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Akte X - und keine Ende
| AKTE X - UND KEINE ENDE
Buch / Sekundärliteratur
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Bei einer derart erfolgreichen und kultverdächtigen Sendereihe wie "Akte X bleibt es natürlich nicht aus, daß neben der sog. offizieller Sekundärliteratur auch immer mehr inoffizielle Publikationen auf den Markt drängen. Ein derartiges, nicht direkt von der Fox- Corporation abgesegnetes Buch hat nun der schweizer Heel Verlag als Special #1 des SF- Magazins "Space View herausgebracht. Um es von vornherein zu sagen: Der Fan wird es nicht leicht haben, wenn er zwischen den beiden Kompendien wählen muß. Beide Bücher liefern die obligatorische Präsentation der beiden bislang gesendeten Staffeln ; die jeweiligen Unterschiede liegen im Detail. Während Lowry in der Originalfassung ausführlich über die recht problematische Entstehungsgeschichte und Konzeption von Akte X berichtet und auch interessante Einblicke in den Produktionsablauf einer einzelnen Folge gewährt, legen die Autoren von "Die X- Akten deutlich mehr Gewicht auf die Serie an sich. Der Inhalt der einzelnen Folgen wird knapp aber ausreichend wiedergegeben, intensiver als im Original erfolgt nun allerdings auch eine kritische Bewertung der jeweiligen Sendung. Deutlich werden Schwachstellen aufgezeigt: ("Besessen: Ein einzelner von Außerirdischen kontrollierter Mann soll das gesamte amerikanische Raumfahrtprogramm sabotieren??? <"die Gurke der ersten Staffel>- "Verlockungen: Das unbefriedigende Ende mit den Kornkreisen. - "Die Maschine: Neben der sterilen, kalten Atmospäre fällt vor allem die Parallele zu Kubricks HAL aus "2001 auf.....) Das Hauptaugenmerk wird aber vor allem auf die Erläuterung der paranormalen Vorgänge, der Mythen und Legenden gelegt, aus denen die Schöpfer der Serie ihre Ideen beziehen. So wird im "Teufel von Jersey dargelegt, aus welchem tatsächlich existierenden regionalen Volksaberglauben die Handlung entwickelt wurde. In der Gegend um Nex Jersey gibt es in der Tat seit Anfang des 18. Jhd. Berichte über eine unheimliche Kreatur, die hier ihr Unwesen trieb.
Ob es sich um Pyrokinese handelt, Channeling, De- Evolution oder Tiermenschen, Metempsychose oder Cryo- Technik, keine wissenschaftliche Theorie oder urbane Legendenbildung, die nicht beleuchtet würde. Daß die Verfasser der "X- Akten dabei auch ihren Humor nicht verloren haben, beweißt ihre Aussage zum Thema
"dunkle Materie (zur Folge "Das Experiment): "Die Autoren dieses Buches haben sich als Botschafter einer außerirdischen Zivilisation dazu verpflichtet, von näheren Erläuterungen zu diesem Thema zunächst abzusehen.
"Die X- Akten stellen für das offizielle Kompendium einen ebenbürtigen Gegner dar; vielleicht liegt das Buch aufgrund seiner kritischeren Haltung sogar um ein paar Punkte vorne.
Dem X- Phile aber, dem nun weder das eine noch das andere Kompendium zum Löschen seines nie versiegenden Wissensdurstes ausreicht, sei Jane Goldmans Buch "Die wahren X- Akten empfohlen. Noch wesentlich ausführlicher als in "Die X- Akten werden hier alle Folgen der ersten Staffel hinsichtlich ihrer unheimlichen, paranormalen, mythenhaften, unglaublichen Handlungen abgeklopft. Wissenschaftliche Theorien wechseln sich mit authentischen Zeugenaussagen ab; geheime Militärberichte konkurrieren mit Regierungsdementis. Goldman hat glücklicherweise kein So - ist - es - wirklich - und - nur - ich - kenne - die - Antwort- Buch geschrieben, ganz direkt fordert sie den Leser auf, sich selbst ein Bild aufgrund der Beweislage zu machen. Ähnlich wie in der Serie auch, bleiben viele Fragen daher (zwangsläufig) unbeantwortet. Die zahlreichen Fallbeispiele, Gesprächsnotizen und Fotografien regen aber zum Nachdenken an.
