The Mystery of Time
THE MYSTERY OF TIME
Nuclear Blast Records
Symphonic Power Metal
58 Minuten
Mar. 2013
Status: erhältlich
Nach dem etwas überblähten Doppelalbum "The Wicked Symphony" / "Angel of Bablyon" sollte das Projekt AVANTASIA eigentlich mit einer Welttournee verabschiedet werden. Dann hat sich EDGUY-Boss Tobias Sammet jedoch umentschieden, und liefert auf "The Mystery of Time" laut Sammet das Einzige, was "bei Avantasia schon immer gefehlt hat": ein Orchester.
Dass die Kombination aufgeht, wird schon auf dem Opener "Spectres" augenscheinlich: Das Filmorchester Babelsberg liefert vom ersten Moment an eine solide Performance und schafft es, dem Avantasia-Sound eine düstere, cinematische Atmosphäre zu verleihen. Das temporeichere "The Watchmaker's Dream" liefert dann mit herausragender Keyboardarbeit und dem Duett von Sammet und Joe Lynn Turner (SUNSTORM/ex-RAINBOW) bereits das erste Highlight des Albums. Ein weiteres ausgezeichnetes Duett findet sich auf "Black Orchid", wo sich Tobi Sammet mit Biff Byford (SAXON) duelliert. Gesanglich sind es vor allem diese Duette, wie auch die Leistung von Gastsängern Ronnie Atkins (PRETTY MAIDS) auf "Invoke the Machine" und Bob Catley (MAGNUM) auf "The Great Mystery", die das Album zu einem Genuss machen. Natürlich ist auch Michael Kiske (ex-HELLOWEEN) wieder mit von der Partie, und mag vor allem auf "Savior in the Clockwork" und "Dweller in a Dream" überzeugen.
Stilistisch hat sich die Band mit weithin gesetztem Melodic Rock zufriedengegeben, der sich nur dezent an frühere Metal-Elemente anlehnt. Wuchtige Riffs sind spärlich, Gitarren sind oft unverzerrt, und das Schlagzeug galoppiert nur selten drauf los. Gerade im Vergleich zu "Invoke the Machine", dem wohl schlagkräftigsten Song auf dem Album, hätte man sich an manch anderen Stellen etwas mehr Aufregung gewünscht. Andererseits bestechen Songs wie "The Watchmaker's Dream", "Savior in the Clockwork" und "What's Left of Me" gerade deshalb, weil sie ihren Fokus auf das Orchester legen.
Kitschig wird es im Refrain zu "Where Clock Hands Freeze" oder auf "Sleepwalking". Vor allem Letzteres scheint nicht so ganz in die Umgebung zu passen. Hier fällt es jedoch leicht, über etwaige Mängel hinwegzusehen und sich stattdessen in den Gesangspassagen von Cloudy Yang zu verlieren.
Das Grande Finale kommt mit "The Mystery of Time" vielleicht nicht ganz so kraftvoll angebraust wie "The Scarecrow" oder "The Wicked Symphony", ist jedoch das opulenteste, opernhafteste Stück, welches die Band seit langem eingespielt hat. Es erinnert an einen leicht wehmütigen Abschied: Orchester verstummt, Sänger allein auf der Bühne, den Scheinwerfer nur auf ihn gerichtet. Aus der Ferne die Klavierbegleitung. Dann Bob Catley. Streicher. Die Gefühle wiegen sich tosend auf, das ganze Kabinett setzt an, nur um sich kurz darauf wieder wellenartig zu legen. Der Song besitzt eine aufregende Dynamik, die wohl ohne Orchester kaum umzusetzen gewesen wäre.
Fazit
"The Mystery of Time" ist ein eher unaufgeregtes melodisches Rock-Album voller grossartiger Gesangspassagen und atmosphärischer Untermalung durch das Filmorchester Babelsberg. Obwohl das Album keine grösseren Überraschungen zu bieten hat und an manchen Stellen arg poppig daher kommt, mag das Gesamtkonzept überzeugen. Ein würdiger Nachfolger.
07. Apr. 2013 - Michael Beyeler
Der Rezensent
Michael Beyeler

Total: 21 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen
Michael Beyeler ist Mitgründer von LITERRA, und hat von 2007 bis 2014 als Co-Chefredakteur und Webmaster gedient. Neben gelegentlichen Rezensionen von Büchern, Filmen und Musik hat er ebenfalls einige Kurzgeschichten verfasst, darunter "Gut' Nacht, Sabrina", erschienen im Zürcher Szene-Magazin die perspektive #1.
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