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Weg ins Gestern

WEG INS GESTERN
WEG INS GESTERN

Volker Krämer
Roman / Mystery

Zaubermond

Professor Zamorra: Band 28
Fester Einband, 256 Seiten

Nov. 2008, 1. Auflage, 14.95 EUR
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Mit „Weg ins Gestern“ aus der Feder Volker Krämer in Kooperation mit Christian Schwarz liegt der vierte und abschließende Band des „Desaster- Zyklus“ vor, der Professor Zamorras Welt zum Einstürzen gebracht hat. Unabhängig von der Qualität des unterhaltsam geschriebenen Romans stellt sich für den Leser als Erstes die Frage, ob die Auflösung des Zykluses gelungen oder nicht. Die Antwort ist eher ambivalent zu betrachten, denn die Autoren haben zu einem literarischen Kniff gegriffen, der weder neu noch rückblickend sonderlich originell ist. Erst im vierten Band erkennen sowohl Zamorra als auch der Leser den rückblickend offensichtlichen Hinweis im ersten Buch. Ab diesem Augenblick trennt sich die „Desaster“ Handlung im Grunde komplett vom eigentlichen Professor Zamorra Universum ab und geht von diesem Augenblick an eigene Wege. Obwohl im vorliegenden Zyklus ein Ende abzusehen ist. Um die Leserschaft nicht gänzlich zu enttäuschen, präsentieren die beiden Autoren fast im Epilog einen interessanten Showdown, der unterstreicht, welche geistigen „Schäden“ die Odyssee in Professor Zamorra und offensichtlich nur in ihm hinterlassen hat. In seinem Vorwort lobt Christian Montillon den Vierteiler als ein Experiment, das in dieser Form in der laufenden Heftromanserie nicht hätte präsentiert werden können. Dieser Aussage muss widersprochen werden, da ähnliche Konstellation mit einem „bösen“ Rhodan oder einem „bösen“ Captain Kirk schon mehrmals ausprobiert worden sind. Christian Montillon hätte mit dieser Aussage Recht, wenn die Autoren den „Weg ins Gestern“ – also vor den Bruch der Handlung im ersten Band des „Desaster“ Zyklus – nicht gefunden hätte. Die meisten Informationen über diese Odyssee erhält der Leser durch die komplexen Dialoge zwischen Professor Zamorra und Vera. Hier bemüht sich das Team mittels des Themas Spiegelwelten und Zamorras zahlreichen Zeit- oder Dimensionsreisen die Struktur erstens zu erläutern, zweitens zu charakterisieren und schließlich drittens den gebrochenen roten Faden wieder zusammenzunähen. Wie schon angesprochen ist die Auflösung des „Desaster- Zyklus“ bis auf den interessanten Epilog, dessen Konsequenzen für die Zamorra- Zaubermond Reihe noch abgewartet werden müssen, ein wenig zu schlicht und ein wenig zu glatt. Unabhängig von dieser Schwäche gehört der vorliegende Band zu den teilweise vielschichtigsten Geschichten des Zyklus, auch wenn insbesondere in der zweiten Hälfte des Plots einiges mit einer zumindest erwärmten Nadel gestrickt worden ist.

In der ersten Hälfte des Buches gerät Zamorra auf seiner Suche nach Nicole bzw. seiner persönlichen Erlösung in das Nimmerland Peter Pans und natürlich zwischen die Fronten des Konfliktes mit Hook. Stilistisch erstaunlich ansprechend beschreiben die Autoren die Situation in dem Land der ewigen Jugend. Nur die geheimnisvollen Glocken erhalten für Peter Pan den Status Quo und Hook hat inzwischen einige dieser wertvollen lebenden Artefakte gestohlen. Schwarz und Krämer spielen mit der literarischen Vorlage, in dem sie quasi als wandelnde Zeitbombe den Professor in ein labiles Literaturökosystem setzen, das nur funktionieren kann, wenn Hook und Peter Pan sich gegenseitig nicht töten. Zu den besten Sequenzen des Romans gehört der Augenblick, in welchem Zamorra diese dunkle Wahrheit erkennt und sie zumindest impliziert auf sein persönliches Schicksal überträgt. Unabhängig von der grundlegenden Idee, welche Zamorras Universum mit einer literarischen Legende verbindet, ohne allzu kitschig oder vorhersehbar zu sein, ist diese Sequenz sehr dynamisch geschrieben worden. Hinsichtlich Peter Pan werden die Grenzen der Glaubwürdigkeit strapaziert, aber es ist eine reizvolle Idee. Das der verzweifelte Zamorra von Peter Pan lernen kann und lernen muss, ist das I- Tüpfelchen auf der wirklich gut geschriebenen Sequenz.

