Wolfgang Hübner, Michael Wissing: "Zimt"
Das duftende Juwel aus Tausendundeiner
Nacht. Anregendes, Geschichte und Rezepte.
Mit Rezepten von Klaus Ditz und Andreas Neubauer.
Zimt: Der Name des Gewürzes (mhd.
zinemin, zinment, spätmhd. zimet) ist aus lat. cinnamum
entlehnt, das seinerseits aus griech. kínnamon übernommen ist.
Das griech. Wort stammt aus dem Semitischen, vgl. hebr. qinnamon
"Zimt". |
Die
Würze des Lebens |
Wolfgang Hübners und Michael
Wissings schmucker Schmökerband für Genießer ist einem einzigen Gegenstand
gewidmet: der getrockneten, gerollten Rinde eines Baumes der Lorbeerfamilie, uns
allen als "Zimt" bekannt.
Entstanden ist ein Lesekochbuch bzw. ein Kochlesebuch, denn neben kurzweiligen
kulturgeschichtlichen Exkursen bietet "Zimt" eine Fülle an
Anleitungen für die Zubereitung kulinarischer Köstlichkeiten rund um die
ursprünglich aus Sri Lanka (vormals Ceylon) stammende Spezerei, die wesentlich
vielseitiger verwendbar ist, als man vielleicht zunächst vermuten würde, wie
die mehr als vier Dutzend Rezepte für warme, kalte sowie gefrorene Desserts,
Backwaren, Konfekt und Kleingebäck, Vorspeisen und kleine Gerichte sowie
Hauptspeisen beweisen.
Auf das einleitende Vorwort ("Die Evolution des Wohlgeruchs"),
das auf einer Doppelseite die immense Bedeutung importierter Gewürze für
Jahrhunderte lang abgestumpfte abendländische Nasen und Gaumen behandelt, folgt
auf einer weiteren Doppelseite ein komprimierter Überblick unter dem Titel "Was
ist Zimt? - Botanik, Anbau, Ernte, Verarbeitung, Qualitäten". Darin
werden die Besonderheiten der verschiedenen Zimtarten ebenso dargestellt wie
deren Gewinnung.
Rezepte für "Erdbeeren im Zimtteig mit Kokoseis", "Mohnknödel
mit weißem Zimteis" und "Gebackene Apfel-Zimt-Knödel mit
Preiselbeeren" eröffnen - wie könnte es anders sein - das Kapitel
"Süße Verführungen", das neben weiteren Zubereitungsanleitungen
überdies den Stellenwert kostbarer, weil aus geheimnisumwitterten, fernen
Ländern auf gefährlichen Wegen herbeigeschaffter Gewürze (außer Zimt
zählten z.B. auch Pfeffer und Muskat im Mittelalter zu den nur für Wohlhabende
erschwinglichen Gütern) und den exzessiven Einsatz derselben als Statussymbole
thematisiert.
"Zimt oder der Beginn der Neuzeit" bietet auf einer Doppelseite
einen Abriss über die Entdeckungsreisen risikofreudiger Seefahrer aus Spanien,
Portugal und Holland im 15. und 16. Jahrhundert, weiters über kriegerische
Auseinandersetzungen um Handelsmonopole sowie die Kolonialwelt.
Weiter geht es mit "süßen Verführungen", darunter "Zimtrisotto
mit Rotweinbirnen" und "Zimtsoufflé", bevor Wolfgang
Hübner, seines Zeichens Arzt, Gourmet und Autor, unter dem Titel "Wo
liegt das Paradies? Die heutige Heimat des Zimtbaums" einige Eindrücke
von Sri Lanka und dem mühseligen Tagwerk der dortigen Zimtschäler vermittelt.
