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Du stirbst zuerst
Michael Shipman erwacht in einem Krankenhaus, ohne jede Erinnerung an die letzten zwei Wochen. Offenbar ist er aus einem Gebäude auf seinen Kopf gestürzt. Doch Michael verhält sich auch ansonsten äußerst merkwürdig. Er behauptet gesichtslose Menschen zu sehen und entwickelt eine paranoide Abneigung gegen sämtliche elektronischen Geräte, da er annimmt durch diese von den Gesichtslosen geortet und kontrolliert werden zu können. All dies ist angeblich Bestandteil einer großangelegten Verschwörung, an der auch die Regierung beteiligt ist. Als Michael einen der Gesichtslosen in seinem Zimmer sieht dreht er durch und verletzt einen Arzt und einen Pfleger. Kurz darauf wird er in die Psychiatrie verlegt. Dort wird Michael auf neue Medikamente eingestellt und seine wahnhafte Paranoia wird tatsächlich geringer. Doch das Misstrauen erwacht wieder als er von zwei FBI-Agenten vernommen wird, die einen Zusammenhang zwischen Michael und dem sogenannten Wellness-Killer sehen, der seit einigen Wochen die Stadt unsicher macht und bisher nur Angehörige einer Sekte ermordet hat, die sich Kinder der Erde nennt. Als Michael trotz der starken Medikamente nächtens erneut einem Gesichtslosen begegnet dreht er durch und tötet den Mann. Michael entkommt aus der Psychiatrie und ist ab sofort auf der Flucht vor der Polizei und den Gesichtslosen. Die Situation eskaliert. Existieren die Gesichtslosen wirklich oder spielt sich alles in Michaels krankem Geist ab? Die Antworten hofft Michael bei den Kindern der Erde zu finden. Ein folgenschwerer Fehler ... Meinung:Der vierte Roman des Bestsellerautors Dan Wells ist als Einzelroman, der mit der John Cleaver-Trilogie absolut nichts zu tun hat, erstaunlich eigenständig und erfrischend. Der Leser ist von Anfang an direkt im Geschehen und bis auf den Prolog, in dem die FBI-Agenten einen weiteren Mord des Wellness-Killers untersuchen, schaut man dem Ich-Erzähler Michael über die imaginäre Schulter. Auch in diesem Fall frönt Dan Wells seinem knackigen, flotten Erzählstil, der bereits die John Cleaver-Romane zu Pageturnern gemacht haben. Das Verwirrspiel zwischen Wahn und Wirklichkeit ist dem Autor glänzend gelungen und beinhaltet jede Menge Suspense und Spannung. Vor allem das Krankheitsbild der Schizophrenie wurde von Wells sehr anschaulich und nach dem neuesten Stand der Wissenschaft beschrieben, und das ist alles andere als leicht. Auch bei der medikamentösen Behandlung hat der Autor hervorragend recherchiert, wobei man natürlich von amerikanischen Verhältnissen ausgehen muss. Die ersten zwei Drittel des Romans sind einfach genial und schenken dem Leser Einblick in den Kopf eines Schizophrenen. Erst im letzten Drittel bekommt die Geschichte einen ausgeprägt fantastischen Anstrich. Aus einem realitätsnahen Horror-Trip in die Gefilde des menschlichen Geistes wird ein Dark-Fantasy-Thriller mit philosophischer Botschaft. Die Fragen die sich stellen sind, wie sehr sich unsere Umwelt durch die immer weiter fortschreitende Technisierung verändert und wie sich diese Veränderungen auf uns und unsere Mitgeschöpfe auswirken. Wer weiß, wie viele Spezies bereits von uns ausgerottet wurden, ohne dass wir von ihrer Existenz Kenntnis hatten?Der Bruch innerhalb der Handlung erfordert vom Leser eine gewisse Flexibilität, denn wer vom Finale begeistert ist, wird mit den ersten beiden Dritteln eher wenig anfangen können und jene, die gerade die ersten 300 Seiten des Buchs verschlungen haben, dürften vom Ende enttäuscht sein. Und doch sollte man der Geschichte die Chance geben aus sich selbst heraus zu wirken und sich einfach zurücklehnen und genießen. Dann wird man mit einem wirklich tollen Roman belohnt, der wie die anderen Bücher des Autors ebenfalls in dem bewährten, experimentellen Rough-Cut erschienen ist. Schriftgröße und Satzspiegel verwöhnen das Auge und gestalten die Lektüre äußerst angenehm. Die Coverillustration ist im gleichen Stil gehalten, wie bei den Cleaver-Bänden und zeigt die augenfällige Darstellung des Titels in einem Konglomerat aus Scherben, das den zerrütteten Geist des Protagonisten symbolisieren könnte. Der deutsche Titel hingegen ist ein wenig unpassend und schlecht gewählt. „Hollow City“ oder „Die unsichtbare Stadt“ wäre sehr viel treffender wenn auch vermutlich weniger verkaufswirksam gewesen. Fazit:Beeindruckender Beweis für die Vielseitigkeit des Autors. „Du stirbst zuerst“ ist ein flott erzählter Dark-Fantasy-Thriller der vor allem durch seine authentischen Schilderungen von Schizophrenie und ihrer Behandlung besticht. Das etwas konfuse Ende jedoch dürfte die Leserschaft spalten. 09. Okt. 2011 - Florian HillebergDer RezensentFlorian Hilleberg![]() * 03. März 1980 Im Jahre 1980 erblickte ich in Uelzen, einem kleinen malerischen Städtchen inmitten der Lüneburger Heide, das Licht der Welt. [Zurück zur Übersicht] |
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