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Mondfeuer

MONDFEUER
MONDFEUER

Volker Krämer
Roman / Mystery

Zaubermond

Professor Zamorra: Band 31
Fester Einband, 256 Seiten

Aug. 2009, 1. Auflage, 14.95 EUR
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Mit „Mondfeuer“, dem inzwischen 31. Hardcover der Professor Zamorra Reihe, legt Volker Krämer eine weitere Geschichte vor, in welche in diesem Fall aktuelle Jubiläen integriert worden sind. Vor vierzig Jahren fand die Landung auf dem Mond statt und der Mond steht zumindest indirekt auch im Mittelpunkt des plottechnisch erstaunlich geradlinig und insbesondere ab der Mitte vorhersehbaren Plots. Dabei soll von Beginn an nicht ausgedrückt werden, das die vorliegende Geschichte langweilig ist. Sie lebt von ihren Nebencharakteren, deren Schicksal von den ersten Seiten an miteinander verbunden ist- aber in jeder Zusammenfassung lässt sich zu deutlich erkennen, dass Volker Krämer routiniert, aber leider nicht inspiriert auf plottechnische Mechanismen zurückgreift.

Er beginnt seine Geschichte im russischen Gulag, ebenfalls im Jahre 1969. Das Wettrennen um den Erdtrabanten zwischen Russland und Amerika ist in vollem Gange. In dem kleinen, von der Welt isolierten und in der Steppe der Mongolei gelegenen Gulag interessiert sich nur Timofej für den Mond. Er ist der Enkel des sadistischen Aufseherpaares, das die in erster Linie politischen Gefangenen quält. Timofej ist von seiner Mutter ins Lager zu den Großeltern gebracht worden. Anscheinend so will es die Lagerlegende wissen von einem geheimnisvollen Insassen gezeugt. Timofejs Mutter schlägt sich inzwischen als Prostituierte in einer nahen Stadt durch das entbehrungsreiche Leben. Nachts spricht der Junge mit dem Mond. In ihm scheint ein besonderes Feuer zu glimmen. Eine geheimnisvolle Kraft möchte, das er das Mondfeuer vom Erdtrabanten wieder zurück holt. Für einen Jugendlichen in einem Gulag in de Mongolei im Grunde eine unmögliche Mission. Stattdessen muss Timofej jeden Tag kontrollieren, ob wieder ein politischer Gefangener ums Leben gekommen ist und begraben werden muss. Die brutale Ausbeutung insbesondere der politischen Gefangen beschreibt Volker Krämer ausgesprochen eindringlich und diese Sequenzen gehören zum Emotionalsten und Besten, was er bislang für die Hardcoverreihe verfasst hat. Vielleicht überzeichnet der Autor Timofejs Großeltern ein wenig zu sehr und erweckt den Eindruck, als spiele die Geschichte nicht in den späten sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts, sondern eher im Zeitalter Charles Dickens. Das einzige Mädchen, das ein wenig nett zu Timofej ist, ist die übersinnliche begabte Darjun, die unschuldig mit einem Verwandten einsitzt. Als dieser stirbt, versucht Timofejs Großeltern Darjun wie in archaischen Zeiten zu einer Art Haussklavin zu machen. Wie absehbar führt diese Überscheitung einer bislang eher unsichtbaren Grenze zur Katastrophe. Timofejs Kräfte brechen aus und er verwandelt das Lager in eine Flammenhölle. Auf der Flucht verliert er Darjun aus den Augen. Er wird selbst von einem ihm sympathischen Wächter in die nächste Stadt gebracht, wo er schließlich in letzter Sekunden den Regierungstruppen entkommen muss. Er verschafft sich eine neue Identität, in dem er im Krankenhaus seine persönlichen Angaben fälscht. Der Zerfall der Sowjetunion führt ihn schließlich in die USA. Auch wenn die Karriere bei der Tendyke Industries im Grunde nur als Übergang zu eigentlichen, zweiten Handlungsbogen dient, verbiegt der Autor jegliche Realität und führt seinen Protagonisten eher mechanisch als wirklich plottechnisch überzeugend an den richtigen Ort zur richtigen Zeit. Professor Zamorra begleitet eher aus Langeweile einen Freund in die USA und später mit dem Spider der außerirdischen Rasse auf den Mond. Als Geologen und Spezialisten nehmen sie natürlich Timofej mit. Das Mondfeuer entpuppt sich als schwarzer Dhyarra, der auf dem Trabanten versteckt worden ist. Zamorra macht sich folgerichtig Sorgen, das Timofej unter dessen Einfluss geraten wird. Das geschieht und nach der Rückkehr auf die Erde flieht die schwarze Dhyarra in einer der wenigen wirklich überraschenden Wendungen in die Hölle, um dort gegen Asmodis ein Schreckenregime zu errichten. Auf einer zweiten Handlungsebene erfährt der Leser im Gegensatz zu Timofej vom Schicksal Darjuns, die zu einer mächtigen Amazone ausgebildet worden ist.

