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Gustav Theodor Fechner

GUSTAV THEODOR FECHNER

Kurd Laßwitz
Buch / Sachbuch

Dieter von Reeken
Abt. II Band 5, Hardcover mit Lesebändchen
236 Seiten

Mit der Biographie und im zweiten Teil kritischen Auseinandersetzung mit Fechners Gedankenmodell führt Herausgeber Dieter von Reeken die Veröffentlichung der sekundärliterarischen Schriften Kurd Laßwitz im Rahmen seiner Kollektion Kurd Laßwitz weiter fort. Laßwitz hat sich insbesondere in seinen späten Schriften wie „Sternentau“ oder „Aspira“ mit der von Fechner propagierten Allbeseelung zumindest der Natur, wenn auch nicht des Universums auseinandergesetzt. Schon Kurd Laßwitzs erste literarische, noch romantisch gefärbte Arbeiten haben verschiedene Ideen Fechners eher impliziert, aber für den Leser deutlich erkennbar vertreten. Neben Immanuel Kant gehört Fechner zu den Philosophen und Wissenschaftlern, mit denen sich Kurd Laßwitz auch sekundärliterarisch auseinandergesetzt hat. Er hat an der Werksausgabe von Kants gesammelten Schriften mitgearbeitet und eine kurze Schrift über dessen Kritik des Erkennens verfasst hat. Mit der Gedankenwelt des Gustav Theodor Fechners hat sich Laßwitz nicht nur im Rahmen der hier neu veröffentlichten Biographie, sowie einer kritischen Betrachtung dessen Gedankenmodells auseinandergesetzt, sondern ist insbesondere auf Fechners Arbeiten „Nanna oder Über das Seelenleben der Pflanzen“ (1848) sowie „Zend- Avesta oder über die Dinge des Himmels und des Jenseits“ (1851) in extra für die Neuauflagen geschriebenen Einleitungen und Vorwörtern eingegangen. Dieter von Reeken hat diese seltenen Texte als Anhang an Fechner hier vorliegende Biographie dem Leser ebenfalls zur Kenntnis gebracht. Somit stellt der fünfte Band in der Abteilung II in dieser Form eine Erstveröffentlichung dar. Auch wenn es im Rahmen der beiden längeren Texte sowie der Einleitungen und Vorwörter zu Überschneidungen und Wiederholungen kommt, hat sich Dieter von Reeken richtig entschieden, als Aufsätze und Essays zum Thema Fechner in einem Band zusammenzufassen.
Das Interessante insbesondere des zweiten Teils „Das Weltbild“ überschrieben ist Kurd Laßwitzs eher ambivalentes Verhältnis zu Fechnerns Theorie. Sie geht dem Autoren teilweise zu weit und ist gegenüber wichtigen Erkenntnissen zu widersprüchlich sowie als Ganzes gesehen zu unkritisch. Beginnt der Leser Kurd Laßwitzs These allerdings in einen engen Zusammenhang mit Laßwitzs eigenen literarischen Arbeiten zu stellen, so überrascht die Tatsache, dass die fehlende Selbstkritik positiv zu Arbeiten wie „Sternentau“ oder „Aspira“ beigetragen hat. Phantasievoll hat der Autor die positiven, wenn auch aus heutiger Sicht fast naiv erscheinenden Aspekte von Fechners Lehren in eine romantische, dem Menschen als Höhepunkt der Schöpfung kritische Geschichte integriert und auf phantastische Weise extrapoliert. Auch in Kurd Laßwitzs Werk findet sich keine kritische Selbstreflektion. Natürlich fließen zumindest nach der hier zusammengefassten Aspekten die weltlichen wie religiösen Aspekte zusammen. Die Religion hat der Gymnasiallehrer und Naturwissenschaftler Kurd Laßwitz in seinen ersten Arbeiten durch eine Art mystische Wesenheit der Natur – siehe den Gott der Berge, der in „Sternentau“ das menschlich irdische Geschehen eher verwundert verfolgt – ersetzt. Entspricht diese leichte Pagan- Kult nicht Fechners Annäherung an eine allumfassende Schöpfung? In wie weit Fechner seine Lehre als eigenständige Religion verstanden haben wollte, erschließt sich dem Leser im Grunde an keiner Stelle des Essays wirklich. Viel mehr hat man den Eindruck, als sähe Fechner die beseelte Natur als einen natürlichen und wichtigen Bestandteil der allumfassenden Schöpfung. Gott ist ein elementarer Bestandteil seiner Theorie. Aber in diesem Punkt ist er sicherlich nicht der einzige Philosoph, der in seinen Elfenbeintürmen auch auf die Religion zurückgegriffen hat. Das Dogmatische seiner Arbeit bedingt sich aus dem abstrakten Ansatz, der