DIE ZEIT: Herr Lüscher, Sie sind als Versager im Literaturbetrieb gestartet. Ihr erster Roman wurde von keinem Verlag angenommen. Woher haben Sie die Motivation genommen, ein zweites Buch zu schreiben?
Jonas Lüscher: Es ist normal, dass ein Debütant seinen Roman nicht unterbringt. Das kann einen nicht ernsthaft daran hindern weiterzuschreiben.
ZEIT: Sie hatten nie Zweifel daran, dass Sie wirklich schreiben können?
Lüscher: Natürlich, ich hatte sogar massive Zweifel. Aber ich hatte viel Zuspruch für diesen Roman bekommen, auch wenn er nicht publiziert wurde.
ZEIT: Bereuen Sie manchmal, mit Frühling der Barbaren eine Novelle geschrieben zu haben, die Sie gleich zum Literaturstar befördert hat?
Lüscher: Bereuen? Nein.
ZEIT: Aber es ist Ihnen ein wenig unheimlich, auf was für ein Echo Sie gestoßen sind?
Lüscher: Ja. Die Kleinheit des Buches steht im Widerspruch zu seinem Echo. Das Thema der Finanzkrise, das dem Buch innewohnt, traf natürlich den Zeitgeist. Das ist mir aber gar nicht so recht, weil es für mich eigentlich kein Buch über die Finanzkrise, sondern ein Buch über das Nicht-Handeln ist.
ZEIT: Was etwas mit der Finanzkrise zu tun hat.
Lüscher: Das stimmt. Aber der Literatur- und der Medienbetrieb funktionieren halt nach dem Prinzip des Events. Man schießt sich gerne auf etwas ein. Und dann generiert Aufmerksamkeit noch mehr Aufmerksamkeit. Die meisten Bucherfolge haben etwas Irrationales. Nehmen Sie Die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann. Das ist ein gutes Buch, aber warum gerade dieses? Weshalb wird gerade dieses Buch millionenfach verkauft?
ZEIT: Sie haben aber einiges dafür getan, um den Hype um Sie zu befördern. Etwa indem Sie für Ihre Dissertation an der ETH Zürich die nicht ganz unbescheidene These aufstellen, die Literatur sei der mathematisch-naturwissenschaftlichen Sichtweise auf die Welt überlegen. Oder indem Sie einen Essay zum 1. August schreiben, welcher der Mehrheit in einer Demokratie unterstellt, sie sei manchmal "unanständig" und "herzlos". Das war keine Taktik?
Lüscher: Wie bitte? Das wäre ja nun wirklich unanständig, solch ernsthafte Fragen dem eigenen kommerziellen Erfolg zu widmen.
ZEIT: Vielleicht treiben Sie ein Spiel mit dem Literaturbetrieb, den Medien und den Lesern.
Lüscher: Nein, ich spiele nicht. Natürlich betrachte ich den Literaturbetrieb mit einer ironischen Distanz. Aber das macht ja heute jeder. Auch das Preisgewese nimmt ja niemand so ganz ernst.
ZEIT: Dass ein Schweizer, der in München lebt, sich die Frechheit rausnimmt, zu sagen, es gebe eine "unanständige Mehrheit" in der Schweiz, der impliziert doch, er gehöre zu den Anständigen. Was hat Sie da geritten?
Lüscher: Es ist mir alles andere als leichtgefallen, diesen Artikel zu schreiben. Ich hatte schlaflose Nächte deswegen. Und trotzdem wollte ich mein Unbehagen öffentlich benennen. Ich finde diese grassierende Herzlosigkeit vieler Schweizerinnen und Schweizer gegenüber Flüchtlingen, gerade angesichts unseres Wohlstandes, falsch. Und das muss man benennen, auch wenn es unangenehm ist.
Kommentare
Wie immer völlig daneben!
Dieses Buch wird die Schweiz verändern! So lautete damals der Kommentar von Peer Teuwsen zum Buch von Frau Irena Brezna. Ich habe nicht verstanden wieso das Buch irgendedetwas verändern sollte. Es war nur die Meinung einer durch und durch frustrierten person, die nach jahren nicht in der Schweiz angekommen ist. Mein Kommentar wäre gewesen: Ausreisen. Und jetzt wieder das: Jonas Lüscher wird wohl gewinnen. Wie immer lag der Herr Traumtänzer und Gutmensch Teuwesen auch hier wieder falsch. Wen wunderts?