Umrahmt von einer Vielzahl an süßen Rezepten, die einem beim bloßen Lesen das
Wasser im Mund zusammenlaufen lassen, klärt Wolfgang Hübner anschließend
unter der Überschrift "Zimt und Erotik" über die
aphrodisierende Wirkung der getrockneten Baumrindenröllchen auf und wendet sich
einige Seiten später dem Thema "Zimt in den Küchen der Welt"
zu; bspw. lüpft er Topfdeckel in Griechenland, Mexiko und Indien.
"Pikant-würzige Entdeckungen" stehen ab Seite 84 auf dem
Programm; zu entdecken gibt es neben kurzen, nichtsdestoweniger informativen
Artikeln über "Zimt und die Pest oder: 'Die Würze des Lebens'",
"Zimt als Heilmittel" (z.B. gegen Halsschmerzen, Depressionen,
Menstruationsbeschwerden) und "Allerlei Zimt - vom 'Nervenkeks' zum
Vitalstoff" u.a. "Salat mit Zimtpflaumen und Camembert",
"Gebratene Entenbrust in Zimtmarinade", "Seeteufel-Zimtspieß
auf Lauchrisotto", "Spanferkelkoteletts in Bier-Zimt-Sauce mit
Schupfnudeln" und "Gegrilltes Lammfilet mit Zimt-Couscous".
Ein Rezeptverzeichnis am Ende des Bandes erleichtert das rasche Auffinden
allfällig gesuchter Gerichte.
Die Machart des (übrigens auch ausgezeichnet zum Verschenken geeigneten) Buches
lässt ein wenig an die Lach- und Sachgeschichten der "Sendung mit der
Maus", eines Kinderprogramms des öffentlich-rechtlichen
österreichischen Fernsehens, denken: Anregende Unterhaltung wird kombiniert mit
kurzweilig gerafft dargebotenen Fakten und brauchbarem Hintergrundwissen, ohne
diesbezüglich allzu sehr in die Tiefe zu gehen.
Seine raffinierte Würze erhält der Band freilich in erster Linie durch die
lukullischen Fotografien der mit viel Liebe zum Detail präsentierten, in
stimmungsvollem Ambiente regelrecht als Blickfänge posierenden Speisen, die
jeweils von ihrer Schokoladenseite (eigentlich müsste es "Zimtseite"
heißen!) gezeigt werden. Jedes Gericht prangt auf einer rechten Buchseite,
effektvoll in Szene gesetzt vom erfahrenen Fotografen Michael Wissing.
Die von Klaus Ditz und Andreas Neubauer stammenden Zubereitungsanleitungen sind
ebenso gut strukturiert wie klar, und gewiss bietet die attraktive Vielfalt
Anregungen und Gaumenkitzel für Köche wie auch Genießer aller Klassen.
(Kerstin Eckberg; 09/2005)
Wolfgang Hübner, Michael Wissing: "Zimt"
Mit Rezepten von Klaus Ditz und Andreas Neubauer.
AT, 2005. 119 Seiten, viele Farbfotos.
ISBN 3-03800-239-9.
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Noch ein Buchtipp:
Irene Dalichow: "Gesund mit Zimt. Heilwirkung - Anwendung - Rezepte"
Dass die regelmäßige, tägliche Einnahme von Zimtpulver gegen Diabetes II
wirkt, ist die aktuellste und sensationellste Nachricht zum Thema. Sie ging Ende
2003 durch die Massenmedien und machte viele Betroffene glücklich. Unter
anderem auf diese Information geht das neu erwachte breite Interesse an Zimt zurück.
Aber da ist noch wesentlich mehr ...
Zimt kannten wir schon immer als etwas Himmlisches. Er rundet den Geschmack von
Nussgebäck, Lebkuchen und Kompott ab, und mit Zucker vermischt verleiht er
Milchreis und Griesbrei erst den richtigen Pfiff. Der warme, würzige, süße,
aber nicht zu süße Duft und Geschmack dieser Spezerei ist fast jedem angenehm.
