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Die Entdeckung der Nachtseite

DIE ENTDECKUNG DER NACHTSEITE

Michael Siefener
Roman / Phantastik

Verlag Lindenstruth

Broschiert, 307 Seiten
ISBN: 978-393427362-7

Nov. 2011, 1. Auflage, 18.00 EUR
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Worum geht es?
Georg Breidenbach lernt Julia in seinem Antiquariat kennen. Hals über Kopf verlieben sie sich. Georg muss wegen mangelnder Kundschaft sein Geschäft schließen, bewirbt sich auf eine Stelle in der Gutenberg-Buchhandlung in einer großen Stadt und wird angenommen. Zusammen beziehen sie eine Wohnung in einem Mehrparteienhaus und Julia erhält eine Stelle in der Staatsanwaltschaft. Langsam beginnt sich Georgs Wesen zu verändern. Er träumt schlecht, in der ehemals freundlich erscheinenden Stadt nimmt er Schatten wahr und auch das Haus, ihre Wohnung beklemmt ihn. Julia lädt ihre Kollegen zum Essen ein, beim Treffen entlädt sich sein Unbehagen und er beginnt einen Streit mit den Arbeitskollegen seiner Frau und dadurch in folge auch mit ihr. Er glaubt, Auslöser sei die Sorge um seine Mutter gewesen, von der er sich im Streit getrennt und nicht mehr gemeldet hatte. Er besucht sie. Zu spät. Er findet sie tot in der Wohnung und dennoch erhebt sie sich mahnend in seiner Vorstellung und beschimpft ihn.

Fortan verändert sich Georg und für ihn sich seine Umwelt. Bedrohliche Begegnungen in der Stadt, Bewegungen am Rande seines Blickfelds, Gespräche mit Kollegen und Hausmitbewohnern enden damit, dass er seine Mutter in ihnen sieht, die ihn anschimpft und tadelt. Julia kann ihm keinen Halt geben, sie entfernen sich langsam voneinander. Georg flüchtet immer häufiger aus der Wohnung, aus dem Haus und erkundet die große Stadt, die ihm mehr und mehr wie ein Lebewesen erscheint. In einer Kneipe beobachtet er Maria und verfällt ihr. Diese Begegnung lässt ihn aufblühen, beruflich übernimmt er erfolgreich eine Bibliothek zu einem günstigen Preis, seine Albträume lassen nach, er kann Julia oberflächlich ein fürsorglicher Ehemann sein. Ähnlich wie Maria fasziniert ihn in dem Buchbestand, das Buch „Untersuchungen über die Nachtseite von Breidenbach“. Er klaut es und liest mit großer Beklemmung in dem Buch. Es scheint, als sei es für ihn oder sogar, über ihn geschrieben, und er unterlässt es aus Angst, weiter zu lesen. Hingezogen zu ihr, erwartet er in der Kneipe ihrer ersten Begegnung Maria und tatsächlich treffen sie sich und Georg spricht sie an. Schnell findet sie Gefallen an Georg und er an ihrer offensiven, Art Sex zu verlangen. Sie schlafen in Marias Wohnung miteinander.

Georg muss sein Verlangen, sich mit Maria zu treffen und in dem Buch zu lesen, kontrollieren. Die Beziehung zu seiner Frau Julia leidet, sie will und kann ihn nicht verstehen, sie leben sich auseinander. Georg taucht weiter in die Stadt ein. Skurrile Begegnungen häufen und wiederholen sich, drängen stärker in seine Träume und in sein Alltagsleben. Zeitgleich macht ein Serienkiller, der Hammermörder, von sich Reden, der vorwiegend nachts Obdachlose erschlägt. Die Angst vor ihm lässt Georgs Kontrolle, Maria nur freitags zu treffen wollen, schwinden und er sucht sie verzweifelt. Tiefer und tiefer dringt er in einen Strudel bizarrer Begebenheiten und ändert sein Wesen, indem er sich seinen Begegnungen stellt. Er fährt seine Nachbarin, eine ältere Dame, an und bezichtigt sie, eine Hexe zu sein, er verweigert es, einen vermeintlichen Kunden zu bedienen, den seine Mitarbeiter nicht sehen, weil er schon wieder verschwunden oder niemals existent war und verscherzt es sich mit einer Kollegin, die prompt den Diebstahl des Buches Georgs Chef beichtet. Dieser bittet Georg zum Gespräch und fordert ihn auf, das Buch zurück zu bringen. Georg beschließt, mit offenen Karten zu spielen. Er hofft auf Vergebung. Julia berichtet er von Maria. Seine Frau reagiert hart und verbannt ihn aus der gemeinsamen Wohnung. Seinem Chef Herrn Hartmann gesteht er den Diebstahl, bringt das Buch zurück, doch anstatt milde zu reagieren, nimmt dieser den Anlass, um Georg mit sofortiger Wirkung zu kündigen. Georg hat nun keine Arbeit und keine Wohnung mehr. Er irrt durch die immer feindlicher werdende Stadt, um Maria zu finden. Er trifft sie an und sie lässt ihn bei sich wohnen. Georg will Nähe, sie aber nur Sex. Georg spürt etwas böses Bedrohliches, welches ihn immer weiter in den Wahn zieht und dessen Höhepunkt für ihn erreicht ist, als er Marias Wohnung, ja sogar ihr Haus baufällig und verlassen nach einem Streifzug durch die immer labyrinthischere Stadt wieder findet. Träumt er alles nur? Auf einem Friedhof findet er eine Nachricht von ihr, auf einer sonderbaren Auktion gewinnt er sein Buch zurück. Seine einzige Hoffnung ist Julia, aber diese scheint unbekannt verzogen und auch in der Staatsanwaltschaft weiß niemand etwas über ihren Verbleib. Georg hat niemanden mehr.

