Christian Weymayr: "Hippokrates, Dr. Röntgen & Co"
Berühmte Pioniere der Medizin
Spannender
Abriss der
Medizingeschichte in Form von zwanzig Kurzbiografien
Viele Jahrhunderte hindurch war der Arztberuf
bei weitem nicht so angesehen wie heute. Die Medizin selbst entwickelte
sich
erst im Zuge der Aufklärung zu einer Wissenschaft, die dem
Ideal des Exakten
recht nahe kommt. Doch es gab bereits in der Antike und auch im so
genannten
finsteren Mittelalter Ärzte, die der Medizin wichtige Impulse
gaben - und
umso mehr von ihnen in der Neuzeit.
Dieses Buch spürt den großen Pionieren aus dem
Bereich der Medizin nach.
Den Anfang macht, was nicht erstaunt, Hippokrates, der eine
wissenschaftliche
Denkweise in die Heilkunde einführte, gefolgt von Galen.
Anschließend wird ein
bedeutender Mediziner des islamisch geprägten Mittelalters
porträtiert, Rhazes,
der bereits interessante Erkenntnisse zum Thema Krebs vorweisen konnte.
Eine
andere große Heilerpersönlichkeit des Mittelalters
ist Hildegard von Bingen.
Tragisch und zwiespältig erscheint die Figur des Paracelsus.
Zu den mutigen Pionieren der Medizin zählt Ambroise
Paré, dessen Erkenntnisse
zum Wundfieber der klassischen Lehrmeinung widersprachen, der jedoch
trotzdem
Konsequenzen aus seinen Beobachtungen zog. Zwei weitere Ärzte,
die nicht
einfach die seit gut anderthalb Jahrtausenden praktisch
unveränderten
Auffassungen übernahmen, waren William Harvey, der den
Blutkreislauf aufklärte,
und Albrecht Haller, der am Nervensystem forschte.
Samuel
Hahnemann konnte, wiewohl die von ihm eingeführte
Homöopathie unter
wissenschaftlichen Gesichtspunkten umstritten ist, einige bedeutende
Aspekte zur
Medizin beitragen. An der Wende zum 18. Jahrhundert leitete Edward
Jenner schließlich
eine wahre Revolution ein, indem er die Möglichkeit zur
Immunisierung durch
Impfung entdeckte.
Es folgen einige Pioniere aus dem 19. Jahrhundert: Ephraim McDowell,
der große
Fortschritte in der Chirurgie einleitete, Ignaz Semmelweis, der die
Bedeutung
der Hygiene erkannte und so die Wochenbettsterblichkeit in
Krankenhäusern
herabsetzte (oder herabgesetzt hätte, wenn man ihn gelassen
hätte), Louis
Pasteur mit seinen vielseitigen Forschungen zu Mikroorganismen und Max
von
Pettenkofer, der Erkenntnisse zur Seuchenprävention einbrachte.
Zur Wende zum 20. Jahrhundert trat Wilhelm Conrad Röntgen auf,
dessen
sensationelle Entdeckung die Diagnostik revolutionieren sollte, gefolgt
vom
Entdecker des Penicillins, Alexander Fleming.
Nicht so bekannt dürfte Werner Forßmann sein, der im
Eigenversuch den
Herzkatheter entwickelte. Als Christiaan Barnard hingegen zum ersten
Mal eine
Herztransplantation vornahm, wurde er zum Medienstar - ähnlich
wie Robert
Edwards und das erste Retortenbaby, Louise Brown.
Mit dem ausgehenden 20. Jahrhundert sanken die Hoffnungen, die, nicht
zuletzt
aufgrund anfänglicher Erfolge von French Anderson, in die
Gentherapie gesetzt
wurden. Doch die Medizin wird sich aufgrund ihrer vielfältigen
Herausforderungen sicherlich weiterentwickeln, wie der Autor im
abschließenden
Ausblick zeigt.
Die Medizin gehört zu den Zweigen der Naturwissenschaft, mit
denen wir recht
unmittelbar in Berührung kommen. Sowohl die Schulmedizin als
auch die
etablierten Richtungen der "Alternativmedizin" haben eine lange
Tradition.
Christian Weymayr, als Biologe und erfahrener Wissenschaftsjournalist
mit dem
Thema vorzüglich vertraut, vermittelt älteren Kindern
und Jugendlichen anhand
der zwanzig Ärzte- und Wissenschaftlerporträts einen
spannenden Abriss der annähernd
2.500-jährigen Medizingeschichte. Die Auswahl der
Persönlichkeiten hat er mit
einem bemerkenswerten Maß an Objektivität getroffen:
Alle wichtigen Zweige der
Heilkunde werden berührt.
Der Autor würdigt die Leistungen der einzelnen
Porträtierten und stellt ihre
Bedeutung für die Heilkunde heraus. Dem stellt er im Sinne
einer ausgewogenen,
sachlichen Betrachtung auch Defizite gegenüber, denn wenn
mancher Pionier auch
auf einem Gebiet Erstaunliches erreichte, so konnte er doch auf einem
anderen
entgegen allen Beobachtungen und der Logik an der fehlerbehafteten
Tradition
oder freilich an eigenen, aus heutiger Sicht völlig verqueren
Ideen festhalten
- und seine Schüler möglicherweise für
Generationen nach ihm.
Anhand von altersgerecht erstellten Infokästen können
sich die Leser
interessantes und zum Verständnis der Medizingeschichte
relevantes Wissen
aneignen und sich kritisch mit verschiedenen heilkundlichen
Strömungen
auseinandersetzen. Modische Verteufelungen von schulmedizinischen
Methoden, etwa
der mit Bedacht vorgenommenen Antibiotika-Anwendung, findet man in
diesem Buch
nicht, wohl aber zeigt der Autor Missbrauch kritisch auf.
Der Umfang des Buchs ist für Kinder unter Umständen
eine Herausforderung. Da
das Thema jedoch fasziniert und das Werk aufgrund der kurzweiligen,
spannenden
Darstellung die Leser fesselt, lässt es sich, wenn auch
vermutlich
etappenweise, dennoch gut bewältigen.
Ein wirklich gelungenes, sehr informatives Kinder- und Jugendsachbuch!
(Regina Károlyi; 09/2007)
Christian
Weymayr: "Hippokrates, Dr. Röntgen
& Co. Berühmte Pioniere der Medizin"
Bloomsbury, 2007. 288 Seiten. (Ab 12 J.)
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Christian Weymayr, geboren 1961, ist promovierter Biologe und arbeitet als Wissenschaftsjournalist mit dem Schwerpunkt Medizin. Er schreibt u. a. für "DIE ZEIT" und das Magazin "brand eins".