aufzugeben, als sich geheimnisvolle Reisende seiner annehmen. Zwar versteht er nicht viel von dem, was sie reden, bekommt aber eine Ahnung davon, dass sein Leben noch weiter gehen und sehr bedeutsam werden wird.
Aufgrund eines Traumes folgt Gaius Octavianus – der mächtige Kaiser Augustus – auch im Alter noch einer eigenen Tradition. Einmal im Jahr verwandelt er sich in einen Bettler und mischt sich unerkannt unter die Bürger Roms, um zu hören, was man über ihn denkt. Ein Zwerg, einst sein engster Vertrauter, erfährt nun, warum er dies tut.
Auch Harun al Rashid sucht Antworten auf Fragen, die ihn beschäftigen und bedrücken, als er des Nachts durch die Gänge seines Palastes der Wunder wandert, und beschwört schließlich den Herrn der Träume herauf.
Dann ist da noch der alte Mann, der seinem Leben ein letztes Mal einen Sinn geben möchte. Zwar verändert sich für ihn nicht viel, als er im Traum zum Kaiser von Amerika wird, aber dennoch ist er damit unvergessen.
Und schließlich taucht ein von seiner Mutter vernachlässigtes Kind in der Traumwelt auf, um dort mitzuerleben, welche Gerechtigkeit das Parlament der Krähen übt.

Abwechslungsreich, mythisch und versponnen sind die Geschichten dieses Bandes, die so gut wie alle in der Vergangenheit angesiedelt sind, klassische Sagen und Dramen neu aufbereiten und damit spielen, das manch eine große historische Persönlichkeit sich auch von Träumen hat lenken lassen. Nicht immer geben die Erzählungen klare Antworten, oft genug lassen sie nachdenkenswerte Thesen offen.
Die Dialoge sind vielleicht nicht kompliziert, aber oft genug philosophisch. Sie beschäftigen sich mit menschlichen Leidenschaften, heimlichen Wünschen, den Grenzen der Moral aber auch den Gesetzen der Natur und regen ebenfalls den Geist an. Dann wieder bietet die Handlung vielschichtiges Abenteuer, das nicht nur auf plakative Schockeffekte und Bedrohungen setzt. Realität und Traumebene fließen regelmäßig ineinander über, vermischen und verkehren sich in der Wahrnehmung der Protagonisten, die bald nicht mehr unterscheiden können, was wahr und was falsch ist. Nur mühsam kehren sie dann in die Wirklichkeit zurück.
Ohne viel Aufhebens um alles zu machen fängt Neil Gaiman mit wenigen Details und vielen Alltäglichkeiten den Leser ein. Dream bleibt meistens zurückhaltend und greift nur selten direkt ein, da er zumeinst andere handeln lässt, die ihm noch etwas schulden oder aber ihre Dienste anbieten, doch immer wieder hält er letztendlich die Fäden in der Hand.
Action sollte man jedoch nicht erwarten, da die Geschichten Gewalt und Kämpfe nur dann einsetzen, wenn es notwendig ist; die Handlung wird überwiegend in der geistigen Ebene vorangetrieben und erzeugt eine ganz eigene Spannung.

Auch „Sandman – Fabeln und Reflexionen” weiß Unterhaltung und Anspruch wieder einmal gelungen miteinander zu verbinden und wird seinem Titel mehr als gerecht, denn viele der Handlungsträger sind dazu gezwungen, auf ihr Leben zu blicken und eine wichtige Entscheidung zu treffen. Die hintergründigen Szenarien überzeugen jedenfalls durch das intensive Leseerlebnis, das fern von seichtem Abenteuer ist.

24. Nov. 2008 - Christel Scheja

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Christel Scheja

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