
Anna Weidenholzer
DER PLATZ DES HUNDES
Erzählungen September 2010 2. Auflage Mai 2011 112 Seiten / 118x183 ISBN 978-3-9502828-0-1
DER PLATZ DES HUNDES /
Anna Weidenholzer
Es gibt Möglichkeiten und es sind viele. Mit Motten sprechen, um jemanden vom Leben erzählen zu können, Wände herausnehmen, um zu sehen, was in der Nachbarwohnung passiert, Tomaten am Grab des verstorbenen Mannes pflanzen, um sich näher zu sein. Es gibt Möglichkeiten, die ohnehin wahrgenommen werden, weil sie der übliche Weg sind. Und es gibt Möglichkeiten, die nicht umgesetzt werden, warum auch immer. Die Protagonisten der Erzählungen leben in einer Kleinstadt, sie leben in und von Möglichkeiten, mit kurzen Begegnungen, die sie in ihren Köpfen weiter ausbauen.
- Ausgezeichnet mit der AutorInnenprämie 2010 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur
- Nominierung für das Europäische Festival des Debütromans im Mai 2011 in Kiel
- 2. Auflage Mai 2011
Textprobe:
Hermine lockert die Wurzelballen. Sie mag den Gedanken, dass sie Tomaten essen wird, die auf Hermann gewachsen sind. Dass ich darauf nicht früher gekommen bin, denkt Hermine und kniet sich nieder, um den weißen Kies neben dem Grab von den schwarzen Kieselsteinen zu befreien.
Rezensionen:
Weidenholzer mäandert in den Möglichkeiten „einfacher“ Persönlichkeiten. Behutsam schreitet sie ihre Einsamkeiten – das vielleicht Verbindende aller Protagonisten – ab und vermag einen heimlichen Sog zu entwickeln, der einen an seine eigenen Ränder wirft, die man aber nie im Leben preisgeben würde. Weidenholzer tut dies genau so wenig voyeuristisch, wie diese Erzählungen Geschichten verhandeln. Dichte Atmosphären des Daseins werden chronistisch verzeichnet, ohne Zeitabläufen zu folgen. Hinein in die verborgen brodelnden Abstellräume menschlicher Eigenheiten bewegen sich diese Erzählungen: Tomaten am Grab des verstorbenen Mannes pflanzen, um ihm nahe sein zu können. Entschieden wird, was entschieden wird, und auch das, was nicht entschieden wird. Leben an, um, in und neben seinen Möglichkeiten, seltener mit. Ein mehr als gelungenes Debüt!”
Norbert Trawöger, KUPF-Zeitung, März 2011
Derart sind die meisten von Anna Weidenholzers Kurzgeschichten angelegt, eine einzige gesetzte oder zumindest realitätsnah imaginierte Handlung reißt die scheuen Protagonisten kurz aus ihrer Kontakt-, Entscheidungs- und Lebensarmut. Den arbeitslosen Ritualmenschen Leopold in “Der Platz des Hundes” – nicht umsonst gewann die Autorin mit dieser titelgebenden Erzählung den unter dem Motto “Rituale” stehenden Gesswein-Preis 2009 – bringt ein Fernsehauftritt kurz aus dem Trott, ein neuerliches Mal wird es das Verschwinden seines Hundes sein. (…) Diese Sammlung penibel ausgefeilter Prosa rund um schrullige Provinzcharaktere, deren Rituale und Lebenspotenziale die Autorin liebevoll ausdeutet, ist eine höchst bemerkenswerte Talentprobe.”
Roland Steiner, Buchmagazin Literaturhaus Wien, 19. Jänner 2011
Anna Weidenholzers lose miteinander verbundene Erzählungen schlagen die Leserin in einen ganz eigenen Bann. Es gelingen ihr atmosphärisch dichte Beschreibungen in einer wunderschönen, sorgfältig gewählten Sprache. Der Ton ist melancholisch, aber nicht schwermütig. Die Handlung tritt zugunsten einer Phänomenologie des Alltags der Figuren in den Hintergrund. Weidenholzer versieht sie liebevoll mit Schrullen und Kerben, dichtet ihnen eine skurrile Versponnenheit an. So etwa in der Passage, in der eine Großmutter ihrer Enkelin erklärt, wo die Rheuma-Katzendecken herkommen: nämlich von den Himmelkatzen, die schnurren, wenn sie der Himmelsvater streichelt.
Dominika Meindl, Kulturbericht Oberösterreich, November 2010
Weidenholzers Blick auf diese oftmals banalen und doch berührenden Szenen ist originell und unsentimental. Geschickt seziert die in Wien lebende Linzerin in einfacher, klarer Sprache die Beziehungen zwischen den direkt aus dem Leben gegriffenen Figuren und deren mehr oder weniger zufällige Verbindungen zueinander messerscharf als Geflecht von aus allen sozialen Schichten stammenden Menschen, die oft an Einsamkeit, Ziellosigkeit und der Unfähigkeit, Entscheidungen für ihr Leben zu treffen, leiden. Der Trott des Alltags hält die Protagonisten fest im Griff. Träume bleiben Träume. Umwege gehen sie alle und meinen doch, sie gingen keine. Ein bemerkenswertes Debüt.
Lukas Luger, OÖ Nachrichten, 27.09.2010
Informationen zur Autorin: