Widerworte
"Widerworte" - diesen Titel gab Lothar Veit seinem soeben erschienenen Liederbuch mit modernen geistlichen Liedern. Der Autor ist vielen bekannt durch seine Lieder zu evangelischen Kirchentagen und zu Landesjugendcamps, seine Werke finden sich auch in Beiheften zum evangelischen Gesangbuch, und er war Mitherausgeber des Liederbuchs "Singen, um gehört zu werden".
Die vorliegende Sammlung vereinigt Texte und Kompositionen aus rund 15 Jahren. Manches sind neue Texte zu alten Kirchenliedern, wie etwa "An jedem neuen Morgen" (Melodie von Johann Georg Ebeling, 1666), oft wurden auch Veits Texte von anderen Komponisten wie Ralf Grössler, Klaus Schöbel oder Winfried Heurich vertont, für das Lied "Wer glaubt, wird selig" gibt es eine Melodie von Jochen Arnold, die sich an das uralte evangelische Kampflied "Ein feste Burg" (Martin Luther, 1529) anlehnt.
Das Buch enthält 60 Lieder, gegliedert in die Kapitel "Feiertag", "Alltag", "Kirchentag", "Tagträume" und "Tagesschau". Veit schreibt über Macht und Machtmissbrauch, über Liebe, Tod, Vertrauen und Zweifel. Dabei ist es alles andere als ein weichgespültes Hab-dich-lieb-Christentum, das aus den Versen spricht. "Widerworte", ein Name, der Programm ist: Es ist eine Sammlung, die wider-spricht, die sich widerständig und widerborstig zeigt, die nicht auf der Welle des Zeitgeistes mitsurfen will und sich immer wieder querstellt. "Verlasst euch nicht auf die Bank", "den Staat" und "den Krieg" wird gesungen, aber gefolgt von einem nicht minder deutlichen: "Verlasst euch nicht nur auf Gott".
Da wird schon mal dem dümmlichen Neonazi zugerufen: "Lern erstmal sprechen", da wird gewettert gegen smarte Humankapitalverprasser oder Schreibtischtäter, für die Menschen nichts anderes als eine "Planungszahl im Aktenspind" sind. Da wird bitter gespottet über "Arbeitgeberluxussorgen" und "Marmorschreibtischfachidioten". Wortschöpfungen, die einem trotz des Ernstes und trotz der erschreckenden Haltung solcher Menschen immer wieder ein Schmunzeln entlocken. Aber es ist auch eine Sammlung der stilleren, nachdenklicheren Töne, die eben nicht in "Schunkelfröhlichkeit" ausartet.
Auf jeden Fall ist es ein Büchlein, in das auch Gelegenheitschristen oder Kirchen-Karteileichen durchaus einmal die Nase hineinstecken können. Es sind Texte, die es aushalten, auch ohne die Unterstützung der Musik gelesen zu werden. Oder, wie Fritz Baltruweit in seinem Vorwort schreibt: "Ein Buch, das zu lesen und zu spielen viel Freude macht. Und das in die Tiefen unserer Lebensfragen und unseres Daseins führt."
23. Jan. 2011 - Petra Hartmann
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Der Rezensent
Petra Hartmann

Website: http://www.petrahartmann.de
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*Jahrgang 1970
* lebt in Sillium.
*Sie studierte Germanistik, Philosophie und Politik und promovierte mit einer Arbeit über Theodor Mundt (1808 1861). Ausgebildete Redakteurin, arbeitete sieben Jahre lang für eine Tageszeitung. Derzeit ist sie freie Journalistin und Schriftstellerin.
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