In künftige Armut billig fällt,
wer
Völlerei stets nachgestellt
und sich den Prassern
zugesellt.
Von Völlerei und
Prassen
Der zieht einem Narren an die
Schuh,
der weder Tag noch Nacht hat Ruh',
wie er den Wanst füllt und den
Bauch
und mach' sich selbst zu einem Schlauch,
als ob er dazu wär'
geboren,
daß durch ihn ging viel Wein verloren,
als müßt' ein Reif er
täglich sein -
der paßt ins Narrenschiff hinein,
denn er zerstört Verstand
und Sinne,
das wird er wohl im Alter inne,
wenn ihm dann schlottern Kopf
und Hände;
er kürzt sein Leben, ruft sein Ende.
Ein schädlich Ding ist's
um den Wein,
bei dem kann niemand weise sein,
wer nach der Freud' in ihm
getrachtet.
Ein trunkner Mensch niemandes achtet
und weiß nicht Maß noch
recht Bescheid.
Unkeuschheit kommt aus Trunkenheit,
viel Übeles aus ihr
entspringt,
und weis' ist nur, wer mäßig trinkt.
Noah vertrug selbst nicht
den Wein,
der ihn doch fand und pflanzte ein,
Lot ward durch Wein zweimal
zum Tor,
durch Wein der Täufer den Kopf verlor.
Wein machet, daß ein
weiser Mann
die Narrenkapp' aufsetzen kann.
Als Israel sich fühlte
wohl
und ihm der Bauch war mehr als voll,
begann es übermütig
Spiel,
gottloser Tanz ihm wohlgefiel.
Darum gebot Gott Aarons
Söhnen,
sie sollten sich des Weins entwöhnen
und alles, was da trunken
macht
- doch haben's Priester wenig acht!
Als Holofernes trunken
ward,
verlor den Kopf er samt dem Bart;
Thamyris brauchte Speis' und
Trank,
als sie den König Cyrus zwang;
durch Wein lag nieder
Bennedab,
als er verlor all seine Hab';
der Ehr' und Tugend ganz
vergaß,
Alexander, wann er trunken was;
er tat gar oft in
Trunkenheit,
was ihm darnach ward selber leid;
der Reiche trank wie ein
Zechgeselle
und aß des Morgens in der Hölle;
der Mensch könnt' frei, kein
Knecht mehr sein,
wenn Trunkenheit nicht wär' und Wein.
Wer Weins und
feisten Dings sich fleißt,
den niemand reich noch selig heißt,
ihm
Weh und seinem Vater Weh'!
Dem wird nur Streit und Unglück je,
wer stets
sich füllt wie eine Kuh
und jedermann will trinken zu
und Zuspruch tut
dem, was man bringt.
Denn wer ohn' Not viel Wein austrinkt,
ist dem
gleich, welcher auf dem Meer
entschläft und liegt ohn' Sinn und Wehr:
So
tun, die nur auf Praß bedacht,
schlemmen und demmen Tag und Nacht.
Trägt
denen der Wirt als Kunden zu
einen Bug und ein Viertel von einer Kuh
und
bringt ihnen Mandeln, Feigen und Reis:
So bezahlen sie ihn wohl auf dem
Eis.
Viel würden bald sehr weise sein,
wenn Weisheit steckte in dem
Wein,
die in sich gießen spat und fruh.
Je einer trinkt dem andern
zu:
"Ich bring' dir eins! - Ich kitzle dich! -
Das kommt dir
zu!" - Der spricht: "Wart, ich
will wehrn mich, bis wir beid' sind
voll!"
Damit ist Narren jetzo wohl!
Eins auf den Becher, zwei vor
den Mund,
ein Strick an den Hals wär' einem gesund
und besser, als so
Völlerei
zu treiben; das ist Narretei,
wie Seneca schon sah vorher,
als
in den Büchern geschrieben er,
daß man würd' einmal geben mehr
dem
Trunknen als dem Nüchternen Ehr',
und daß der würd' berühmet sein,
der da
trunken wär' vom Wein.
Die Biersupper dazu ich meine,
wenn einer trinkt
'ne Tonn' alleine
und wird dabei so toll und voll -
man stieß mit ihm die
Tür' auf wohl.
Ein Narr muß saufen erst recht viel,
ein Weiser
trinkt mit Maß und Ziel
und ist dabei doch viel gesunder,
als wer's
mit Kübeln schüttet 'runter.
Der Wein geht ein - man merkt es
nicht,
zuletzt er wie die Schlange sticht,
und gießt sein Gift
durch alles Blut
gleichwie der Basiliskus
tut.
(Aus "Das Narrenschiff" von Sebastian Brant.)