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Der Turm der tausend Schatten
Auf der Suche nach einem passenden Geschenk für ihre Freundin, die von Wetzbach fort gezogen ist, entdeckt Henny im Brut einen hübschen roten Stein mit der Silhouette der Stadt. Obwohl Adrian, der in dem Gothic-Laden jobbt, nicht befugt ist, etwas zu verkaufen, kann er nicht verhindern, dass das selbstbewusste Mädchen den Artikel an sich nimmt, den vermuteten Preis zahlt und geht. Der Besitzer des Geschäfts ist überaus wütend, dass der unverkäufliche Glücksstein verschwunden ist, und Adrian soll ihn zurück bringen, egal wie.
Adrian trifft in der Schule auf Henny, die sich gerade mit dem Außenseiter Jo unterhält. Als die Kinder wegen des Steins streiten, passiert es: Ein mysteriöses Leuchten hüllt sie ein, und plötzlich befinden sie sich über 100 Jahre in der Vergangenheit.
Henny entdeckt die Schwanen-Apotheke, die seit Generationen im Besitz ihrer Familie ist und von einer Vorfahrin, Frau Haunstein, geführt wird. Deren Tochter Oda könnte Hennys Zwillingsschwester sein. Die Haunsteins nehmen sich der Besucher aus der Zukunft an und wollen ihnen sogar helfen, in ihre eigene Zeit zurückzukehren. Doch Henny wird der Karfunkelstein entwendet. Ab diesem Moment benimmt sie sich sehr seltsam.
Um den Stein zurück zu bekommen, stecken Adrian, Jo und Oda ihre Nase in gefährliche Angelegenheiten. Was hat es mit dem roten Nebel auf sich, der die Bewohner von Wetzbach nach und nach verändert? Ist Dr. Morin, der alte Mann im Turm, der Urheber allen Übels? Und wie kommen die Kinder wieder nach Hause?
Die Karfunkelstadt ist eine neue abenteuerliche Fantasy-Serie für Mädchen und Jungen zwischen 10 und 14 Jahren. Die Geschichte kommt schnell zur Sache, denn die drei Hauptfiguren Henny, Adrian und Jo werden bereits nach wenigen Seiten in die Vergangenheit versetzt. Dort erweitert sich ihr Kreis um Oda. Natürlich gelingt es den Kindern herauszufinden, was sich in diesem anderen Wetzbach abspielt und die Gefahr für die Bewohner abzuwenden, aber bei der Heimreise geht etwas schief und damit ist der Grundstein für die Fortsetzung gelegt.
Die Geschichte ist kindgerecht aufgebaut, an einigen Stellen aber schon zu einfach gehalten. Beispielsweise nimmt Henny den Karfunkelstein einfach aus dem Schaufenster, sie beleidigt Adrian und denkt gar nicht an den Ärger, den er ihretwegen bekommen wird. Frau Haunstein und Oda akzeptieren sofort die phantastischen Erklärungen der drei Besucher und geben sie als Verwandte aus dem fernen Amerika aus. Wie problemlos dies abgewickelt wird, wirkt wenig überzeugend. Auch der Titel gebende Der Turm der tausend Schatten, steht weniger im Mittelpunkt, als er sollte. Witzig hingegen lesen sich die Anspielungen auf Mary Shelleys Roman Frankenstein und die Seitenhiebe gegen die Freunde der Gartenzwerge.
Die Protagonisten, obwohl sie durch ihre Eigenarten ein Profil bekommen sollen, bleiben klischeehaft und laden nicht wirklich zur Identifikation ein. Durch ihr Verhalten erscheint Henny unsympathisch, und Oda nimmt dann auch bald ihren Platz ein. Jo bleibt insgesamt farblos. Nur Adrians Aktionen bringen die Handlung immer wieder voran, so dass er automatisch zum Quasi-Anführer der kleinen Gruppe wird.
Der Auftaktband bietet eine Mischung aus Zurück in die Zukunft, Der kleine Horrorladen, Frankenstein und Zwergen-Märchen. Die Grundidee ist ganz nett, aber der Autor vermag nicht zu überzeugen, da Handlung und Charaktere zu einfach aufgebaut sind und man eine Atmosphäre vermisst, die in den Bann zieht. Vielleicht kann die Fortsetzung Die Kathedrale der Ratten, nachdem Protagonisten und Setting nun bekannt sind, mehr in Schwung in die Serie bringen. (IS)
14. Mar. 2009 - Irene Salzmann
Der Rezensent
Irene Salzmann

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Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...
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