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Science Fiction (diverse)



Peter F. Hamilton

Der entfesselte Judas

rezensiert von Thomas Harbach

Peter F. Hamiltons Space Operas verbindet man mit ihrem exorbitanten Umfang. Dabei hat sein britischer Kollege Alistair Reynolds mit seinen letzten beiden Romanen unterstrichen, das weniger oft mehr sein kann. Die Rezension basiert auf der Originalausgabe„Judas Unchained“ .In Deutschland ist das Buch wie gehabt in zwei dicken Taschenbüchern im Bastei- Verlag erschienen. Der Roman schließt nicht nur den „Commenwealth“- Zyklus ab, er ist eine direkte Fortsetzung des kürzlich veröffentlichten „Pandora´s Star“. In dieser außergewöhnlich spannenden, wenn auch insbesondere in Bezug auf die Exposition zu schwerfällig entwickelten Geschichte hat die Menschheit in ferne Zukunft eine Barriere im All entdeckt. Als diese durchbrochen wird, wird eine aggressive feindliche Rasse auf die Milchstraße losgelassen, denen die überforderten Menschen nichts Adäquates entgegenbringen können.

Im zweiten Band versucht Hamilton weniger den Konflikt zwischen den Menschen und den Aliens namens Prime in den Mittelpunkt der Handlung zu stellen, sondern die Hintergründe weiter aufzuhellen. Das klingt nach mehr als tausend Seiten im ersten Band fest ironisch und leidet gelingt es Peter F. Hamilton auch nicht, seinem Kosmos wirklich neue originelle Züge hinzuzufügen. Die einzelnen Protagonisten eilen insbesondere in der ersten Hälfte des Buches eher lust- und orientierungslos von einem Punkt im Universum zum Nächsten. Dabei versuchen sich die einzelnen Protagonisten nicht nur gegenseitig zu beobachten, sondern vor allem die Agenten der Starflyer. Hier wird von Beginn an diese Organisation als real dargestellt, obwohl Peter Hamilton insbesondere im ersten Band des Zyklus mit diesem Thema nicht nur sehr behutsam, sondern vor allem ambivalent umgegangen ist. Langläufige Erklärungen finden sich nicht im ersten Band. Starflyer ist mehr eine Erscheinung als ein zuzuordnender Charakter. In Paula Myos veränderte Einstellung ließe sich eine Bestätigung dieser Erscheinung hineininterpretieren, alleine es fehlt der Beweis. Außerdem sind zumindest am ersten des ersten Bandes nicht alle Protagonisten restlos überzeugt, eine Prämisse, welche der Leser für den zweiten Band zu akzeptieren hat. Damit nimmt sich Hamilton nicht nur einen Teil des Spannungsbogens, die Aktionen der einzelnen Protagonisten wirken trotz einiger sehr gut geschriebener Szenen eher konstruiert als wirklich effektiv. Dazu kommt Hamiltons Stärke und gleichzeitige Schwäche, möglichst viel in seine Romane zu integrieren. Er schreibt als gäbe es kein weiteres Buch. Auf der einen Seite ist diese schriftstellerische Kreativität dem zugrunde liegenden Roman förderlich, auf der anderen Seite sind es nicht nur die Leser, die sich in seinem Labyrinth aus Welten, Ideen und Charakteren verlieren. Nicht selten beginnt er Handlungsstränge und führt Charaktere ein, welche dann über mehrere hundert Seiten wieder verschwinden und aus dem Nichts heraus gänzlich andere Situationen auflösen sollen. Dieser literarische Trick funktioniert nicht immer und vor allem nicht immer wieder. Dieses Vorgehen beginnt den Leser nach einigen Peter Hamilton Romanen auch ermüden, vor allem wenn er im Vorwege erkennen kann, was wirklich wichtig ist und was nicht. Das heißt nicht, dass seine Romane langweilig geschrieben worden sind, das Gegenteil ist der Fall. Mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks finden sich alle fünfundzwanzig oder mehr Seiten spannende, actionorientiert geschriebene Solosequenzen, in denen Peter Hamilton seine Fähigkeiten als Autor ins Rampenlicht rückt. Das Problem seiner letzten Romane sind die oft fragmentarischen Strukturen, auch vielen einzelnen, sehr guten Teilen macht der Autor als Gesamtwerk betrachtet zu wenig. Das liegt sicherlich auch an einer seiner größten Schwächen, der fehlenden überzeugenden Charakterisierung seiner einzelnen Protagonisten. Die Hälfte aller Figuren dieses Romans sind Beiwerk, insbesondere die weiblichen Charaktere oberflächlich und sexistisch beschrieben, ohne wirklich originelles Eigenleben. Wunschdenken und Partyrealität spielen sicherlich eine Rolle, aber wenn die Frau bereitwillig mit allen anderen überwiegend männlichen Protagonisten das Bett teilt, verliert dieses Vorgehen nicht nur an Bedeutung, die Szenen sind nicht sonderlich erotisch geschrieben und die Wiederholung dient als Seitenfüller. Und das verärgert nach mehr als eintausendfünfhundert Seiten mehr als das man sich am freizügigen und freien Sex erfreuen könnte. Die anderen Protagonisten sind derartig eindimensional in ihrem Wesen beschrieben worden, das der Leser zuerst an die Möglichkeit einer Parodie denkt. Der Kontrast zwischen Hamiltons Fähigkeiten als Actionautor und Charakterschriftsteller zeigt sich selten so stark wie im vorliegenden Buch.

