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Prozession der Verlorenen
Mit Prozession der Verlorenen erscheint der dritte Doppelroman der Dan Shocker´s Macabros Reihe im Zaubermond- Verlag. Auch wenn es nur impliziert im Lektorat zu erkennen ist, hat Christian Montillon den Roman nicht geschrieben, sondern überwiegend das Expose gefertigt. Dario Vandis ist als Autor eingesprungen, weil Christian Montillon zu viel mit der Perry Rhodan Action Serie zu tun hatte. Es stellt sich für den Leser die Frage, warum Christian Montillon in letzter Zeit unter anderem auch mit Torn weitere Projekte übernommen hat? Die Qualität seiner Arbeiten lässt zumindest in 2008 mehr und mehr zu wünschen übrig. Perry Rhodan Action ist eine Enttäuschung. Und das nicht nur handlungstechnisch, sondern vor allem wie fahrlässig mit der Chronologie des Perry Rhodan Kosmos umgegangen worden ist. Unabhängig von der Tatsache, das ein Autorenteam vielleicht positiv für Dan Shocker´s Macabros sein könnte, wird Macabros zukünftig nur noch halbjährlich erscheinen und im vorliegenden Band erscheint Dario Vandis insbesondere hinsichtlich Christian Montillons stark schwankender Form ein adäquater Ersatz zu sein.
Allerdings muss sich Dario Vandis an die Exposevorgaben halten und die scheinen ihn zumindest phasenweise ein wenig zu behindern. Die ersten beiden Doppelromane konnten überzeugen, weil Christian Montillon den Charme der Originale behutsam in die Gegenwart übertragen hat.
Auch der vorliegende Roman dreht sich in erster Linie um die Dämonengöttin Rha-ta-N`my und ihre mögliche Rückkehr zur Erde durch das Tor. Bislang ist sie in der Welt des Zeitschleiers gefangen. Björn Hellmark mit seinem Doppelgänger Macabros ist in diese Welt eingedrungen, um Anna zu retten. In Itaron werden Macabros und Björn Hellmark voneinander getrennt. Macabros wird von den Kunstwesen Roops zur Feste des dunklen Herren eskortiert, muss sich Hellmark alleine mit seinen Gegnern auseinandersetzen. Die Trennung von Hellmark und Macabros ist keine neue Idee im Verlaufe der Macabros Serie. Dario Vandis und Christian Montillon benutzen sie auf den ersten Blick, um den Kampf gegen das Böse auf zwei statt einer Ebene auszufechten. Nach beendeter Lektüre stellt sich allerdings heraus, dass zur eigentlichen Auseinandersetzung durch diese Trennung nicht unbedingt viel beigetragen wird. Die unterschiedlichen Perspektiven lassen sich verhältnismäßig gut lesen, aber nach den vielen soliden Informationen der ersten beiden Bände ist dem Leser das Szenario vertraut. Er erwartet jetzt handlungstechnisch einen deutlichen Fortschritt. Hellmark und Macabros kommen über die Beobachterrolle im Grunde nicht hinaus. Das wäre an sich kein Kritikpunkt, wenn nicht die Befürchtung der Perry Rhodan Action Romane über Christian Montillon schwebt, in welchen er als Exposeautor sehr wenig Handlung über sehr viele Romane gedehnt hat. So fehlt insbesondere dem Geschehen in Itaron jegliche Dynamik. Ausreichende Ansätze sind vorhanden, aber stellenweise wird der Plot distanziert und emotionslos heruntergespult. Etwas mehr Humor hätte als Ausgleich dienen können, die Dialoge sind geradlinig und unaufdringlich geschrieben. Es gelingt ihnen allerdings nicht, die insgesamt schwach gezeichneten Charaktere lebensechter erscheinen zu lassen.
