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Das Silberkästchen
Bis zu ihrem 11. Geburtstag hielt sich Mira für ein ganz normales Mädchen. Seither verwandelt sie sich um Punkt Mitternacht in ein Monster und weiß, dass sie adoptiert wurde. Die Mutter scheint sie zu hassen, und auch in der Schule ist es noch schlimmer geworden, denn die anderen Kinder spüren, dass Mira anders ist, nennen sie hässlich und schikanieren sie fortwährend.
Der einzige Lichtblick in Miras traurigem Leben ist das Silberkästchen, das das Bindeglied zu ihren richtigen Angehörigen darstellt. Offenbar hat sie sogar einen Bruder namens Sylvester. Was mag aus ihm und ihren Eltern geworden sein? Und was hat es mit der Monsterbehörde auf sich, vor der sie eindringlich in einem Brief von ihrem Onkel Lupus gewarnt wird?
Dann erhält sie die alarmierende Nachricht, dass Sylvester der Monsterbehörde in die Hände gefallen ist und dringend Hilfe braucht. Mira beschließt, ihren Bruder zu retten, koste es, was es wolle
Nicht erst seit Harry Potter lesen Kinder und Jugendliche gern phantastische Abenteuer, doch die Bücher über den gewitzten Zauberlehrling und ihre Verfilmungen haben erst den wahren Hype ausgelöst. Für Leser und Leserinnen, denen die populären Romane noch zu umfangreich oder zu gruselig sind, gibt es altersgerechte Titel wie z. B. Die Zombie-Schule, Jack Sparrow, Allerliebste Vampirschwester, Hexe im Haus oder Monstergeheimnisse.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Mira, die von ihrer Adoptivmutter abgelehnt und in der Schule gemobbt wird. Auf dieses Thema wird allerdings nicht weiter und schon gar nicht aufklärend eingegangen, da es nur die Andersartigkeit der Protagonistin betonen und einen Aufhänger liefern soll, weshalb sie sich in eine prekäre Situation hinein manövriert. Das Buch möchte spannend unterhalten mit einer Figur, die sich zur Identifikation anbietet denn so manches Kind fühlt sich von den Eltern missverstanden, die es wegen Kleinigkeiten ausschimpfen, und von Gleichaltrigen ausgegrenzt, nur weil es vielleicht keine supermodische Marken-Kleidung trägt oder keine dummen Streiche mitmachen möchte.
Erst nach und nach entfaltet sich das Setting, das nicht ganz die normale Welt beschreibt. Hier gibt es eine Monsterbehörde, deren Angestellte nach Kindern suchen, die in Wirklichkeit Monster sind. Finden sie eines, nehmen sie es den Eltern weg und sperren es ein. Dr. Duval, Chef der Monsterbehörde, stellt grausame Experimente mit den Gefangenen an und macht sie abhängig von einer Medizin, die die Verwandlung unterdrückt.
Mira, die nur wenig über sich, ihre Familie und die ganze Monster-Angelegenheit weiß, schliddert in etwas hinein, dessen Ausmaß noch nicht abzusehen ist. Zwar kann sie Sylvester finden, aber ihr jüngerer Bruder ist auf die üble Medizin angewiesen, und sie darf nicht mit ihm zurück nach Hause. Doch wohin sollen die Kinder fliehen? Können sie das Versteck von Onkel Lupus und ihren anderen Verwandten erreichen? Leben die Eltern der beiden noch? Weshalb werden die Monster überhaupt gejagt?
Auf diese Fragen gibt der Auftaktband noch keine Antworten. Das silberne Kästchen ist erst der Beginn eines großen Abenteuers, auf dessen Fortsetzung Leseratten zwischen 9 und 13 Jahren gewiss sehr neugierig sein dürften, denn ein gutes, aber offenes Ende weckt reichliche Erwartungen. Der Autor spult routiniert sein Garn ab, beschäftigt sich dabei sorgfältig mit den Gedanken und Gefühlen von Mira, Sylvester und den anderen Akteuren und konzentriert sich nicht auf die Handlung allein. Die Atmosphäre ist trotz der auflockernden Scherze düster und bedrückend.
Erwähnenswert ist außerdem die Gestaltung des Bandes: kleinformatiges Hardcover mit stimmungsvollem Titelbild und Goldfoliendruck, einige passende Illustrationen und viele Vignetten, sauberer Druck, übersichtliches Layout, eine kleine Schrifttype, die verdeutlicht, dass der Titel nicht an Leseanfänger adressiert ist.
Alles in allem ist der erste Band von Monstergeheimnisse ein viel versprechender Serien-Start. Zielgruppe sind vor allem Leserinnen, die gemeinsam mit Mira das Rätsel um die Monster lüften wollen; aber auch Jungen, die spannende Gruselgeschichten mögen, haben ihren Spaß an dieser Lektüre. (IS)
14. Mar. 2009 - Irene Salzmann
Der Rezensent
Irene Salzmann

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Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...
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