Was hier bei uns viele nicht wissen: Seit Jahrtausenden spielt Zimt in der
traditionellen indischen Medizin, dem Ayurveda, eine wesentliche Rolle. Die Ernährung
hat im Ayurveda eine große Bedeutung, denn was der Mensch zu sich nimmt, wirkt
ja direkt auf sein Wohlbefinden. Der Magen-Darm-Bereich profitiert besonders von
der Heilkraft dieses Gewürzes, denn unter anderem hilft es gegen Blähungen,
Infektionen, Krämpfe und Parasiten. Letztere stellen in Indien, aber nicht nur
dort, bis heute eine große Herausforderung dar. Dass die ayurvedische Küche
stark gewürzt ist, hat auch diesen Grund: sie soll den Körper von innen
reinigen. Anders als bei uns wird Zimt nicht nur für süße, sondern auch für
pikante Gerichte verwendet. Er ist Bestandteil eines jeden Currys und fast jedes
Chutneys. (Ja, in Currypulver ist neben vielen anderen, individuell variierenden
Bestandteilen, immer Zimt enthalten!)
Nahrung als Heilmittel lautet die Devise.
Genau diesen Ansatz vertritt auch Hildegard von Bingen (1098-1179), die berühmte
Benediktinerin aus dem Rheinland. Sie wird als die erste deutsche Ärztin
angesehen, denn sie hat die Natur und ihre Wirkung auf den Menschen genau
erforscht. In ihrer "Physica" beschreibt sie viele Nahrungsmittel und
Gewürze. Über Zimt äußert sie sich so: "Er ist sehr warm und hat starke
Kräfte." Sie empfiehlt ihn Gichtkranken und Menschen, denen "der Kopf
schwer und stumpf ist".
Die Alten Ägypter machten
sich die keimtötenden Qualitäten von Zimt zunutze und verwendeten ihn zusammen
mit anderen Substanzen zum Einbalsamieren Verstorbener. Bereits zu dieser Zeit
gab es also Handelswege von Ceylon/Sri Lanka, woher der Zimt ursprünglich stammt,
nach Afrika.
Zimtstangen sind die abgeschälte, fermentierte Rinde eines wunderschönen
Baumes aus der Lorbeerfamilie. Man kann sie am Stück verwenden, zum Beispiel
wenn man daraus Tee kocht oder damit Kompott aus Äpfeln, Birnen, Trockenfrüchten
würzen möchte. Man kann sie in einer kleinen Gewürzmühle selbst mahlen. Oder
man kauft gleich zu Pulver verarbeitete Zimtstangen. Wichtig ist in jedem Fall,
auf Qualität und Frische zu achten. Am besten man geht ins Reformhaus, in den
Naturkostladen oder ein spezielles Gewürzgeschäft. Nur qualitativ hochwertiger
und frischer Zimt entfaltet auch seine Heilkräfte optimal.
Als ätherisches Öl wird Zimt in manchen Krankenhäusern zum Putzen verwendet -
um Keime zu bekämpfen und die Atmosphäre zu verbessern. Zur "Beduftung"
eines Teils des Frankfurter Flughafens nimmt man Zimtöl, denn das verhindert
die Ausbreitung von Krankheitskeimen und entspannt die Reisenden. Allerdings ist
die Dosis sehr schwach. Ungeschulte Nasen nehmen dort keinen Zimt-Duft wahr.
Wer sich auf die Suche nach Informationen über Cinnamomum macht - so der
lateinische Begriff - findet ein ganzes Füllhorn von Buntem und Erstaunlichem.
Irene Dalichow liefert alles Wichtige und Bemerkenswerte über dieses herrliche
Gewürz sowie viele Rezepte und Tipps. Vor allem auf das Praktische wurde Wert
gelegt: Was kann man tun, um vom Zimt am besten zu profitieren? Welches sind die
praktikabelsten Wege, um es sich damit so richtig gut gehen zu lassen? (Knaur)
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