Die Autorin bekennt offen das Problem der Parapsychologie: "Wo ein Experte seine Meinung vertritt, gibt es immer einen zweiten, der genau das Gegenteil behauptet. Durch die Lektüre wird aber auch überdeutlich, daß ein einseitiger (naiver) Glaube an die Unfehlbarkeit der Wissenschaft viele der geschilderten (und existenten!) Phänomene nicht erfassen kann. Ein Fall wie der des unheimlich schlangenhaften Tooms (in "Das Nest) ist zwar erfunden, die Autorin führt aber eine große Anzahl von Beispielen an, die beweisen, daß selbst der menschliche Körper (zumindest in Teilbereichen) noch eine terra incognita ist. Die Besonderheiten unserer Spezies reichen dabei von scheintoten Fakiren, über Menschen, die sich wie Reptilien häuten oder elektrische Energie aussenden, bis hin zu solchen, die Feueratem speien oder durch feste Materie hindurchsehen können. Bei den angeführten Beweisen ist allerdings ein fließender Übergang zwischen amtlichen (medizinischen) Gutachten und urbaner Legendenbildung festzustellen. Dieses Risiko kann Goldman jedoch bedenkenlos eingehen; sie behauptet schließlich nicht, daß sich jeder Fall hundertprozentig so abgespielt hat. Die erschlagende Fülle des Materials zeigt aber deutlich, daß es dennoch viele Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die das abgesicherte Wissen des ausgehenden 20. Jhd.
einfach verneint.
Besonders deutlich wird dies am Beispiel des Ufo- Phänomens, eines der zentralen Themen der Akte- X- Serie. Der Titel des Buches ist etwas irreführend; in Wahrheit existieren beim FBI keine X- Akten. (Soweit man weiß.) Auf den über 100 Seiten, die Jane Goldman den UFOs widmet, öffnet sie aber doch so etwas wie eine geheime Verschlußsache. 95 % aller UFO- Sichtungen sind rational erklärbar; doch was ist mit den übrigen 5%? Diese Zahl ist signifikant, die Phänomene existieren. Erst in zweiter Linie kann man sich nun Gedanken darüber machen, ob sie außerirdischen oder vielleicht auch nur psychischen Ursprungs sind. (Eine der aufgeführten Theorien beschreibt UFOs als psychosoziale Phänomene, die durch "kulturellen Glauben und visionäre Erfahrung entstünden. Aber: Radaraufzeichnungen und Videos von psychischen Vorgängen?) - Verbunden mit dem UFO- Phänomen ist in der Serie auch die These, daß höchste Regierungskreise von der Existenz Außerirdischer wissen, diese Informationen aber um jeden Preis geheimhalten. Nur die wirre Fantasie einiger weniger UFO- Verrückter? Angefangen von geschnittenen Funkaufnahmen von Apollo 11, in der die Astronauten angeblich von einem fremden Raumfahrzeug sprachen, über offenbar falsch entwickelte Fotos, die James McDivitt durch das Fenster von Gemini IV schoß (und dabei ein unidentifizierbares Objekt aufnahm), bis hin zum Geständnis , das die Regierung 1994 (47! Jahre nach Roswell) machte (und damit zugab, daß es sich seinerzeit nicht um einen Wetterballon, sondern um ein Spionageprojekt zur Erkundung der russischen Atomtechnik gehandelt habe), wird die Konspirations- Theorie allerdings erhärtet.
Eine interessante Theorie ist folgende: Gewissen eingeweihten Regierungskreisen ist durchaus daran gelegen, daß die Wahrheit an den Tag kommt - allerdings wohldosiert. Eine direkte Konfrontation mit dem Unbekannten droht einen Kulturschock auszulösen; die Indoktrination kann daher nur schleichend vollzogen werden. . Selbst Filme wie "E. T. und "Unheimliche Begegnungen der dritten Art tragen ihren Teil dazu bei. (Aber wer hat dann Emmerich seinen "ID4 gestattet??)
"Die wahren X- Akten bieten - ähnlich wie auch die Serie - keine endgültigen Antworten, sie werfen aber eine Fülle von Fragen auf, die die Grundfesten unserer ach- so- aufgeklärten Zeit arg ins Schwanken bringen könnten. Ein amüsanter populärwissenschaftlicher Streifzug durch die real existierenden Twilight- Zones des gar nicht so eintönigen Alltags. Man kann schon jetzt darauf gespannt sein, welche Beweise Jane Goldmann im zweiten Band vorlegen wird, in dem sie sich ausführlich auf die Staffeln 2 und 3 der Serie bezieht.
Heep/Alberts/Krick: "Die X- Akten
Heep Verlag GmbH; Königswinter 1996
Sc.; 176 Seiten; DM 29,80
Jane Goldman: "Die Wahren X- Akten - Das Buch der unerklärlichen Phänomene - Bd.1 (The X- Files - Book of the Unexplained)
vgs Verlagsgesellschaft, Köln 1996
Hc.; 352 Seiten; DM 48,00
Aus dem Amerikanischen von Susanne Lück
18. Dez. 2006 - Andreas Wolf
Der Rezensent
Andreas Wolf

Total: 84 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen
* Andreas Wolf, auch als Autor unter dem Pseudonym
ARTHUR GORDON WOLF bekannt,
* Jhg. 1962
* Pendler zwischen dem Bergischen Land und dem Niederrhein, wo er als Lehrer an einem Gymnasium arbeitet
* schreibt Rezensionen für das Magazin "phantastisch!" sowie Short - Stories, Erzählunge...
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