Hexen & schwarze Magie
| HEXEN & SCHWARZE MAGIE
Buch / Magie
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Montague Summers
Hexen & schwarze Magie
Starker Tobak: Ein geistlicher Autor des 20. Jahrhunderts verfaßt eine umfangreiche Abhandlung über das Hexenwesen, von der Antike bis in die Jetztzeit, bringt sie 1946, kurz nach dem Krieg, heraus. Darin findet sich eine Sicht der Dinge, die so rein gar nichts mit der Aufklärung früheren Aberglaubens zu tun hat. Summers glaubt an die Verbrechen der Hexen. Nein, eigentlich spricht er sich dafür aus, daß sie real geschehen seien und öffnet so dem früheren Aberglauben, unter christlicher Apologetik Tür und Angel.
In einer beeindruckenden Konsequenz führt er unzählige (!) Beispiele von Hexerei, Wahrsagerei, schwarzer Magie und Nekromantie an. All diese aufgedeckten Untaten und vor allem die erfolgten Urteile bekräftigen laut Summers die Existenz von Hexen. Keinesfalls im übertragenen, quasi-psychologischen Sinn, sondern er versteht darunter Menschen, Frauen als auch Männer, die die Buhlschaft mit dem Teufel in bewußt böser Absicht eingehen. Verdorbene Ernten, überraschende Todesfälle, Abfall vom christlichen Glauben all das geht auf den bösen Einfluß der Hexen zurück. Sie besitzen Hilfsgeister, die sie wie Haustiere füttern müssen und die für sie unliebsame Zeitgenossen aus dem Weg räumen. Verfolgt man die dokumentierten Fälle in Summers Buch, so wundert man sich, daß sich durch die von Magiern und Zauberern verursachte Anarchie noch kein Land der Erde völlig ausgeschaltet hat. Es ist dem unbeugsamen säkularen Arm der Geistlichkeit zu verdanken, daß diesem Unfug Einhalt geboten wurde.
Das irritierende an der Abhandlung ist, daß Summers die Bekämpfung der Hexen und schwarzen Magier nicht aus volksaufklärerischer Sicht befürwortet, sondern weil er von der Verübung übernatürlicher Taten ausgeht. Er wiegelt die Vorwürfe der modernen Presse gegenüber einer abergläubischen Überzeugung ab, wobei die schriftlich aufgeführten Vorfälle dadurch nicht überzeugender werden. Die einzige Möglichkeit, die sich Summers zur Überzeugung des heutigen kritischen Lesers böte, wäre eine Besichtigung vor Ort. Mir ist aber zumindest für den deutschsprachigen Raum kein Vorkommnis in dieser Richtung bekannt.
Gerade hier gilt es anzusetzen, denn man kennt es aus der leidlichen Satanismus-Debatte, daß das Interesse an den dunklen Seiten der menschlichen Psyche Verurteilung erfährt. Dies ist auf die uneingestandene Ignoranz des christlichen Glaubens zurückzuführen, der eine Erklärung für das Leid der Welt finden muß. Diese Theodizee-Frage wird von Gott weggeschoben und in einen konträren Apostaten kanalisiert. In Summers Buch spricht die willentliche Entscheidung für eine Absage an die göttliche Ordnung eine andere Beweiskraft an: wenn die überführten Täter und Täterinnen ihren Pakt mit dem Bösen gestehen, so ist eine psychologische Überlegung anzustellen. Aus Widerwillen machen sie eine Verbindung zum schlimmsten Vorwurf auf, denn sie haben nichts mehr zu verlieren. Psychisch labile Menschen, die durch ständige Propaganda einen Gefallen an dem tabuisierten Verkehr mit Satan und seinen Schergen gefunden haben, nehmen diesen Glauben als Direktive ihrer schändlichen Handlungen an. Summers übergeht diese Erkenntnis, mißachtet völlig die psychologische Deutung. Er versucht ontologisch zu argumentieren, indem er dem Satanischen einen entsprechenden Platz im religiös-metaphysischen Diskurs zuweist: am Rand der Gesellschaft.
Summers dämonologisches Werk ist also mit Vorsicht zu genießen. Ethnologisch stellt sich eine diffizile Problematik: Summers verurteilt den Glauben fremder Völker seitenweise, rechtfertigt die Zerstörung ihrer Tempel durch die christlichen Eroberer. Die bloße Aufführung der Vorfälle liefert einen breiten Fundus an Interpretationsmaterial für Theorien. Summers zieht hieraus meines Erachtens die falschen Schlüsse.
Der Übersetzer Siefener bereitet in seinem Vorwort gekonnt auf diese Sonderstellung des exzentrischen Historikers vor; ergänzt wird diese sachliche Einführung durch Lebensdaten des Autors. Dabei wird ersichtlich, daß der Autor eine schillernde Persönlichkeit gewesen ist.
Erschienen im Festa Verlag 2004, übersetzt von Michael Siefener, 432 Seiten, 12.90 Euro, ISBN 3935822936.
17. Dez. 2006 - Dominik Irtenkauf
Der Rezensent
Dominik Irtenkauf

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