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Die Werwölfe

DIE WERWÖLFE

Christoph Hardebusch
Hörbuch/Hörspiel / Düstere Phantastik

Der Audio-Verlag

6 Audio-CDs, 471 Minuten
ISBN: 978-389813950-2

Mar. 2010, 24.99 EUR
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“Angenommen, diese Wolfsmenschen würden nicht nur über die Macht verfügen, sich in Wölfe zu verwandeln, sondern auch über eine gewisse Magie, die sie schützt. Und hätten sie nicht allen Grund im Verborgenen zu bleiben? Denn einmal angenommen, diese Kreaturen gäbe es wirklich, dann hätten sie gewiss mächtige Feinde, die sie jagen. Sei es, um sie zu töten, sei es, um sie sich zu Nutze zu machen.“


Italien, Anfang des 19. Jahrhunderts. Der junge Adlige Niccolo zögert, Valentine, der Gesellschafterin seiner kleinen Schwester, seine Liebe zu gestehen, als sein Vater ihn vor dem bevorstehenden Militärdienst auf eine Grand Tour durch die Adelshäuser Europas schickt. Auf dem ersten Teil des Weges wird ihn Valentine begleiten, bis diese bei ihrer Familie am Genfer See zurückbleiben wird. Zu Gast bei Valentines Familie lernt Niccolo zufällig den englischen Romancier George Byron kennen, der den jungen Adligen sogleich in die Villa Diodati einlädt, wo er gemeinsam mit Percy Shelley, Mary Goodwin (die spätere Frankenstein-Autorin Mary W. Shelley), deren Stiefschwester Claire Clairmont und seinem Leibarzt John Polidori nebst Diener residiert. Das Treiben dort genießt einen zweifelhaften Ruf in den umliegenden Gemeinden. Gerüchte von Orgien, Sodomie und sogar Teufelsbeschwörungen machen die Runde. Niccolo, selbst äußerst belesen, gerät immer mehr in den Bann der dekadenten und freigeistigen Gesellschaft und verbringt schließlich ganze alkohol- und laudanumgeschwängerte Nächte im Kreis der Engländer, bis die Männer ihn schließlich in ihr düsteres Geheimnis einweihen. In dieser Nacht der Erkenntnis wird die Gemeinschaft zerschlagen. Niccolo muss fliehen und Valentine ohne versöhnlichen Abschied verlassen. Fortan streunt Niccolo durch Europas Höfe, bis ihm bewusst wird, dass das Treffen mit Byron und dessen Rudel tiefere Spuren hinterlassen hat als zunächst angenommen. Nach dem Tod seiner Eltern treibt die Neugier Niccolo schließlich ins osmanische Reich, wo er hofft, endlich Antworten auf seine quälenden Fragen zu erhalten und einen Weg zu finden, seinen Fluch zu brechen.


“Der zweifelhafte Ruf der Bewohner und Gäste der Villa Diodati fußte sicherlich auf dem ungewöhnlichen Umgang und der Missachtung mancher Sitten und Moral.“