Was in seinen Romanen – und inzwischen nicht nur in seinen Büchern wie Fernsehserien a la „Battlestar Galactica“ zeigen – sehr gut funktioniert, ist das Beschreiben dieser neuen gefährlichen Situation für die Menschen. Von Beginn an führen sie einen Verteidigungskrieg gegen die aus dem Nichts heraus angreifenden Prime, sind gezwungen, ganze Sonnensysteme unter schweren Opfern zu evakuieren. In einigen Fällen bleibt ihnen nicht mehr die Zeit, die Zivilbevölkerung zu retten. Diese schrecklichen Folgen des Krieges beschreibt der Autor in kräftigen, aber nur rührseligen oder pathetischen Bildern. Wie es sich für einen guten und routinierten Autoren gehört, hält er sehr gut die Balance zwischen den Einzelschicksalen und der galaxisweiten Katastrophe. Damit zieht er den Leser auf seine Seite. Übergeordnet ist die hilflose politisch- militärische Seite. Mit einer deutlich zu erkennenden Spur von Sarkasmus entlarvt er insbesondere die Politiker als hilflos, arrogant und selbst verliebt. Die Entwicklung einer ultimativen Waffe nimmt einen breiten Raum im zweiten Band ein. Insbesondere die letzten knapp sechshundert Seiten der deutschen Ausgabe konzentrieren sich auf die Entwicklung dieser einzigen die Reste der Menschheit rettenden Superwaffe. Kaum ist diese entwickelt worden, setzt sich Hamilton nicht zum ersten Mal in seinen Büchern mit der Frage auseinander, ob die Zerstörung einer ganzen fremden Rasse aus menschlicher Perspektive die einzige Lösung für das eigene Überleben sein kann und ist. Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass in diesem Fall die Außerirdischen weniger Skrupel haben, den Feind auszulöschen. Der Autor stellt sich zwar der Frage, manipuliert aber seine Leser derart intelligent, dass es keine moralisch wirklich vertretbare Antwort geben kann und wird. Das Scheuen der Auseinandersetzung ist allerdings auch aufgrund des Plots zu vertreten. Nicht zum ersten Mal – siehe seinen „Armageddon Zyklus“ – greift der Autor auf eine gleiche oder ähnliche Ausgangssituation zurück. Dabei scheut er sich, Ideen aus diesen im Original als Trilogie veröffentlichen Romanen für seine beiden Bücher zu übernehmen. Wieder verfügt der Commonwealth unerschöpfliche Energiereserven. Trotzdem wird Arbeit als klassische Extrapolation der industriellen Revolution dargestellt. Die Teilung zwischen dem Kapital, dem Investor und dem ausführenden Organ des Arbeiters findet sich in seiner fernen Zukunft genauso wie vor hundert Jahren, auch wenn seine technischen Entwicklungen durchaus eine soziologische Veränderung implizieren könnten. Vor diesen innovativen Modellen schreckt Hamilton zurück, immerhin sind sein Plot oft schon zu unnötig komplex und zu viele Charaktere unnötig kompliziert dargestellt. In seinen „Armageddon“ Romanen musste sich die menschliche Gesellschaft von ihrem Inneren ausgehend grundlegend ändern, um Überleben zu können. In „Judas unchained“ stellt sich diese Frage im Gegensatz zu hunderten von eher oberflächlichen Anregungen überhaupt nicht. Diese fehlenden interessanten Ansätze führen den umfangreichen Roman zu einer sehr gut und packend geschriebenen, aber bei näherer Betrachtung zu simplifizierten Auflösung. Der Leser erwartet nach einer Odyssee ans Ende der Galaxis und wieder zurück einfach mehr als die von Peter Hamilton sehr einfach konstruierte Auflösung des Buches. Aber Hamilton gehört zu den Autoren, denen es immer wieder gelingt, alte Ideen der klassischen Science Fiction in einem neuen, sehr beeindruckenden Gewand einer anderen Generation von Lesern zu präsentieren. Einige wenige religiöse Anspielungen mehr und der Opponent hätte als der Anti- Christ inklusiv des reinigenden Krieges durchgehen können, Jack Finney`s „Body Snatcher“ haben eine sehr gute Basis, um dieses Mal wirklich das Universum und nicht nur die kleine Erde erobern zu können und die verzweifelte militärische Ausgangssituation erinnert an die unzähligen Military Science Fiction Roman des Golden Ages, in denen allerdings ein verschrobener Wissenschaftler in seinem geheimen Laboratorium mit Kreide an der Wandtafel die Erlösung der Menschen durch eine Superbombe entworfen hat. Das ist sicherlich überspitzt formuliert, aber wer durch die unzähligen Handlungsebenen mit ungezählten Charakteren auf das Grundgerüst des Buches schaut, wird mehr Alfred Elton van Vogt oder E.E. Smith entdecken als er auf den ersten Blick glaubt. Peter Hamilton ist allerdings inzwischen ein so routinierter Autor, das er diese Schwäche hinter einer endlosen Abfolge von dramatischen Einzelszenen sehr gut versteckten und einen farbenprächtigen Kosmos entwickeln kann. „Judas Unchained“ ist eine farbenprächtige Space Opera in einem teilweise wieder großartig angelegten Kosmos, allerdings mit einem Herz aus Stein.

Peter F. Hamilton: "Der entfesselte Judas"
Roman, Softcover, 797 Seiten
Bastei 2006

ISBN 3-4042-3330-1

Weitere Bücher von Peter F. Hamilton:
 - Der Stern der Pandora
 - Die Dämonenfalle
 - Evolution der Leere
 - Im Sog der Zeit
 - The Dreaming Void

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