99 Gedichte Aufbruch
Die 1950 in Berlin geborene Lyrikerin Reinhild Paarmann verfasst seit ihrem siebzehnten Lebensjahr vor allem Gedichte in den unterschiedlichten Versmaßen wie zum Beispiel Haiku und Tanka, hin und wieder aber auch Erzählungen.
Seit ihrem Studium der Sozialarbeit und Sozialpädagogik, während dem sie an einem Projekt zur Förderung von Schriftstellern in Berlin-Schöneberg teilnahm, ist sie in verschiedenen Gesellschaften und Vereinen, die sich mit dem Schreiben beschäftigen, aktiv, organisiert Lesungen und trägt ihre Werke natürlich auch selbst vor.
Zudem veröffentlicht sie regelmäßig in Literaturzeitschriften wie Die Brücke und Maskenball aber auch in Anthologien. Zudem sind eigene Bücher erschienen - wie 99 Gedichte Aufbruch.
Wie der Titel schon verrät, liegt eine Sammlung von Lyriken vor, die sich mit dem Thema Reise und Aufbruch beschäftigen, mit äußeren und inneren Wahrnehmungen der Umgebung in ihrer rein körperlich-irdischen, aber auch abstrakten Gestalt. Laut dem Nachwort verkörpern sowohl das Bild auf dem Titel als auch das auf der Rückseite diese Dualität. durch das erste Tor blickt man auf Orte und Zustände, die vorhanden sind, das nächste ermöglicht den Blick in das Imaginäre, in die Anderswelt.
So sind viele Gedichte auch Momentaufnahmen, die in schonungsloser Härte die Zustände in heruntergekommen Vierteln Berlins wie Neukölln enthüllen oder die nüchterne Vergänglichkeit eines ehemaligen Ferienortes wie Lindow-Banzendorf, während die Eindrücke von Lokalitäten in anderen Ländern eher märchenhaft verträumt wirken und oftmals ein Was wäre wenn herauf beschwören, wie den Blick auf das Schloss der Madame Maintenon, die man jeden Augenblick zu erwarten scheint, das quirlige Kalifornien oder dem geschichtsträchtigen Chicago.
Zustände greift kleine und größere Ereignisse aus dem Leben der Autorin auf, die sie niemals vergessen hat, Welten, Betrachtungen und Sphären, lösen sich von dem Hier und Jetzt. Sie entführen in die Welten der Imagination und frei fliegenden Gedanken, die Stimmungen und Visionen bar jeden direkten Bezuges zu der Realität einfangen wollen.
Wie so oft sind Lyriken mehr als jede Erzählung Geschmackssache. Um sich in sie vertiefen zu können, muss man schon offen für die Texte sein, die einem ganz bestimmten Muster folgen und ihren Inhalt ganz anders als Prosa vermitteln.
Auch hier macht sich bemerkbar, dass schon die Gedichte einer Person sehr unterschiedlich sein können und oft nur verständlich werden, wenn man sie mit der eigenen Erfahrung und Wahrnehmung verknüpfen kann.
So wirken manche Gedichte wie willkürlich auseinander gerissene Prosatexte, weil sie dem Leser durch Adjektive zu viele Eindrücke aufzwingen. Bei anderen ermöglichen die schmückenden Beiworte erst die Entfaltung der eigentlichen Stimmung. Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, welches Gedicht ihn berührt und welches nicht Reinhild Paarmann bietet in ihrer Sammlung jedenfalls eine große Auswahl unterschiedlicher Gedichte, die je nach Stimmung berühren oder stören, anziehen oder abstoßen können. Ihrem Anspruch Aufbruch und Bewegung zu beschreiben, wird sie aber gerecht.
Alles in allem ist 99 Gedichte Aufbruch eine sehr abwechslungsreiche Lyrik-Sammlung, die vor allem Freunde außergewöhnlicher Gedichte ansprechen wird. (CS)
18. Mai. 2009 - Christel Scheja
Der Rezensent
Christel Scheja
Total: 567 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen
[Zurück zur Übersicht]
|