Lassen die ersten Minuten von DIE WERWÖLFE noch eine Romantikschmonzette erwarten, in denen eben diese Kreaturen von Jägern des Vatikans verfolgt werden und der unbedarfte Adlige Niccolo lediglich Beobachter ist, entwickelt sich die Geschichte mit den Ereignissen in der Villa Diodati schon bald in eine sehr düstere und dekadente Richtung. Niccolo ist zerrissen zwischen seiner Liebe zu Valentine und dieser neuen, unkonventionellen Welt, die Byron und dessen Entourage ihm zeigen. Immer weiter entwickelt sich die Hauptfigur Niccolo, wird düsterer, zwiespältiger, interessanter. Überhaupt setzt Christoph Hardebusch in DIE WERWÖLFE auf Figurenentwicklung und Grautöne. Niemand ist hier ausschließlich gut oder böse und der Niccolo, den die Leser am Ende des Buches verlassen – 8 Jahre nach Beginn seiner Reise(n) – ist ein vollkommen anderer Mensch, als der unbedarfte und unschuldige Adelsspross, den wir zu Beginn im heimatlichen, sonnendurchfluteten Garten getroffen haben. Auch auf der Gegenseite – wenn man hier davon sprechen darf – erleben wir überraschende Gesinnungswandel, die aus dem unterschiedlichsten Motiven geschehen. Das verleiht den Figuren unerwartete Tragik und Tiefe.
Dass Niccolos Widersacher, Graf Karnstein, ausgerechnet ein Vampir ist, mag zunächst zu viel des Guten erscheinen, doch Christoph Hardebusch sagt selbst: "Ich wollte eine Welt erschaffen, in der es mehr phantastische Elemente als nur die Werwölfe gibt. Werwolf und Vampir haben in vielen Volksmythen ähnliche Wurzeln, und es erschien mir einfach passend, einen Vampir einzubauen.“. Außerdem hat der Autor mit diesem Vampir im zweiten Teil des Buches noch viel vor. Ein schönes Beispiel, wie gewissenhaft Christoph Hardebusch mit seinen Figuren umgeht.
Die dritte Partei in DIE WERWÖLFE bilden Beauftragte des Vatikans, die die Geschöpfe der Nacht mit aller Härte jagen und bekämpfen. Obwohl diese Gruppe nicht zwingend für das Funktionieren des Romans notwendig gewesen wäre, sind diese Jäger alles andere als bloßes Füllwerk oder gesichtslose Schergen. Auch hier legt Christoph Hardebusch eine beispielhafte Zuverlässigkeit in Sachen Personenzeichnung an den Tag.

Ähnlich wie Kim Newman in ANNO DRACULA (und zahlreiche weitere Beispiele) vermengt Christoph Hardebusch in DIE WERWÖLFE Fakt und Fiktion und baut reale, historische Personen, wie Lord Byron und dessen Freunde oder die Gelehrten Alexander und Wilhelm von Humboldt. Während des tatsächlichen Aufenthalts in der Villa Diodati soll beispielsweise Mary Shelleys Klassiker FRANKENSTEIN und Byrons DER VAMPYR entstanden sein.

Die Struktur von DIE WERWÖLFE ist episodenhaft, wobei man grob in drei Teile untergliedern kann. Tatsächlich ist das Buch in nur zwei Teile gegliedert, benannt „Prometheus“ - wo Niccolo das Feuer der Erkenntnis erhält - und Orpheus - in dem Niccolo ein unterirdisches Martyrium erwartet und er seine Geliebte (endgültig?) verliert -.
Die letzte Szene des Hörspiels vereint die liebgewonnenen Figuren wieder, doch nur, um diese neue, getrennte Wege einschlagen zu lassen. Die Karten sind neu gemischt und der Boden ist bereitet für eine mögliche Fortsetzung.


“Der Gedanke, dass abergläubische Dörfler des nächtens um das Gebäude schlichen erschreckte ihn und für einen Moment fragte er sich, ob sich nicht vielleicht ein Mob zusammen gerottet hatte, um den Bewohnern der Villa den Garaus zu machen. Doch die Lichter bewegten sich weg von Diodati und auch nicht Richtung Kolony, sondern fort von den Häusern - von aller Zivilisation - in Richtung der Berge.“


DIE WERWÖLFE ist ein großartiges, düster-romantisches Spektakel, das mit einer konsequenten Figurenentwicklung überzeugt, ausgelutschte Gut/Böse-Schemata vermeidet und den Spannungsfaden nie wirklich aus der Hand legt.

Das Hörbuch wird großartig intoniert von Simon Jäger (dem deutschen Synchronsprecher von Josh Hartnett und Matt Damon), den man sonst eher von Krimi- und Thrillerlesungen kennt. Jäger liest angenehm lebendig und versteht es, mit unaufdringlichen Modulationen einzelne Figuren unterscheidbar zu machen.

16. Jul. 2010 - Elmar Huber

Der Rezensent

Elmar Huber
Deutschland

Total: 674 Rezensionen
März 2018: 10 Rezensionen

(* 1972) kann sich noch dunkel an den "phantastischen Film" im Nachtprogramm des ZDFs erinnern, der damals (nicht zuletzt aufgrund des Zeichentrickvorspanns) schon eine gewisse Faszination ausübte.
Literarische Phantastik-Leseversuche folgten mit John Sinclair, Professor Zamorra und Stephen King. Auf der nachfolgenden Suche nach...

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