Nach dem Abstecher ins Nimmerland wechselt der Fokus im Grunde zur gegenwärtigen Wirtschaftskrise und Politik. Zu einem bewirbt sich ein Farbiger als amerikanischer Präsident und Zamorra soll plötzlich als Angestellter von Tendykes Firmenkonglomerat den offenkundig Obama nachempfundenen Präsidentschaftskandidaten stoppen. Auf der anderen Seite versuchen die Autoren die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise zumindest teilweise als Machwerk des Teufels darzustellen, welcher die Schwächen des Systems zu seinen Gunsten ausnutzt. Dass die Recherche eher oberflächlich ist bzw. darauf vertraut wird, dass in einer Parallelwelt alles anders ist, zeigt der Auslöser der Krise. Angeblich verkauft Tendykes TI Firma über Nacht die eigenen Aktien, während in US Today ein Schmierenartikel über den Mann erscheint. Eigene Aktien – sprich Aktien, welche die Firmen vom Markt zurückkaufen und im Eigenbestand halten – sind für einen Börsenhandel nicht zugelassen, die Stücke müssen wieder registriert werden. Weiterhin stellt sich die Frage, in welchem Markt diese Werte quasi über Nacht in den USA verkauft worden sind? Als drittes hätten die Aktien aus Tendykes Privatvermögen verkauft werden müssen, ansonsten hätte er keinen privaten Vorteil, über seinen angeblich so luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Und viertes hätte ein solches Ereignis niemals eine derartige Krise auslösen können. Selbst die Konkurse von Worldcom oder Enron haben nicht derartige Spuren hinterlassen. Egal, unabhängig von dieser Rechercheschwäche versuchen die Autoren am Beispiel einer Durchschnittsfamilie und ihrem Traum vom eigenen Haus die augenblicklichen Folgen der Krise aufzuzeigen. Sicherlich ein sehr schmaler Grad, auf welchem die Autoren sich bewegen, denn hier wird echtes Leid literarisch ausgeschlachtet. Die einzelnen Figuren sind gut gezeichnet und überzeugend charakterisiert. Im Rahmen des Gesamtzyklus wird diese Handlungsebene vielleicht zu vordergründig aufgelöst und wie nicht selten bleiben die kleinen Leute als Staffage am Wegesrand liegen. Auf der einen Seite versuchen Krämer und Schwarz den letzten Baustein in Zamoras kontinuierlichem Abstieg zu platzieren, auf der anderen Seite wirkt diese Vorgehensweise insbesondere anlässlich Zamorras antisozialen Verhalten im zweiten und dritten Band eher wie ein Antihöhepunkt. Der ganzen Sequenz fehlen auch die Dynamik und teilweise insbesondere die Spannung, welche die erste Hälfte des Romans ausgezeichnet hat. Zusammengefasst ist „Weg ins Gestern“ ein teilweise sehr ambivalenter Roman. Die Autoren haben versucht, ein möglichst breites Spektrum zu erfassen und dabei den Bogen teilweise überspannt. Die Anspielungen auf Peter Pan hätte sich der Leser eher gefallen lassen, wenn entweder die ersten drei Bände nicht so dunkel, brutal und nihilistisch gewesen wären bzw. Zamorra im Kampf gegen Hook selbst auf die rechte Bahn zurückgefunden hätte. Irgendwie wirkt die Reihenfolge der einzelnen Kapitel in „Weg ins Gestern“ falsch. Erst die Wirtschaftskrise und dann der Kampf an Peter Pans Seite gegen Hook. Hook und Peter Pan stellen die beiden Seite einer Münze dar und mittels dieses Bildes hätten Krämer und Schwarz sehr viel effektiver und vor allem überzeugender auf den letzten Kampf des Zyklus überleiten können. Aufgrund dieser Schwäche wirkt der Roman uneinheitlicher und stellenweise konstruierter als er in Wirklichkeit ist. Schon die ersten Teile des „Desaster“ Zyklus bestanden im Grunde immer aus zwei Hälften, der Kontrast ist aber niemals so auffällig gewesen wie im vorliegenden Band.

Im Rahmen des „Desaster“ Zyklus konnten sich die Autoren reichlich austoben und zumindest zeitweise dem Leser die Illusion vermitteln, das sie alles auf den Kopf stellen wollen. Natürlich sind sie zu den Wurzeln der Serie zurückgekehrt und natürlich ist Zamorra nicht plötzlich zum Oberschurken geworden. Insgesamt ist der vorliegende Abschlussroman Zufrieden stellend, aber er wird den großen Ankündigungen aus dem 25. Hardcover der Reihe nur bedingt gerecht. Für das Experimentieren an sich muss dem Autorenteam ein Lob ausgesprochen werden, für den fehlenden Mut, die Zaubermond Zamorra- Reihe endgültig von den Heftromanen abzukoppeln, ein Tadel.

28. Nov. 2008 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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