Ein weiterer Handlungsarm spielt wie bekannt auf der Erde. Ein öffentlichkeitssüchtiger VIP will seinen 40. Geburtstag mit einer Geisterbeschwörung um Mitternacht krönen. Dazu hat er in der unbewohnten Wildnis des Hinterlandes extra ein Dorf errichten lassen. Diese Idee beschreibt der Roman relativ ausführlich, ohne schließlich daraus viel zu machen. Warum nicht ein vorhandenes verlassenes Dorf nehmen? Warum nicht eine alte Kirche entweihen? Damit soll die Ausgangsprämisse nicht kritisiert werden, aber sie muss zumindest aufgrund der wirklich oberflächlichen und im Verlaufe des Buches mehr und mehr in den Hintergrund gedrängten Plotidee hinterfragt werden. Natürlich werden nicht nur Stars und Sternchen, Reporter und Hollywoodmogule eingeladen. Unter den Gästen befinden sich auch Richard Patrick und Whiss, das Wesen aus der Mikrowelt. Dabei handelt es sich um zwei altbekannte Figuren aus der Serie, die Christian Montillon für diesen Handlungsbogen positiv gesprochen aktiviert. Interessant und gut gelöst ist die Verbindung zu Itaron, da es sich natürlich um Anhänger der Göttin auf der Erde handelt, die mit ihrer Beschwörung die Tore zu Itaron aufstoßen wollen. Mit dieser Grundidee schafft Christian Montillon keine dritte Handlungsebene, sondern betrachtet im Grunde das Geschehen nur von der anderen, weiteren Seite des Tores. Auch wenn die Zusammenhänge insbesondere aufmerksamen Lesern schnell deutlich werden, ist dieser Bogen stringent und unterhaltsam geschrieben. Dabei wird aber auch kein Klischee ausgelassen und die einzelnen Charaktere sind unterdurchschnittlich beschrieben. Sie wirken zu ambivalent gezeichnet und etwas mehr Ironie hätte dieser Handlungsebene notwendigen Schwung gegeben. Im Verlaufe des Romans verlieren allerdings die beiden Autoren die eigentliche Beschwörung zu sehr aus den Augen und einige interessante Ansätze werden im Grunde unbeachtet liegen gelassen. Der Fokus liegt auf den Ermittlungen Richard Patricks, die allerdings weder spannend noch interessant noch wirklich vielschichtig beschrieben werden. Vor allem weiß Patrick um die dunklen Mächte und agiert teilweise zu unvorsichtig. Die Mitglieder der Dämonensekte werden zu Karikaturen degradiert und strahlen keinerlei echte Bedrohung aus. Mehr und mehr verkommt die großartige Geisterbeschwörung zu einer Farce, wobei die Vorbereitung der großen Beschwörung derartig unglaubwürdig beschrieben worden ist, das der Leser an fast jeder Stelle das Schild Vorsicht! Parodie! erwartet. Leider nimmt Dario Vandis diesen Hinweis nicht auf.
Auch wenn Dan Shocker´s Macabros keine klassische Horrorserie ist, benötigen die einzelnen Romane eine gewisse gruselige Atmosphäre, um funktionieren zu können. Der Sense of Wonder ist vorhanden, wird aber nicht so effektiv eingesetzt wie in den ersten beiden Bänden der Serie. Viele Plotelemente werden zumindest im vorliegenden und handlungstechnisch schwächsten Roman hin und her bewegt, ohne das sie den Leser ansprechen und wie schon angesprochen den eigentlichen Bogen vorantreiben. So sehr sich Dario Vandis auch bemüht, das Geschehen zumindest stilistisch zu retten, ist der dritte Roman über weite Strecken eher eine Hommage an die Originalserie und ihre guten Ideen als eine Neuinterpretation. Konnte in den ersten beiden Romanen zumindest die auf Itaron spielende Handlung durch ihre surrealistische Atmosphäre überzeugen, konzentriert man sich im vorliegenden Band viel zu sehr darauf, das Schlachtfeld für die nächsten Romane zu bereiten. Dabei wird vergessen, dass der Leser auch im vorliegenden Roman ein Anrecht auf eine vernünftige und vor allem ansprechende Handlung hat. Vieles an Prozession der Verlorenen wirkt sicherlich auch durch die Terminprobleme Christian Montillons weniger unbekümmert phantasievoll frei erzählt. In doppelter Hinsicht ist es schade: das Einspringen von Dario Vandis merkt man dem Roman teilweise zu sehr an. Vor allem gehörten die beiden ersten Macabros Doppelromane zu den besten Arbeiten Christian Montillons, die er in den letzten beiden Jahren abgeliefert hat. Hoffentlich wird der Tanz auf viel zu vielen Hochzeiten nicht zu seinem Verhängnis. Die Prozession der Verlorenen ist ein gefällig geschriebener Roman, welcher die Handlung nicht zufrieden stellend voranbringt, der über einige wenige nette Ideen verfügt, aber oft zu sehr in die Klischeekiste greift, um wirklich überzeugen zu können. Einen Band zu beurteilen, in wie weit er die Grundlage für die zukünftige Handlung legt, ist sicherlich schwer und in dieser Hinsicht werden die nächsten, zukünftig halbjährlich erscheinenden Bände zeigen, in welche Richtung die Fortführung der Macabros Bände steuert. Noch ist vieles offen und die Einführung alter Bekannter sowohl Pro- als auch Antagonisten überdeckt eine Reihe von Schwächen des vorliegenden Bandes.
24. Nov. 2008 - Thomas Harbach
Der Rezensent
Thomas Harbach

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