im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Fortschritten auf den Gebieten der Biologie, der Physik und auch der Chemie von Anfang an weder beim Menschen noch bei der Natur wirklich greifbar ist. Selbst Kurd Laßwitz findet keinen überzeugenden Beweis für die Seele im Menschen, geschweige denn in der Natur. Laßwitz kritisiert zu sehr, dass Teile seiner Thesen Produkte der Phantasie sind. Welche Philosophie benötigt nicht einen Hauch an Phantasie, um sich zu entfalten? Die Trennung ist dem Naturwissenschaftler Laßwitz zu wenig scharf. Ebenfalls ein Vorwurf, den ein Leser auch Kurd Laßwitz phantasievollen Geschichten machen könnte. In diesen Texten verbindet der Autor nicht selten die Idee der beseelten Natur mit modern denkenden und vor allem wissenschaftlich ausgebildeten Protagonisten. Am Ende zieht Kurd Laßwitz das Fazit, dass Fechner mit seinen Ideen zwischen allen Stühlen gesessen hat. Obwohl auch heute noch interessant und teilweise ungewöhnlich modern zu lesen, fehlt Kurd Laßwitz am Ende der Mut, ein positives oder negatives Fazit zu ziehen und sich entsprechend überzeugend gegen oder für Fechners Lehre zu positionieren. Viele Gedanken aus den Vorwörtern bzw. Einleitungen werden im Hauptwerk „Das Weltbild“ geschickt extrapoliert, teilweise auch gedanklich von Kurd Laßwitz relativiert, aber der Leser vermisst am Ende eine überzeugende Resonanz hinsichtlich des eigenen Schaffens und einer möglichen Integration der nicht unbedingt negativ gemacht Außenseiterideen Fechners.
Sehr viel lesenswerter und interessanter ist das erste Essay, in dem Kurd Laßwitz ausführlich und teilweise sehr mitfühlend auf Fechners „Leben und Wirken“ eingegangen ist. Im Gegensatz zum nicht zuletzt aufgrund seines Berufs als Gymnasiallehrer in sicheren finanziellen Verhältnissen lebenden Laßwitz hat sich Fechner sehr früh durch seine intensiven Studien insbesondere auch mit optischen Lichteffekten sowie Elektrizität das Augenlicht schwer geschädigt und hat drei Jahre krankheitsbedingt kaum arbeiten können. Seine ersten literarischen Versuche fanden auf dem Gebiet der humoristischen Schriften – auch Laßwitz hat sich Zeit seines schriftstellerischen Lebens auf diesem Gebiet immer wieder getummelt – statt. Im Gegensatz zu Kurd Laßwitz hat sich Fechner gegen weitere belletristische Arbeiten entschieden. Kurd Laßwitz hat mit seinen ersten Arbeiten – siehe sowohl den unter Pseudonym veröffentlichten Roman „Sternentau“ als auch ein entsprechendes Theaterstück – getummelt, während Fechner schließlich im Anschluss an seine Krankheit zur Philosophie gewechselt und Mitte des 19. Jahrhunderts seine wichtigsten Thesen veröffentlicht hat. Während Kurd Laßwitz nach dem überragenden Erfolg seines Science Fiction Epos „Auf zwei Planeten“, das mehr Ideen aus der Glaubenslehre Kants als Fechners verarbeitet hat, literarisch in Vergessenheit geraten ist, konnte sich Fechner zumindest über berufliche Ehren wie den Ehrendoktor der Medizin und die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Leipzig freuen. Insbesondere das ästhetische Assoziationsprinzip wird nicht nur heute noch angewandt, sondern unterstreicht Fechners Bedeutung für den ganzen Bereich der heutigen Ästhetiklehre.
Nicht zuletzt aufgrund der Bedeutung Fechners außerhalb seiner Theorie der beseelten Natur und natürlich der Seltenheit des vorliegenden Textes ist Laßwitzs Essay über den Philosophen Fechner eine wichtige Ergänzung der literarischen Veröffentlichungen im Rahmen der Kollektion Laßwitz. Ein direkter Vergleich offenbart, an welchen Stellen sich Laßwitz wie für die eigenen Arbeiten hat inspirieren lassen. Wie alle Texte dieser Kollektion Laßwitz des Dieter von Reeken Verlages ist der Band liebevoll mit einem informativen Vorwort sowie ausführlichen Ergänzungen versehen worden. Im Bereich der sekundärliterarischen Arbeiten sicherlich Kurd Laßwitzs vielschichtigste, wenn auch ambivalente Veröffentlichung.

09. Dez. 2009 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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