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Zwanghaft
Zwangsstörungen gehören neben Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen zu den vier häufigsten psychischen Erkrankungen überhaupt. Und trotzdem ist über Zwangsstörungen wenig bekannt, dafür kursieren umso mehr Halbwahrheiten, Gerüchte und Falschinformationen über dieses Leiden, das den Betroffenen ihr Leben buchstäblich zur Hölle macht. Meinung:Mittlerweile ist es ja en vogue, dass sich Promis outen an einer Depression zu leiden oder einen Burnout erlitten zu haben. Diese Erkrankungen und Phänomene sind mittlerweile in der Gesellschaft deutlich anerkannter als noch vor Jahren und trotzdem werden sie viel zu selten diagnostiziert, weiterhin totgeschwiegen und vom Umfeld der Betroffenen ignoriert. Der Zwangsstörung ergeht es da nicht viel besser, im Gegenteil. In der Öffentlichkeit kursiert bei diesem Begriff immer noch das Bild eines spleenigen Kauzes, der den ganzen Tag mit einem Stück Seife vor dem Waschbecken steht und sich die Hände wäscht, seinen Arbeitsplatz penibel aufräumt und cholerische Wutanfälle bekommt, wenn seine ritualisierten Abläufe durcheinandergebracht werden. Der Zwangsgestörte verkommt zur Witzfigur oder zum skurrilen TV-Helden. Nicht umsonst wird der Serienliebling Monk in einem Kapitel des Buches als Beispiel genannt.Zum Glück hat ein Betroffener namens David Adam, Redakteur und Wissenschaftsjournalist, mit dem nötigen Know-How ein solches Buch zu schreiben, den nötigen Mut aufgebracht mit seiner Leidensgeschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Nicht in einer Talkshow oder in Form eines Podcastes, sondern in einem populärwissenschaftlichen Buch, das zugleich ein Erfahrungsbericht ist. Adam beschreibt seine Geschichte sehr emotional, aber auch mit einer gewissen Distanz und einer Prise Selbstironie. Das macht das Buch nicht nur lesenswert, sondern auch unterhaltsam, ohne Effektheischerei, Selbstmitleid und unnötige Trändendrüsendrückerei. Die Verknüpfung zwischen seinen persönlichen Erlebnissen mit wissenschaftlichen Fakten und Erkenntnissen machen die Informationen greif- und verstehbar für den Laien. Der wird mit einer ihm fremden, beängstigenden Welt konfrontiert, bekommt aber auch einen Einblick in ein Krankheitsbild, das weitaus verbreiteter ist, als man gemeinhin annimmt. Dadurch leistet David Adam einen wichtigen Beitrag zur Entstigmatisierung und Entmystifizierung einer psychischen Erkrankung, die den Betroffenen viel von ihrer Lebensqualität raubt. Obwohl das Buch Betroffenheit und Angst hervorrufen kann, so macht es am Ende auch Hoffnung, denn es gibt eine Möglichkeit trotz einer schweren Zwangsstörung ein glückliches, erfülltes und erfolgreiches Leben zu führen. David Adam ist der Beweis. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis vervollständigt das Buch. Einziges Manko ist lediglich die Übersetzung, denn in der deutschen Version liest man häufig die Phrase macht Sinn, die sich mittlerweile zwar in den Sprachgebrauch eingeschlichen hat, aber weit von einem vernünftigen Deutsch entfernt ist. Hier stand wohl eher das englische make sense Pate und hat zu der Entstehung dieser deutschen Stilblüte beigetragen. Korrekt müsste es nämlich heißen: ergibt Sinn oder ist sinnvoll. Aufmachung:Auf das obligatorische Stück Seife auf dem Cover wurde aus gutem Grund verzichtet. Das sich wiederholende Wort Zwanghaft symbolisiert in meinen Augen das Leiden der Betroffenen um ein Vielfaches besser, denn letztendlich geht es um die Gedanken und die dahinterstehenden Ängste, nicht um die Symptome dieser Erkrankung.Das Buch ist bei dtv als Premium-Paperback mit Klappenbroschur erschienen, besitzt eine angenehme Schriftgröße und einen gefälligen Satzspiegel. Fazit:David Adam leistet mit diesem Buch einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über das Phänomen der Zwangsstörung. Als Wissenschaftsjournalist und Betroffener in Personalunion weiß er wovon er schreibt, und das merkt man dem Buch auf jeder Seite an. 06. Apr. 2015 - Florian HillebergDer RezensentFlorian Hilleberg![]() * 03. März 1980 Im Jahre 1980 erblickte ich in Uelzen, einem kleinen malerischen Städtchen inmitten der Lüneburger Heide, das Licht der Welt. [Zurück zur Übersicht] |
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