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Die Mörderbäume
Die 24jährige Journalistin reist nach Schottland in die Grampian Mountains, wo immer wieder Menschen spurlos verschwinden. Zuletzt hat es ihren jüngeren Bruder Elroy erwischt, der mit zwei Pfadfinder-Kameraden eine Radtour durch ein verwunschenes Gebiet gemacht hat, das von den Einwohnern eines kleinen Dorfes als Geisterwald bezeichnet wird. Meinung:Vor einigen Jahren gab es bereits einen ambitionierten Versuch von Oliver Döring und WortArt die beliebte Heftromanreihe aus den 70er und 80er Jahren als Hörspielreihe zu adaptieren. Im Fahrwasser der erfolgreichen Serie JOHN SINCLAIR EDITION 2000 war den GESPENSTER-KRIMI-Hörspielen aber kein langes Dasein beschert. Insgesamt erschienen gerade einmal sechs Folgen, frei nach Heftromanen von Autoren wie Earl Warren (Walter Appel), Wolfgang Hohlbein, Neal Davenport u.a..Umso erfreulicher war die Nachricht, dass die Hörspielreihe eine Wiedergeburt erleben sollte, dieses mal als Kooperations-Produktion zweier Labels, nämlich Contendo Media (MORD IN SERIE, TEAM UNDERCOVER) und Audionarchie (MINDNAPPING). In Anbetracht dessen, dass immer wieder verlautbart wird, es gäbe nicht genug Nachfrage nach Gruselhörspielen, die auf Heftromanen basieren, erfreuen sich diese Produkte einer erstaunlichen Beständigkeit. Denn auch wenn einzelne Reihen eingestampft werden, tauchen sie an anderer Stelle immer wieder von Neuem auf, sind quasi gar nicht totzukriegen. Das zeigt sich hervorragend an dem Beispiel LARRY BRENT, der bei der R&B-Company sein Comeback feierte und an Quantität die Kultserie von EUROPA bald hinter sich gelassen haben wird. Auch von GORDON BLACK ist dieser Tage erst eine Fortsetzung erschienen und JOHN SINCLAIR steuert unaufhaltsam auf die große Jubiläumsepisode 100 zu. Besonders reizvoll waren aber immer die Geschichten ohne einen festen Serienhelden, bei der der Ausgang der Handlung ungewiss blieb. Die Nachfrage solcher Storys bedienten in den 70er und 80er Jahren hauptsächlich die Horror-Heftroman-Reihen VAMPIR-HORROR-ROMAN (Pabel Verlag) und GESPENSTER-KRIMI (Bastei), aber auch der SILBER-GRUSEL-KRIMI (Zauberkreis Verlag) und der GEISTER-KRIMI (Kelter Verlag). In Sachen Hörspiel hat sich in den letzten Jahren vor allen Dingen der GEISTER-SCHOCKER (Romantruhe Audio) dieser Art von auditiver Umsetzung gewidmet. Doch auch DREAMLAND GRUSEL von Dreamland Productions darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, obwohl sich die Reihe eher als Fortsetzung und legitimer Nachfolger von H.G. Francis' GRUSELSERIE von EUROPA versteht. Es gibt also eine Menge Konkurrenz auf dem Markt. Umso mutiger ist der Entschluss von Contendo Media und Audionarchie zu werten mit der Reihe GESPENSTER-KRIMI eine weitere Gruselreihe im Bereich Hörspiel auf den kommerziellen Markt zu bringen. Als Skriptautor konnte kein Geringerer als Markus Topf gewonnen werden, der mit MORD IN SERIE, LEON KRAMER und TEAM UNDERCOVER bereits mehrfach bewiesen hat, dass er sein Metier beherrscht. Als Vorlage für die erste Folge diente ein Roman von Earl Warren, alias Walter Appel, einem versierten Autor der ersten Stunde, der in allen Genres zu Hause ist und dessen Publikationen sich im dreistelligen Bereich bewegen und bald den vierstelligen erreichen werden. Warrens Beiträge zum Gruselgenre zeichnen sich durch eine hohen Unterhaltungswert aus und basieren nicht selten auf sehr unkonventionellen Ideen. Bereits die erste Hörspielreihe mit dem Titel GESPENSTER-KRIMI bediente sich in dem reichhaltigen Portfolio von Earl Warren, ebenso wie der oben genannte GEISTER-SCHOCKER und die Reihe DREAMLAND GRUSEL. Neben A.F. Morland (Fritz Tenkrat) und Jason Dark gehört Earl Warren sicherlich zu den produktivsten Autoren des Gruselheftromans. Obwohl die Reihe als Packende Horror-Hörspiele mit Starbesetzung beworben werden und die literarische Vorlage zur ersten Folge, Mörderbäume, aus der Heftromanreihe GESPENSTER-KRIMI stammt, ist die Story alles andere als herkömmlich und mehr dem Fantasy-Genre zuzurechnen, als dem Horror- oder Gruselgenre. Die düstere Atmosphäre in dem Dorf, dessen Bewohner sehr abweisend und feindselig auf Vera reagieren, ist äußerst beklemmend und bedrohlich, während der Geisterwald einen märchenhaften und verwunschenen Eindruck auf den Hörer macht. Das mag volle Absicht sein, denn umso effektvoller