Obdachlos findet er Gleichgesinnte, die ihm helfen, auf der Straße zu überleben. Gleichzeitig beginnt er zu trinken und seine Bekanntschaften sind nur von kurzer Dauer, denn auch sie überstehen nicht Georgs zwiegespaltenen Wahrnehmungen. Alleine, obdachlos und dem Suff verfallen, entdeckt Georg Schatten um Schatten in der Stadt. In seinen Augen lebt sie, ist organisch, denn Wände geben nach, sondern Sekrete ab, er hört die Stadt atmen und spürt ihren Herzschlag. Georg überlebt durch Einbrüche und Diebstähle, aber er findet keine Ruhe. Nachdem er durch unbekannte Hilfe dem Hammermörder entkommen konnte, schreibt ihm sein Buch, dass seine einzige Hilfe in ihm liegen würde. Er müsse es bis zum Ende lesen, um die Nachtseite zu verstehen.

Doch dann wird Georg selbst überfallen und ausgeraubt, sein Buch ist weg!. Er flüchtet aus dem Krankenhaus, das ihm keinen Schutz bietet und trifft Maria, die ihn aufnimmt. Georg durchschaut sie und seine Feinde. Wieder flieht er, versucht dem Alkohol und der Stadt zu entkommen, doch sie lassen ihn nicht gehen. Der Weg aus der Stadt führt immer zurück in ihr Inneres, aus Verzweiflung betrinkt sich Georg bis zum Delirium. In diesem Zustand findet ihn Julia, flüchtet aber. Georg kann sich an sie erinnern und klammert sich an seine einzige Hoffnung, sie wieder zu finden. Er stellt ihr nach und findet heraus, dass sie immer noch bei der Staatsanwaltschaft arbeitet und in ihrem alten Haus wohnt. Er nimmt seinen Mut zusammen und besucht sie. Tatsächlich lässt sie sich auf ihn ein und nimmt ihn auf. Georg lässt das Trinken sein und bemüht sich, Julia zu gefallen, doch seine Schatten folgen ihm unweigerlich. Seine Nachbarin, die Hexe, lauert ihm eines Tages auf und Georg weist sie auch körperlich zurecht. Sein Stolz über seine Tat wird durch Julias Reaktion geschmälert, die den Vorfall von der Nachbarin berichtet bekam. Immer unsicherer ist sich Julia, Georgs Anwesenheit zermürbt auch sie. Sie beginnt Dinge wie er wahrzunehmen. Aus diesem Grunde gibt sie Georgs hysterischem Drängen, die Stadt sofort zu verlassen in der Hoffnung nach, er könne sich bei einem Spaziergang beruhigen. Staus und der Feierabendverkehr lassen Georg innerlich rasen, er glaubt nicht daran, dass sie die Stadt verlassen dürfen. Ein Wagen erfasst sie und tötet Julia. In seiner Trauer sucht er eine Kathedrale auf, die ihm sein Schicksal aufzeigt. Sie, sie alle brauchten sein Opfer. Sein Opfer für die Nachtseite. Georg taumelt weiter durch die Straßen der Stadt und schreit sein Leid in die Dunkelheit.

Wie wirkt es?
Das Buch wirkt beklemmend und man stellt sich die Frage, ob das Lesen dieser Gattung Literatur eigentlich Spaß machen soll. Dennoch kann man die Lektüre nicht weglegen, sondern muss dem Schicksal Georgs bis zum Ende folgen. Wie auch Georg seinem Schicksal folgt. Siefener beschreibt in einem naiv-beklemmenden Duktus und die Stärke des Buches ist sicherlich nicht dieser, sondern die zahlreichen surrealistischen Alltagsbeschreibungen. Immer an der Grenze zwischen Wahn und Realität lässt der Autor den Alltag als Grauen erscheinen und eben diese Nähe zum Bekannten sorgt für diese umfassende Beklemmung beim Lesen. Ich wette, jeder kann mindesten ein bis zwei Begegnungen Georgs teilen.

Ebenso gelungen ist der schleichende Wandel der Stadt von einem selbst unbelebten und unpersönlichen Raum menschlichen Zusammenlebens zu einem selbstständigen, organischen Wesen, welches immer bedrohlicher scheint.

Wem könnte es gefallen?
Das Buch dürfte allen Lesern gefallen, die Spaß an Mind-Fuck-Geschichten haben und David Cronenberg Filme mögen.

Wie sollte man das Buch lesen?
Am besten nicht unter dem Einfluss halluzinogener Zusätze. Dieses Buch lässt sich sehr gut in einem steckengebliebenen Fahrstuhl bei einer Notbeleuchtung lesen. Auf jeden Fall ist es keine Lektüre für nebenbei, aber auf jeden Fall empfehlenswert!

Besonderes
Zehn Textillustrationen von Thomas Hofmann begleiten Georg stimmungsvoll durch den Wahnsinn. Gelungen!

16. Mar. 2012 - Vincent Voss

Der Rezensent

Vincent Voss
Deutschland

Total: 2 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen

Während seines kulturwissenschaftlichen Studiums war Vincent Voss in unterschiedlichen Berufsfeldern tätig. Von seinen zahlreichen Eindrücken als Pflegehelfer einer akutpsychiatrischen Einrichtung, Qualitätsmanager, Bodyguard, Call-Center-Agent, Tankwart, Fotografen-Assistent und Bestatter zehrt er beim Schreiben. [Weiterlesen...]



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