In kaum einem anderen Universum funktioniert die Verbindung zwischen Mystik und Technik so gut wie bei Professor Zamorra. Der Leser akzeptiert, dass Professor Zamorra zeitlos durch Blumen schreiten oder mit einem etwas den menschlichen Bedürfnissen angepassten Spider zum Mond fliegen kann. Vor diesem Hintergrund funktioniert der Mitteil der Geschichte noch passabel. Der Leser ahnt genau wie Professor Zamorra, dass es mit Timofej kein gutes Ende haben wird und das Mondfeuer nicht unbedingt einen guten Einfluss haben wird. Es ist erstaunlich, dass Volker Krämers Geschichte im letzten Drittel des Buches trotz Asmodis Auftreten und des interessanten Verstecks in der Hölle viel an Fahrt, an Elan verliert. Zu viele Mechanismen greifen routiniert, aber wenig inspiriert.

Bislang gehörte die Charakterisierung von wichtigen Protagonisten nicht zu Volker Krämers Stärke. Im vorliegenden Roman verlässt er sich rückblickend auf die beiden wichtigen Protagonisten Timofej und zu Beginn sowie am Ende des Buches Darjun. Im Gulag ist die kraftvolle und im Grunde aus dem Nichts kommende Eruption von Timofejs übernatürlichen Kräften sehr lange und ausführlich vorbereitet worden. Das Erwachen aus seinem naiven Exil, das kritische Hinterfragen seines bisherigen Lebens unter Gefangenen und als Gefangener wird vom Autoren sorgfältig und detailliert beschrieben. Die Sympathieebene funktioniert, wahrscheinlich auch, weil die Antagonisten teilweise stark übertrieben klischeehaft beschrieben worden sind. Die Freundschaft zu der jungen und eher Lebens erfahrenen Darjun wird behutsam und emotional überzeugend geschildert. Die Einflüsterungen vom Mondwesen sind verführerisch, die Prophezeiungen ganz bewusst vage und unerreichbar beschrieben. Mit der Eruption der übernatürlichen Kräfte nimmt der bislang stimmungsvolle und atmosphärisch dunkel/ dichte Roman an Fahrt auf. Verliert aber auch schnell seinen Fokus und möchte insbesondere im zweiten Viertel zu viel auf einmal erzählen. Wie sehr es Volker Krämer gelungen ist, einen überzeugenden und vielschichtigen Charakter zu erschaffen, zeigt sich auf den letzten Seiten. Verführt und von dunkler Macht besessen ist Timofej schließlich das Bauernopfer im ewigen Kampf zwischen gut und böse. Die Vereinigung mit Darjun ist kurz, pointiert und passend beschrieben. Ihren Lebensweg zeichnet Volker Krämer in kurzen, interessanten, vielleicht sogar eine eigene Geschichte verdienenden Episoden, die aber zusammengefasst eher konstruiert und fokussiert erscheinen als die auch handlungstechnisch viel besser funktioniere erste Handlungsebene. Im Hintergrund agieren Professor Zamorra – Nicole hat im ganzen Roman keinen Auftritt und wird nur kurz erwähnt – und mit Abstrichen Asmodi. Der Professor wirkt eher eindimensional und etwas vernachlässigt gezeichnet. Volker Krämer verweist auf den vierteiligen Desasterzyklus, nach dessen erschütternden Erlebnissen Zamorra erst wieder zu sich finden muss. Aber alleine als indirekter Erzähler, als Resonanzkörper für den Leser wird der Charakter im vorliegenden Band ein wenig verschenkt. Im letzten Drittel des Buches agiert er förmlich aus dem Nichts heraus sehr zielstrebig und kann natürlich eine Ausweitung der Katastrophe im letzten entscheidenden Moment verhindern. Aber die Intensität der Auftaktszenen wird nicht mehr erreicht. Einen eigentlichen Antagonisten gibt es im ganzen Roman nicht. Sicherlich eine lesenswerte Konstruktion. Der schwarze Dhyarra- Kristall ist eher ein geeignetes Werkzeug, das Menschen beeinflusst oder verändert, aber kein „eigenständiger Charakter“. Es ist aber leider bezeichnend, das der unheilvolle Einfluss vom Mond aus in den nächtlichen Gesprächen mit Timofej effektiver ist als die spätere direkte Konfrontation.

Zusammengefasst ist „Mondfeuer“ ein überdurchschnittlicher Roman, aber ein nur beinahe herausragendes Werk im Rahmen der Professor Zamorra Hardcoverreihe. Das liegt in erster Linie an den Nebenfiguren und dem exzellenten ersten Drittel des Buches. Der Mittelteil ist überwiegend mechanisch und nicht immer wirklich spannend geschrieben. Mit der Landung auf dem Mond schlägt Volker Krämer den Spannungsbogen sehr stringent auf den Showdown über. Dieser ist zufriedenstellend geschrieben. Das Eingreifen der Amazonen und die Wiedervereinigung von Timofej und Darjun werden von einer Reihe unterhaltsam geschriebener Actionszenen begleitet. Professor Zamorra und Asmodi wirken beim Showdown eher wie Statisten. Das Ende selbst ist – wie schon angesprochen – frühzeitig erkennbar und Volker Krämer gelingt es nicht, den Leser zu überraschen oder außerhalb der emotionalen Ebene anzusprechen. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, den plottechnischen Kreis nicht in der Hölle, sondern im gegenwärtigen Russland zu schließen. Mit ein wenig Recherche hätte Volker Krämer aufzeigen können, dass sich manches in dem riesigen Land nicht wirklich verändert hat. So beschließt der Autor das Buch eher auf einem serientypischen Ende, nachdem er so ausgezeichnet und empfehlenswert begonnen hat.

28. Sep. 2009 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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