Carmen Pinilla, Frank Wegner (Hrsg.): "Verdammter Süden"
Das andere Amerika
"Auf Islote lebt kein
einziger Toter. Nur Lebende: Die Insel ist der einzige Ort der Welt, wo es nur
noch Lebende gibt [...] Auf Islote ist kein Platz: Die Lebenden leben dicht
gedrängt und die Toten woanders - auf dem winzigen, mit Unkraut überwucherten
Friedhof einer Nachbarinsel."
Namhafte lateinamerikanische Autorinnen und Autoren versammeln ihre
preisgekrönten und außergewöhnlichen Geschichten in "Verdammter Süden" zu einer
vielfältigen, spannenden Lektüre. Auf 299 Seiten spielen sich unglaubliche
Geschichten ab - unglaublich, aber wahr.
Im Schreibstil ein Roman, im Inhalt eine Reportage, erzählen die dreizehn
Autorinnen und Autoren Geschichten, berühren mit ungewöhnlichen Schicksalen,
zaubern ein Schmunzeln ins Gesicht des Lesers oder rühren ihn durch die reale
Dramatik.
Die siebzehn literarischen Reportagen zeichnen ein vielschichtiges und buntes
Bild, das so berührend, schockierend und schön ist, wie die kontroversen Länder
selbst.
Die fünfzehnjährige Silvina wird als angeblicher Kopf einer Erpresserbande
behandelt wie eine Schwerkriminelle. Chivolito verbringt seinen Alltag als
Spaßvogel auf Totenwachen und versucht, die Hinterbliebenen mit Witzen
aufzuheitern und abzulenken. Ein Journalist, der sich sechs Monate auf den
Straßen Medellins durchschlägt und das harte Leben auf der Straße kennenlernt,
verdient sich den Respekt des Lesers.
Die Kurzreportagen sind unterschiedlich - vom "Totenwachenkomiker" über "Wrestlerinnen
aus dem Hochland" bis zu traurigen Nilpferden. Die Autorinnen und Autoren
stellen außergewöhnliche und interessante Menschen in den Mittelpunkt, die durch
ihre Berufe, Lebensumstände oder Vergangenheit beeindrucken. Einige von ihnen
stürzen sich auch selbst ins Abenteuer und erproben für einige Zeit ein
vollkommen anderes Leben.
Witz, Trauer, Kuriosität und Schönheit vereinen sich in diesem einen Buch und
bieten ein vielfältiges Vergnügen.
"Verdammter Süden" vermittelt ein authentisches, scharfes Bild Südamerikas,
seiner Bewohner und Geschichten. Die Realität ist gleichermaßen schockierend wie
faszinierend und bei jeder Autorin und jedem Autor deutlich spürbar.
Informationsgehalt und Lesevergnügen gestalten "Verdammter Süden" zu einem
ebenso unterhaltsamen wie lehrreichen Buch über Länder und Leute. Jeder
Schriftsteller verwirklicht sein persönliches Bild des Heimatlandes durch die
Thematik sowie durch den ihm eigenen Schreibstil. Kunstvoll und ansprechend ist
jedes Kapitel ein kleiner Puzzleteil, welcher das verschwommene Bild dieses
mysteriösen, geheimnisvollen Landstrichs stückweise schärft.
Fazit:
Berührende Kurzreportagen mit literarischer Stärke, die in einen exotischen und
vielleicht noch zu wenig bekannten Kontinent entführen.
(Alexandra Gölly; 05/2014)
Carmen Pinilla, Frank Wegner (Hrsg.): "Verdammter Süden. Das andere Amerika"
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Carmen Pinilla und Frank Wegner.
Aus dem Spanischen und dem amerikanischen Englisch von Frank Wegner.
Suhrkamp, 2014. 314 Seiten.
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