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Feuersänger
Feuersänger ist ein junger Nithyara, der die Ausbildung zum Jäger durchläuft. Nachdem er seinen ersten Streicher erlegt hat und zusammen mit seinem Freund und Lehrmeister Nachtläufer zu den Höhlen ihres Clans zurückkehrt, tritt an die Stelle der Freude über die erfolgreiche Jagd das pure Entsetzen:
Die Kha’da’sena haben gemeinsam mit ihren Verbündeten, den Shir’athana, alle niedergemetzelt – und die Feinde sind noch nicht fort! Feuersänger singt das Sternenfeuer (nomen est omen) herbei, kann auf diese Weise Rache nehmen und sich selber retten, aber Nachtläufer stirbt an seinen schweren Verletzungen.
Völlig auf sich gestellt, begibt sich Feuersänger auf die Suche nach anderen Nithyara, um sie vor der Bedrohung zu warnen. Halb tot wird er von dem Jäger Sternenglanz gefunden, der ihn zu den Baumwohnungen seines Clans bringt. Mitternacht, die Anführerin, gestattet Feuersänger zu bleiben und unter Sternenglanz‘ Anleitung seine Ausbildung abzuschließen. Die Warnung des jungen Mannes nimmt sie sehr ernst, denn sie selber und der Legendenbewahrer Silbersang haben ähnliche düstere Träume von den Feinden wie Feuersänger.
Das Glück für Feuersänger, in Silbersang endlich seinen Seelengefährten und Liebsten gefunden zu haben, währt jedoch nicht lange. Die Kha’da’sena und die Shir’athana entdecken das Heim der Nithyara und greifen an. Diesmal gehen sie mit List vor und schaffen es beinahe, die Ahnungslosen zu überrumpeln, aber auch Feuersang und seine Freunde haben dazu gelernt. Trotzdem muss er einen neuerlichen Verlust erleiden und begibt sich wieder auf Wanderschaft …
„Feuersänger“ ist der erste umfangreiche Roman Tina Albas. Sie erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, des Titelhelden, dem das Schicksal sehr viel abverlangt. Erst verliert er seine Angehörigen und seinen geliebten Lehrer und einige Zeit später eine weitere Person, die ihm alles bedeutete. Er muss sich für einen von zwei Götter entscheiden, die über das Geschick der Nithyara wachen, und dem steinigen Pfad folgen, der ihm auferlegt wird. In Folge wird er zum Wanderer, zum Warner, zum Rächer und eines Tages selber zum Lehrer, der vielleicht noch einmal Glück erfahren darf.
Das Setting wirkt vertraut: Die Handlung spielt die meiste Zeit in dichten Wäldern, in denen Licht- und Dunkelelfen leben. Letztere kennen keinerlei Skrupel und verbünden sich sogar mit dämonischen Kreaturen, um jene, die einst zu ihnen gehörten, auszulöschen. Aber die Lichtelfen sind nicht wehrlos, denn sie besitzen Gaben, z. B. das Sternenfeuer, mit denen sie sich verteidigen können.
Stück für Stück wird die gemeinsame Vergangenheit der verfeindeten Elfen enthüllt, werden nützliche Hinweise entdeckt, neue Talente und Taktiken entwickelt. Der Kultur der Nithyara-Clans widmet sich die Autorin mit besonderer Hingabe, während man über die Gegner nicht gar so viel erfährt, sie durchweg böse‘ erscheinen und ihre Motive eindimensional und etwas schwammig bleiben.
Vor allem zu Beginn und im Mittelteil nimmt sich Tina Alba sehr viel Zeit für ihre Charaktere und den Alltag in Mitternachts Clan. Spannende Höhepunkte stellen die Kämpfe und überraschenden Strategien der Dunkelelfen und Dämonen dar, die die Lichtelfen in arge Bedrängnis bringen. Zwar wird Feuersänger erwartungsgemäß zum Retter, doch genauso vorhersehbar war sein neuerlicher Verlust.
Danach zieht das Tempo an. Feuersänger stößt auf das Dorf von Seelenfeuer, findet Anschluss und in Schattentänzer sogar einen Schüler. Dieser Part, in dem mehrere Jahre zusammengefasst wurden, ist leider deutlich weniger ausgearbeitet, er wirkt gerafft, und nicht alle noch offenen Fragen werden beantwortet. Das ist schade, denn dieses gedrängte Ende stört den insgesamt positiven Eindruck und hinterlässt das Gefühl, dass eigentlich noch ein zweites Buch folgen müsste.
Tina Alba schreibt routiniert und unterhaltsam. Sie zieht ihre Leser leicht in den Bann und lässt sie am Schicksal sympathischer Protagonisten teilhaben.
Die Schilderungen des Lebens der Nithyara und die Beziehungen, die die Charaktere zueinander Aufbauen, haben Vorrang vor der eigentlichen Handlung, die durchaus einige spannende Momente aufweist und auch romantische – homoerotische -, sehr emotionale Szenen beinhaltet. Diese werden gewandt und geschmackvoll umschrieben, ohne ins Detail zu gehen, so dass sich auch jene nicht sonderlich daran stören dürften, die mit Gay Romance, Slash und Boys Love wenig anfangen können.
Etwas gewöhnungsbedürftig sind die Ausdrücke und Namen, die entweder sehr ähnlich sind (Feuersänger, Sternenfeuer, Seelenfeuer …) oder gar nicht im Gedächtnis bleiben wollen (Thean’sharana, Sha’ir’ethár, Kha’da’sena …) – warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?!
Selbst wenn die Grundidee vom einsamen, gebeutelten Helden, der sein Volk vor bitterbösen Feinden bewahren will, nicht neu ist, Elfen und Dämonen Standard-Figuren der Fantasy sind, durch die ausführlichen Beschreibungen hin und wieder Längen entstehen und der Schluss zu knapp ausfällt, verdient das Werk Beachtung und wird gewiss vielen, insbesondere weiblichen Genre-Fans sehr gefallen. (IS)
29. Okt. 2011 - Irene Salzmann
Der Rezensent
Irene Salzmann

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Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...
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