Innsbruck – Der große Tourbus vor dem Weekender Club Innsbruck macht deutlich: Dieser Act ist zu groß für den bescheidenen Rahmen. Wenn Sophie Hunger, Weltstar aus der Schweiz, auf Tour ist, reihen sich die Zuhörer dicht an dicht. Hunger gilt nicht von ungefähr als wichtigste europäische Musikerin unserer Zeit. Zum Bersten voll ist der Weekender Club am Sonntagabend, weite Teile des generationenübergreifenden Publikums sind wohl zum ersten Mal hier. Doch selbst dort, wo man nichts sehen kann, ist die Stimmung andächtig, die Augen leuchten bei jenen, die die Künstlerin im Blick haben. Hunger kann Intimität herstellen wie keine Zweite.
Ein eigentümlicher Zauber geht von der Songwriterin aus, etwas, das zu jedem Einzelnen zu sprechen scheint. Egal, ob die Musikerin nun auf Englisch, Französisch, Deutsch oder Schwyzer Dütsch singt – um zu verstehen, muss man die rätselhaften Texte nicht verstehen. Polyglott ist die Multiinstrumentalistin auch, was die verschiedenen Genres anbelangt: Punk, Jazz, Rock, Hip-Hop – selbst Volksmusik, die Diplomatentochter scheint überall zuhause zu sein. Abwechslungsreich auch ihr Konzert in Innsbruck, zarte Balladen wie das verstörend-schöne „Die ganze Welt“ im Wechsel mit jazzigen Bläsern, Rock-Einlagen und sphärischem Pop. Hunger spielt E- und Akustikgitarre oder sitzt hinterm Keyboard. Charmant die wenigen Ansagen zwischen den einzelnen Songs. Mit leiser Stimme erzählt die Schweizerin von ihrer Heimat und den in Bezug auf die Erfolge der rechtspopulistischen SVP „eigenartigen Menschen“ dort. „Heute ist aber ein guter Tag“, zeigt sich die 33-Jährige erleichtert. Knapp 59 Prozent iher Landsleute sagten in einer Volksabstimmung Nein zu einem verschärften Ausländerrecht. Sie habe sehr viel geredet, „es waren extrem anstrengende Wochen, wenn man Grundsätzliches erklären muss“, so die Politikertochter. Einen alten Mann habe sie gefragt, wie er sich das Phänomen SVP erklären kann. Es ist Liebe, sagte dieser, da sei die Vernunft ausgehebelt. Doch auch darauf weiß Hunger eine Antwort: „Love is Not the Answer“ heißt das Stück das sie im Anschluss spielt. Den verzückten Gesichtern nach zu urteilen wäre Liebe aber doch die richtige Replik, jedenfalls wenn Hunger in die Fußstapfen ihrer Eltern treten würde. (sire)
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