ist das Erscheinen der titelgebenden Mörderbäume. Dabei fällt bereits von Anfang an auf, wie dicht sich die Geschichte an den Roman von Earl Warren hält, der immerhin aus dem Jahr 1976 stammt. Damals war es eher ungewöhnlich, dass eine junge Frau die Hauptrolle spielt und dann auch noch derart tough war und eben nicht das verängstigte Mäuschen war, das am Ende gerettet werden muss. Wie gut die Geschichte auch heute noch funktioniert, zeigt sich daran, dass lediglich am Anfang Handys erwähnt werden, die aber keinen Empfang haben. Später wird erwähnt, dass die Story im Jahr 2015 spielt. Für den Handlungsverlauf ist es jedoch vollkommen unerheblich. Leider wurde das komödiantische Element des Romans gänzlich aus der Geschichte gestrichen. Vor allem die Widrigkeiten von Edward, der sich mit den Errungenschaften der Technik auseinandersetzen muss, haben einen Teil des Reizes des Romans ausgemacht. Beispielsweise als Edward einen Staubsauger attackierte und ein Zimmermädchen derart in Angst und Schrecken versetzt, dass der Hotelmanager Vera höflichst darum bittet, auszuchecken. Die Sprecher wurden sehr gewissenhaft ausgewählt und mit Christine Pappert hat man eine tolle Schauspielerin für die Hauptrolle gefunden, die mittlerweile auch nicht mehr nur mit der Rolle der Carrie aus KING OF QUEENS assoziiert wird. Allerdings fällt es schwer in ihr die 24jährige Journalistin zu sehen, denn stellenweise klingt sie doch sehr abgeklärt. Jürgen Holdorf, der bei JOHN SINCLAIR die Ansage spricht, ist hier als Erzähler zu hören. Eine fabelhafte Wahl, denn der Sprecher macht seinen Job wirklich ausgezeichnet, wäre schön, wenn er auch in den kommenden Folgen diesen Part übernehmen würde. Uve Teschner macht seine Sache als Edward Mackintosh ebenfalls hervorragend, ebenso wie Tobias Kluckert, Peter Weis und Volker Brandt. Jürgen Thormann ist als Bösewicht Achaz großartig. Lediglich Helmut Krauss wirkt als Chief Constable McDowell reichlich leidenschaftslos und betet seinen Text sehr lustlos herunter. Das kann er deutlich besser. Die Regisseure Patrick Holtheuer und Christoph Piasecki haben aber dessen ungeachtet gute Arbeit geleistet, auch wenn ihnen schon einmal ein Schnitzer entgangen ist. So ist an einer Stelle die Rede von einer New Scotland-Abteilung. Gemeint ist aber die New Scotland Yard-Abteilung. Markus Topf, der Tausendsassa des Hörspiels, zeichnet sich auch für das Skript dieser Folge verantwortlich und zeigt enormes Sachverständnis für Dramaturgie und Dialoge. Gewöhnungsbedürftig sind einmal mehr die Selbstgespräche der Protagonistin, die vor allem bei ihrer Exkursion in die Schlossruine wenig authentisch klingen. Warum hat man denn einen Erzähler, wenn man ihn an dieser Stelle nicht nutzt? Die Szene mit den Ratten, die an dem lebenden Skelett nagen, wäre viel wirkungsvoller gewesen, wenn Jürgen Holdorf das Geschehen kommentiert und Christine Pappert im Off gewürgt hätte. In Punkto Musik und Effekte gibt es an der Produktion nichts auszusetzen. Marcel Schweder zeigt, dass er sein Handwerk versteht. Alles an allem also ein gelungenes und äußerst empfehlenswertes Gruselhörspiel mit deutlichem Fantasy-Einschlag. Erwähnt werden muss an dieser Stelle auch die enorme Auslastung des Mediums, denn für sein Geld bekommt der Hörer ein Hörspiel in Spielfilmlänge. Knapp 87 Minuten beträgt die Laufzeit und keines meiner Abspielgeräte hat auch nur die geringsten Anstalten gemacht zu mucken. Aufmachung:Kito Sandberg hat eine fabelhafte, kunstfertige und äußerst stimmige Coverillustration für die erste Folge geschaffen, die nicht nur perfekt zur Handlung passt, sondern auch den Titel entsprechend unterstreicht.Das Booklet wurde dieses Mal nicht nur für Stamminformationen und Eigenwerbung genutzt, sondern auch für ein interessantes Interview mit Earl Warren, alias Walter Appel. Fazit:Gruselfantasy-Abenteuer in Spielfilmlänge. Fabelhafte Sprecher erwecken die zeitlose Geschichte aus der Feder von Earl Warren und Markus Topf zum Leben. Abgerundet wird das Hörspiel durch den kongruenten Einsatz von Musik und Soundeffekten. 24. Jan. 2015 - Florian HillebergDer RezensentFlorian Hilleberg![]() * 03. März 1980 Im Jahre 1980 erblickte ich in Uelzen, einem kleinen malerischen Städtchen inmitten der Lüneburger Heide, das Licht der Welt. [Zurück zur Übersicht] |
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